Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-221511/2/Kl/Rd

Linz, 11.08.1998

VwSen-221511/2/Kl/Rd Linz, am 11. August 1998

DVR.0690392

 

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des Bernhard W, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn vom 13.11.1997, Ge96-183-1997, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der Gewerbeordnung 1994 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

II. Der Berufungswerber hat zum Verfahren vor dem O.ö. Verwaltungssenat einen Kostenbeitrag von 20 % der verhängten Strafe, ds 200 S, zu leisten.

Rechtsgrundlage: zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 19 und 51 VStG. zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn vom 13.11.1997, Ge96-183-1997, wurde gegen den Bw eine Geldstrafe von 1.000 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 12 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 366 Abs.1 Z1, 5 Abs.2 Z2, 127 Z5 und 341 Abs.1 GewO 1994 idgF verhängt, weil er am 13.5.1997 um 14.15 Uhr im landwirtschaftlichen Anwesen des Herrn Heinrich S, Nr.5, M, beim Neubau eines Stallgebäudes eine Holzschalung angebracht und somit das bewilligungspflichtige gebundene Gewerbe "Zimmermeister" ausgeübt und für diese Tätigkeit 100 S pro Stunde kassiert hat, obwohl er die für die Ausübung des Gewerbes "Zimmermeister" erforderliche Gewerbeberechtigung nicht erlangt hat.

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und begründend ausgeführt, daß "der dem gegenständlichen Verfahren zugrundeliegende Sachverhalt nicht bestritten wird", die Behörde aber einem Rechtsirrtum unterliege, wenn sie die ausgeübte Tätigkeit als unbefugte Ausübung des Gewerbes "Zimmermeister" ansieht. Gemäß § 2 Abs.4 Z4 GewO sei der Bw nämlich als selbständiger Land- und Forstwirt auch berechtigt, im Rahmen der bäuerlichen Nachbarschaftshilfe auch für andere land- und forstwirtschaftliche Betriebe im gleichen oder angrenzenden Verwaltungsbezirk tätig zu sein. Die bäuerliche Nachbarschaftshilfe sei aber dem Kompetenztatbestand "Landwirtschaft" zuzuordnen und in Gesetzgebung und Vollziehung Landessache und unterliegt daher nicht der Gewerbeordnung. Dazu verwies er auf vormalige Regelungen über die konzessionierten Baugewerbe, die Literatur über die Land- und Forstwirtschaft in der Gewerbeordnung und das Erkenntnis des VwGH vom 30.1.1996, 95/04/0178 sowie einen Erlaß des BM für wirtschaftliche Angelegenheit vom 16.10.1996. Es habe daher die belangte Behörde seine Tätigkeit einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung unterzogen. Daraus folge auch, daß kein Verschulden vorgelegen sei. Es wurde daher die Aufhebung des Straferkenntnisses beantragt. 3. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt. Weil eine 3.000 S nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, bloß die rechtliche Beurteilung angefochten, der Sachverhalt ausdrücklich unstrittig erklärt und eine öffentliche mündliche Verhandlung ausdrücklich nicht verlangt wurde, konnte eine öffentliche mündliche Verhandlung unterbleiben (§ 51e Abs.2 VStG).

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 366 Abs.1 Z1 GewO 1994 idF BGBl.I.Nr. 10/1997 (zum Tatzeitpunkt geltende Fassung) begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen ist, wer ein Gewerbe ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben. Gemäß § 127 Z5 GewO zählt das Gewerbe des Zimmermeisters zu den bewilligungspflichtigen gebundenen Gewerben, welche erst nach Erlangung einer Bewilligung ausgeübt werden dürfen. Wer ein bewilligungspflichtiges gebundenes Gewerbe (§ 127) ausüben will, hat das Ansuchen bei der Behörde, die für den beabsichtigten Standort zuständig ist, einzubringen (§ 341 Abs.1 leg.cit).

Der Bw selbst hat außer Streit gestellt, daß er am 13.5.1997 um 14.15 Uhr im landwirtschaftlichen Anwesen des Hrn. Heinrich S, Nr.5, M, beim Neubau eines Stallgebäudes eine Holzschalung angebracht hat und für diese Tätigkeit 100 S/Std. Entgelt kassiert hat.

Diese Tätigkeit stellt eine Tätigkeit des Gewerbes "Zimmermeister" dar, wurde selbständig vom Bw ausgeübt, nahm längere Zeit in Anspruch, und es wurde auch ein wirtschaftlicher Vorteil erzielt, indem der Bw für seine Tätigkeit ein Entgelt erhalten hat.

Es hat daher in richtiger rechtlicher Beurteilung der belangten Behörde der Bw die gewerbliche Tätigkeit des Zimmermeisters entgeltlich ausgeführt, ohne daß er hiefür eine Gewerbeberechtigung besaß, und hat daher die gegenständliche Verwaltungsübertretung begangen.

