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VwSen-221619/2/Kl/Rd

Linz, 09.09.1999

VwSen-221619/2/Kl/Rd Linz, am 9. September 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung der Monika S, vertreten durch Rechtsanwälte, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 8.4.1999, Ge96-104-1998-Pa, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der Gewerbeordnung 1994 zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis samt Verfallsausspruch aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z1 und 3, 51 und 66 VStG sowie § 369 GewO 1994.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 8.4.1999, Ge96-104-1998-Pa, wurde über die Bw eine Geldstrafe von 4.000 S, Ersatzfreiheitsstrafe von einem Tag, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 124 Z10 iVm § 366 Abs.1 Z1 GewO 1994 verhängt, weil sie wie aus der Anzeige der Gendarmerie Kefermarkt vom 6.11.1998, GZP 494/98, hervorgeht, am 6.11.1998 der Landwirtin Leopoldine D in Z 17, die in ihrem Eigentum befindlichen Decken, Polster, Matratzen, Bettwäsche sowie Spannleintücher zum Kauf angeboten und weiters versucht hat, der Frau Maria M in Z 14, diese Waren ebenfalls zum Kauf anzubieten und dadurch unbefugterweise das Handelsgewerbe in Form des Feilbietens im Umherziehen ausgeübt hat.

Gleichzeitig wurden die zur Sicherung der Strafe des Verfalls beschlagnahmten 4 Garnituren Allergiedecken, 4 Stk. Polster, 2 Stk. Gesundheitsmatratzen, 3 Garnituren Bettwäsche und 4 Stk. Spannleintücher gemäß § 369 GewO 1994 für verfallen erklärt.

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und in dieser unrichtige Sachverhaltsfeststellung, Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht. Es wurde die ersatzlose Aufhebung des Straferkenntnisses beantragt und der Verfallsausspruch bekämpft. Begründend wurde ausgeführt, daß die Bw Fr. Mayrhofer nicht aufsuchen wollte, sondern einen Bekannten in diesem Haus. Das bekämpfte Straferkenntnis sei rechtlich unrichtig, weil der Spruch mit einem Widerspruch behaftet ist. Ein Handelsgewerbe Feilbieten von Bettwaren im Umherziehen sei in der GewO 1994 nicht vorgesehen und kann daher nicht unbefugt ausgeübt werden. Die gegenständlichen Waren im Umherziehen feilzubieten ist aber nicht zulässig. Schließlich sei in § 124 Z10 GewO 1994 das Gewerbe des Handelsagenten genannt, welches mit dem gegenständlichen Sachverhalt überhaupt nicht vereinbar sei, zumal der Handelsagent niemals in eigenem Namen und auf eigene Rechnung tätig wird. Darüber hinaus sei eine gewerbsmäßige Tätigkeit iS einer selbständigen und regelmäßigen Tätigkeit mit Ertragsabsicht nicht nachgewiesen. Mangels Tatbestandsmäßigkeit fehlen dem Verfall die rechtlichen Voraussetzungen. Schließlich wurde vorgebracht, daß die Gegenstände nicht im Eigentum der Bw, sondern ihres Ehegatten stehen, welcher das Gewerbe als Marktfahrer betreibt. Die Waren gehören zum Warenlager des Gatten. Ein Verfall nach § 369 letzter Satz GewO sei insofern auch unzulässig, als die Gegenstände zur Ausübung des Berufes des Eigentümers benötigt werden.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

Weil bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, entfällt eine öffentliche mündliche Verhandlung gemäß § 51e Abs.2 Z1 VStG.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß

1) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und

2) die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht.

Gemäß § 366 Abs.1 Z1 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen ist, wer ein Gewerbe ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben.

Nach der ständigen Judikatur des VwGH erfordert die oben beschriebene Tatkonkretisierung die Umschreibung der Tätigkeit, die den Gegenstand eines Gewerbes bildet, die konkrete Anführung dieses Gewerbes sowie auch Feststellungen über die Ausübung der Tätigkeit sowie auch über die Gewerbsmäßigkeit nach § 1 GewO.

Gemäß § 1 Abs.2 GewO wird eine Tätigkeit gewerbsmäßig ausgeübt, wenn sie selbständig, regelmäßig und in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen. Selbständigkeit liegt vor, wenn die Tätigkeit auf eigene Rechnung und Gefahr ausgeübt wird. Auch eine einmalige Handlung gilt als regelmäßige Tätigkeit, wenn nach den Umständen des Falles auf die Absicht der Wiederholung geschlossen werden kann oder wenn sie längere Zeit erfordert.

