Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-221667/23/Le/La

Linz, 06.06.2000

VwSen-221667/23/Le/La Linz, am 6. Juni 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Berufung der D K, T 10, W, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. H B, M 11/6, 4020 L, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 26.11.1999, GZ 100-1/16-330101948, wegen Übertretungen der Gewerbeordnung 1994 iVm der Oö. Sperrzeiten-Verordnung 1993, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung und Verkündung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF, iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z1, 51 Abs.1, 51c und 51e Abs.2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 26.11.1999 wurde über die nunmehrige Berufungswerberin wegen 25 Übertretungen des § 368 Z9 und § 152 Abs.3 Gewerbeordnung 1994 (im Folgenden kurz: GewO) iVm § 1 Abs.1 lit.f der Oö. Sperrzeiten-Verordnung 1993, LGBl.Nr. 19/1993 eine Geldstrafe in Höhe von je 1.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von insgesamt 14 Tagen) verhängt; gleichzeitig wurde sie zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10 % der verhängten Strafen verpflichtet.

Im Einzelnen wurde ihr vorgeworfen, sie habe es als gewerberechtliche Geschäftsführerin der Firma A W GmbH zu verantworten, dass ihr Gaststättenbetrieb in der Betriebsart eines Buffets im Standort L, W S 3, an näher bezeichneten Tagen zwischen dem 29.5.1999 und dem 5.10.1999 über die Sperrstunde (24.00 Uhr) hinaus offen gehalten und Gästen das Verbleiben im Lokal gestattet worden sei.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 23.12.1999, mit der beantragt wird, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Zur Begründung brachte die Berufungswerberin vor, dass § 1 Abs.1 lit.f der Oö. Sperrzeiten-Verordnung nicht anwendbar sei, da sich diese Bestimmung nur auf Buffets, Cafe- und Konditoreien, Espressos und alle übrigen Gastgewerbebetriebe beziehe. Bei ihrem Gaststättenbetrieb handle es sich um kein Buffet, sondern um ein freies Gewerbe gemäß § 143 Z7 GewO. Dieses sei auch nicht unter die Qualifikation eines "übrigen Gastgewerbebetriebes" zu subsumieren. Der Betrieb könne auch kein Gastgewerbebetrieb iSd GewO sein.

3. Der Magistrat der Landeshauptstadt Linz hat die Berufung und den zu Grunde liegenden Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

3.1. Zur vollständigen Klärung der Sachlage hat der Unabhängige Verwaltungssenat am 5.6.2000 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, an der der Rechtsvertreter der Berufungswerberin sowie der Vertreter der Erstbehörde teilnahmen; der Meldungsleger RI Johann Wabro wurde als Zeuge gehört.

3.2. Daraus ergibt sich im Wesentlichen folgender Sachverhalt:

Bei der gegenständlichen Betriebsanlage handelt es sich um einen umgebauten Wohnwagenanhänger, der am Standort W Straße 3 in L abgestellt ist. Es werden dort keine Speisen angerichtet, sondern werden die Kebabs von der Firma A W GmbH fix fertig angeliefert und bei diesem Verkaufsstand lediglich warmgehalten und verkauft. Vor dem Verkaufswagen sind je nach Bedarf ein bis zwei Tische mit jeweils zwei bis drei Sesseln aufgestellt. Eine Betriebsanlagengenehmigung wurde für diesen Verkaufsstand bisher nicht erteilt; es wurde lediglich eine Gewerbeberechtigung für die A W GmbH für die Ausübung eines freien Gewerbes "Gastgewerbe gemäß § 143 Z7 GewO 1994" mit Geschäftsführerin D K für den Standort W S 3, L erteilt.

Der Zeuge RI J W gab auf die Frage, ob sich 10 bis 12 Gäste beim Verkaufsstand aufhalten können, wie dies in den Anzeigen betreffend den 26.9. und 9.10.1999 beschrieben wurde, an: Auf der Ablage beim Verkaufsstand und bei den Tischen könnten Speisen und Getränke abgestellt werden. Er könne aber nicht angeben, ob bei diesen Kontrollen tatsächlich alle Personen Gäste waren oder Personen einfach nur so dort gestanden sind, ohne etwas zu konsumieren. Er glaubte jedenfalls, dass die Mehrheit dieser Personen etwas konsumiert habe, wobei er darauf hinwies, dass die Mehrzahl der Gäste aus den umliegenden Discotheken auf einen Imbiss komme.

4. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat.

Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates.

Die Unabhängigen Verwaltungssenate entscheiden gemäß § 51c VStG über Berufungen durch Kammern, die aus drei Mitgliedern bestehen, wenn aber im angefochtenen Bescheid weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch eines ihrer Mitglieder.

Da im vorliegenden Verfahren die Berufungswerberin mit Geldstrafen von je 1.000 S bestraft wurde, war zur Durchführung des Verfahrens das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied berufen.

