Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-221441/2/Le/Ha

Linz, 18.09.1997

VwSen-221441/2/Le/Ha Linz, am 18. September 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Berufung des E K, O, E, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 26.3.1997, Ge96-78-1996, wegen Übertretung der Gewerbeordnung zu Recht erkannt:

Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

Der Berufungswerber hat einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von 600 S zu entrichten.

Rechtsgrundlage: Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51c und 51e Abs.1 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52/1991 idgF. Zu II.: § 64 Abs.1 und Abs.2 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 26.3.1997 wurde über den nunmehrigen Berufungswerber (im folgenden kurz: Bw) wegen Übertretung des § 366 Abs.1 Z1 und § 94 Z7 Gewerbeordnung 1994 (im folgenden kurz: GewO) eine Geldstrafe in Höhe von 3.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 20 Stunden) verhängt; gleichzeitig wurde er zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10 % der verhängten Strafe verpflichtet.

Im einzelnen wurde ihm vorgeworfen, er habe vom 15. bis zum 17.7.1996 gewerbsmäßig, das heißt selbständig, regelmäßig und in der Absicht, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, bei der Firma E in W, D, die Lieferanteneinfahrt im Ausmaß von ca. 100 m² gepflastert, ohne die hiezu erforderliche Gewerbeberechtigung für das Pflastererhandwerk erlangt zu haben.

In der Begründung dazu wurde im wesentlichen ausgeführt, daß dem Beschuldigten aufgrund einer Anzeige der Wirtschaftskammer Oberösterreich, Bezirksstelle Wels, die Verwaltungsübertretung zur Last gelegt wurde. Nach einer Wiedergabe des Ermittlungsverfahrens legte die Erstbehörde die Gründe der Beweiswürdigung dar und kam schließlich bei der Beurteilung der Rechtslage zum Ergebnis, daß die Durchführung von Pflasterungsarbeiten grundsätzlich Gegenstand des Handwerks der Pflasterer wäre. Im Zuge von Garten- und Grünflächengestaltungen könnten gewisse Pflasterungen als sogenannte Vor- und Vollendungsarbeiten im Sinne des § 33 Abs.1 Z2 GewO auch von den Gärtnern selbst ausgeführt werden. Bei der Pflasterung einer Lieferanteneinfahrt einer Firma im Ausmaß von ca. 100 m² könne nicht von derartigen Vor- und Vollendungsarbeiten gesprochen werden, weil eine Lieferanteneinfahrt nicht im Zusammenhang mit der Anlegung eines Gartens gesehen werden könne.

Sodann legte die Erstbehörde die Gründe der Strafbemessung dar.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 14.4.1997, mit der beantragt wird, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

In der Begründung dazu wurde im wesentlichen ausgeführt, daß der Bw über die Strafverfügung erstaunt gewesen wäre, und zwar auch deswegen, weil es sich bei der beanstandeten Zufahrt wohl auch um den Lieferantenweg handle, aber genauso um den Zugang zum Garten von Frau O. Der Bw wies darauf hin, daß der Beruf des Gartengestalters ein sehr breit gefächertes Berufsbild beinhalte, wozu neben Gestalten mit Pflanzen auch Arbeiten mit Holz, Wasser und genauso Pflasterarbeiten zählten. Großer Nachteil der Gestalter sei es, eine sehr junge Branche zu sein, die noch wenig organisiert sei und nebenbei bedrängt werde. Aus solchen Gründen und auch wegen der kurzen Pflanzzeit im Frühjahr und im Herbst sei er schon allein wegen der Ganzjahresbeschäftigung gezwungen, in den Gärten auch Arbeiten durchzuführen, die zum Tiefbau gehören, welche wiederum zum Berufsbild gehören und aus wirtschaftlicher Sicht nicht wegzudenken wären. Umso mehr würde es ihn freuen, aufgrund der wirtschaftlichen Notwendigkeit Pflasterarbeiten nicht ganz für gewerbliche Gartengestalter zu verbieten.

3.1. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat die Berufung und den zugrundeliegenden Verwaltungsakt dem unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

3.2. Der verfahrensgegenständliche Sachverhalt wurde vom Detektivbüro G B aus M am 15.7.1996 erhoben. Es wurde festgestellt, daß die Firma K Pflasterungsarbeiten durchführt, und zwar in der Form, daß bei der Lieferanteneinfahrt die Pflastersteine entfernt und wieder neu verlegt wurden; das Ausmaß betrug ca. 100 m².

Diese Feststellungen wurden vom Bw nicht bestritten und zwar weder anläßlich seiner Vernehmung am 25.9.1996 noch in der vorliegenden Berufung. In der Berufung räumte der Bw selbst ein, daß es sich um einen "Lieferantenweg" handle, aber auch um den "Zugang zum Garten von Frau O".

4. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat. Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des O.ö. Verwaltungssenates.

4.2. Aus den Sachverhaltsermittlungen ist nicht hervorgekommen, daß der Bw (bzw. sein Unternehmen) die Pflasterungsarbeiten im Zuge irgendwelcher gartengestaltender Arbeiten gleichsam als Nebenarbeiten durchgeführt hätte oder diese Pflasterungen als Teil eines gärtnerischen Gesamtkonzeptes anzusehen wären. Vielmehr hat der Bw den Tatvorwurf, daß er die Lieferanteneinfahrt bei der Firma Escom gepflastert hätte, unbestritten gelassen, ja dies sogar in der Berufung selbst zugegeben.

Im Zusammenhang mit der Feststellung des Detektivs, die vom Bw nicht bestritten wurde, ist daher davon auszugehen, daß der Bw im angelasteten Tatzeitraum (der ebenfalls nicht in Frage gestellt wurde) am bezeichneten Tatort ausschließlich Pflasterungsarbeiten, jedoch keine (überwiegenden) gartengestaltenden Maßnahmen durchgeführt hat.

