Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-221760/10/Kl/Rd

Linz, 23.05.2002

VwSen-221760/10/Kl/Rd Linz, am 23. Mai 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des Herrn V, vertreten durch Rechtsanwalt, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 13.3.2001, Zl. Ge96-19-3-2001, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der Gewerbeordnung 1994 (GewO), nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 16.5.2002, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird insoweit Folge gegeben, als im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses das Datum "17.2.2000" jeweils durch das Datum "6.7.2000" zu ersetzen und die verhängte Geldstrafe auf 1.000 Euro, die Ersatzfreiheitsstrafe auf 90 Stunden, sowie der für das Verfahren erster Instanz auferlegte Kostenbeitrag auf 100 Euro herabzusetzen ist.

Für das Berufungsverfahren hat der Berufungswerber keinen Kostenbeitrag zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG idgF iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG idgF, §§ 16, 19, 51 Abs.1, 51c, 51e Abs.1, 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Urfahr-Umgebung vom 13.3.2001, Zl. Ge96-19-3-2001-Brot, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) eine Geldstrafe von 20.000 S (entspricht 1.453,46 Euro), eine Ersatzfreiheitsstrafe von 134 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 367 Z5 iVm § 39 Abs.2 Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl.Nr. 194/1994 idgF verhängt, weil er es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der E GesmbH & Co. OHG, welche im Standort P, im Besitz der Gewerbeberechtigung "Tischlerhandwerk, beschränkt auf die Erzeugung von Kunststofffenster" ist, und somit als das zur Vertretung nach außen berufene Organ und sohin strafrechtlich Verantwortlicher gemäß § 9 Abs.1 VStG zu vertreten hat, dass sich die E GesmbH & Co. OHG für die Ausübung des Tischlerhandwerkes jedenfalls in der Zeit vom 17.2.2000 bis 22.1.2001 eines Geschäftsführers, Herrn V, geb. 26.7.1942, bedient hat, der nicht mehr den festgelegten Voraussetzungen entsprochen hat.

Der Geschäftsführer einer juristischen Person muss entweder dem zur gesetzlichen Vertretung berufenen Organ der juristischen Person angehören oder ein mindestens zur Hälfte der wöchentlichen Normalarbeitszeit im Betrieb beschäftigter, nach den Bestimmungen des Sozialversicherungsrechtes voll versicherungspflichtiger Arbeitnehmer sein.

Herr V gehörte jedoch jedenfalls in der Zeit vom 17.2.2000 bis 22.1.2001 weder dem zur gesetzlichen Vertretung berufenen Organ der E GesmbH & Co. OHG an, noch war dieser im genannten Zeitraum ein voll versicherungspflichtiger Arbeitnehmer der genannten GesmbH & Co. OHG.

2. Dagegen wurde vom Bw fristgerecht Berufung eingebracht und darin die Anberaumung einer mündlichen Berufungsverhandlung sowie in jedem Fall die ersatzlose Behebung des angefochtenen Straferkenntnisses beantragt. Er habe die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen. Richtig sei, dass die E GesmbH & Co. OHG im Besitz der Gewerbeberechtigung "Tischlerhandwerk, beschränkt auf die Erzeugung von Kunststofffenstern" sei. Das Unternehmen habe im gegenständlichen Zeitraum weder das Tischlerhandwerk ausgeübt noch sich eines unbefugten Geschäftsführers bedient.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt mit dem Hinweis, dass laut telefonischer Auskunft der Wirtschaftskammer Oö. das gegenständliche Gewerbe seit 23.6.1983 aufrecht sei und zwischenzeitlich nicht als ruhend gemeldet war, vorgelegt. Weil in der Berufung beantragt, wurde für den 16.5.2002 eine öffentliche mündliche Verhandlung anberaumt und an diesem Tag durchgeführt. Zu dieser erschien der Vertreter des Bw, der den Zeugen H, Prokurist der E GesmbH & Co. OHG, namhaft und stellig machte. Der Bw selbst erschien trotz ausgewiesener Ladung ebenso wenig wie ein Vertreter der belangten Behörde. Eine Ladung an den Zeugen V konnte nicht zugestellt werden.

