Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-540042/2/BMa/Ta

Linz, 11.08.2003

VwSen-540042/2/BMa/Ta Linz, am 11. August 2003

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Gerda Bergmayr-Mann aus Anlass der Berufung der Firma FM, vertreten durch die RAe Dr. JH, gegen den Bescheid der Oö. Landesregierung vom 10. April 2003, Zl. Vet-220004/3058-2003-W/N, wegen der Vorschreibung von Gebühren für die Schlachttier- und Fleischuntersuchung, die Durchführung der Trichinenschau und die Kontrolluntersuchungen für den Untersuchungszeitraum 1. Jänner 2003 bis 31. Jänner 2003 zu Recht erkannt:

Der Berufung wird insoweit stattgegeben, als die Gebühren in einer Gesamthöhe von 7.545,20 Euro festgesetzt werden; im Übrigen wird diese hingegen abgewiesen und der angefochtene Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass im Zuge der Anführung der Rechtsgrundlagen die Wendung "Anhang A Kapitel I Z. 1 lit. a und c der RL 85/73/EWG" eingefügt wird.

Rechtsgrundlage:

§ 212 Abs. 2 OöLAO.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem ihr am 15. April 2003 zugestellten Bescheid der Oö. Landesregierung vom 10. April 2003, Zl. Vet-220004/3058-2003-W/N, wurden der Rechtsmittelwerberin "für die Durchführung von Schlachttier- und Fleischuntersuchungen, Trichinenschau, Kontrolluntersuchungen und/oder sonstiger Untersuchungen, Kontrollen oder Überprüfungen" Gebühren in einer Höhe von 10.282,93 Euro "lt. beiliegender Kostenmitteilung" vorgeschrieben. Begründend wurde dazu nur ausgeführt, dass "die Vorschreibung der im Spruch angeführten Gebühren in den zit Rechtsvorschriften" - d.s. die §§ 1, 48 Abs. 1 Z. 1 und 146 der Oö. Landesabgabenordnung (LGBl.Nr. 107/1996, zuletzt geändert durch LGBl.Nr. 110/2002, im Folgenden: OöLAO), die §§ 1, 3 und 5 des Oö. Fleischuntersuchungsgebührengesetzes (LGBl.Nr. 79/1996, zuletzt geändert durch LGBl.Nr. 84/2002, im Folgenden: FlUGG) und die §§ 1, 2 und 3 der Oö. Fleischuntersuchungsgebühren-Verordnung (LGBl.Nr. 116/1996, zuletzt geändert durch LGBl.Nr. 133/2001, im Folgenden: FlUGV) - "begründet" sei.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, am 14. Mai 2003 - und damit rechtzeitig (vgl. § 190 Abs. 1 OöLAO) - zur Post gegebene Berufung.

Darin bringt die Rechtsmittelwerberin im Wesentlichen vor, dass die Vorschriften des FlUGG und der FlUGV im Widerspruch zu den Richtlinien 96/43/EG und 85/73/EWG stünden, weil diese keineswegs eine Ermächtigung zu einer derart umfassenden Überschreitung der Gemeinschaftsgebühr von 1,3 ECU enthielten. Tatsächlich werde ein Mindererlös bei Rindern durch die Einhebung einer überhöhten Gebühr bei Schweinen ausgeglichen, was aber nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes unzulässig sei.

Daher wird die Aufhebung des angefochtenen Bescheides bzw. dessen Abänderung dahin, dass keine höhere als die Gemeinschaftsgebühr vorgeschrieben wird, beantragt.

(Hinsichtlich des unter einem gestellten Antrages auf Aussetzung der Einhebung des festgesetzten Gebührenbetrages hat die belangte Behörde offenbar bereits gemäß § 205 Abs. 1 OöLAO eine Berufungsvorentscheidung, nämlich den Bescheid vom 7. Juli 2003, Zl. Vet-220004/3345-2003-W/Pod, erlassen; diesbezüglich hat die Beschwerdeführerin in der Folge keinen Antrag auf Entscheidung durch den Oö. Verwaltungssenat gestellt, sodass jener Bescheid zwischenzeitlich in Rechtskraft erwachsen ist.)

