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des Landes Oberösterreich
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VwSen-221660/2/Kl/Rd

Linz, 03.10.2000

VwSen-221660/2/Kl/Rd Linz, am 3. Oktober 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung der Frau V, vertreten durch Rechtsanwälte, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 15.10.1999, Ge96-30-4-1999/Brof, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der GewO 1994 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

II. Die Berufungswerberin hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten erster Instanz einen Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat in der Höhe von 20 % der verhängten Strafe, ds 2.000 S (entspricht 145,35 €), zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 19 und 51 VStG.

zu II.: § 64 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 15.10.1999, Ge96-30-4-1999/Brof, wurde über die Bw eine Geldstrafe von 10.000 S, Ersatzfreiheitsstrafe von 112 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 367 Z5 iVm § 39 Abs.2 GewO 1994 verhängt, weil sie es als handelsrechtliche Geschäftsführerin der E Kunststofffenster P. V GesmbH & Co OHG, welche im Standort, im Besitz der Gewerbeberechtigung "Tischlerhandwerk, beschränkt auf die Erzeugung von Kunststofffenster" ist - und somit als das zur Vertretung nach außen berufene Organ und sohin strafrechtlich Verantwortliche gemäß § 9 Abs.1 VStG zu vertreten hat, dass sich die E Kunststofffenster P. V GesmbH & Co OHG für die Ausübung des Tischlerhandwerkes jedenfalls in der Zeit vom 19.1.1999 bis zumindest zum 14.6.1999 eines Geschäftsführers, Herrn V , geb. am 26.7.1942, bedient hat, der nicht mehr den festgelegten Voraussetzungen entsprochen hat.

Der Geschäftsführer einer juristischen Person muss entweder dem zur gesetzlichen Vertretung berufenen Organ der juristischen Person angehören oder ein mindestens zur Hälfte der wöchentlichen Normalarbeitszeit im Betrieb beschäftigter, nach den Bestimmungen des Sozialversicherungsrechtes voll versicherungspflichtiger Arbeitnehmer sein.

Herr V jedoch gehörte jedenfalls in der Zeit vom 19.1.1999 bis zum 14.6.1999 weder dem zur gesetzlichen Vertretung berufenen Organ der E Kunststofffenster P. V GesmbH & Co OHG an noch war dieser im genannten Zeitraum ein voll versicherungspflichtiger Arbeitnehmer der genannten GesmbH & Co OHG.

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und darin die Aufhebung des Straferkenntnisses beantragt. Es sei richtig, dass die E Kunststofffenster P. V GesmbH & Co OHG über die angeführte Gewerbeberechtigung verfüge. § 39 Abs. 2 GewO sei aber nicht anwendbar, weil er die Bestellungserfordernisse regelt und nicht die längst bestellten Geschäftsführer betrifft. Ein Entfall der Ausübungsbefugnis durch Zeitablauf bzw durch Ablauf der Übergangsfrist ist dem Gesetz nicht zu entnehmen. Aber selbst bei Entfall der Voraussetzungen nach § 39 Abs.2 GewO bestehe die Ausübungsbefugnis jedenfalls über sechs Monate weiter.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

Weil in der Berufung nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht wurde und eine Verhandlung nicht ausdrücklich beantragt wurde, wurde von der Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gemäß § 51e Abs.3 Z1 VStG abgesehen.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 367 Z5 GewO 1994 idF BGBl. I Nr. 116/1998, begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 30.000 S zu bestrafen ist, wer sich für die Ausübung eines Gewerbes eines Geschäftsführers bedient, der nicht mehr den in § 39 Abs.2 festgelegten Voraussetzungen entspricht.

Gemäß § 39 Abs.2 GewO muss der Geschäftsführer den für die Ausübung des Gewerbes vorgeschriebenen persönlichen Voraussetzungen entsprechen, seinen Wohnsitz im Inland haben, sofern die Zustellung der Verhängung und die Vollstreckung von Verwaltungsstrafen nicht durch Übereinkommen sichergestellt sind und in der Lage sein, sich im Betrieb entsprechend zu betätigen, insbesondere dem Abs.1 entsprechende selbstverantwortliche Anordnungsbefugnis besitzen. Er muss der Erteilung der Anordnungsbefugnis und seiner Bestellung nachweislich zugestimmt haben. Handelt es sich um ein Gewerbe, für das die Erbringung eines Befähigungsnachweises vorgeschrieben ist, so muss der gemäß § 9 Abs.1 zu bestellende Geschäftsführer einer juristischen Person außerdem

1) dem zur gesetzlichen Vertretung berufenen Organ der juristischen Person angehören oder

2) ein mindestens zur Hälfte der wöchentlichen Normalarbeitszeit im Betrieb beschäftigter, nach den Bestimmungen des Sozialversicherungsrechtes voll versicherungspflichtiger Arbeitnehmer sein.

