Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-221694/3/Kon/Pr

Linz, 26.01.2001

VwSen-221694/3/Kon/Pr Linz, am 26. Jänner 2001

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 7. Kammer (Vorsitzender: Mag. Gallnbrunner, Berichter: Dr. Konrath, Beisitzer: Dr. Grof) über die Berufung des Herrn G. H., vertreten durch Rechtsanwälte H./N. & P., L., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 5.5.2000, Ge96-111-1999-RE, wegen Übertretung der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994), zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Hinsichtlich des Tatbestandes des genehmigungslosen Errichtens erfolgt die Einstellung gemäß § 45 Abs.1 Z1, zweiter Fall VStG; hinsichtlich des genehmigungslosen Betreibens gemäß Z3 leg.cit.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG.

Entscheidungsgründe:

Im angefochtenen Straferkenntnis wird Herr G. H. (im Folgenden Bw) der Verwaltungsübertretung gemäß § 366 Abs.1 Z2 iVm § 74 Abs.2 Z2 und Z5 iVm § 370 Abs.4 Gewerbeordnung 1994 sowie iVm § 9 Verwaltungsstrafgesetz 1991 für schuldig erkannt und über ihn gemäß § 366 Abs.1 Z2 und Z5 GewO 1994 eine Geldstrafe von 20.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 6 Tagen) verhängt.

Der bekämpfte Schuldspruch enthält nachstehenden Tatvorwurf:

"Sie haben es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma H. Gesellschaft m.b.H. (protokolliert beim Firmenbuch des Landesgerichtes Wels unter ...) und somit als nach § 9 VStG zur Vertretung nach außen berufenes Organ wissentlich geduldet und somit auch zu verantworten, daß von der Firma H. Gesellschaft m.b.H. zumindest am 13.8.1999 um ca. 14.10 Uhr mit zwei LKW der Firma H. F. Gesellschaft m.b.H. (amtliche Kennzeichen und ), Schotter, der in der sogenannten "O. - Schottergrube" als "Restschotter" abgebaut worden war, abtransportiert wurde, somit eine

genehmigungspflichtige Betriebsanlage errichtet und betrieben worden ist, ohne jedoch im Besitz einer hierfür erforderlichen Betriebsanlagengenehmigung zu sein."

In Entscheidung über die dagegen rechtzeitig erhobene Berufung hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 366 Abs.1 Z2 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen ist, wer eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage (§ 74) ohne die erforderliche Genehmigung errichtet oder betreibt.

Die zitierte Gesetzesstelle enthält zwei von einander unabhängige Straftatbestände (arg: "errichtet oder betreibt").

Es ist somit derjenige, der eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung errichtet, wegen der genehmigungslosen Errichtung dieser Anlage nach § 366 Abs.1 Z2 leg.cit. zu bestrafen. Wer während der Zeitspanne der Errichtung der Betriebsanlage oder innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist der Verwaltungsübertretung der genehmigungslosen Errichtung der Betriebsanlage diese Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung betreibt, ist sowohl wegen der Errichtung als auch wegen des Betriebes einer nicht genehmigten Betriebsanlage jeweils nach § 366 Abs.1 Z2 leg.cit. zu bestrafen. Nach Ablauf der Verfolgungsverjährungsfrist für die Verwaltungsübertretung der unbefugten Errichtung kann diese Person nur mehr wegen des Betriebes einer nicht genehmigten Betriebsanlage nach § 366 Abs.1 Z2 bestraft werden (Kinscher/Sedlak GewO MSA 1996, S 866 E 57 zu § 366 Abs.1 Z2 GewO 1994).

In Anbetracht des Umstandes, dass zwei von einander unabhängige Straftatbestände vorliegen, erweist sich auch die von der belangten Behörde vorgenommene Verhängung einer Gesamtstrafe als rechtswidrig.

In Bezug auf den im Tatvorwurf angeführten Umstand, der Bw habe wissentlich geduldet, dass eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage errichtet und betrieben worden sei, ist die belangte Behörde auf Folgendes hinzuweisen:

Hinsichtlich des Tatverhaltens des Errichtens kommt nur der Inhaber des betreffenden Standortes als unmittelbarer Täter in Betracht. Wer Maßnahmen zur Herstellung einer Betriebsanlage, insbesondere Maßnahmen zur entsprechenden Bauführung vornimmt, ohne Inhaber des Standortes zu sein, kann sich unter den Voraussetzungen des § 7 VStG wegen Beihilfe zur Begehung einer Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs.1 Z2, nicht jedoch wegen des Verstoßes gegen diese Vorschrift als unmittelbarer Täter strafbar machen (Kinscher/Sedlak GewO MSA 1996, unter Hinweis auf VwGH 27.4.1993, 92/04/0223 und 0224 wie auch vom 28.4.1992, 91/04/0332).

