Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-221722/5/Le/La

Linz, 09.03.2001

VwSen-221722/5/Le/La Linz, am 9. März 2001

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Berufung des M K, S 12, 4 A, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. H B und Dr. J B, A 15, L, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 26.9.2000, Zl. Ge96-88-4-2000-Brof, wegen Übertretung der Gewerbeordnung 1994 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF, iVm §§ 24, 44a Z1, 45 Abs.1 Z2, 51 Abs.1, 51c und 51e Abs.3 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 26.9.2000 wurde über den nunmehrigen Berufungswerber wegen Übertretung des § 368 Z14 der Gewerbeordnung 1994 (im Folgenden kurz: GewO) iVm dem rechtskräftigen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 9.3.2000, Ge20-57-2000, sowie § 7 VStG eine Geldstrafe in Höhe von 2.000 S  (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 45 Stunden) verhängt; gleichzeitig wurde er zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10 % der verhängten Strafe verpflichtet.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 11.10.2000, mit der beantragt wird, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat die Berufung und den zu Grunde liegenden Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

Über Aufforderung durch den Unabhängigen Verwaltungssenat wurden auch Kopien der Bescheide vom 9.3.2000, Ge20-57-2000-Thd, und vom 2.6.2000, Ge20-57-10-2000/Tp, des Schreibens des Amtes der Oö. Landesregierung, Abteilung Gewerbe, vom 17.7.2000, Ge-442559/2-2000-Msch/Str, sowie eine Stellungnahme zum Berufungsvorbringen vorgelegt.

Da aus diesen Aktenstücken ein für die spruchgemäße Entscheidung ausreichend ermittelter Sachverhalt hervorgeht und bereits daraus ersichtlich ist, dass das angefochtene Straferkenntnis zu beheben ist, konnte eine öffentliche mündliche Verhandlung unterbleiben.

4. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat.

Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates.

Dieser hatte, da eine 10.000 S nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG).

4.2. Nach § 368 GewO begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu 15.000 S zu bestrafen ist, wer

14. andere als in § 366, § 367 und in Z1 bis 13 genannte Gebote oder Verbote dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen oder der Bescheide, die auf Grund der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes oder auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassener Verordnungen ergangen sind, nicht einhält.

Mit dem im Straferkenntnis zitierten Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 9.3.2000, Ge20-57-2000-Thd, wurde "der Betrieb der .... genehmigten Musikanlage ... (Betreiber Herr R T) ... geschlossen."

Zufolge der ausdrücklichen Anordnung des § 360 Abs.5 GewO wurde dieser Bescheid sofort mit seiner Erlassung vollstreckbar.

Dass diese Schließung mit dem Bescheid derselben Behörde vom 2.6.2000, Ge20-57-10-2000/Tp, widerrufen wurde, hat für die Gültigkeit dieses Bescheides am 8.4.2000 keinerlei Auswirkung.

Die Erstbehörde hat auch die Bestimmung des § 7 VStG zur rechtlichen Beurteilung herangezogen. Diese Bestimmung hat folgenden Wortlaut:

"§ 7. Wer vorsätzlich veranlasst, dass ein anderer eine Verwaltungsübertretung begeht, oder wer vorsätzlich einem anderen die Begehung einer Verwaltungsübertretung erleichtert, unterliegt der auf diese Übertretung gesetzten Strafe, und zwar auch dann, wenn der unmittelbare Täter selbst nicht strafbar ist."

Diese Bestimmung enthält somit zwei Alternativen: Einerseits die "vorsätzliche Veranlassung" iS einer Anstiftung und andererseits die "vorsätzliche Erleichterung" iS einer Beihilfe zur Begehung einer Verwaltungsübertretung.

Nach Lehre und Rechtsprechung kann ein und dieselbe Person wegen derselben Tat nicht gleichzeitig als unmittelbarer Täter und als Mitschuldiger bestraft werden (siehe VwGH 18.3.1958 Slg 4609 A). Es ist aber auch eine Kumulation des Vorwurfes der Anstiftung und der Beihilfe im Schuldspruch als eine Tat rechtlich nicht denkbar (VwGH vom 21.4.1986, 83/10/0221 u.a.).

Des weiteren ist die Bestimmung des § 44a Z1 VStG zur Beurteilung des vorliegenden Berufungsverfahrens relevant, wonach der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, zu enthalten hat:

1. die als erwiesen angenommene Tat; ...

