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VwSen-221657/2/Ga/Fb

Linz, 21.03.2000

VwSen-221657/2/Ga/Fb Linz, am 21. März 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des Johann EBENHOFER, vertreten durch Dr. Christian Kuhn und Dr. W V, Rechtsanwälte in W, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 27. September 1999, Ge96-108-1997 Bma/Eß, wegen Übertretungen der Gewerbeordnung 1994 - GewO, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird stattgegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG. § 24; § 45 Abs.1 Z3, § 51 Abs.1, § 51c, § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Mit bezeichnetem Straferkenntnis vom 27. September 1999 wurde der Berufungswerber der Übertretung in acht Fällen des § 366 Abs.1 Z3 iVm § 81 Abs.1 iVm § 74 Abs.2 Z1 (Fakten 1. bis 5.) bzw Z1 und Z2 (Fakten 6. bis 8.) GewO für schuldig befunden. Über ihn wurden Geldstrafen 1. bis 5. von je 5.000 S und 6. bis 8. von je 10.000 S (je Ersatzfreiheitsstrafen) je kostenpflichtig verhängt.

Näherhin wurde ihm vorgeworfen, er habe als gewerberechtlicher Filialgeschäftsführer einer bestimmten Warenhandels-AG, Standort in E, dafür einzustehen, dass "deren", mit drei bestimmten gewerbebehördlichen Bescheiden genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche gewerbebehördliche Änderungsgenehmigung in der angeführten Weise (Fakten 1. bis 8.) geändert worden sei und alle unter 1. bis 8. dargestellten geänderten Bereiche (gastgewerblich genutzte Bereiche und Verkaufsbereich) betrieben worden seien. Die so (Fakten 1. bis 8.) dargestellten konsenslosen Änderungen der Betriebsanlage seien geeignet, im Falle eines nicht auszuschließenden Brandes oder des Ausbruchs von Panik in der Betriebsanlage durch "allenfalls unzureichende Fluchtwege" das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der Nachbarn oder Kunden, die die Betriebsanlage aufsuchen, zu gefährden. Zudem sei die unter 6. dargestellte Änderung geeignet, die Nachbarn (die Bewohner des jenseits der öffentl. Verkehrsfläche gelegenen mehrgeschossigen Wohnhauses) durch Geruch und Lärm, ausgehend von der Zu- und Abluftanlage zu belästigen und seien die unter 7. und 8. dargestellten Änderungen auch geeignet, bestimmte Nachbarn durch Lärm, ausgehend von den Kühlanlagen und der Anlieferungszone, zu belästigen.

Über die gegen dieses Straferkenntnis erhobene Berufung hat der Oö. Verwaltungssenat, nach Einsicht in den zugleich vorgelegten Strafverfahrensakt, erwogen:

Der Berufungswerber bringt tatseitig, auf den Punkt gebracht, vor, es sei der ihm zur Last gelegte Sachverhalt nicht ausreichend konkretisiert. Dies rühre daher, dass die belangte Behörde entgegen seinem Beweisantrag überhaupt kein Verfahren geführt, sondern sich damit begnügt habe, die Anzeige wörtlich zu übernehmen.

Gemäß § 366 Abs.1 Einltg. GewO begeht eine mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafende Verwaltungsübertretung, wer gemäß Z3 dieser Vorschrift eine genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung ändert oder nach der Änderung betreibt.

Durch die Rspr. ist klargestellt, dass diese Gesetzesstelle zwei - alternative - Straftatbestände enthält (vgl VwGH 26.4.1994, 93/04/0243, mit Vorjudikatur).

Vor diesem Hintergrund ist dem angefochtenen Schuldspruch nicht mit der gebotenen Eindeutigkeit - und mit noch weniger Klarheit der ersten Verfolgungshandlung (das ist die am 23.6.1997 hinausgegebene Aufforderung zur Rechtfertigung [AzR] vom 19.6.1997) - zu entnehmen, welcher der beiden Tatbestände als verwirklicht vorgeworfen wurde.