Diese Bestimmung gilt nicht für die im § 7 Abs.5 angeführten Gewerbe, die in der Form eines Industriebetriebes ausgeübt werden. Die bis zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bundesgesetzes BGBl.Nr. 29/1993 geltenden Bestimmungen des § 39 Abs.2 gelten für Personen, die am 1.7.1993 als Geschäftsführer bestellt waren, bis zum Ablauf des 31.12.1998 weiter.

Gemäß § 9 Abs.1 GewO können juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts (offene Handelsgesellschaften und Kommanditgesellschaften) sowie eingetragene Erwerbsgesellschaften (offene Erwerbsgesellschaften und Kommandit-Erwerbsgesellschaften) Gewerbe ausüben, müssen jedoch einen Geschäftsführer oder Pächter (§§ 39 und 40) bestellt haben.

Gemäß § 9 Abs.3 GewO ist bestimmt, sofern Personengesellschaften des Handelsrechts ein Gewerbe, für das die Erbringung eines Befähigungsnachweises vorgeschrieben ist, ausüben wollen, ein persönlich haftender Gesellschafter, der nach dem Gesellschaftsvertrag zur Geschäftsführung und zur Vertretung der Gesellschaft berechtigt ist, oder ein mindestens zur Hälfte der wöchentlichen Normalarbeitszeit im Betrieb beschäftigter, nach den Bestimmungen des Sozialversicherungsrechtes voll versicherungspflichtiger Arbeitnehmer zum Geschäftsführer (§ 39) bestellt werden muss.

Ist eine juristische Person persönlich haftende Gesellschafterin einer Personengesellschaft des Handelsrechts, so wird dem Abs.3 auch entsprochen, wenn zum Geschäftsführer (§ 39) dieser Personengesellschaft eine natürliche Person bestellt wird, die dem zur gesetzlichen Vertretung berufenen Organ der betreffenden juristischen Person angehört, oder die ein mindestens zur Hälfte der wöchentlichen Normalarbeitszeit im Betrieb beschäftigter, nach den Bestimmungen des Sozialversicherungsrechtes voll versicherungspflichtiger Arbeitnehmer dieser juristischen Person ist (§ 9 Abs. 4 GewO).

4.2. Wie aus dem zentralen Gewerberegister und aus dem Firmenbuch hervorgeht und von der belangten Behörde auch rechtsrichtig festgestellt wurde, übt die E Kunststofffenster P. V GesmbH & Co OHG (offene Handelsgesellschaft) mit dem Sitz und Standort in P das Tischlereigewerbe, beschränkt auf die Erzeugung von Kunststofffenster, seit 22.12.1982 aus. Mit diesem Tag wurde V als gewerberechtlicher Geschäftsführer bestellt. Die E Kunststofffenster P. V GesmbH & Co OHG besteht aus den beiden Gesellschaftern V , welcher nicht vertretungsbefugt ist, und der E Kunststofffenster P. V GesmbH, die seit 1.1.1982 selbständig vertritt. Handelsrechtliche - und seit 13.6.1994 selbständig vertretungsbefugte - Geschäftsführerin der E Kunststofffenster P. V GesmbH ist F V , welche auch die alleinige Gesellschafterin der GesmbH ist.

In dem Tatzeitraum 19.1.1999 bis 14.6.1999 verfügte daher der gewerbliche Geschäftsführer V nicht über die Voraussetzungen gemäß § 39 Abs.2 GewO. Er ist nämlich nicht ein zur gesetzlichen Vertretung berufenes Organ (handelsrechtlicher Geschäftsführer) der E Kunststofffenster P. V GesmbH, welche alleinige persönlich haftende Gesellschafterin der E Kunststofffenster P. V GesmbH & Co OHG ist.

Weiters wurde von der Behörde ermittelt, dass der gewerberechtliche Geschäftsführer auch über kein Sozialversicherungsverhältnis als voll versicherungspflichtiger Arbeitnehmer nach den Bestimmungen des Sozialversicherungsrechtes verfügte. Vielmehr ist er seit 1.1.1999 als gewerblich selbständig Erwerbstätiger bei der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft gemeldet. Er erfüllt daher auch nicht die Voraussetzung gemäß § 9 Abs.4 bzw § 39 Abs.2 Z2 GewO.

