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des Landes Oberösterreich
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VwSen-221640/2/Kl/Rd

Linz, 05.06.2000

VwSen-221640/2/Kl/Rd Linz, am 5. Juni 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 8. Kammer (Vorsitzender: Dr. Konrath, Berichterin: Dr. Klempt, Beisitzer: Dr. Langeder) über die Berufung des Ing. R, vertreten durch Rechtsanwälte, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 25.6.1999, Ge96-38-4-1998-Re, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der GewO 1994 zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z1 und 3 und 51 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 25.6.1999, Ge96-38-4-1998-Re, wurde über den Bw eine Geldstrafe von 25.000 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von sieben Tagen, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 366 Abs.1 Z2 iVm § 74 Abs.2 Z2 und Z5 und § 370 Abs.2 GewO 1994 verhängt, weil er es als gewerberechtlicher Geschäftsführer (gemäß § 370 Abs.2 GewO 1994) der Firma F Gesellschaft mbH mit dem Sitz in W (protokolliert beim Firmenbuch des LG Wels unter) und somit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ (§ 9 VStG) zu verantworten hat, dass von der Firma F GesmbH in der Zeit von 16.3.1998 bis 21.3.1998, 15.10 Uhr, auf den Grundstücken Nr. 2802 und Nr. 2799 (Eigentümer des W), im Gemeindegebiet von M, östlich der Ofteringer Bezirksstraße zwischen Strkm 0,880 und 1,100 auf einer Fläche von ca. 10.000m² den Humusboden beseitigt und anschließend bis etwa 5 m des ursprünglichen Niveaus ausgebaggert und sodann mit Abraummaterial, dass bei der Neulage der Westbahnstrecke zwischen Marchtrenk und Hörsching angefallen ist, verfüllt und somit eine

- wegen einer möglichen Belästigung der Nachbarn durch Lärm, Staub oder Erschütterung

- wegen einer möglichen nachteiligen Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer

genehmigungspflichtige Betriebsanlage errichtet und betrieben worden ist, ohne jedoch im Besitz einer hiefür erforderlichen Betriebsanlagengenehmigung zu sein.

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und darin das Straferkenntnis im gesamten Umfang angefochten. Es wurde unrichtige Tatsachenfeststellung, unrichtige Beweiswürdigung sowie Verletzung von Verfahrensvorschriften wie auch inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend gemacht. Im Wesentlichen wurde dazu ausgeführt, dass die Aushub- und Verfüllungsarbeiten dem Grundeigentümer W allein zuzurechnen seien, sodass keine gewerbliche Zweckrichtung auf Seiten der Firma F GesmbH zu Grunde gelegen sei. Auch sei ein Verschulden nicht vorgelegen, zumal der Bw aufgrund der von den Behörden dem Herrn W hiefür erteilten wasser-, naturschutz- und abfallrechtlichen Bewilligung ohne weiteres auch davon ausgehen konnte, dass die bei seiner Firma beauftragten Tätigkeiten abschließend genehmigt seien und nicht dem Regime der Gewerbeordnung unterliegen. Schließlich wird die Genehmigungspflicht für die Durchführung der gegenständlichen Ausbaggerungs- bzw Verfüllungsarbeiten grundsätzlich bestritten. Auch sei die subjektive Vorwerfbarkeit nicht gegeben, zumal es keinerlei Pflicht des gewerberechtlichen Geschäftsführers eines Baggerungs- bzw Transport- bzw Handelsunternehmens dahingehend gibt, sich zu informieren, ob der Auftraggeber (Werkbesteller) über die erforderlichen behördlichen Genehmigungen zur Durchführung der beauftragten Arbeiten bzw Tätigkeit verfügt.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

Weil eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, hat die nach der Geschäftsverteilung zuständige Kammer des Oö. Verwaltungssenates zu entscheiden.

Eine öffentliche mündliche Verhandlung entfällt, weil bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 370 Abs.2 GewO 1994 sind Geldstrafen gegen den Geschäftsführer zu verhängen, wenn die Bestellung eines Geschäftsführers angezeigt oder genehmigt wurde.