Sofern nun die Anlastung der - dem Bestimmtheitsgebot gleichfalls unterworfenen - Verfolgungshandlung auf die erste Tatbestands-Alternative, das ist die unbefugte Änderung der genehmigten Betriebsanlage, abstellen wollte, verlangt die einschlägige Judikatur, dass ein Tatvorwurf in sachverhaltsmäßiger Hinsicht, soll er den Anforderungen des § 44a Z1 VStG genügen, auch jene Merkmale enthalten muss, die eine Beurteilung dahin zulassen, ob die vorgenommene Änderung der Betriebsanlage die im § 74 Abs.2 GewO genannten Interessen zu beeinträchtigen geeignet ist (VwGH 3.9.1996, 96/04/0093); das wiederum hängt davon ab - und muss der Tatanlastung unzweideutig zu entnehmen sein -, dass durch die erwarteten Auswirkungen der Änderung sich neue oder größere Gefährdungen, Beeinträchtigungen etc iSd § 74 Abs.2 GewO ergeben können (vgl VwGH 20.9.1994, 93/04/0087).

Diesem (keineswegs streng abstrakten, sondern von Rechtsschutzüberlegungen geprägten; vgl VwGH 19.6.1990, 90/04/0041) Bestimmtheitsverständnis entsprechen im Berufungsfall sämtliche in der AzR nur schlicht angeführten (abweichend vom angefochtenen Schuldspruch gereihten und auch nicht durchnumerierten) Änderungen als solche nicht. Auch die anschließend formulierte Erwähnung von Möglichkeiten zu Gefährdungen, Beeinträchtigungen etc stellt die gebotene Eindeutigkeit im oben dargelegten Verständnis nicht her.

So zB ist der Änderungsumstand einer Verlegung der Fluchttüren für sich allein noch nicht genehmigungspflichtig, wenn, wie hier, die Verfolgungshandlung, ohne sich in diesem Punkt näher zu erklären, nur von "allenfalls" unzureichenden Fluchtwegen aufgrund der Verlegung der Fluchttüren ausgeht, ohne aber darzutun, dass und warum die Verlegung der Fluchttüren (aller? nur bestimmter?; diesbezüglich ist festzuhalten, dass darüber auch die im Verfahrensakt - nur in einer kaum lesbaren Kopie - einliegende Verhandlungsschrift vom 1.4.1997 keine Eindeutigkeit vermittelt!) für welchen Fluchtweg aufgrund welcher weiteren Umstände eine neue oder größere Gefährdung - im Vergleich zum gegebenen Konsens - konkret bewirken kann.

Ähnliches gilt für den vorgeworfenen Änderungssachverhalt der Errichtung von zwei Kühlaggregaträumen im Verhältnis zu dem darin nicht erwähnten aliud einer Ausstattung der Räume mit Kühlaggregaten. Von diesem, somit gar nicht vorgeworfenen Änderungssachverhalt aber geht die (bloß) pauschale Beschreibung der Möglichkeiten der Einwirkungsänderung sehr wohl aus; im Ergebnis ließ die Verfolgungshandlung hier ungeklärt, auf welche Weise die Errichtung von Räumen (allein) neue oder größere Lärmimmissionen für Nachbarn bewirken könnte.

Gleichfalls unbestimmt blieb die Anlastung hinsichtlich des Änderungsumstandes der Errichtung einer "Anlieferungszone" für Frischfleisch, weil im Vorwurf nicht zugleich ausgeführt ist, welcher spezifische Lebenssachverhalt (außenwirksame Betriebsabläufe, Manipulationen udgl) dabei eine neue oder größere Lärmbelästigung von Nachbarn konkret bewirken können soll.

Hinsichtlich der "Lüftungsanlage" wiederum blieb unklar, für welche der in Frage kommenden Interessen (Schutz vor Lärm? vor Geruch?) überhaupt eine Beeinträchtigungsmöglichkeit festgestellt wurde - die AzR spricht hier dunkel nur von "Abluft" - und in welchem jeweils zuzuordnenden, genehmigungsauslösenden Maß dies auf a) die Neuerrichtung (?) einer "mechanischen Zu- und Abluftanlage" einerseits und b) auf das "zentrale Lüftungsgerät" andererseits bezogen sein soll.