In der Verhandlung erläuterte der Bw seine schriftlichen Ausführungen, welche der Zeuge bestätigte. Der einvernommene Zeuge legte glaubwürdig dar, dass der Geschäftsführer früher Inhaber des Unternehmens war, aber im Zeitraum 2000/2001 keine Funktion innehatte und sich im Unternehmen nicht betätigte. Das Unternehmen erzeugt jedenfalls seit 1986 nur Kunststofffenster. Dies wurde vom Zeugen untermauert.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 367 Z5 GewO 1994 idF BGBl. I Nr. 121/2000, begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 30.000 S zu bestrafen ist, wer sich für die Ausübung eines Gewerbes eines Geschäftsführers bedient, der nicht mehr den in § 39 Abs.2 festgelegten Voraussetzungen entspricht.

Gemäß § 39 Abs.2 GewO muss der Geschäftsführer den für die Ausübung des Gewerbes vorgeschriebenen persönlichen Voraussetzungen entsprechen, seinen Wohnsitz im Inland haben, sofern die Zustellung der Verhängung und die Vollstreckung von Verwaltungsstrafen nicht durch Übereinkommen sichergestellt sind und in der Lage sein, sich im Betrieb entsprechend zu betätigen, insbesondere dem Abs.1 entsprechende selbstverantwortliche Anordnungsbefugnis besitzen. Er muss der Erteilung der Anordnungsbefugnis und seiner Bestellung nachweislich zugestimmt haben. Handelt es sich um ein Gewerbe, für das die Erbringung eines Befähigungsnachweises vorgeschrieben ist, so muss der gemäß § 9 Abs.1 zu bestellende Geschäftsführer einer juristischen Person außerdem

1) dem zur gesetzlichen Vertretung berufenen Organ der juristischen Person angehören oder

2) ein mindestens zur Hälfte der wöchentlichen Normalarbeitszeit im Betrieb beschäftigter, nach den Bestimmungen des Sozialversicherungsrechtes voll versicherungspflichtiger Arbeitnehmer sein.

Diese Bestimmung gilt nicht für die im § 7 Abs.5 angeführten Gewerbe, die in der Form eines Industriebetriebes ausgeübt werden.

Gemäß § 9 Abs.1 GewO können juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts (offene Handelsgesellschaften und Kommanditgesellschaften) sowie eingetragene Erwerbsgesellschaften (offene Erwerbsgesellschaften und Kommandit-Erwerbsgesellschaften) Gewerbe ausüben, müssen jedoch einen Geschäftsführer oder Pächter (§§ 39 und 40) bestellt haben.

Gemäß § 9 Abs.3 GewO ist bestimmt, sofern Personengesellschaften des Handelsrechts ein Gewerbe, für das die Erbringung eines Befähigungsnachweises vorgeschrieben ist, ausüben wollen, ein persönlich haftender Gesellschafter, der nach dem Gesellschaftsvertrag zur Geschäftsführung und zur Vertretung der Gesellschaft berechtigt ist, oder ein mindestens zur Hälfte der wöchentlichen Normalarbeitszeit im Betrieb beschäftigter, nach den Bestimmungen des Sozialversicherungsrechtes voll versicherungspflichtiger Arbeitnehmer zum Geschäftsführer (§ 39) bestellt werden muss.