Gemäß § 9 Abs.1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts oder eingetragene Erwerbsgesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

Diese Bestimmung bringt zum Ausdruck, dass ihre Verantwortlichkeitsregelungen nur dann anzuwenden sind, sofern es keine Sonderbestimmungen gibt.

Da die Gewerbeordnung in § 9 Abs.1 und § 370 Abs.2 selbständige Regelungen hinsichtlich der Delegierung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit der nach außen zur Vertretung berufenen Organe juristischer Personen trifft, ist für den Bereich des Gewerberechtes nach dem diesbezüglichen klaren Wortlaut des § 9 Abs.1 VStG der § 9 Abs.2 VStG nicht anwendbar.


Gemäß § 9 Abs.1 GewO können juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts sowie eingetragene Erwerbsgesellschaften ein Gewerbe ausüben, müssen jedoch einen Geschäftsführer bestellen.

Aus den dem erstbehördlichen Akt angeschlossenen Auszügen aus dem Gewerberegister geht hervor, dass die F GesmbH fünf Gewerbe ausübt, wobei lediglich für das bewilligungspflichtige gebundene Gewerbe Baumeister der Bw als gewerberechtlicher Geschäftsführer mit Wirksamkeit vom 16.4.1998 bestellt und genehmigt wurde. Erst ab diesem Zeitpunkt ist die Verantwortlichkeit des gewerberechtlichen Geschäftsführers gemäß § 370 Abs.2 GewO gegeben. Weil dieser Zeitpunkt nach dem im Tatvorwurf genannten Zeitraum gelegen ist, war eine Verantwortlichkeit des gewerberechtlichen Geschäftsführers, nämlich des Bw, für den Tatzeitraum nicht gegeben. Es ist daher mangels Bestellung eines gewerberechtlichen Geschäftsführers die allgemeine Regel der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit gemäß § 9 Abs.1 VStG wirksam, wonach das zur Vertretung nach außen befugte Organ der GesmbH, also der/die handelsrechtlichen Geschäftsführer zur Verantwortung zu ziehen sind. Der Bw ist nicht als handelsrechtlicher Geschäftsführer im Firmenbuch eingetragen und daher nicht zur Verantwortung zu ziehen.

Es war daher schon aus diesem Grunde das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen, weil der Bw die Tat nicht begangen hat.

4.2. Darüber hinaus ist aber anzumerken, dass entsprechend dem gegenständlichen Tatvorwurf Erdarbeiten durchgeführt wurden, welche je nach Art und Ausmaß unter das freie Gewerbe "Erdarbeiten unter Ausschluss jeder einem der befähigungspflichtigen gebundenen Baugewerbe vorbehaltenen Tätigkeit" der F GesmbH fallen, für welches Gewerbe als Geschäftsführer F eingetragen ist. Es ergibt sich daher auch aus dieser Gewerbeausübung keine Verantwortlichkeit des Bw.

4.3. Gemäß § 366 Abs.1 Z2 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen ist, wer eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage (§ 74) ohne die erforderliche Genehmigung errichtet oder betreibt.

Betriebsanlage iSd § 74 GewO ist eine örtlich gebundene Einrichtung, die der Ausübung einer gewerblichen Tätigkeit - nicht bloß vorübergehend - dient.

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Um den Erfordernissen der zuletzt genannten Gesetzesstelle zu entsprechen, hat der Spruch eines Straferkenntnisses die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass

1) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale möglich ist und

2) die Identität der Tat unverwechselbar feststeht (vgl. VwGH verst. Senat vom 13.6.1984, Slg N.F. Nr. 11466/A).