Der dem Bw angelastete Tatbestand gemäß § 366 Abs.1 Z2 iVm § 370 Abs.4 GewO 1994 vermag daher insoferne keine Verwaltungsübertretung zu bilden, weil nach der vorangeführten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes als "Errichter" nur derjenige zu erachten ist, der als Inhaber des betreffenden Standortes Handlungen zur Herbeiführung eines solcher Art zu qualifizierenden Sachverhaltes durchführt bzw. dem eine derartige Auftragserteilung zuzurechnen ist. Allein mit dem wissentlichen Dulden iSd § 370 Abs.4 GewO 1994 der angelasteten Errichtung durch einen anderen, vermochte der Bw jedoch in seiner Eigenschaft als verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher der Standortinhaberin "H. GesmbH" keinen verwaltungsstrafrechtlichen Tatbestand nach der GewO 1994 zu setzen, sodass diesbezüglich das Verwaltungsstrafverfahren gemäß Z1, 2. Fall des § 45 Abs.1 VStG einzustellen war. Im Übrigen entspricht der Schuldspruch, sowohl was den Tatbestand des genehmigungslosen Errichtens als auch des genehmigungslosen Betreibens betrifft, auch nicht den Erfordernissen des § 44a Z1 VStG und ist hiezu wie folgt auszuführen:

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es demnach geboten, dass dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass er

  1. im Verwaltungsstrafverfahren in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und
  2. der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

Es bedarf daher neben der Anführung aller wesentlichen Tatbestandsmerkmale, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens und damit für die Subsumtion der als erwiesen angenommenen Tat unter die dadurch verletzte Verwaltungsvorschrift (§ 44a Z2 VStG) erforderlich sind, vor allem auch der Konkretisierung des Tatortes und der Tatzeit wie weiters der Tatindividualisierung entsprechend den Gegebenheiten des jeweiligen Falles.

Diesen in § 44a Z1 VStG gründenden Erfordernissen entspricht der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses aus folgenden Gründen nicht:

So hätte es für eine ausreichende Tatortumschreibung neben der Bezeichnung "O. - Schottergrube" der Anführung der Grundstücknummern, auf der sich diese befindet und der zugehörigen Katastralgemeinde(n) wie auch der Standortgemeinde allein schon deshalb bedurft, um die örtliche Zuständigkeit der belangten Behörde in der gegenständlichen Angelegenheit auszuweisen. Sollte auch für die genannte Schottergrube bereits eine gewerbliche Betriebsanlagengenehmigung für eine andere Tätigkeit vorgelegen sein, wäre der Tatort durch Anführung eines solchen Genehmigungsbescheides so weit örtlich zu konkretisieren gewesen, dass erkennbar ist, von welchem in Betracht kommenden Standort die belangte Behörde ausgegangen ist (siehe hiezu Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, S 995, E 189.)

Was den Tatbestand des "Errichtens" betrifft, ermangelt es dem Schuldspruch auch einer näheren Umschreibung des Tatverhaltens. So wäre hiezu erforderlich gewesen, anzuführen, aufgrund welcher Maßnahmen, wie beispielsweise der Aufstellung von Maschinen und Errichtung von Anlagen und Bauwerken etc., von einer Betriebsanlagenerrichtung gesprochen werden kann. Weiters lässt der Spruch nicht erkennen - dies gilt für das Tatbestandsmerkmal des konsenslosen Betreibens - aufgrund welcher Umstände das Tatbestandsmerkmal des wissentlichen Duldens iSd § 370 Abs.4 GewO 1994 gegeben wäre und wessen Tathandlung (Errichten) der Bw wissentlich geduldet haben sollte.

Dem Schuldspruch ermangelt es sohin insgesamt auch an einem subsumierbaren Sachverhalt.

Da es dem Unabhängigen Verwaltungssenat als Berufungsinstanz auch anhand der Aktenlage nicht möglich war, die aufgezeigten Spruchmängel einer Sanierung zuzuführen, war wie im Spruch zu entscheiden.

Aufgrund dieses Verfahrensergebnisses ist der Beschuldigte von der Entrichtung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge befreit (§ 66 Abs.1 VStG).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht  181,68 Euro) zu entrichten.

Mag. G a l l n b r u n n e r

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