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des Landes Oberösterreich
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VwSen-221803/2/Kl/Rd

Linz, 16.01.2002

VwSen-221803/2/Kl/Rd Linz, am 16. Jänner 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des Dr. T, vertreten durch Rechtsanwältin, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 2.10.2001, Ge96-80-7-2001-Brod, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der GewO 1994 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 VStG.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 2.10.2001, Ge96-80-7-2001-Brod, wurde über den Bw eine Geldstrafe von 3.000 S, Ersatzfreiheitsstrafe von 67 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 368.1.10 iVm § 46 Abs.3 GewO 1994 verhängt. Folgende Tat wurde ihm vorgeworfen:

"Sie haben es als gewerberechtlicher Geschäftsführer der Firma M W, die im Standort Wien, im Besitz des Gewerbes mit dem Wortlaut "Chemische Laboratorien" (§ 212 GewO 1994), eingeschränkt auf Wasseruntersuchungen, ist, zu verantworten, dass am 21.5.2001 um ca. 15.45 Uhr vor dem Gemeindeamt Oberneukirchen, Bezirk Urfahr-Umgebung, von Herrn S Trinkwasseruntersuchungen angeboten worden sind und von den Kunden für die Entgegennahme von Wasseruntersuchungsproben bzw eine Beratung die Kosten vorwiegend in bar eingehoben worden sind, obwohl es für diesen Standort zumindest am obgenannten Tag bei der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung unterlassen wurde, die Errichtung einer weiteren Betriebsstätte anzuzeigen.

Aufgrund Ihrer Gewerbeberechtigung sind Sie im Standort G berechtigt, Wasseruntersuchungen vorzunehmen. Gewerbetreibende dürfen selbst oder durch ihre bevollmächtigten Arbeitnehmer Personen überall aufsuchen, um Bestellungen auf Dienstleistungen, die Gegenstand ihres Gewerbes sind, zu sammeln, sofern nicht in sonstigen Rechtsvorschriften anderes bestimmt ist.

Herr S hat als Außendienstmitarbeiter der Firma M W außerhalb ihres Standortes und auch außerhalb ihrer weiteren Betriebsstätte Wasserproben übernommen und hat auch die Kosten für Untersuchungen in bar eingehoben, wobei für die Entgegennahme der Wasserproben und der Beratung mit Herrn S vor dem Gemeindeamt als einmaliger Preis der chemisch physikalischen und bakteriologischen Routineuntersuchung 500 S + 20 % Mwst eingehoben wurde. Dies ist aufgrund eines bei der ha Behörde vorliegenden Werbezettels als erwiesen anzusehen.

Ein Gewerbe darf in einer weiteren Betriebsstätte innerhalb wie außerhalb der Gemeinde des Standortes ausgeübt werden, wenn die Ausübung nicht von vornherein durch einen Nachsichtsbescheid örtlich beschränkt worden ist. Das Recht zur Ausübung eines Gewerbes in einer weiteren Betriebsstätte wird durch die hievon bei der Behörde erstattete Anzeige des Gewerbeinhabers begründet. Die Anzeige ist bei der für die weitere Betriebsstätte zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde - im gegenständlichen Fall der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung - zu erstatten.

Sie haben somit am 21.5.2001 das obgenannte Gewerbe ausgeübt, ohne die dafür erforderliche Anzeige über eine weitere Betriebsstätte getätigt zu haben. "

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und darin die Aufhebung des Straferkenntnisses beantragt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Mitarbeiter S am 21.5.2001 vor dem Gemeindeamt in Oberneukirchen Wasserproben zwecks Untersuchung im Labor in H eingesammelt hat. Dabei handelt es sich aber um eine Tätigkeit iSd § 50 Abs.1 GewO, für welche keine separate Anzeige über eine weitere Betriebsstätte notwendig ist. Die eigentliche gewerbsmäßige Tätigkeit findet im Labor in H statt. Es handelt sich dabei um eine notwendige Nebentätigkeit. Auf eine schriftliche Rechtsauskunft des BM für Wirtschaft und Arbeit wurde hingewiesen und der Berufung beigelegt.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

Weil bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, dass das Straferkenntnis aufzuheben ist, war eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht anzuberaumen (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 368 Z1 Punkt 1.10 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 15.000 S zu bestrafen ist, wer die Anzeige gemäß § 46 Abs.3 über die Ausübung eines Gewerbes in einer weiteren Betriebsstätte nicht erstattet.

Gemäß § 46 Abs.1 leg.cit. ist, wenn gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, eine Gewerbeausübung, auch wenn sie nur kurzfristig oder vorübergehend ist, außerhalb des Standortes der Gewerbeberechtigung oder einer weiteren Betriebsstätte unzulässig. Das Recht der Ausübung eines Gewerbes in einer weiteren Betriebsstätte wird durch die hievon bei der Behörde erstattete Anzeige des Gewerbeinhabers begründet (§ 46 Abs.3 leg.cit.).

Gemäß § 50 Abs.1 Z5 leg.cit. dürfen Gewerbetreibende insbesondere, soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, im Rahmen ihres Gewerbes nach Maßgabe der Bestimmungen der §§ 54 bis 62 Personen zum Zweck des Sammelns von Bestellungen aufsuchen und Bestellungen entgegennehmen, in den Fällen des § 55 Abs.2 zweiter Satz und Abs.3 die dort bezeichneten Waren auch schon bei der Entgegennahme der Bestellung ausfolgen.