ISd obzitierten Verwaltungsstraftatbestandes ist es daher erforderlich, die Betriebsanlage näher zu umschreiben, insbesondere aber in konkretisierter Form auszuführen, dass die Betriebsanlage einer gewerblichen Tätigkeit dient. Um ein Verhalten der Ausübung eines Gewerbes unterordnen zu können, sind daher jedenfalls die Merkmale der Gewerbsmäßigkeit gemäß § 1 Abs.2 GewO zu erfüllen. Es hat daher das einer gewerblichen Tätigkeit zugeordnete Verhalten selbständig, regelmäßig und in Gewinnerzielungsabsicht zu erfolgen. Eine Bezugnahme des gegenständlichen Tatvorwurfes auf die Gewerbsmäßigkeit und daher auf die Ausübung einer gewerblichen Tätigkeit ist nicht gegeben.

Darüber hinaus ist aus dem Wortlaut des § 366 Abs.1 Z2 GewO - errichtet oder betreibt - ersichtlich, dass diese Gesetzesstelle zwei - alternative - Straftatbestände enthält. Bei der konsenslosen Errichtung einer Betriebsanlage handelt es sich um ein Zustandsdelikt, beim Betrieb der Betriebsanlage ohne entsprechende Genehmigung um ein fortgesetztes Delikt. Weil es sich daher gemäß § 366 Abs.1 Z2 GewO um verschiedene Straftatbestände handelt, welche im Verhältnis zueinander auch kumulativ bestraft werden dürfen, ist es daher erforderlich, dass die Tatumschreibung so genau durchgeführt wird, dass eine eindeutige Zuordnung zu einem dieser Tatbestände vorgenommen werden kann.

Diesem Erfordernis kommt die belangte Behörde weder im angefochtenen Straferkenntnis noch in der Aufforderung zur Rechtfertigung als erster Verfolgungshandlung nach, zumal in beiden Fällen sowohl das Errichten als auch das Betreiben vorgeworfen wird. Zum "Betreiben" ist aber auch erforderlich, dass der Spruch des Straferkenntnisses nach der ständigen Judikatur des VwGH auch eine nähere Umschreibung des Verhaltens, das als Betreiben der Betriebsanlage gewertet wird, enthalten muss. Gleiches gilt auch für das Tatbestandsmerkmal "Errichten".

Der Vollständigkeit halber wird noch auf die Judikatur des VwGH (zB Erk. vom 23.11.1993, 93/04/0131) hingewiesen, wonach, "um beurteilen zu können, ob eine Betriebsanlage unter dem Gesichtspunkt des Nachbarschutzes der Genehmigungspflicht nach § 74 Abs.2 GewO unterliegt, es daher neben der Feststellung der von der Betriebsanlage möglicherweise ausgehenden Einwirkungen auch konkreter Feststellungen über das Vorhandensein von Nachbarn, die durch solche Einwirkungen gefährdet, beeinträchtigt oder belästigt werden könnten, bedarf. Es muss daher aus der Begründung des Bescheides erkennbar sein, ob und allenfalls in welcher Entfernung von der Betriebsanlage Nachbarn vorhanden sind, die von der Betriebsanlage ausgehende Emissionen gefährdet, beeinträchtigt oder belästigt werden könnten".

Aus den angeführten Gründen war daher mangels der erforderlichen Spruchkonkretisierung wegen eingetretener Verfolgungsverjährung das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

4.4. Entgegen den Begründungsausführungen im Straferkenntnis, dass die Schuldlosigkeit vom Bw nachzuweisen sei, ist der Bw mit seinen Ausführungen im Schriftsatz dahingehend im Recht, dass die Frage der Abbautätigkeit sowie der Gewerbsmäßigkeit und Zurechenbarkeit eine Frage des Tatbestandes ist, welche von der Behörde zu prüfen und zu beweisen ist. Entsprechende eindeutige Ermittlungsergebnisse fehlen aber im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren.

5. Weil die Berufung sohin Erfolg hatte, entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge (§ 66 VStG).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht  181,68 €) zu entrichten.

Dr. Konrath

Beschlagwortung:

Schotterabbau, gewerbliche Betriebsanlage, Konkretisierung, Geschäftsführerhaftung.

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