4.3. § 366 Abs.1 GewO bestimmt, daß eine Verwaltungsübertretung begeht, die mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen ist, wer 1. ein Gewerbe ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben.

Im II. Hauptstück der GewO sind Bestimmungen für einzelne Gewerbe enthalten. In § 94 werden die Handwerke sowie die mit diesen Handwerken verwandten Handwerke festgelegt: Darin findet sich unter der Ziffer 7 das Handwerk der Pflasterer, in der Ziffer 11 das Handwerk der Gärtner. Während bei dem Handwerk der Pflasterer kein verwandtes Handwerk angegeben ist, findet sich ein solches bei den Gärtnern: Es handelt sich dabei um das Handwerk der Blumenbinder (Floristen).

Bereits daraus ist ersichtlich, daß es sich bei den Pflasterern und bei den Gärtnern um völlig verschiedene Handwerke handelt.

Nähere Bestimmungen zu den Handwerken "Gärtner" und "Pflasterer" finden sich in der Gewerbeordnung nicht, wohl aber in den Ausbildungsvorschriften: In den Ausbildungsvorschriften für den Lehrberuf Landschaftsgärtner finden sich in Art. I unter den Positionen 28 und 29 folgende Vorgaben: "Kenntnis der Natur- und Kunststeine; einfache Steinarbeiten; Verbauen von Natur- und Kunststeinen; Kenntnis und Ausführen des gärtnerischen Wegebaus". Weitere Vorschriften zum Wegebau oder zur Oberflächenbefestigung finden sich in diesen Ausbildungsvorschriften nicht.

Dagegen sind in den Ausbildungsvorschriften Pflasterer in den Positionen 1 - 23 ausführliche Vorgaben für die Planung von Pflasterungsarbeiten, das Vorbereiten des Untergrundes, das Anlegen von Skizzen und Planmaßen auf die Arbeitsfläche, das eigentliche Pflastern selbst sowie das Vergießen und Verfugen und Abschließen der Pflasterungsarbeiten.

Aus dem Vergleich dieser Ausbildungsvorschriften folgt, daß hinsichtlich Umfang und Spezialisierung der Tätigkeiten von Gärtnern und Pflasterern erhebliche Unterschiede bestehen. Gärtner dürfen demnach nur Gartenwege anlegen, soweit sich diese in ein gärtnerisches Gesamtkonzept einfügen und nicht eine spezielle Untergrundbehandlung erfordern.

Daß das Abtragen und Neuaufbringen eines Pflasters auf einer Lieferantenzufahrt keine gärtnerische sondern aufgrund der dafür erforderlichen speziellen Fachkenntnisse betreffend Planung, Vorbereitung, Ausführung und Abschließen eine dem Berufsbild der Pflasterer entsprechende Tätigkeit ist, liegt sohin auf der Hand.

Das hat zur Folge, daß der Bw die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht begangen hat.

4.4. Hinsichtlich des Verschuldens bestimmt § 5 Abs.1 VStG, daß dann, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandlung gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Diese gesetzliche Schuldvermutung trifft sohin bei den sogenannten "Ungehorsamsdelikten" zu. Bei den Ungehorsamsdelikten - die die meisten Verwaltungsdelikte darstellen - besteht das Tatbild in einem bloßen Verhalten ohne Merkmal eines Erfolges. Bereits die Nichtbefolgung eines gesetzlichen Gebotes oder Verbotes genügt zur Strafbarkeit; ein (schädlicher) Erfolg muß dabei nicht eingetreten sein. Aus der Formulierung des § 366 Abs.1 Z1 GewO ist ersichtlich, daß bereits derjenige strafbar ist, der ein Gewerbe ausübt, ohne (vorher) die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben.

Dadurch, daß der Bw das den Pflasterern vorbehaltene Handwerk ausgeübt hat, indem er die Zufahrt bei der Firma E gepflastert hat, hat er den Tatbestand der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretung auch in subjektiver Hinsicht erfüllt. Dem Bw ist es nicht gelungen glaubhaft zu machen, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Der Hinweis in der Berufung, daß er schon allein wegen der Ganzjahresbeschäftigung gezwungen sei, in den Gärten auch Arbeiten durchzuführen, die zum Tiefbau gehören, stellen jedenfalls keinen tauglichen Grund dar, eine Verschuldensfreiheit zu begründen. Sie weisen eher darauf hin, daß der Bw sich der Unrechtmäßigkeit seiner Handlung bewußt war, was wiederum auf eine vorsätzliche Begehung der Verwaltungsübertretung hinweist.

4.5. Die Überprüfung der Strafbemessung ergab, daß diese entsprechend den Grundsätzen des § 19 VStG vorgenommen wurde.

Die Voraussetzungen des § 21 VStG (Absehen von der Strafe bzw. Ausspruch einer Ermahnung) sind nicht erfüllt, weil weder das Verschulden des Bw geringfügig ist noch die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Schließlich ist es der Gewerbeordnung systemimmanent, die einzelnen Gewerbe voneinander abzugrenzen und voreinander zu schützen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu II.:

Gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG ist in jeder Entscheidung eines unabhängigen Verwaltungssenates, mit der ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, daß der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten hat, der mit weiteren 20 % der verhängten Strafe zu bemessen ist. Da eine Geldstrafe in Höhe von 3.000 S verhängt wurde, beträgt der Verfahrenskostenbeitrag für das Berufungsverfahren 600 S.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. Leitgeb

Beschlagwortung: Pflasterer; Gärtner

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