4.2. Der Bw stützt sich im wesentlichen auf § 2 Abs.4 Z4 GewO und führt dazu aus, daß die gegenständliche Tätigkeit eine Dienstleistung im Rahmen der Land- und Forstwirtschaft darstelle und im Rahmen der Nachbarschaftshilfe geleistet wurde. Solche Tätigkeiten seien vom Anwendungsbereich der GewO ausgenommen. Der Bw ist mit diesen Ausführungen nicht im Recht.

Gemäß § 2 Abs.1 leg.cit. ist dieses Bundesgesetz - unbeschadet weiterer ausdrücklich angeordneter Ausnahmen durch besondere bundesgesetzliche Vorschriften - auf die Nebengewerbe der Land- und Forstwirtschaft (Abs.4) nicht anzuwenden.

Gemäß § 2 Abs.4 Z4 leg.cit. sind unter Nebengewerbe der Land- und Forstwirtschaft iSd Bundesgesetzes (Abs.1 Z2) Dienstleistungen zu verstehen, ausgenommen Fuhrwerksdienste (Z5 und 6) mit land- und forstwirtschaftlichen Betriebsmitteln, die im eigenen Betrieb verwendet werden, für andere land- und forstwirtschaftliche Betriebe in demselben oder einem angrenzenden Verwaltungsbezirk; mit Mähdreschern vorgenommene Dienstleistungen nur für landwirtschaftliche Betriebe in demselben Verwaltungsbezirk oder in einer an diesen Verwaltungsbezirk angrenzenden Ortsgemeinde; ...

Bei der Beurteilung, ob es sich bei einer von einem Landwirt ausgeübten gewerblichen Tätigkeit um ein von der GewO ausgenommenes landwirtschaftliches Nebengewerbe handelt, ist der Zusammenhang dieser Tätigkeit mit der landwirtschaftlichen Produktion und ihre Unterordnung gegenüber dieser maßgebend. Zum Begriff eines landwirtschaftlichen Nebengewerbes gehört, daß dessen Betrieb ohne Landwirtschaft nicht gedacht werden kann. Nur jene mit einem landwirtschaftlichen Unternehmen verbundenen Betriebe können als Nebengewerbe der Landwirtschaft angesehen werden, welche nicht als selbständige Unternehmen, sondern als Bestandteil eines einheitlichen Gesamtunternehmens von rein wirtschaftlichem Wesen geführt werden. Der Begriff Nebengewerbe der Land- und Forstwirtschaft enthält über die Merkmale der ausdrücklich in den einzelnen Ziffern des Abs.4 vorgesehenen einzelnen Tätigkeitstypen hinaus noch weitere Begriffsmerkmale, die allerdings nicht in Form einer ausdrücklichen Legaldefinition in die GewO Eingang gefunden haben, nämlich die Begriffsmerkmale einer mit der Land- und Forstwirtschaft organisatorisch eng verbundenen Erscheinungsform und der Unterordnung der gewerblichen Tätigkeit gegenüber der Land- und Forstwirtschaft (vgl. Kinscher-Sedlak, GewO, 6. Auflage, S.64, Anm. 177 und 178). Die Unterstellung der in den Ziffern des Abs.4 angeführten Tätigkeiten unter den Begriff des "Nebengewerbes" der Land- und Forstwirtschaft findet dort eine absolute Grenze, wo die Ausübung der betreffenden Tätigkeit dem Erscheinungsbild eines Betriebes entspricht, wie er in Ansehung der jeweils in Frage stehenden Tätigkeiten von einem Gewerbetreibenden losgelöst von der Land- und Forstwirtschaft geführt wird (Kinscher-Sedlak, S.64, Anm. 179).

Bei Tätigkeiten des Zimmermeisters, wie sie auch die Anbringung von Holzschalungen darstellt, handelt es sich aber nicht um eine mit der Land- und Forstwirtschaft organisatorisch eng verbundene Erscheinungsform. Vielmehr handelt es sich bei dieser Tätigkeit um eine solche, die losgelöst von der Land- und Forstwirtschaft üblicherweise von Gewerbetreibenden ausgeübt wird. Es handelt sich daher bei der gegenständlichen Tätigkeit nicht um ein landwirtschaftliches Nebengewerbe.

