Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-221658/11/Gu/Pr

Linz, 11.05.2000

VwSen-221658/11/Gu/Pr Linz, am 11. Mai 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Hans Guschlbauer über die Berufung der Frau Z. Ö., vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Helmut Blum, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeister (Magistrates) der Landeshauptstadt Linz vom 29.9.1999, GZ 100-1/6-330082875, wegen Übertretung der Sperrzeitenverordnung des Landeshauptmannes von Oberösterreich iVm der Gewerbeordnung 1994 zu Recht:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

Die Rechtsmittelwerberin hat keine Kostenbeiträge zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 66 Abs.1 VStG, § 152 Abs.7 GewO 1994;

Entscheidungsgründe:

Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz hat die Rechtsmittelwerberin mit dem angefochtenen Straferkenntnis schuldig erkannt, als handelsrechtliche Geschäftsführerin der A. Warenvertriebs-GesmbH es verantworten zu müssen, dass ihr Gaststättenbetrieb im Standort Linz, an vier im Einzelnen angeführten Tagen entgegen der für den Gaststättenbetrieb festgelegten Sperrstunde von 24.00 Uhr, darüber hinaus bis zu den festgehaltenen Zeiten, offengehalten worden sei und Gästen das Verweilen im Lokal gestattet worden sei.

Wegen Verletzung des § 368 Z9 iVm § 152 Abs.3 GewO 1994 idgF sowie iVm § 1 Abs.1 lit.f der Sperrzeitenverordnung des Landeshauptmannes für Oö., LGBl.Nr. 19/1993, wurden ihr deswegen vier Geldstrafen von je 1.000 S, im Falle der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von je einem Tag und ein 10 %iger Verfahrenskostenbeitrag für das erstinstanzliche Verfahren auferlegt.

Begründend führt die erste Instanz aus, dass der gegenständliche Gastgewerbebetrieb unter die Generalklausel des § 1 Abs.1 lit.f (gemeint wohl der vorzitierten Sperrzeitenverordnung) falle, wodurch diese Regelung auch dann gelte, wenn der Betrieb nicht als Buffet einzustufen sei.

In ihrer dagegen vom rechtsfreundlichen Vertreter eingebrachten Berufung bekämpft die Rechtsmittelwerberin die Tatsachen des Offenhaltens des Betriebes an den bestimmt angeführten Tagen nicht, sondern führt aus, dass dabei nicht gegen § 1 Abs.1 lit.f der "Oö. Sperrzeitenverordnung" verstoßen worden sei und daher kein tatbildmäßiges Verhalten gegeben gewesen sei.

Im Straferkenntnis werde die gewerbliche Tätigkeit nicht als Buffet, Cafe, Konditorei oder Espresso bezeichnet. Es subsumiere die Tätigkeit unter "alle übrigen Gastgewerbebetriebe". Aus der Gewerbeordnung ergebe sich jedoch zweifelsfrei, dass das freie Gewerbe gemäß § 143 Z7 GewO nicht unter die "übrigen Gastgewerbebetriebe" zu subsumieren sei. Aus der Gewerbeordnung sei ersichtlich, dass die Verabreichung von Speisen und Getränken im Sinne des § 143 Z7 kein Gewerbe gemäß § 124 Z8 GewO 1994 sei.

§ 124 Z8 GewO 1994 laute:

Nicht bewilligungspflichtige gebundene Gewerbe sind die im Folgenden angeführten Gewerbe

Z .......8. Gastgewerbe.

Demnach sei die Verabreichung von Speisen und Getränken im Sinne des § 143 Z7 GewO, kein Gastgewerbe.

Zwar gelte gemäß § 152 Z7 GewO grundsätzlich und sinngemäß die Sperrzeitenregelung auch für die Tätigkeit gemäß § 143 Z7 GewO, dies jedoch nur dann und soweit als die Sperrstunde und die Aufsperrstunde für die einzelnen Tätigkeiten gemäß § 143 Z3 und 5 - 7 GewO festgelegt seien.

Dies sei jedoch in der Oö. Sperrzeitenverordnung nicht der Fall. Dort seien die einzelnen Tätigkeiten gemäß § 143 Z3 und 5 - 7 nicht geregelt. Eine Subsumtion unter "alle übrigen Gastgewerbebetriebe" sei nicht möglich, weil wie oben bereits erwähnt, der Betrieb im Sinne des § 143 Z7 GewO kein Gastgewerbebetrieb sei.

Die Anwendung der Oö. Sperrzeitenverordnung auf den von ihr geführten Betrieb sei daher nicht möglich und sei gesetzwidrig. Überdies wäre es auch verfassungsrechtlich bedenklich, die freien Gewerbe gemäß § 143 Z7 GewO undifferenziert in einer Generalklausel gleich zu behandeln, weil damit ihren völlig unterschiedlichen Ausformungen in keiner Weise Rechnung getragen würde. Selbst wenn man also eine sinngemäße Anwendung der Oö. Sperrzeitenverordnung auch für das freie Gewerbe nach § 143 Z7 GewO bejahen sollte, wäre die Unterstellung unter die Generalklausel "alle übrigen Gastgewerbebetriebe" unter dem Gesichtspunkt des Gleichbehandlungsgrundsatzes verfassungswidrig. Aus all diesen Gründen beantragt die Rechtsmittelwerberin die Behebung des angefochtenen Straferkenntnisses und Einstellung des Verfahrens.