Ist eine juristische Person persönlich haftende Gesellschafterin einer Personengesellschaft des Handelsrechts, so wird dem Abs.3 auch entsprochen, wenn zum Geschäftsführer (§ 39) dieser Personengesellschaft eine natürliche Person bestellt wird, die dem zur gesetzlichen Vertretung berufenen Organ der betreffenden juristischen Person angehört, oder die ein mindestens zur Hälfte der wöchentlichen Normalarbeitszeit im Betrieb beschäftigter, nach den Bestimmungen des Sozialversicherungsrechtes voll versicherungspflichtiger Arbeitnehmer dieser juristischen Person ist (§ 9 Abs.4 GewO).

4.2. Wie aus dem zentralen Gewerberegister hervorgeht, übt die E GesmbH & Co. OHG (offene Handelsgesellschaft) mit dem Sitz und Standort in P das Tischlereigewerbe, beschränkt auf die Erzeugung von Kunststofffenster, seit 22.12.1982 aus. Mit diesem Tag wurde V als gewerberechtlicher Geschäftsführer bestellt. Die E GesmbH & Co. OHG besteht aus den beiden Gesellschaftern V, welcher nicht vertretungsbefugt ist, und der E GesmbH, die der Bw seit 24.6.1999 als handelsrechtlicher Geschäftsführer selbständig vertritt. Der Bw ist auch alleiniger Gesellschafter der GesmbH.

Im Zeitraum 6.7.2000 bis 22.1.2001 verfügte daher der gewerberechtliche Geschäftsführer V nicht über die Voraussetzungen gemäß § 39 Abs.2 GewO. Er ist nämlich kein zur gesetzlichen Vertretung berufenes Organ (handelsrechtlicher Geschäftsführer) der E GesmbH, welche alleinige persönlich haftende Gesellschafterin der E GesmbH & Co. OHG ist.

Weiters wurde von der Behörde ermittelt, dass der gewerberechtliche Geschäftsführer V auch über kein Sozialversicherungsverhältnis als voll versicherungspflichtiger Arbeitnehmer nach den Bestimmungen des Sozialversicherungsrechtes verfügte. Er erfüllt daher auch nicht die Voraussetzung gemäß § 9 Abs.4 bzw. § 39 Abs.2 Z2 GewO.

Wenn sich der Bw darauf stützt, dass mangels eindeutiger Zuordenbarkeit der Erzeugung von Kunststofffenstern bei der Anmeldung des Gewerbes eine Eintragung und Ausstellung eines Gewerbescheins für das Tischlerhandwerk erfolgte und seither nur Kunststofffenster erzeugt wurden und somit im gegenständlichen Zeitraum das Tischlerhandwerk nie ausgeübt wurde, so ist diesen Ausführungen der eindeutige Wortlaut der Gewerbeanmeldung entgegenzuhalten, wonach das Tischlereigewerbe, beschränkt auf die Erzeugung von Kunststofffenstern, als Handwerk angemeldet wurde und die Erzeugung von Kunststofffenstern nach Aussage des Zeugen H auch tatsächlich ausgeübt wird. Weder die Abmeldung dieses Gewerbes noch die Anmeldung eines anderen Gewerbes (Kunststoffverarbeiter) wurden vom Bw behauptet und sind auch tatsächlich nicht erfolgt. Es ist daher von der bestehenden Gewerbeanmeldung auszugehen. Darüber hinaus würde aber auch eine Anmeldung als Kunststoffverarbeiter (als Handwerk) die Bestellung eines geeigneten gewerberechtlichen Geschäftsführers erfordern.

Der gewerberechtliche Geschäftsführer V hätte ab dem 1.1.1999 (vgl. das gegen den Bw gerichtete rechtskräftige Erkenntnis des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 22.8.2000, Zl. VwSen-221706/2/Gf/Km) die Voraussetzungen nach § 39 Abs.2 GewO zu erfüllen gehabt. Nach obigen Ausführungen liegen aber die Bestellungsvoraussetzungen im Tatzeitraum nicht vor. Der Gewerbeinhaber hätte auf den Fortbestand der Voraussetzungen für den Geschäftsführer Bedacht zu nehmen und bei Nichtvorliegen derselben den Geschäftsführer abzuberufen bzw. einen neuen Geschäftsführer zu bestellen gehabt (vgl. Grabler-Stolzlechner-Wendl, GewO, Springer, S. 201 Rz 41).

