Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-221675/3/Kon/Pr

Linz, 15.11.2000

VwSen-221675/3/Kon/Pr Linz, am 15. November 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 7. Kammer (Vorsitzender: Mag. Gallnbrunner, Berichter: Dr. Konrath, Beisitzer: Dr. Grof) über die Berufung des Herrn F. L. in R. gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 10.1.2000, GZ: MA2-Pol-6181-1999, wegen Übertretungen der Gewerbeordnung 1994 - GewO 1994, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis hinsichtlich beider Fakten aufgehoben und die diesbezüglichen Verwaltungsstrafverfahren werden gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG

Entscheidungsgründe:

Im angefochtenen Straferkenntnis wird der Beschuldigte

unter Faktum 1:

der Verwaltungsübertretung gemäß § 366 Abs.1 Z1 iVm § Abs.1 und 3 GewO 1994 und

unter Faktum 2:

der Verwaltungsübertretung gemäß §§ 366 Abs.1 Z2 und 74 GewO 1994 iVm § 2 der Solarienverordnung, BGBl.Nr. 147/1995, sowie Punkt 1.1 der Anlage zur Solarienverordnung für schuldig erkannt.

Den Schuldsprüchen liegen nachstehende Tatvorwürfe zu Grunde:

"Sie haben es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als i.S.d. § 9 Abs 1 VStG zur Vertretung nach außen Berufener der Firma S. Design GmbH & CoKG, R., zu verantworten, dass durch diese Firma im Standort W., (Bade- und Freizeitzentrum), seit ca. zehn Jahren zehn Solarien zur Selbstbedienung durch die Benützer betrieben werden, wodurch

  1. das freie Gewerbe des Betriebes eines Bräunungsstudios ausgeübt wird, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben und
  2. eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung betrieben wird."

In Entscheidung über die dagegen rechtzeitig erhobene Berufung hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 366 Abs.1 Z1 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen ist, wer ein Gewerbe ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben.

Gemäß § 1 Abs.2 GewO 1994 wird eine Tätigkeit gewerbsmäßig ausgeübt, wenn sie selbständig, regelmäßig und in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, gleichgültig, für welche dieser bestimmt ist; hiebei macht es keinen Unterschied, ob der durch die Tätigkeit beabsichtigte Ertrag oder sonstige wirtschaftliche Vorteil im Zusammenhang mit einer in den Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes fallenden Tätigkeit oder im Zusammenhang mit einer nicht diesem Bundesgesetz unterliegenden Tätigkeit erzielt werden soll.

Gemäß § 1 Abs.3 leg.cit. liegt Selbständigkeit im Sinne dieses Bundesgesetzes vor, wenn die Tätigkeit auf eigene Rechnung und Gefahr ausgeübt wird.

Gemäß § 1 Abs.4 leg.cit. gilt auch eine einmalige Handlung als regelmäßige Tätigkeit, wenn nach den Umständen des Falles auf die Absicht der Wiederholung geschlossen werden kann, oder wenn sie längere Zeit erfordert.

Gemäß § 366 Abs.1 Z3 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist gemäß dem Einleitungssatz dieser Gesetzesstelle zu bestrafen, wer eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage (§ 74) ohne die erforderliche Genehmigung errichtet oder betreibt.

Gemäß § 31 Abs.2 VStG beträgt die Verjährungsfrist bei den Verwaltungsübertretungen der Gefährdung, Verkürzung oder Hinterziehung von Landes- und Gemeindeabgaben ein Jahr, bei allen anderen Verwaltungsübertretungen sechs Monate. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat.

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.

Nach dieser Gesetzesstelle ist es erforderlich, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass

Entsprochen ist der Vorschrift des § 44a Z1 VStG dann,

  1. wenn der Beschuldigte aufgrund der Umschreibung der ihm vorgeworfenen Tat in der Lage ist, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf widerlegen zu können und
  2. die Tatumschreibung im Spruch des Straferkenntnisses geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

Diesen im § 44a Z1 VStG gründenden Erfordernissen entsprechen die zu Faktum 1 und 2 ergangenen Schuldsprüche des angefochtenen Straferkenntnisses aus folgenden Gründen nicht:

Bei beiden Fakten handelt es sich um fortgesetzte Delikte, für die eine kalendermäßig eindeutige Umschreibung des Tatzeitraumes erforderlich ist (VwGH 11.4.1986, 86/18/0051 uva.). Die kalendermäßige Anführung der Tatzeit ist insbesondere deshalb geboten, weil durch das Straferkenntnis auch ein noch nicht abgeschlossenes Geschehen erfasst werden soll, wobei sowohl im Falle des Faktums 1 als auch Faktums 2 jeweils Sache für die Berufungsentscheidung nur dieser Tatzeitraum sein kann. Aus der Anführung eines bestimmten Tatzeitraumes im Schuldspruch ergibt sich nämlich, dass Abspruchgegenstand und somit auch Sache im Sinne des § 66 Abs.4 AVG ausschließlich die Tatbegehung in diesem Zeitraum ist. Dies gilt unabhängig davon, dass von der Bestrafung wegen eines fortgesetzten Deliktes auch erst allenfalls später bekannt gewordene Einzeltathandlungen bis zum Zeitpunkt der Fällung des erstbehördlichen Straferkenntnisses erfasst sind (VwGH 8.10.1986, 86/09/0046 uva).

Den beiden Fakten zu Grunde liegende Tatzeitumschreibung "seit ca. 10 Jahren" entspricht mangels einer konkreten datumsmäßigen Anführung zumindest des Beginns der unberechtigten Gewerbeausübung (Faktum 1) und der konsenslosen Betreibung (Faktum 2) nicht dem Erfordernis ausreichender Tatzeitkonkretisierung. Hiefür wäre erforderlich gewesen, jeweils kalendermäßig einen Zeitpunkt im Tatvorwurf anzuführen, der innerhalb der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist vor Setzung der ersten Verfolgungshandlung gelegen wäre. Für die diesem Zeitpunkt vorangehenden inkriminierten Tätigkeiten des Beschuldigten war nämlich aufgrund der Bestimmungen des § 31 Abs.2 VStG schon Verfolgungsverjährung eingetreten.

Schon allein aufgrund dieses Spruchmangels, der im Übrigen einer Sanierung nicht zugänglich gewesen wäre, war das Straferkenntnis aufzuheben. Ein Eingehen auf sonst noch festzustellen gewesene Spruchmängel wie unzureichende Tatumschreibungen und die unterbliebene Anführung aller wesentlichen Tatbestandsmerkmale (§ 1 Abs.2 und § 81 bzw. § 74 Abs.2 GewO 1974), war daher entbehrlich.

Aufgrund dieses Verfahrensergebnisses ist der Beschuldigte von der Entrichtung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge befreit.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht  181,68 Euro) zu entrichten.

Mag. G a l l n b r u n n e r

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