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des Landes Oberösterreich
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VwSen-221649/2/Kl/Bk

Linz, 04.01.2000

VwSen-221649/2/Kl/Bk Linz, am 4. Jänner 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung der Doris S, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 9. November 1998, Ge96-162-1998, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der GewO 1994 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 2 und 51 VStG.

zu II.: § 66 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 9.11.1998, Ge96-162-1998, wurde über die Berufungswerberin (Bw) eine Geldstrafe von 1.000 S, Ersatzfreiheitsstrafe von einem Tag, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 368 Z9 iVm §§ 152 GewO 1994 iVm dem Bescheid des Bürgermeisters von B vom 17.1.1991, Zl. Gew-106/23-1990 verhängt, weil sie es als die für die Einhaltung der Sperrstunde gemäß § 9 VStG verantwortliche Beauftragte zu verantworten hat, dass in der Nacht vom 27.5.1998 bis 28.5.1998 um 02.30 Uhr die Gastgewerbebetriebsanlage in B, für den Gastbetrieb geöffnet und zumindest 10 Gäste bewirtet wurden, obwohl gemäß Bescheid des Bürgermeisters von B vom 17.1.1991, Zl. Gew-106/23-1990, für das Lokal in B, eine Sperrzeit für die Zeit von 02.00 bis 06.00 Uhr festgelegt ist.

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und das Straferkenntnis sowohl hinsichtlich der Schuld als auch hinsichtlich der Strafe angefochten. Begründend wurde ausgeführt, dass Betreiber des Gastgewerbebetriebes Herr Günter S sei, die Bw aber zwar als verantwortlich beauftragte Person bestellt war, mittlerweile aber wieder ausgeschieden sei. Der Bescheid des Bürgermeisters vom 17.1.1991 sei auf Verhältnisse gestützt, die zum gegebenen Zeitpunkt nicht mehr vorlagen. Es wurde deshalb auch bei der Stadtgemeinde B der Antrag gestellt, die bescheidmäßige Regelung zu widerrufen. Dieser Antrag wurde mit Bescheid vom 31.3.1998 zurückgewiesen. Weiters habe Herr S am 12.5.1998 den Antrag gestellt, die bestehende Betriebsart auf jene einer "Bar" abzuändern. Mit Verständigung der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 26.5.1998 wurde dies bewilligt. Hinsichtlich der Sperrzeiten wurde von der Behörde keine Einschränkung vorgenommen. Für die Betriebsart einer Bar ist hingegen die Sperrstunde mit 04.00 Uhr festgelegt. Das Straferkenntnis bezieht sich auf den 28.5.1998, weshalb für die nunmehr genehmigte Betriebsart eine Verwaltungsübertretung nicht vorliege. Auf das VwGH-Erkenntnis vom 24.1.1995, Zl. 93/04/0161, wurde hingewiesen.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

Weil in der Berufung lediglich unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht wurde, eine 3.000 S übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde sowie eine mündliche Verhandlung nicht ausdrücklich beantragt wurde, konnte von der öffentlichen mündlichen Verhandlung gemäß § 51e Abs.3 Z1 und 3 VStG abgesehen werden.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 152 Abs.1 GewO 1994 hat der Landeshauptmann den Zeitpunkt, zu dem die Gastgewerbebetriebe geschlossen werden müssen (Sperrstunde), und den Zeitpunkt, zu dem sie geöffnet werden dürfen (Aufsperrstunde), für die einzelnen Betriebsarten der Gastgewerbe durch Verordnung festzulegen.

Wenn die Nachbarschaft wiederholt durch ein nicht strafbares Verhalten von Gästen vor der Betriebsanlage des Gastgewerbebetriebes unzumutbar belästigt wurde oder wenn sicherheitspolizeiliche Bedenken bestehen, hat die Gemeinde eine spätere Aufsperrstunde oder eine frühere Sperrstunde vorzuschreiben. Diese Vorschreibung ist zu widerrufen, wenn angenommen werden kann, dass der für die Vorschreibung maßgebende Grund nicht mehr gegeben sein wird (§ 152 Abs.6 leg.cit.). Die Sperrstunde und die Aufsperrstunde dürfen in Verordnungen und Bescheiden gemäß den vorstehenden Absätzen nur einheitlich für den gesamten Gastgewerbebetrieb mit allen seinen Betriebsräumen und allfälligen sonstigen Betriebsflächen festgelegt werden (§ 142 Abs.8 leg.cit.).

Normadressat ist der Gastgewerbetreibende bzw Gewerbeinhaber.

4.2. Im gegenständlichen Straferkenntnis wurde die Bw allerdings "als verantwortliche Beauftragte des Herrn Günter S" - dieser ist der Gewerbeinhaber und Inhaber der Betriebsanlage - zur Verantwortung gezogen. Gemäß § 38 Abs.1 GewO ist das Recht, ein Gewerbe auszuüben, ein persönliches Recht, das nicht übertragen werden kann; es kann durch Dritte nur insoweit ausgeübt werden, als in diesem Bundesgesetz bestimmt ist. Gemäß § 39 Abs.1 GewO kann der Gewerbeinhaber für die Ausübung seines Gewerbes einen Geschäftsführer bestellen, der dem Gewerbeinhaber gegenüber für die fachlich einwandfreie Ausübung des Gewerbes und der Behörde gegenüber für die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften verantwortlich ist. Gemäß § 370 Abs.2 GewO sind Geldstrafen gegen den Geschäftsführer zu verhängen, wenn die Bestellung eines Geschäftsführers angezeigt oder genehmigt wurde.

Liegt eine Gewerbeberechtigung vor und ist der Gewerbeinhaber eine physische Person, so ist dieser grundsätzlich strafrechtlich verantwortlich. Wurde dagegen die Übertragung der Gewerbeausübung an einen Pächter oder die Bestellung eines Geschäftsführers angezeigt bzw genehmigt, so sind die Strafen gegen die genannten Personen zu verhängen. Die Übertragung der strafrechtlichen Verantwortung auf verantwortliche Beauftragte nach § 9 Abs.2 bis 7 VStG kommt für den Bereich des Gewerberechts im Hinblick auf die Spezialnorm des § 370 GewO nicht in Frage (vgl. Stolzlechner-Wendl-Zitta, "Die gewerbliche Betriebsanlage", 2. Auflage, RZ 319). Die Bw wurde hingegen nicht als gewerberechtliche Geschäftsführerin angezeigt bzw genehmigt.

Darüber hinaus regelt § 9 Abs.3 VStG, dass eine physische Person, die Inhaber eines räumlich oder sachlich gegliederten Unternehmens ist, für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche ihres Unternehmens einen verantwortlichen Beauftragten bestellen kann. Schon aus dem klaren Wortlaut dieser Bestimmung ist ersichtlich, dass nur jene natürliche Person, die Inhaber eines räumlich oder sachlich gegliederten Unternehmens ist, die Möglichkeit hat, einen verantwortlichen Beauftragten zu bestellen. Beim gegenständlichen Gastgewerbebetrieb in der Betriebsart Cafe-Restaurant ist von vornherein nicht ersichtlich, dass es sich um ein sachlich gegliedertes Unternehmen handelt. Eine räumliche Gliederung ist von vornherein ausgeschlossen. Weil aber nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes der klar abgegrenzte Bereich, für den der verantwortliche Beauftragte bestellt wird, bereits aus dem Bestellungsnachweis bzw dem Zustimmungsnachweis ersichtlich sein muss, ohne dass die Behörde noch weitere Ermittlungen anzustellen hat, ist auch unter diesem Aspekt die Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten nicht rechtsgültig zustande gekommen. Weil aber die Abwälzung der strafrechtlichen Verantwortung auf andere Personen ohne gesetzliche Grundlage nicht möglich ist (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, S. 813 E19), eine dem Gesetz entsprechende Delegation der Verantwortung nicht stattgefunden hat, hat die Bw die ihr angelastete Tat nicht begangen, weshalb das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen ist.

