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VwSen-221786/2/Kl/Rd

Linz, 20.03.2002

VwSen-221786/2/Kl/Rd Linz, am 20. März 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des S, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 27.6.2001, Ge96-2431-2001, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der GewO 1994 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z1 und 3 und 51 VStG.

zu II.: § 66 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 27.6.2001, Ge96-2431-2001, wurde über den Bw eine Geldstrafe von 3.000 S, Ersatzfreiheitsstrafe von 72 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 366 Abs.1 Z2 iVm § 74 GewO 1994 verhängt, weil er als gemäß § 370 Abs.2 GewO 1994 verantwortlicher gewerberechtlicher Geschäftsführer für das Zimmermeistergewerbe der "H" mit Sitz in V Folgendes zu verantworten hat:

Die H betreibt seit zumindest 5.12.2000 bis zum heutigen Tage am Standort V (ehemaliges Sägewerk F) eine offene Holzlagerhalle, in der Abbundarbeiten an Dachstuhlhölzern sowie Säge- und Hobelarbeiten durchgeführt werden und damit eine gewerbliche Betriebsanlage, die geeignet ist, die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen, ohne die dafür erforderliche Betriebsanlagengenehmigung (§ 74 GewO 1994) erlangt zu haben.

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und darin das Straferkenntnis in seinem ganzen Umfang angefochten. Es wurde beantragt, das Straferkenntnis ersatzlos aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen. Begründend wurde dargelegt, dass sowohl in der Aufforderung zur Rechtfertigung als im Straferkenntnis als Tatzeitende "bis zum heutigen Tage" angeführt ist und daher das Ende ungewiss ist. Auch der Tatbeginn am 5.12.2000 könne aus dem Akt nicht nachvollzogen werden, weil ein Lokalaugenschein und die vorwurfsgemäßen Feststellungen am 29.6.1999 durchgeführt wurden. Auch sei die Annahme der Behörde über eine Beeinträchtigung von Nachbarn unerfindlich und auch eine nachteilige Beeinträchtigung der Gewässer nicht nachvollziehbar. Es sei nur Gesetzestext zitiert worden und weder konkret noch abstrakt dargelegt worden, durch welche tatsächlichen Handlungen Nachbarn in welcher Weise belästigt werden und eine Umweltgefährdung gegeben sein soll. Auch seien am besagten Standort seit mehr als 18 Monaten keine Dachstuhlabbundarbeiten sowie Säge- und Holzarbeiten durchgeführt worden. Übrigens fallen eventuelle Aktivitäten am besagten Standort seitens der Firma H jedenfalls nicht in den Verantwortungsbereich des Bw.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

Weil die Berufung Erfolg hat und der Bescheid aufzuheben ist, war eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht durchzuführen.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

Gemäß § 366 Abs.1 Z2 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen ist, wer eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung errichtet oder betreibt.

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass

1) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und

2) die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was den vorstehenden Punkt 1) anlangt, sind entsprechende, dh, in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den vorstehenden Punkt 2) anlangt (unverwechselbares Festhalten der Identität der Tat) muss im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, dass er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muss ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

Gemäß § 31 Abs.1 und 2 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von sechs Monaten von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist. Verfolgungshandlung iSd § 32 Abs.2 VStG ist jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung.

Es muss daher die Tat unter Anführung aller wesentlicher Tatbestandsmerkmale dem Beschuldigten innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist vorgeworfen werden. Eine Umschreibung der Tatbestandsmerkmale lediglich in der Bescheidbegründung reicht im Bereich des Verwaltungsstrafrechtes nicht aus (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, Seite 937 ff).

Diesen Anforderungen wird aus nachstehenden Gründen nicht entsprochen:

Es ist daher zur Konkretisierung des Spruches erforderlich, dass sowohl die konkrete Betriebsanlage als auch die ausgeübten Tätigkeiten konkretisiert umschrieben werden. Dazu ist eine Umschreibung dahingehend erforderlich, dass ersichtlich ist, welchem Gewerbe die in der Betriebsanlage durchgeführte Tätigkeit zuzuordnen ist. Die im Spruch angeführten Säge- und Hobelarbeiten können zwar dem Zimmermeistergewerbe zugeordnet werden, wohl aber auch dem Baumeistergewerbe. Um den Tatbestand einer gewerblichen Betriebsanlage zu bejahen ist auch die Ausübung der gewerblichen Tätigkeit und die Zuordnung dieser Tätigkeit zu einem Gewerbe erforderlich (VwGH 28.6.1988, 88/04/0047). Darüber hinaus ist aber auch eine zweifelsfreie Zuordnung zu diesem Gewerbe insofern erforderlich, als der Bw als gewerberechtlicher Geschäftsführer für das Zimmermeistergewerbe zur Verantwortung gezogen wurde. Für über dieses Gewerbe hinausgehende gewerbliche Tätigkeiten ist hingegen der Bw nicht verantwortlich.

Weiters bringt der Bw zu Recht vor, dass die Annahme des Tatzeitbeginns mit 5.12.2000 im Akt nicht begründet ist, zumal die dem Strafverfahren zu Grunde liegenden Feststellungen bei einem Lokalaugenschein am 29.6.1999 getroffen wurden. Darüber hinaus führt auch der Bw zu Recht aus, dass eine Beeinträchtigung von Nachbarn weder aus dem Strafverfahren noch aus dem angefochtenen Straferkenntnis ableitbar ist. Dazu hat der VwGH in seiner Judikatur ausgeführt, dass zwar eine abstrakte Möglichkeit der Beeinträchtigung und Gefährdung der Nachbarn gemäß § 74 GewO eine Bewilligungspflicht auslöst, dass aber die tatsächliche Möglichkeit einer Beeinträchtigung sehr wohl gegeben sein muss und dies auch zu begründen ist. Dies heißt, dass an den umliegenden Liegenschaften tatsächlich Nachbarn vorhanden sein müssen, die durch die angeführten Beeinträchtigungen belästigt werden könnten. Auch diesbezügliche Ausführungen lässt das angefochtene Straferkenntnis vermissen und sind auch dem sonstigen Verfahren nicht zu entnehmen. Aus einem parallelgeführten Strafverfahren ist hingegen ersichtlich, dass der die gewerbebehördliche Überprüfung auslösende Nachbar bereits seit längerer Zeit nicht mehr in der näheren Nachbarschaft zur Betriebsanlage aufhältig ist. Weitere Nachbarn gehen aus dem Akt überhaupt nicht hervor.

Schließlich wurde vom Bw auch ausgeführt, dass seit mehr als 18 Monaten keine Dachstuhlabbundarbeiten sowie Säge- und Holzarbeiten durchgeführt werden. Da aktenkundig als einziger Anhaltspunkt ein Lokalaugenschein bzw eine Betriebsüberprüfung am 29.6.1999 aufscheint, eine weitere Besichtigung der Betriebsanlage aber aus dem Akt nicht hervorgeht, kann daher der Tatvorwurf angesichts der Berufungsäußerungen nicht gehalten werden.

Es war daher einerseits wegen mangelnder Tatkonkretisierung und andererseits mangelnder Nachweisbarkeit eines strafbaren Verhaltens das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 und 3 VStG einzustellen.

5. Weil die Berufung Erfolg hatte, entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. Klempt

Beschlagwortung:

Umschreibung und Zuordnung der gewerblichen Tätigkeit, Nachbarn müssen vorhanden sein.

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