Wenn sich dagegen die Bw darauf stützt, dass der bestellte gewerberechtliche Geschäftsführer zum Zeitpunkt seiner Bestellung (22.12.1982) über die erforderlichen Voraussetzungen verfügte und die GewO den Wegfall der Ausübungsbefugnis nicht regelt, so ist diesen Ausführungen der § 39 Abs.2 letzter Satz entgegenzuhalten, wonach die bis zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bundesgesetzes BGBl.Nr. 29/1993 geltenden Bestimmungen des § 39 Abs.2 für Personen, die am 1.7.1993 als Geschäftsführer bestellt waren - dazu zählt demnach auch der gegenständliche gewerberechtliche Geschäftsführer -, bis zum Ablauf des 31.12.1998 weiter gelten. Dies heißt, dass bis zum 1.1.1999 die Bestellungsvoraussetzungen zum gewerberechtlichen Geschäftsführer nach der alten Rechtslage weiter galten, ab dem 1.1.1999 allerdings die Bestellungsvoraussetzungen nach der neuen Rechtslage zu beurteilen sind. Dies heißt also, dass der gegenständliche gewerberechtliche Geschäftsführer ab dem 1.1.1999 die Voraussetzungen nach § 39 Abs.2 idFd GewO-Novelle 1997 zu erfüllen gehabt hätte. Nach den obigen Ausführungen liegen aber die Bestellungsvoraussetzungen im Tatzeitraum nicht vor. Es hat daher die Bw den Tatbestand des § 367 Z5 GewO erfüllt, indem sie sich eines Geschäftsführers bediente, der nicht mehr den im § 39 Abs.2 festgelegten Voraussetzungen entspricht. Dies entspricht auch der Judikatur des VwGH (vgl. VwGH 16.2.1988, 87/04/0078).

Es kommt daher in dem gegenständlichen Tatbestand nicht - wie irrtümlich in der Berufung ausgeführt wird - auf den Entfall der Ausübungsberechtigung durch den Geschäftsführer an, sondern vielmehr, dass sich der Gewerbeinhaber eines Geschäftsführers bedient, der nicht mehr den Voraussetzungen entspricht. Es hat daher nach dem Willen des Gesetzgebers der Gewerbeinhaber stets auf den Fortbestand der Voraussetzungen für den Geschäftsführer Bedacht zu nehmen und bei Nichtvorliegen den Geschäftsführer abzuberufen bzw einen neuen Geschäftsführer zu bestellen (vgl. Grabler-Stolzlechner-Wendl, GewO, Springer, S. 201 RZ 41).

4.3. Hinsichtlich des Berufungsvorbringens, dass die Kunststofffenstererzeugung als industrielle Fertigung zu qualifizieren ist, ist der eindeutige Wortlaut der Gewerbeanmeldung entgegenzuhalten, wonach das Tischlereigewerbe, beschränkt auf die Erzeugung von Kunststofffenstern, als Handwerk angemeldet wurde und daher ein Befähigungsnachweis zu erbringen war. Eine Gewerbeanmeldung in Form eines "Industriebetriebes" ist nicht erfolgt. Es kommt daher § 7 Abs.5 GewO nicht zur Anwendung.

Der in der Berufung erwähnte Fortbetrieb für 6 Monate kommt nicht zum Tragen, weil dies gemäß § 9 Abs.2 GewO nur für den Fall des Ausscheidens des Geschäftsführers vorgesehen ist. Ein Ausscheiden wurde von der Bw nicht behauptet und lag gerade nicht vor, wurde die Bw doch wegen Heranziehens eines die Voraussetzungen nicht mehr erfüllenden Geschäftsführers bestraft.

Es hat daher die Bw die ihr vorgeworfene Tat begangen und auch subjektiv zu verantworten, zumal sie einen Entlastungsnachweis nicht geführt hat.

4.4. Hinsichtlich der Strafbemessung hat die belangte Behörde auf sämtliche nach § 19 VStG geregelten Strafbemessungsgründe Bedacht genommen. Es ist aus der Begründung des Straferkenntnisses nicht ersichtlich, dass sie von dem ihr obliegenden Ermessen in gesetzwidriger Weise Gebrauch gemacht hätte. Auch hat die Bw keine berücksichtigungswürdigen Umstände geltend gemacht. Es war daher auch das Strafausmaß zu bestätigen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis, weil die Berufung keinen Erfolg hatte, war ein Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren gemäß § 64 VStG aufzuerlegen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Dr. Klempt

Beschlagwortung:

Geschäftsführerbestellung, Wegfall der Voraussetzungen, Übergangsregelung

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