Gemäß § 5 Abs.1 GewO 1994 dürfen Gewerbe, soweit dieses Bundesgesetz hinsichtlich einzelner Gewerbe nicht anderes bestimmt, bei Erfüllung der allgemeinen und der etwa vorgeschriebenen besonderen Voraussetzungen aufgrund der Anmeldung des betreffenden Gewerbes ausgeübt werden. Gemäß § 124 Z10 GewO 1994 zählt das Handelsgewerbe zu den nichtbewilligungspflichtigen gebundenen Gewerben.

Im Sinne der zitierten Rechtsvorschriften und Judikatur fehlt daher dem Spruch einerseits der Tatvorwurf, daß die Tätigkeit gewerbsmäßig iSd § 1 Abs.2 GewO ausgeübt wurde. Insoweit aber die belangte Behörde davon ausgehen sollte, daß die Bw die Tätigkeit nicht auf eigene Rechnung und Gefahr, sondern auf Rechnung und Gefahr und im Namen ihres Ehegatten ausgeübt habe, so hat nach diesem Sachverhalt der Ehegatte das Gewerbe ausgeübt. Darüber hinaus fehlt dem Spruch andererseits der Bezug auf die fehlende erforderliche Gewerbeberechtigung zum Ausüben des Handelsgewerbes, was ein weiteres essentielles Tatbestandsmerkmal gemäß § 366 Abs.1 Z1 GewO ist.

Weder die Aufforderung zur Rechtfertigung als erste Verfolgungshandlung noch weitere Verfahrensschritte im Strafverfahren erster Instanz haben innerhalb der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist diese Tatbestandsmerkmale der Bw vorgeworfen, sodaß dieser Spruchmangel von der Berufungsinstanz nicht mehr korrigiert werden kann und wegen eingetretener Verfolgungsverjährung das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen ist.

4.2. Im Hinblick auf den Tatvorwurf des Feilbietens im Umherziehen ist aber auszuführen, daß dies einer gesonderten Regelung gemäß § 53 GewO unterliegt und gemäß § 367 Z18 GewO 1994 eine Verwaltungsübertretung darstellt. Danach ist mit Geldstrafe bis zu 30.000 S zu bestrafen, wer das den Bestimmungen der § 53 oder § 53a unterliegende Feilbieten im Umherziehen von Ort zu Ort und von Haus zu Haus entgegen den Bestimmungen der §§ 53 oder 53a ausübt, wenn nicht der Tatbestand des § 366 Abs.1 Z1 gegeben ist.

Das Feilbieten im Umherziehen gemäß § 53 GewO 1994 beinhaltet aber nicht Tätigkeiten des Handelsgewerbes bzw das Feilbieten der gegenständlichen Waren. Darüber hinaus stellt der § 367 Z18 GewO eine subsidiäre Strafbestimmung zur unbefugten Gewerbeausübung nach § 366 Abs.1 Z1 dar, nämlich daß nur für den Fall des Nichtvorliegens einer Übertretung nach § 366 Abs.1 Z1 GewO die vorzitierte Bestimmung anzuwenden ist. Indem aber die belangte Behörde auf die Ausübung des Handelsgewerbes abstellt, war der Bw die unbefugte Gewerbeausübung vorzuwerfen und hat sie das Delikt des Feilbietens im Umherziehen bzw eine Zuwiderhandlung gegen diese Bestimmungen nicht begangen.

4.3. Gemäß § 369 GewO 1994 kann die Strafe des Verfalls von Waren ausgesprochen werden (§§ 10, 17 und 18 VStG), wenn diese Gegenstände mit einer Verwaltungsübertretung nach § 366 in Zusammenhang stehen.

Weil der Schuldspruch aus den oa Gründen aufzuheben war, kann auch keine Strafe verhängt werden und war daher auch die Verfallsstrafe aufzuheben.

4.4. Bei diesem Verfahrensergebnis entfallen gemäß § 66 VStG sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. Klempt

Beschlagwortung:

Handelsgewerbe, unbefugte Gewerbeausübung, Konkretisierung, Subsidiarität des Feilbietens im Umherziehen.

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