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt des Amtes der Oö. Landesregierung, Zl. Vet-Vet-220004/3329-2003-W/Pod; von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, weil eine solche nach dem Verfahrenssystem der OöLAO nicht vorgesehen ist.

4. Über die gegenständliche Berufung hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Als lex specialis zu § 146 Abs. 1 OöLAO sieht § 5 Abs. 1 FlUGG in Ausführung des in der erstgenannten Bestimmung normierten Gesetzesvorbehaltes hinsichtlich der Einhebung der Fleischuntersuchungsgebühren vor, dass die Fleischuntersuchungs-Ausgleichskasse zunächst dem Abgabepflichtigen die Höhe der zu entrichtenden Gebühren nach Art und Anzahl der Tatbestände in aufgeschlüsselter Form schriftlich mitzuteilen hat; erst wenn die Einzahlung dieses Betrages nicht binnen eines Monats ab Ausfertigung dieser Mitteilung erfolgt, sind die Gebühren durch die Abgabenbehörde bescheidmäßig festzusetzen, wobei diesbezüglich nach § 8 Abs. 2 FlUGG die OöLAO anzuwenden ist.

Auf Grund des von der belangten Behörde vorgelegten "Aktes" ergibt sich - für einen Außenstehenden gerade noch nachvollziehbar -, dass die in der "Mitteilung" i.S.d. § 5 Abs. 1 FlUGG durch die Fleischuntersuchungs-Ausgleichskasse enthaltene Berechnung der Gebühren unter Heranziehung der Bestimmungen des § 1 Abs. 1 TP A Z. 3 und TP B Z. 2 (unter jeweiliger Berücksichtigung eines 20%igen Abschlages gemäß § 3 und teilweiser Berücksichtigung eines 100%igen Zuschlages gemäß § 2 Abs. 1 FlUGV), § 1 Abs. 1 TP C Z. 2 FlUGV (unter teilweiser Berücksichtigung eines 100%igen Zuschlages gemäß § 2 Abs. 1), § 1 Abs. 1 TP A Z. 1 und 2 (unter teilweiser Berücksichtigung eines 100%igen Zuschlages gemäß § 2 Abs. 1) sowie § 1 Abs. 2 FlUGV (unter teilweiser Berücksichtigung eines 100%igen Zuschlages) erfolgte.

Durch die vollinhaltliche Übernahme dieser Berechnung hat die belangte Behörde ihrer gesetzlich festgelegten Begründungspflicht (vgl. § 71 Abs. 3 Z. 1 OöLAO) zumindest im Ergebnis entsprochen.

Im Übrigen wird die bloße Handhabung dieser Berechnungsmethode durch die Erstinstanz auch von der Rechtsmittelwerberin selbst gar nicht bestritten.

4.2. Diese wendet sich vielmehr ausschließlich dagegen, dass die in der FlUGV festgelegten Gebührensätze insofern überhöht seien, weil die dadurch bewirkte Überschreitung der Gemeinschaftssätze in der EU-Richtlinie vom 29. Jänner 1985 über die Finanzierung der veterinär- und hygienerechtlichen Kontrollen nach den Richtlinien 89/662/EWG, 90/425/EWG und 91/496/EWG, RL 85/73/EWG i.d.F. 96/43/EG, ABl L 162 v. 1.7.1996, S. 1 bis 13 (im Folgenden kurz: RL 85/73/EWG), keine Deckung fände.

4.2.1. Nach Art. 1 bis 3 der RL 85/73/EWG haben die Mitgliedstaaten dafür Sorge zu tragen, dass zur Finanzierung der veterinär- und hygienerechtlichen Kontrollen für die Kosten, die durch derartige Untersuchungen und Kontrollen entstehen, eine Gemeinschaftsgebühr eingehoben wird; gemäß Art. 5 Abs. 3 der RL 85/73/EWG können die Mitgliedstaaten jedoch einen höheren Betrag als die Gemeinschaftsgebühr einheben, soweit diese Gesamtgebühr die tatsächlichen Untersuchungskosten nicht überschreitet.