Darüber hinaus ist aber speziell die vom Bw angesprochene Z4 des § 2 Abs.4 leg.cit. der Erbringung von Dienstleistungen mit land- und forstwirtschaftlichen Betriebsmitteln für andere land- und forstwirtschaftliche Betriebe in demselben Verwaltungsbezirk nicht erfüllt. Zu den land- und forstwirtschaftlichen Betriebsmitteln zählen insbesondere in der Land- und Forstwirtschaft übliche Zugmaschinen, Arbeitsmaschinen, Motorkarren, Transportkarren, Anhänger und land- und forstwirtschaftliches Arbeitsgerät, wie zB Motorsägen. Da allerdings auch Dienstleistungen unter die Z4 fallen, die mit den dieser Bestimmung entsprechenden Betriebsmitteln verrichtet werden, fallen unter diese Bestimmung umso mehr auch Dienstleistungen, die ohne solche Betriebsmittel erbracht werden. Auch im gegenständlichen Fall ist die Verwendung von land- und forstwirtschaftlichen Betriebsmitteln nicht gegeben, allerdings sind die "Dienstleistungen" immer iSd "Nebengewerbes der Land- und Forstwirtschaft" iSd § 2 Abs.4 leg.cit. zu verstehen, also mit der Land- und Forstwirtschaft organisatorisch eng verbundene Tätigkeiten. Dazu hat die belangte Behörde richtige Beispiele für die landwirtschaftliche Aushilfe angeführt. Die Ausführung von Zimmermeisterarbeiten gegen einen Stundenlohn ist daher keine mit der Land- und Forstwirtschaft organisatorisch eng verbundene Tätigkeit und unterliegt daher nicht der Ausnahmeregelung gemäß § 2 Abs.4 Z4 leg.cit.

Schließlich ist aber auch anzumerken, daß die vom Bw angeführte "Nachbarschaftshilfe" im eigentlichen Sinn durch diese Tätigkeit gar nicht geleistet wurde, weil nämlich echte Nachbarschaftshilfe nicht unter den Begriff des Gewerbes fällt und daher gar nicht einer Ausnahme vom Anwendungsbereich der GewO bedürfte. Insbesondere ist dabei auf die Entgeltlichkeit (Stundenlohn) bzw Erwerbsabsicht des Bw hinzuweisen.

4.3. Das vom Bw angeführte VwGH-Erkenntnis war aber gegenständlich insofern nicht anzuwenden, zumal in diesem Erkenntnis grundsätzlich festgestellt wurde, daß die Ausübung der Nebengewerbe der Land- und Forstwirtschaft sowohl hauptberuflich betriebene land- und forstwirtschaftliche Unternehmen als auch nur im Nebenerwerb ausgeübte Unternehmen der Land- und Forstwirtschaft betrifft. Weiters ist in diesem Erkenntnis von einfachster Hilfstätigkeit bei landwirtschaftlichen Bauten, wie zB Herantragen von Holz, die Rede. Solche Tätigkeiten sind aber nicht Gegenstand des vorliegenden Verwaltungsstrafverfahrens und es wurde auch vom Bw nicht behauptet, daß er lediglich Hilfstätigkeiten einfachster Art ausgeübt hätte. Hingegen wurde das ihm vorgeworfene Verhalten, nämlich das Anbringen einer Holzschalung von ihm nie bestritten.

4.4. Es hat daher die belangte Behörde auch zu Recht Verschulden gemäß § 5 Abs.1 VStG angenommen. Die Ausführungen des Bw, daß er sich auch bei seiner gesetzlichen Interessensvertretung erkundigt habe, können ihn nicht entlasten, zumal ihm zugemutet werden kann, daß er bei Zweifel bei der zuständigen Behörde anfragt und sich Rechtskenntnis verschafft. Daß er aber derartige Schritte unternommen habe, hat er zu keiner Zeit im Verfahren behauptet. Es ist daher die geltend gemachte Rechtsunkenntnis nicht unverschuldet und konnte daher eine Entlastung des Bw nicht bewirken. Es war daher das gegenständliche Straferkenntnis im Schuldspruch zu bestätigen. 4.5. Hinsichtlich der Strafbemessung hat die belangte Behörde bereits auf sämtliche Bemessungsgründe gemäß § 19 Abs.1 und 2 VStG Bedacht genommen und die Geldstrafe entsprechend dem Unrechts- und Schuldgehalt der Tat und den persönlichen Verhältnissen des Bw bemessen. Auch hat der Bw keine weiteren Strafbemessungsgründe vorgebracht und es kamen auch solche im Berufungsverfahren nicht hervor. Es war daher auch das festgelegte Strafausmaß zu bestätigen. Dabei war aber insbesondere darauf Rücksicht zu nehmen, daß in Anbetracht der gesetzlich festgelegten Höchststrafe die tatsächlich verhängte Geldstrafe im untersten Bereich gelegen ist und daher nicht als überhöht angesehen werden kann.

5. Weil die Berufung keinen Erfolg hatte, war gemäß § 64 VStG ein Verfahrenskostenbeitrag von 20 % der verhängten Strafe, ds 200 S, aufzuerlegen. Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. Klempt
 

Beschlagwortung: Holzschalung, Zimmerer, kein Nebengewerbe, keine Nachbarschaftshilfe
 

Beachte:
vorstehende Entscheidung wurde aufgehoben;
VwGH vom 05.09.2001, Zl.: 98/04/0182-5

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