Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-221742/2/Le/La

Linz, 29.01.2001

VwSen-221742/2/Le/La Linz, am 29. Jänner 2001

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Berufung des J B, A W 60, Z a. d. P., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 27.11.2000, Zl. Ge96-2596-2000, wegen Übertretung der Gewerbeordnung 1994 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF, iVm §§ 24, 44a Z1, 45 Abs.1 Z1, 51 Abs.1, 51c und 51e Abs.3 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 27.11.2000 wurde über den nunmehrigen Berufungswerber wegen Übertretung des § 366 Abs.1 Z2 iVm §§ 74 ff Gewerbeordnung 1994 (im Folgenden kurz: GewO) eine Geldstrafe in Höhe von 3.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 72 Stunden) verhängt; gleichzeitig wurde er zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10 % der verhängten Strafe verpflichtet.

Im Einzelnen wurde ihm vorgeworfen, er habe es als gemäß § 370 Abs.2 GewO strafrechtlich verantwortlicher gewerberechtlicher Geschäftsführer für die Gewerbeberechtigung "Baumeister" der "HTB-L Ges.m.b.H. Hoch- und Tiefbau" mit Sitz in V zu verantworten, dass diese seit zumindest 24.5.2000 bis zum heutigen Tage im Standort V, R 23, eine gewerbliche Betriebsanlage, welche geeignet sei, Nachbarn durch Lärm und Staub unzumutbar zu belästigen und die Verkehrssituation wesentlich zu beeinträchtigen, betreibe, ohne die dafür erforderliche gewerbebehördliche Genehmigung erlangt zu haben.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 14.12.2000, eingebracht am 18.12.2000, mit der beantragt wird, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Zur Begründung führte der Berufungswerber aus, dass aus dem angelasteten Tatbestand nicht hervorgehe, welche konkreten Tathandlungen gesetzt worden seien. Der Hinweis auf eine "gewerbliche Betriebsanlage" lasse mangels Konkretisierung nur eine generelle Bestreitung zu. Es sei ihm völlig unerfindlich, wie die Behörde zur Annahme gelange, dass Nachbarn durch Lärm und Staub unzumutbar belästigt würden und die Verkehrssituation wesentlich beeinträchtigt werde.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat die Berufung und den zu Grunde liegenden Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

3.1. Da bereits aus dem vorgelegten Verwaltungsakt hervorgeht, dass das Straferkenntnis aufzuheben ist, konnte eine öffentliche mündliche Verhandlung entfallen.

3.2. Aus dem von der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vorgelegten Verwaltungsstrafakt ergibt sich, dass der nunmehrige Berufungswerber mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 13.10.2000 mit dem Tatvorwurf konfrontiert wurde. Dieser gab dazu mit Schreiben vom 27.10.2000 eine Stellungnahme ab.

Weiters findet sich im vorgelegten Verwaltungsstrafakt ein Aktenvermerk vom 14.9.2000, GS 20-47-101-01-2000, wonach mit den Nachbarn R und der Gemeinde V eine mündliche Vereinbarung getroffen worden sei, dass bis Ende Dezember 2000 gegen die Fa. L keine Anzeigen oder Beschwerden bezüglich des Lagerplatzes in R bei der Behörde eingebracht würden.

Weitere Ermittlungsschritte, insbesonders die Feststellungen, die die Behörde zum Strafverfahren veranlassten, sind diesem vorgelegten Verwaltungsstrafakt nicht zu entnehmen.

3.3. Festgestellt wird, dass mit dem Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 27.11.2000, Ge96-2596-1-2000, der handelsrechtliche Geschäftsführer E L wegen des gleichen Deliktes (allerdings über einen längeren Zeitraum) bestraft worden ist. Auch dieser hat dagegen Berufung erhoben, doch wird darüber in einem eigenen Verfahren entschieden.

4. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat.

Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates.

Dieser hatte, da eine 10.000 S nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG).

4.2. Bereits das Berufungsargument, dass der Hinweis auf eine "gewerbliche Betriebsanlage" mangels Konkretisierung nur eine generelle Bestreitung zulasse, zeigt einen wesentlichen Mangel des angefochtenen Straferkenntnisses auf:

Nach § 44a Z1 VStG hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, zu enthalten:

1. die als erwiesen angenommene Tat; ...

Nach Lehre und Judikatur kommt dem Spruch des Straferkenntnisses im Hinblick auf die in § 44a Z1 - 5 festgelegten Erfordernisse besondere Bedeutung zu. Der Beschuldigte hat ein Recht darauf, schon dem Spruch unzweifelhaft entnehmen zu können, welcher konkrete Tatbestand als erwiesen angenommen, worunter die Tat subsumiert, welche Strafe unter Anwendung welcher Bestimmung über ihn verhängt wurde usw.

Der Vorschrift des § 44a Z1 VStG ist dann entsprochen, wenn

a) im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass er (im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren, gegebenenfalls auch in einem Wiederaufnahmeverfahren) in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und

b) der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten (Bestraften) rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (siehe Hauer-Leukauf, Handbuch des Österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, Seite 969).

Auch nach der Judikatur zur angewendeten Strafbestimmung des § 366 Abs.1 Z2 GewO, wonach eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen ist, begeht, wer

2. eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage (§ 74) ohne die erforderliche Genehmigung errichtet oder betreibe; ... hat die Behörde die Genehmigungspflicht einer gewerblichen Betriebsanlage selbständig zu beurteilen (siehe hiezu etwa VwGH vom 26.5.1971, 1665/70; VwGH 29.10.1975, 1123/74 u.a.).

Nach der Entscheidung des VwGH vom 28.6.1988, 88/04/0047, gehört zu den Elementen der entsprechenden spruchgemäßen Bezeichnung der als erwiesen angenommenen Tat gemäß § 44a Z1 VStG hinsichtlich des Tatbestandes der Verwaltungsübertretung des § 366 Abs.1 Z2 GewO die Anführung, in welcher "örtlich gebundenen Einrichtung" welche gewerbliche Tätigkeit ausgeübt wird.

Das Betreiben einer "gewerblichen Betriebsanlage" ist per se keine Verwaltungsübertretung. Erst dann, wenn es sich um eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage iSd § 74 handelt, ist der Straftatbestand des § 366 Abs.1 Z2 GewO erfüllt. Die Genehmigungspflicht der Betriebsanlage muss aber von der Strafbehörde festgestellt worden sein.

Des weiteren muss die genehmigungspflichtige Betriebsanlage so genau konkretisiert werden, dass dem Bestraften eindeutig klar wird, welche Betriebsanlage gemeint ist und warum die Behörde eine Bewilligungspflicht angenommen hat.

Diesen Erfordernissen entspricht der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses in keiner Weise, weshalb das Straferkenntnis wegen mangelnder Konkretisierung des Tatvorwurfes aufzuheben war.

Eine Ergänzung des Spruches durch die Berufungsbehörde kam nicht in Frage, da dies eine unzulässige Auswechslung der Tat bedeuten würde (siehe dazu etwa VwGH vom 23.10.1995, 94/04/0080).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu II.:

Wird ein Strafverfahren eingestellt, so sind gemäß § 66 Abs.1 VStG die Kosten des Verfahrens von der Behörde zu tragen.

Damit war der Verfahrenskostenausspruch der belangten Behörde aufzuheben.

Die Kosten des Berufungsverfahrens sind gemäß § 65 VStG dem Berufungswerber nicht aufzuerlegen, weil der Berufung Folge gegeben wurde.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Dr. L e i t g e b

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