Gemäß § 54 Abs.1 leg.cit. dürfen die Gewerbetreibenden selbst oder durch ihre bevollmächtigten Arbeitnehmer Personen überall aufsuchen, um Bestellungen auf Dienstleistungen, die Gegenstand ihres Gewerbes sind, zu sammeln, sofern nicht in sonstigen Rechtsvorschriften anderes bestimmt ist. Jedenfalls verboten ist das Aufsuchen von Privatpersonen, wenn hiebei in irgendeiner Form der Eindruck erweckt wird, dass das für die bestellten Dienstleistungen geforderte Entgelt zumindest zum Teil gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken zu Gute kommt.

4.2. Nach dem gegenständlichen Tatvorwurf und vom Bw nicht bestritten, wurden am 21.5.2001 durch den vom gewerberechtlichen Geschäftsführer der Fa. M W bestellten Außendienstmitarbeiter S vor dem Gemeindeamt in Oberneukirchen Wasseruntersuchungsproben zur Trinkwasseruntersuchung entgegengenommen und die Kosten der Untersuchung der entgegengenommenen Wasserproben in bar eingehoben.

Eine Trinkwasseruntersuchung ist eine Dienstleistung und die Entgegennahme der entsprechenden Wasseruntersuchungsproben mit dem Auftrag, diese Proben zu untersuchen, ist die Entgegennahme einer Bestellung auf eine Dienstleistung.

Der der Berufung angeschlossenen schriftlichen Rechtsauskunft des BM für Wirtschaft und Arbeit vom 11.9.2001, GZ: 30599/178-III/A/1/01, ist zu entnehmen:

"Die anfragegegenständliche Tätigkeit kann, soweit Arbeitsaufträge entgegengenommen werden, im Sinn von § 54 Abs.1 GewO 1994 als Aufsuchen von Personen (hier in ihrer Gemeinde) zum Sammeln von Bestellungen betrachtet werden. Dies ist gemäß § 50 Abs.1 Z5 iVm § 54 Abs.1 GewO 1994 auch außerhalb von Betriebsstätten zulässig.

Die Entgegennahme und der Transport der Wasserproben ins Labor wird auf Grundlage von § 50 GewO 1994, der nur eine demonstrative Aufzählung der außerhalb von Betriebsstätten zulässigen gewerblichen Tätigkeiten enthält, als zulässig angesehen. Dies, weil das Entgegennehmen und ins Labor bringen der Wasserproben ein Äquivalent zum Lieferrecht der Händler nach § 50 Abs.1 Z2 leg.cit. darstellt und die Tätigkeiten, die ohnehin nur Hilfstätigkeiten sind, im Lichte der Gestaltung der gesamten Gewerbstätigkeit des gegenständlichen Unternehmens, wirtschaftlich notwendig scheinen (§ 50 Abs.1 Z3 iVm 4 GewO 1994). Ein ökonomisch sinnvoller Betrieb wäre wohl nicht möglich, wenn die Kunden die Proben selbst ins Labor bringen müssten. Auch steht es Gewerbetreibenden generell zu, die für ihre Tätigkeiten notwendigen Waren überall zu holen, selbst wenn diese, wie im vorliegenden Fall, grundsätzlich transportabel sind und auch von Kunden an den Gewerbetreibenden geliefert werden können.

Im Lichte der Judikatur ist nicht davon auszugehen, dass im konkreten Fall die Mindesterfordernisse für die Begründung einer Betriebsstätte gegeben sind, wenn es, wie in der do Eingabe dargestellt, den Tätigkeiten an den einzelnen Orten an Regelmäßigkeit fehlt. Nicht zuletzt deshalb ist auch die allfällige Inkassotätigkeit ohne Begründung einer weiteren Betriebsstätte möglich. "

Auch nach dieser Rechtsauffassung ist die Entgegennahme der Wasserproben zwecks Wasseruntersuchung im Labor und Einhebung der Kosten als das Sammeln und Entgegennehmen von Bestellungen auf Dienstleistungen anzusehen.

Es ist daher eine Anzeige einer weiteren Betriebsstätte nicht erforderlich. Der Bw hat daher die ihm angelastete Tat nicht begangen.

4.3. Die im ersten Absatz des Spruches des Straferkenntnisses verwendete Wortfolge "... von Herrn S Trinkwasseruntersuchungen angeboten worden sind und ..." könnte allenfalls von der belangten Behörde damit in Zusammenhang gebracht werden, dass das Anbieten einer gewerblichen Tätigkeit der Ausübung einer gewerblichen Tätigkeit gleichkommt. Allerdings fand das Anbieten der Wasseruntersuchungen bereits mit bzw in den Flugblättern statt und nicht durch den Außendienstmitarbeiter. Dazu bestimmt § 1 Abs.4 Satz 2 leg.cit., dass das Anbieten einer den Gegenstand eines Gewerbes bildenden Tätigkeit an einen größeren Kreis von Personen oder bei Ausschreibungen der Ausübung des Gewerbes gleichgehalten wird. Für die Aussendung der Flugblätter vom Unternehmensstandort aus besteht aber eine Gewerbeberechtigung. Wenn allerdings - wie im gegenständlichen Fall - der Außendienstmitarbeiter von einem bestimmten Kunden Trinkwasserproben entgegennimmt, so bietet er eine gewerbliche Tätigkeit nicht an einen "größeren Kreis von Personen" an. Es ist daher hinsichtlich dieses Verhaltens der § 1 Abs.4 zweiter Satz leg.cit. ebenfalls nicht erfüllt.

5. Weil die Berufung Erfolg hatte, entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge gemäß § 66 Abs.1 VStG.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 € (entspricht 2.476,85 S) zu entrichten.

Dr. Klempt

Beschlagwortung:

Entgegennahme von Wasserproben, Sammeln von Bestellungen, weitere Betriebsstätte.

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