Sofern aber die Anlastung der ersten Verfolgungshandlung auf die zweite Tatbestands-Alternative, das ist das unbefugte Betreiben der geänderten Betriebsanlage, abstellen wollte, versäumte es die belangte Behörde hingegen, im Vorwurf auch anzugeben, worin das Betreiben nach der Änderung gelegen sein sollte (vgl neuerlich VwGH 26.4.1994, 93/04/0243). Dazu wäre es erforderlich gewesen, bezogen auf die einzelnen Änderungssachverhalte jene Tätigkeiten, die das Merkmal "Betreiben" in diesem Fall erfüllt hätten, konkret zu beschreiben. Festzustellen ist zu diesem Punkt, dass die im angefochtenen (bereits außerhalb der Verjährungsfrist erlassenen) Straferkenntnis aufgenommene Wendung (Seite 2 oben): "... dargestellten geänderten Bereiche (gastgewerblich genutzte Bereiche und Verkaufsbereich) betrieben wurden" in der AzR als erste Verfolgungshandlung noch nicht aufgenommen war, abgesehen davon, dass diese Wendung als Darlegung der konkreten Betreibens-Sachverhalte nach den Umständen dieses Falles als zu wenig konkret im Sinne der Judikatur beurteilt werden müsste. War aber in sachverhaltsmäßiger Hinsicht nach Maßgabe der ersten Verfolgungshandlung schon nicht klar, worin das verpönte Betreiben gelegen sein soll, so ergibt sich daraus überdies, dass hiefür aus der Anlastung auch keine bestimmte Tatzeit abgeleitet werden konnte.

Die Unbestimmtheit wird verstärkt dadurch, dass die AzR nicht dieselbe Genehmigungsgrundlage für die in Rede stehende Betriebsanlage angenommen hat, wie der angefochtene Schuldspruch (der noch einen dritten Genehmigungsbescheid enthält). Soll aber - aus dem Blickwinkel des Verwaltungsstrafverfahrens - die Genehmigungspflichtigkeit von Änderungen einer genehmigten Betriebsanlage beurteilbar sein, ist es erforderlich, dass jene Vergleichsbasis, von der aus bemessen werden soll, ob die Ist-Lage modifiziert wurde, zweifelsfrei feststeht (vgl das bei Grabler/ Stolzlechner/Wendl, Kommentar zur GewO, Springer 1998, auf Seite 1009, RZ 30, zit. h Erkenntnis vom 7.3.1994, VwSen-220410/3/Ga/La).

Erwies sich aus allen diesen Gründen der Tatvorwurf der ersten Verfolgungshandlung im Lichte des Bestimmtheitsgebotes nach § 44a Z1 VStG als nicht hinreichend konkretisiert und insofern als zur Unterbrechung der Verjährungsfrist untauglich, so war das angefochtene Straferkenntnis wegen Verfolgungsverjährung aufzuheben und gleichzeitig die Einstellung des Verfahrens zu verfügen.

Auf sich beruhen kann, dass der angefochtene Schuldspruch - gravierend anders als die AzR - acht einzelne Delikte vorgeworfen hat (ohne dass es dabei um den Vorwurf von Verstößen gegen ganz bestimmte Auflagen bestimmter Betriebsanlagen-Genehmigungsbescheide gegangen wäre; vgl den anders gelagerten Straftatbestand des § 367 Z25 GewO). Auch dadurch aber wurde der Beschuldigte in seinen Verteidigungsrechten wesentlich beeinträchtigt, konnte er doch nach der ersten Verfolgungshandlung noch davon ausgehen, dass ihm - ohne die hier unzulässige Kumulierung - nur eine Übertretung des § 366 Abs.1 Z3 GewO vorgeworfen werde.

Dieses Verfahrensergebnis entlastet den Berufungswerber auch von seiner Kostenpflicht.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Mag. Gallnbrunner

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