Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-221691/2/Kon/Pr

Linz, 09.11.2000

VwSen-221691/2/Kon/Pr Linz, am 9. November 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Robert Konrath über die Berufung des Herrn G. G., vertreten durch Rechtsanwälte Dr. K.-D. St., Dr. W. Sch., G., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 6.4.2000, Ge96-77-1999, wegen Übertretung der Gewerbeordnung 1994 - GewO 1994, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG.

Entscheidungsgründe:

Das angefochtene Straferkenntnis enthält nachstehenden Schuldspruch:

"Sie haben es zu verantworten, dass Sie am 27. Oktober 1999, 29. Oktober 1999 und 30. Oktober 1999 das Platten- und Fliesenlegergewerbe in G., ohne Gewerbeberechtigung für das Platten- und Fliesenlegergewerbe ausgeübt haben, indem Sie in G., für Herrn T. V. Fliesenlegerarbeiten durchgeführt haben, obwohl das Platten- und Fliesenlegergewerbe erst nach erstatteter Gewerbeanmeldung ausgeübt werden darf und derjenige eine Verwaltungsübertretung begeht, wer ein Gewerbe ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

§ 94a Ziffer 3 und 366 Abs 1 Ziffer 1 GewO 1994."

In Entscheidung über die dagegen rechtzeitig erhobene Berufung hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 366 Abs.1 Z1 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen ist, wer ein Gewerbe ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben.

Gemäß § 94 Z3 GewO 1994 zählen Keramiker; Platten- und Fliesenleger (verbundenes Gewerbe) als Ausbaugewerbe zu den Handwerken.

Wie sich aus § 2 der Platten- und Fliesenleger-Meisterprüfungsordnung (VO des Bundesministers für Handel, Gewerbe und Industrie vom 21.5.1981, BGBl.Nr. 273) ergibt, sind dem Gewerbe: "Platten- und Fliesenleger" folgende Tätigkeiten vorbehalten:

  1. Bearbeiten von Fliesen, Platten und Mosaik und deren Formsteinen,
  2. Verlegung von für den Platten- und Fliesenleger charakteristischen Belagselementen nach den verschiedenen Ansetz- und Verlegetechniken im Mörtel, Dünnbettmörtel oder Kleber für normale oder industrielle Beanspruchung,
  3. Aufstellen von Fliesenelementen

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.

Das heißt, dass jene Tat im Spruch so eindeutig umschrieben sein muss, dass kein Zweifel darüber besteht, wofür der Täter bestraft worden ist (VwGH 5.12.19983, 82/10/0125).

Der Vorschrift des § 44a Z1 VStG ist dann entsprochen, wenn im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen.

Dies bedeutet, dass es nicht ausreicht, im Schuldspruch den bloßen Gesetzeswortlaut unter Anführung der Tatzeit und des Tatortes wieder zu geben, sondern dass die Tat entsprechend den Gegebenheiten des jeweiligen Falles zu individualisieren ist, wobei der Umfang der notwendigen Konkretisierung vom einzelnen Tatbild abhängt.

Diesen in § 44a Z1 VStG gründenden Erfordernissen entspricht der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses schon alleine deshalb nicht, weil dem Schuldspruch nicht entnommen werden kann, durch welches Tatverhalten im Sinne konkret umschriebener Tätigkeiten der Beschuldigte das Fliesenlegergewerbe ausgeübt haben soll. Der Begriff "Fliesenlegerarbeiten", der dem Tatvorwurf des angefochtenen Straferkenntnisses zu Grunde liegt, ist für sich allein zu allgemein gehalten, um mit ausreichender Sicherheit auf die Ausübung des Fliesenlegergewerbes schließen zu können. So kann dem Wortlaut des Tatvorwurfes nach nicht entnommen werden, ob der Beschuldigte solche Tätigkeiten dabei ausgeübt hat, die dem Fliesenlegergewerbe vorbehalten sind und in dessen Berufsbild fallen (siehe die obzitierte Meisterprüfungs-Verordnung). Eine konkrete Umschreibung dieser Tätigkeiten liegt zwar der Gendarmerieanzeige zu Grunde, in der von der Verlegung von ca. 30 Bodenfliesen (Feinsteinzeug) die Rede ist, doch stellt diese keine Verfolgungshandlung dar, sodass sie nicht zur Behebung des Spruchmangels herangezogen werden konnte. Anhand des vorliegenden Verfahrensaktes ergibt sich auch nicht, dass diese Gendarmerieanzeige den Beschuldigten innerhalb der 6-monatigen Verfolgungsverjährungsfrist zur Kenntnis gebracht worden wäre, was die Setzung einer tauglichen Verfolgungshandlung dargestellt hätte.

Aus diesem Grunde konnte der Spruchmangel auch durch die Berufungsbehörde nicht mehr saniert werden.

Aufzuzeigen ist, dass dem Beschuldigten die Tat auch nicht in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale (Gewerbsmäßigkeit im Sinne des § 1 Abs.2 GewO 1994) vorgeworfen wurde. Dieser Mangel hätte allerdings anhand der Begründungsausführungen im angefochtenen Straferkenntnis, welches noch knapp vor Eintritt der Verfolgungsverjährung erlassen wurde, saniert werden können.

Aus den dargelegten Gründen war wie im Spruch zu entscheiden.

Aufgrund dieses Verfahrensergebnisses ist der Beschuldigte von der Entrichtung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge befreit (§ 66 Abs.1 VStG).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht  181,68 Euro) zu entrichten.

Dr. K o n r a t h

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