4.2.2. Davon ausgehend trifft zunächst jedenfalls der von der Rechtsmittelwerberin in ihrem Beschwerdeschriftsatz bloß beispielsweise erhobene Einwand zu, dass der gemeinschaftsrechtlich für Schweinefleisch (für Tiere mit einem Schlachtgewicht von über 25 kg) vorgesehene Gebührensatz von 1,30 Euro (vgl. Anh. A, Kap. I lit. c der RL 85/73/EWG) von der innerstaatlichen Regelung deutlich übertroffen wird (vgl. § 1 Abs. 1 TP A Z. 3 FlUGV: 2,17 Euro).

Zur Frage der Rechtmäßigkeit einer derartigen Überschreitung hat der Verwaltungsgerichtshof z.B. in seinem Erkenntnis vom 21. Juni 1999, Zl. 97/17/0501, festgestellt, dass es insbesondere darauf ankommt, dass die Abgabenbehörde bei der Festsetzung höherer innerstaatlicher Gebühren die Einhaltung des Kriteriums der tatsächlichen Untersuchungskosten auf Grund dementsprechend zweckgerichteter Sachverhaltsermittlungen plausibel zu begründen vermag. Zudem sind in diesem Zusammenhang etwa auch die Honorarsätze für Tierärzte auf ihre Angemessenheit zu überprüfen, dürfen die nicht gedeckten Mehraufwendungen für die Untersuchungen bei einer Tierart nicht durch die Vorschreibung überhöhter Untersuchungskosten bei anderen Tierarten kompensiert werden, o.ä.

4.2.3. Derartige Kriterien lassen sich jedoch im gegenständlichen Fall nicht nachvollziehen.

Zwar ist in § 1 Abs. 1 FlUGV den einzelnen Gebührentarifposten jeweils auch ein "Anteil des Fleischuntersuchungsorgans" beigesetzt, der rd. zwischen 80% und 90% der Gebühr beträgt, insgesamt - der "Akt" der belangten Behörde besteht lediglich aus der Mitteilung der Fleischuntersuchungs-Ausgleichskasse, dem kursorischen Bescheid der belangten Behörde und dem Zustellnachweis (Rückschein) - bleibt jedoch völlig offen, wie sich die tatsächlichen Untersuchungskosten, die i.S.d. Art. 5 Abs. 3 der RL 85/73/EWG ein Überschreiten der Gemeinschaftsgebühren rechtfertigen sollen, zusammensetzen.

Für den Fall eines derartigen Befundes hat der Verwaltungsgerichtshof im bereits zuvor zitierten Erkenntnis festgestellt, dass den im Anhang A Kapitel I der RL 85/73/EWG festgelegten Gebührensätzen eine unmittelbare, innerstaatliches Recht verdrängende Wirkung zukommt.

Dies führt im vorliegenden Fall dazu, dass für die Berechnung der Abgabenhöhe nicht die in § 1 Abs. 1 FlUGV festgelegten, sondern die gemeinschaftsrechtlich normierten Gebührensätze maßgeblich sind. Hingegen ist eine Anwendung der Abschlagsregelung des § 3 FlUGV durch Gemeinschaftsrecht nicht gehindert. Auch die Durchführung der Trichinenschau und der Kontrolluntersuchung nach § 17 des Fleischuntersuchungsgesetzes BGBl.Nr. 522/1982, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 96/2002 (im Folgenden: FlUG), i.V.m. § 29 der Fleischuntersuchungsverordnung, BGBl.Nr. 395/1994, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. II 142/2002 (im Folgenden: FlUV), ist in der RL 85/73/EWG nicht geregelt, sodass hinsichtlich der Gebührenfestlegung für diese auch insoweit die zit. EU-Richtlinie der Anwendung innerstaatlichen Rechts nicht entgegensteht.

Die Festsetzung von Mindestgebühren gemäß § 1 Abs. 2 FlUGV für Bereiche, die ausschließlich den Regelungen des österreichischen Rechts unterliegen (z.B. Trichinenschau oder Kontrolluntersuchung) ist möglich, da diese Bereiche nicht durch EU-Recht geregelt sind.