Nach Lehre und Rechtsprechung (siehe hiezu etwa Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, Seite 969f), ist der Vorschrift des § 44a Z1 VStG dann entsprochen, wenn

a) im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass er ... in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und

b) der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

Weiter:

"Dass es im Bescheidspruch zufolge der Z1 der Anführung aller wesentlichen Tatbestandsmerkmale, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens und damit für die Subsumtion der als erwiesen angenommenen Tat und die dadurch verletzte Verwaltungsvorschrift (Z2) erforderlich sind, bedarf, bedeutet, dass es nicht ausreicht, den bloßen Gesetzeswortlaut unter Anführung der Tatzeit und des Tatortes wiederzugeben, sondern dass die Tat entsprechend den Gegebenheiten des jeweiligen Falls zu individualisieren ist, wobei der Umfang der notwendigen Konkretisierung vom einzelnen Tatbild abhängt. ..."

Wenn man diese Anforderungen an den Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses anlegt, so wird deutlich, dass nicht alle Tatbestandsmerkmale mit der erforderlichen Deutlichkeit und Prägnanz angeführt sind, der Tatvorwurf sogar in sich widersprüchlich ist.

Zunächst fällt auf, dass in diesem Spruch Elemente des Spruches und der Begründung eines Straferkenntnisses vermischt wurden.

Zur Indifferenz des Tatvorwurfes ist auf folgende Passagen dieses Spruches hinzuweisen (Hervorhebungen durch den UVS):

Im ersten Satz wurde dem Berufungswerber vorgeworfen, "er habe am 8.4.2000 ... die mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft ... geschlossene Musikanlage im Lokal, Check-in ... betrieben."

Weiters: "Sie sind iSd § 7 VStG Gehilfe des Herrn R T."

Später der Vorwurf: "Sie haben die Musikanlage in dem Wissen betrieben, dass ein solches Betreiben eine Verwaltungsübertretung darstellt ...".

In der Folge dann: "Eine Beteiligung gem. § 7 VStG wird Ihnen deshalb vorgeworfen, weil Ihre Handlungsweise, und zwar die Inbetriebnahme der Musikanlage geeignet war, die Nichteinhaltung des Schließungsbescheides zu erwirken, was dem verantwortlichen Gewerbeinhaber in dem gegen ihn durch die ha. Behörde erlassenen Straferkenntnis zur Last gelegt worden ist."

Schließlich im letzten Satz: "Herr T hat am 8.4.2000 Ihre Übertretung - und zwar die Inbetriebnahme der geschlossenen Anlage - geduldet, da er um den Schließungsbescheid ebenfalls wusste und am Ihnen vorgeworfenen Tag die Inbetriebnahme der Musikanlage nicht unterbunden hat".

Der Tatvorwurf ist somit nicht ausreichend konkretisiert, weil dem Berufungswerber einerseits vorgeworfen wird, selbst die "geschlossene Musikanlage" betrieben zu haben, und andererseits, gemäß § 7 VStG an der Verwaltungsübertretung beteiligt gewesen zu sein, wobei allerdings ungeklärt blieb, in welcher Form diese "Beteiligung gemäß § 7 VStG" erfolgte, nämlich in Form der Anstiftung oder der Beihilfe.

Damit aber ist der Tatvorwurf unbestimmt geblieben, sodass der Spruch dieses Straferkenntnisses den Anforderungen des § 44a Z1 VStG nicht entspricht.

Diese Mangelhaftigkeit konnte von der Berufungsbehörde nicht saniert werden, da dies zwangsläufig mit einem Austausch des Tatvorwurfes verbunden gewesen wäre, wodurch aber das (verfassungsgesetzlich gewährleistete) Recht des Berufungswerbers auf den gesetzlichen Richter verletzt worden wäre.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden, ohne auf das übrige Berufungsvorbringen einzugehen.

Zu II.:

Wird ein Strafverfahren eingestellt, so sind gemäß § 66 Abs.1 VStG die Kosten des Verfahrens von der Behörde zu tragen.

Damit war der Verfahrenskostenausspruch der belangten Behörde aufzuheben.

Die Kosten des Berufungsverfahrens sind gemäß § 65 VStG dem Berufungswerber nicht aufzuerlegen, weil der Berufung Folge gegeben wurde.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Dr. L e i t g e b

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