4.3. Festzuhalten ist, dass mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadt B vom 17.1.1991 für die Discothek "O" bzw Gastgewerbebetrieb Cafe-Restaurant die Sperrzeit mit 02.00 Uhr bis 06.00 Uhr festgelegt wurde, also eine frühere Sperrstunde (02.00 Uhr statt 04.00 Uhr) gemäß § 198 Abs.5 GewO 1973 verfügt wurde. Ein Antrag auf Widerruf vom 22.12.1997 wurde mit Bescheid des Bürgermeisters vom 31.3.1998 zurückgewiesen.

Mit Verständigung der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 26.5.1998 wurde das Konzessionsdekret des Günter S vom 11.12.1985, Ge-649-1985, auf die Betriebsart "Bar" mit Wirkung vom 12.5.1998 geändert.

Zu diesem Sachverhalt ist festzuhalten:

Die Nichteinhaltung der gemäß § 198 Abs.5 bzw § 152 Abs.6 von der Gemeinde im Einzelfall vorgeschriebenen späteren Aufsperrstunde oder früheren Sperrstunde ist nach der allgemeinen Strafbestimmung des § 368 Z14 zu ahnden (VwGH vom 23.11.1993, 92/04/0261).

Darüber hinaus hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 24.1.1995, 93/04/0161, die Auffassung vertreten, dass "aus dem normativen Zusammenhang der einzelnen Absätze des § 198 GewO 1993 (dem entspricht nunmehr § 152 GewO 1994) ersichtlich ist, dass die Begriffe "frühere Aufsperrstunde" und "spätere Sperrstunde" im Abs.3 bzw "spätere Aufsperrstunde" und "frühere Sperrstunde" in Abs.5 jeweils ausschließlich auf die für die jeweilige Betriebsart des Gastgewerbebetriebes geltende, in einer Verordnung des Landeshauptmannes gemäß § 198 Abs.1 GewO 1973 festgelegte Sperrstunde bzw Aufsperrstunde bezogen sind".

Diese Auffassung hat zur Folge, dass der Bescheid des Bürgermeisters der Stadt B vom 17.1.1991 sich auf die Betriebsart Cafe-Restaurant bezog und hiefür eine frühere Sperrstunde mit 02.00 Uhr festsetzte. Zufolge der Änderung der Betriebsart auf "Bar" ist für den gegenständlichen Gastgewerbebetrieb in dieser Betriebsart ein Bescheid des Bürgermeisters der Stadt B nicht ergangen, also keine frühere Sperrstunde festgesetzt worden. Es ist daher die Bw mit ihren Berufungsausführungen im Recht, dass sie durch das Offenhalten des Gastgewerbebetriebes am 28.5.1998 um 02.30 Uhr den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt B vom 17.1.1991 nicht missachtet habe, sondern vielmehr von der durch Verordnung des Landeshauptmannes für Oberösterreich festgesetzten Betriebszeit für die Betriebsart "Bar" rechtmäßig Gebrauch gemacht habe.

Diese Auffassung macht insofern auch Sinn, zumal die Änderung der Betriebsart - und die damit verbundene Änderung der Sperrzeiten gemäß der Verordnung des Landeshauptmannes für Oberösterreich - bei Beibehaltung der im Einzelfall von der Gemeinde vorgeschriebenen späteren Aufsperrstunde oder früheren Sperrstunde sogar zu einem Widerspruch zur Sperrzeitenverordnung führen könnte (zB Änderung der Betriebsart "Bar" für welche eine frühere Sperrstunde von 02.00 Uhr festgelegt wurde, auf die Betriebsart "Gasthaus" für welche schon laut Sperrzeitenverordnung die Sperrstunde mit 02.00 Uhr festgelegt ist).

5. Weil die Berufung Erfolg hatte, entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge (§ 66 VStG).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Dr. Klempt

Beschlagwortung:

sachlich gegliedertes Unternehmen; verantwortlicher Beauftragter; gewerberechtlicher Geschäftsführer

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