Im gegenständlichen Fall wurde die Mindestgebühr jedoch für "Rinder und Einhufer" eingehoben.

Gemäß Anhang A Kapitel I Z. 4 lit. b der RL 85/73/EWG können Mitgliedstaaten zur Deckung höherer Kosten (als die durch die in der vorzitierten Richtlinie festgesetzten) eine Gebühr erheben, die die tatsächlichen Kosten deckt.

Gemäß § 1 (2) FlUGV ist der Mindestbetrag für alle anlässlich eines Untersuchungsganges durchgeführten Untersuchungen mit 9,81 Euro festgesetzt. Bedenkt man, dass eine Schlachttier- und Fleischuntersuchung entweder durch einen Tierarzt oder ein (ausgebildetes) Fleischuntersuchungsorgan vorzunehmen ist, so kann es als notorisch angesehen werden, dass diese Mindestgebühr die tatsächlichen Kosten nicht übersteigt. Eine Verrechnung der Mindestgebühr in der vorzitierten Höhe ist also auch für jene Bereiche möglich, die durch Gemeinschaftsrecht geregelt sind.

4.2.4. Davon ausgehend resultiert aber nach h. Auffassung unter Zugrundelegung der von der Erstbehörde angewandten und von der Berufungswerberin nicht bestrittenen Berechnungsmethode für den vorliegenden Fall folgende Abgabenvorschreibung:

Menge Art Rechtsgrundlage Gebühr

24 Kontrolluntersuchungen nach FlUG i.V.m. FlUV § 1 Abs. 1 TP C Z. 2 FlUGV 340,08 Euro

2 Kontrolluntersuchungen nach FlUG i.V.m. FlUV § 1 Abs. 1 TP C Z. 2 FlUGV, § 2 Abs.1 FlUGV 56,68 Euro

3248 Trichinenschau/Verdauungsmethode § 1 Abs. 1 TP B Z. 2; § 3 FlUGV 1.403,14 Euro

234 Trichinenschau/Verdauungsmethode § 1 Abs. 1 TP B Z. 2; § 2 Abs. 1, § 3 FlUGV 227,45 Euro

221 ausgewachsene Rinder Anh. A Kap. I Z. 1 lit. a RL 85/73/EWG; 994,50 Euro

24 ausgewachsene Rinder Anh. A Kap. I Z. 1 lit. a RL 85/73/EWG; § 2Abs.1 FlUGV 216,00 Euro

106 Jungrinder (Kälber) Anh. A Kap. I Z. 1 lit. a RL 85/73/EWG; 265,00 Euro

2 Jungrinder (Kälber) Anh. A Kap. I Z. 1 lit. a RL 85/73/EWG; § 2Abs.1 FlUGV 10,00 Euro

3247 Schweine m Schlachtgew. über 25 kg Anh. A Kap. I Z. 1 lit. c RL 85/73/EWG; § 3 FIUGV 3.376,88 Euro

234 Schweine m Schlachtgew. über 25 kg; Anh. A Kap. I Z. 1 lit. c RL 85/73/EWG; § 2 Abs. 1, § 3 FIUGV 547,56 Euro

5 Mindestgebühr § 1 Abs. 2 FlUGV 49,05 Euro

3 Mindestgebühr § 1 Abs. 2 FlUGV; § 2 Abs. 1 FlUGV 58,86 Euro

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Summe 7.545,20 Euro

Damit ist der gegenständlichen Beschwerde gemäß § 212 Abs. 2 OöLAO inhaltlich insoweit stattzugeben, als die Gebühren in einer Gesamthöhe von lediglich 7.545,20 Euro (anstatt 10.282,93 Euro) festzusetzen sind; im Übrigen ist diese hingegen abzuweisen und der angefochtene Bescheid mit der Maßgabe zu bestätigen, dass im Zuge der Anführung der Rechtsgrundlagen die Wendung "Anhang A Kapitel I Z. 1 lit.  a und c der RL 85/73/EWG" einzufügen ist.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in Höhe von 13 Euro angefallen; ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

Mag. Bergmayr-Mann

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