Schließlich ist noch zu bemerken, dass das vom Bw betriebene Gewerbe ("Tischler, beschränkt auf die Erzeugung von Kunststofffenster"; vgl. den im Akt der belangten Behörde erliegenden Auszug aus dem Zentralen Gewerberegister, Stand: 19.1.2001) nicht zu den in § 7 Abs.5 GewO angeführten Gewerben zählt. Daher brauchte auch der von seinem Vertreter in der Verhandlung vorgebrachten, aber nicht konkretisierten Behauptung, dass der Betrieb als Industriebetrieb zu werten sei, nicht nachgegangen werden.

4.3. Da der Bw bereits einmal mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Urfahr-Umgebung vom 3.7.2000, Zl. Ge96-57-3-2000-Nihd wegen eines noch nicht abgeschlossenen Geschehens bestraft wurde, ist die vom Verwaltungsgerichtshof entwickelte und judizierte Erfassungswirkung dieser Entscheidung - sie soll eine Doppelbestrafung des Bw verhindern - zu beachten. Durch dieses zitierte Straferkenntnis wurde der Bw für den Zeitraum vom 24.6.1999 bis zum 16.2.2000 wegen Übertretung des § 367 Z5 iVm § 39 Abs.2 GewO bestraft. Die mit dem erstinstanzlichen Straferkenntnis vom 3.7.2000 - dem Bw am 5.7.2000 zugestellt und somit ihm gegenüber an diesem Tag erlassen - getroffene Verurteilung erfasst das gesamte vor ihr liegende deliktische Verhalten, wobei der Zeitpunkt der Erlassung (Zustellung) des erstinstanzlichen Straferkenntnisses maßgeblich ist. Das bedeutet, dass der Bw für sein bis zum 5.7.2000 verwirklichtes rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten bereits bestraft wurde und eine Bestrafung für die weiter andauernde Verwaltungsübertretung erst ab dem 6.7.2000 in Betracht kommt. Deshalb war der Spruch dahingehend zu korrigieren und der vorgeworfene Tatzeitraum auf 6.7.2000 bis 22.1.2001 einzuschränken.

4.4. Hinsichtlich der Strafbemessung hat die belangte Behörde gemäß § 19 VStG auf die normierten Erschwerungs- und Milderungsgründe sowie auf das Verschulden des Bw entsprechend Bedacht genommen. Es ist aus der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses nicht ersichtlich, dass die Behörde von dem ihr obliegenden Ermessen nicht im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hätte. Zu berücksichtigende persönliche Umstände machte der Bw nicht geltend.

Da der vorzuwerfende Tatzeitraum von über elf Monaten um fast fünf Monate zu verkürzen war, war diese eingeschränkt vorgeworfene Dauer der Verwaltungsübertretung auch bei der Strafbemessung entsprechend zu berücksichtigen und zugleich die Relation zwischen verhängter Geldstrafe und Ersatzfreiheitsstrafe herzustellen. Die nun verhängte Geldstrafe ist aber erforderlich, um den Bw von einer weiteren Tatbegehung abzuhalten. Sie ist angesichts der rechtskräftigen einschlägigen Vorstrafe angemessen.

Über die eingebrachte Berufung war daher insgesamt spruchgemäß zu entscheiden. Der auferlegte Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz war den gesetzlichen Bestimmungen entsprechend auf 10% der verhängten Strafe herabzusetzen (§ 64 VStG).

Kosten des Berufungsverfahrens waren nicht aufzuerlegen (§ 65 VStG).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. Klempt

Beschlagwortung:

Gewerbeanmeldung, Maßgeblichkeit für gewerberechtliche Geschäftsführung, Fortbestand der Voraussetzungen

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