Mit ihren Ausführungen ist die Rechtsmittelwerberin im Ergebnis im Recht.

Die Sperrzeitenverordnung des Landeshauptmannes von Oberösterreich, LGBl.Nr. 73/1977, geändert durch die Verordnung des Landeshauptmannes von Oberösterreich LGBl.Nr. 19/1993, knüpft an die Verordnungsermächtigung des § 198 Abs.1 der Gewerbeordnung 1973, BGBl.Nr. 75/1974 an.

Demnach wurden in dem zuletzt geänderten § 1 Abs.1 der zitierten Verordnung für die Gastgewerbebetriebe entsprechend "ihrer Betriebsart" der Zeitpunkt, in dem sie geschlossen werden müssen (Sperrstunde) und der Zeitpunkt in dem sie geöffnet werden dürfen (Aufsperrstunde) wie folgt festgelegt

..............

f) Buffet, Cafe, Konditorei, Espresso und alle übrigen Gastgewerbebetriebe - die Sperrstunde 24 Uhr - Aufsperrstunde 6 Uhr.

Die Verordnung knüpft also an die Betriebsart eines Gastgewerbebetriebes, welcher ursprünglich konzessioniert, nunmehr aber durch die Gewerberechtsnovelle 1992 als nichtbewilligungspflichtiges gebundenes Gewerbe eingestuft worden ist, an. (§ 124 Z8 GewO 1994 idF der Gewerberechtsnovelle 1997 - Änderung in der Ziffernbezeichnung).

Nur die gebundenen vormals konzessionierten

Kein gebundenes Gewerbe ist demnach u.a.

Weitere freie Gewerbe im Sinne des § 143 GewO 1994 sind zB die Verabreichung von Speisen und der Ausschank von Getränken und der Verkauf von warmen und angerichteten kalten Speisen durch Erzeugungs- und Handelsgewerbetreibende; die Verabreichung und der Ausschank von unentgeltlichen Kostproben auf Messen und messeähnlichen Veranstaltungen; der Automatenverkauf; der Ausschank von Getränken in Mietwagen, der Ausschank von Milch und der Verkauf von Milch in unverschlossenen Gefäßen; der Betrieb von Schutzhütten und die Beherbergung von Gästen bis zu 10 Fremdenbetten und beschränkten Umfang von Verabreichungen.

In der Tat hat der Landeshauptmann von Oberösterreich die gemäß § 152 Abs.7 GewO 1994 vom Gesetzgeber erteilte Ermächtigung für diese freien Gewerbe eine Sperrstunden- und Aufsperrstundenregelung für die einzelnen Gewerbe festzulegen, nicht genutzt.

Ungeachtet, ob man nun die freien Gewerbe im Sinne des § 143 GewO 1994 als freie "Gastgewerbe" oder als freie Gewerbe schlechthin betrachten will, besteht für die freien Gewerbe keine Betriebsart, auf die der Verordnungsgeber in Erfüllung des Gesetzgebungsauftrages Bedacht zu nehmen hat.

Eine undifferenzierte Betrachtungsweise, dass damit alle freien Gewerbe im Sinne des § 143 der Sperr- und Aufsperrstunde des § 1 Abs.1 lit.f der Sperrzeitenverordnung 1978 idF LGBl.Nr. 19/1993 unterläge, ist daher nicht zulässig und widerspricht selbst bezüglich der freien Gewerbe untereinander, dem Sachlichkeitsgebot. Gesetze und darauf erlassene Verordnungen sind jedoch verfassungskonform auszulegen. Eine Analogie im Strafrecht greift nicht Platz (vgl. § 1 Abs.1 VStG), sodass mangels entsprechender Verordnung des Landeshauptmannes von OÖ. die sogenannten Würstel- und Kebabstände, um ein solches freies Gewerbe handelt es sich im gegenständlichen Fall, nicht unter die bestehende Sperrzeitenverordnung des Landeshauptmannes von Oberösterreich fallen.

Aus diesem Grunde war spruchgemäß zu entscheiden und keine nähere Erörterung notwendig, weswegen die Gewerbebehörde auf die handelsrechtliche Geschäftsführerin gegriffen hat und inwieweit dies zulässig war, weil etwa es mit der gewerberechtlichen Ordnung, nämlich der ordnungsgemäßen Bestellung einer gewerberechtlichen Geschäftsführerin im Argen lag.

Da die Berufung im Ergebnis Erfolg hatte, ist die Rechtsmittelwerberin von der Pflicht befreit, Kostenbeiträge für das Berufungsverfahren leisten zu müssen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht  181,68 €) zu entrichten.

Dr. G u s c h l b a u e r

Beschlagwortung: keine Sperrstundenregelung für Würstelstände in der Verordnung des oö. Landeshauptmannes

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