4.2. Gemäß § 143 Z7 GewO ist kein gebundenes Gewerbe gemäß § 124 Z8 (= Gastgewerbe)

7) die Verabreichung von .... gebratenem oder gegrilltem Fleisch (ausgenommen Innereien) von Rindern und Schweinen, ... Pommes Frites, ... üblichen kalten Beigaben wie Essiggemüse, Mayonaise, Senf, Kren, Brot und Gebäck, in einfacher Art, ... sowie der Ausschank von Milchmischgetränken, anderen nicht alkoholischen kalten Getränken und Flaschenbier, wenn hiebei nicht mehr als acht Verabreichungsplätze (zum Genuß von Speisen oder Getränken bestimmte Plätze) bereitgestellt werden...

Die gegenständliche Betriebsanlage ist gewerbebehördlich nicht genehmigt. Es fehlen daher (u.a.) bescheidmäßige Regelungen betreffend die Betriebszeiten und die Anzahl der Verabreichungsplätze.

Beim gegenständlichen Kebabstand werden gegrilltes Fleisch, übliche Beigaben sowie Flaschengetränke verkauft, die im Nahbereich des Verkaufsstandes konsumiert werden können. Zu diesem Zweck werden - laut Aussage des Zeugen RI W und des Rechtsvertreters der Berufungswerberin - ein bis zwei Klapptische aufgestellt mit jeweils zwei bis drei Sesseln. Im Bereich der Essensausgabe des Verkaufsstandes ist eine schmale Essensablage montiert.

Es ist daher nicht erwiesen, dass mehr als acht Verabreichungsplätze bereitgestellt werden. Der Begriff "Verabreichungsplatz" ist in der Gewerbeordnung nicht näher erläutert; was unter einem solchen Platz zu verstehen ist, ist daher im Einzelfall zu ermitteln. Dabei sind die besonderen Umstände des Ausschankes von Speisen und Getränken zu beachten. Wenngleich die Kunden eines derartigen Schnellimbissstandes keinen gesteigerten Wert auf Komfort legen, so kann von einem Verabreichungsplatz bei einem derartigen Imbissstand aber doch erst dann gesprochen werden, wenn dem Gast so viel Platz zur Verfügung gestellt wird, dass dieser seine Speise und sein Getränk ordentlich abstellen kann und ausreichend Platz für die Konsumation erhält. Dies mag bei den genannten ein bis zwei Tischen mit den dabei befindlichen jeweils zwei bis drei Sesseln der Fall sein, jedoch nicht bei der schmalen Ablage im Bereich der Speisenausgabe.

Nach den vorliegenden Ermittlungsergebnissen ist daher im Höchstfall von sechs Verabreichungsplätzen auszugehen.

Diese befinden sich überdies im Freien. Von einem "Verweilen im Lokal" (siehe Spruch des Straferkenntnisses) kann daher nicht gesprochen werden.

Dies bewirkt, dass der gegenständliche Verkaufsstand nicht als Gastgewerbe iSd § 124 Z8 GewO anzusehen ist.

4.3. Nach § 152 Abs.1 GewO hat der Landeshauptmann den Zeitpunkt, zu dem die Gastgewerbebetriebe geschlossen werden müssen (Sperrstunde), und den Zeitpunkt, zu dem sie geöffnet werden dürfen (Aufsperrstunde), für die einzelnen Betriebsarten der Gastgewerbe durch Verordnung festzulegen; ...

Nach Abs.7 leg.cit. gelten die Abs.1 bis 6 auch für Betriebe, in denen die in § 143 Z3 und 5 bis 7 angeführten Tätigkeiten ausgeübt werden, hinsichtlich dieser Tätigkeiten sinngemäß mit der Maßgabe, dass die Sperrstunde und die Aufsperrstunde für die einzelnen Tätigkeiten gemäß § 143 Z3 und 5 bis 7 festzulegen sind.

Der Landeshauptmann von Oberösterreich hat mit der Verordnung vom 25.2.1993 die Sperrzeiten auf Grund des (damals geltenden) § 198 Abs.1 GewO 1973 festgelegt. In § 1 Abs.1 lit.f wurde die Sperrstunde für die Betriebsart Buffet, Cafe- Konditorei, Espresso und alle übrigen Gastgewerbebetriebe mit 24.00 Uhr bestimmt.

Da aber - wie oben ausgeführt - der gegenständliche Verkaufsstand nicht unter den Begriff der Gastgewerbe fällt (siehe oben 4.2.) ist diese Verordnung nicht auf Betriebe gemäß § 143 Z7 GewO anzuwenden (siehe hiezu auch das Erkenntnis des Oö. Verwaltungssenates vom 11.5.2000, VwSen-221658/11/Gu/Pr).

Da eine Verordnung gemäß § 152 Abs.7 GewO bisher nicht erlassen wurde, gilt sohin für Betriebe wie den gegenständlichen derzeit keine Sperrstunde.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden, ohne auf die geltend gemachten Verfahrensmängel einzugehen.

Zu II.:

Wird ein Strafverfahren eingestellt, so sind gemäß § 66 Abs.1 VStG die Kosten des Verfahrens von der Behörde zu tragen.

Damit war der Verfahrenskostenausspruch der belangten Behörde aufzuheben.

Die Kosten des Berufungsverfahrens sind gemäß § 65 VStG dem Berufungswerber nicht aufzuerlegen, weil der Berufung (zumindest teilweise) Folge gegeben wurde.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Dr. L e i t g e b

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum