Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-221821/2/Ga/Mm

Linz, 30.01.2002

VwSen-221821/2/Ga/Mm Linz, am 30. Jänner 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des M B, vertreten durch Mag. Dr. R S, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 18. Dezember 2001, Zl. Ge-1098/00, wegen Abweisung eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, zu Recht erkannt:

Die Berufung wird abgewiesen; der angefochtene Bescheid wird bestätigt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG.

Entscheidungsgründe:

Mit bezeichnetem Bescheid vom 18. Dezember 2001 wurde der Antrag des Berufungswerbers vom 29. November 2001 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abgewiesen.

Die Nichtstattgabe des Wiedereinsetzungsantrages stützte die belangte Behörde auf folgenden Sachverhalt:

Ein gegen den Berufungswerber mit dem Vorwurf einer Übertretung der Gewerbeordnung gefälltes Straferkenntnis wurde diesem - zufolge Beurkundung am Zustellnachweis - am Freitag, dem 28. September 2001 zu Handen der Rechtsanwälte Dr. S und DDr. S (in L) zugestellt. Mit diesem Tag begann die gesetzliche, nicht verlängerbare zweiwöchige Berufungsfrist zu laufen. Letzter Tag für die Einbringung der Berufung gegen jenes Straferkenntnis war demnach Freitag, der 12. Oktober 2001.

Aufgrund ihrer Aktenlage nämlich hatte die belangte Behörde vom aufrechten Bestand der (allgemeinen) Bevollmächtigung der genannten Rechtsanwaltskanzlei im zugrundeliegenden Verwaltungsstrafverfahren auszugehen, weil ihr die Auflösung dieses Vollmachtsverhältnisses nicht mitgeteilt worden war. Die entsprechende Mitteilung erfolgte erst nach Zustellung des Straferkenntnisses und zwar mit einfachem Schriftsatz vom 1. Oktober 2001, eingelangt bei der belangten Behörde am 3. Oktober 2001; eine Berufung war dieser Mitteilung nicht angeschlossen. Daraufhin veranlasste die belangte Behörde die neuerliche Zustellung des Straferkenntnisses im Wege eines nun an den Beschuldigten M B persönlich (mit Angabe der Wohnan-

schrift) adressierten Rückscheinkuverts.

Die daraufhin vom Berufungswerber in diesem Strafverfahren (erstmalig) bevollmächtigte Rechtsanwaltskanzlei Dr. S hat den Berufungsschriftsatz am 16. Oktober 2001 der Post zur Beförderung übergeben; er langte bei der Strafbehörde am 17. Oktober 2001 ein.

Im Hinblick auf diese - unstrittige - Faktenlage war springender Punkt in der Beurteilung der Rechtzeitigkeit der Berufung die Frage, ob schon vor der Zustellung des Straferkenntnisses der Strafbehörde die Kündigung der ursprünglichen Vollmacht (Kanzlei S & S) mitgeteilt worden war. Die Kündigung einer - die Zustellvollmacht einschließenden - allgemeinen Bevollmächtigung eines zur Parteienvertretung befugten Rechtsanwaltes gegenüber der Behörde vermag nämlich nur dann wirksam zu werden, wenn sie ihr mitgeteilt wurde. Bis zum Einlangen einer dergestaltigen Mitteilung hat die Behörde vom aufrechten Weiterbestand der Bevollmächtigung auszugehen (vgl VwGH 20.6.1978, Zlen 585 und 586/78).

Vorliegend hatte die belangte Behörde, weil eine solche Mitteilung an sie nicht erfolgt war - weder durch den Beschuldigten noch durch seine Rechtsvertretung - , tatsächlich vom aufrechten Weiterbestand der Bevollmächtigung auszugehen. Somit war die am 28. September 2001 erfolgte Zustellung des Straferkenntnisses an den Beschuldigten zu Handen ("p.A. von dessen Rechtsvertretern") der gegenüber der Strafbehörde als nach wie vor bevollmächtigt geltenden Rechtsanwälte als rechtswirksam zu beurteilen, dh. der Beginn des Fristenlaufes für die Einbringung der Berufung wurde mit auf den Beschuldigten durchschlagender Wirkung ausgelöst. Die erst am 16. Oktober 2001 (durch den neuen Vollmachtnehmer) erhobene Berufung erwies sich als verspätet eingebracht.

Weil jedoch diese Umstände, die schließlich zur Versäumung der Berufungsfrist geführt hatten, als Ereignis in der Sphäre der ehemaligen Rechtsvertreter weder unvorhersehbar noch unabwendbar gewesen seien, habe dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht stattgegeben werden können.

Der Berufungswerber bekämpft diese Entscheidung, auf den Punkt gebracht, mit dem Einwand seines nicht gegebenen Verschuldens. So sei es nämlich nicht die Pflicht eines Vertretenen, sondern vielmehr des Vertreters, eine Vollmachtsauflösung den Behörden bekannt zu geben. Er habe darauf vertrauen dürfen, dass, nachdem die Vollmachtsauflösung durch ihn bereits am 12. Jänner 2001 erfolgte, eine entsprechende Mitteilung seines ehemaligen Vertreters an die Strafbehörde ergehen werde. Daher sei ihm der Sorgfaltsverstoß seines ehemaligen Rechtsvertreters rechtlich nicht zurechenbar, weil sich diese Sorglosigkeit erst nach Auflösung des Vollmachtsverhältnisses ereignet habe. Selbst wenn er von der erstmaligen Zustellung des Straferkenntnisses mit 28. September 2001 an seinen ehemaligen Rechtsvertreter Kenntnis gehabt hätte, wäre ihm die Unkenntnis der damit verbunden gewesenen Auslösung des Laufes der Rechtsmittelfrist rechtlich nicht vorwerfbar gewesen, weil er über keine juristischen Kenntnisse verfüge und ihm der Mangel juristischen Detailwissens nicht iS einer Fahrlässigkeit angelastet werden dürfe.

Mit diesem Vorbringen aber übersieht der Berufungswerber, dass die Frage nach der Verwirklichung der Tatbestandsmerkmale für eine Wiedereinsetzung iS des § 71 Abs.1 Z1 AVG nach den Umständen dieses Falles nicht im Lichte des Verhältnisses der belangten Behörde zu ihm selbst, sondern aus dem Blickwinkel des - der Behörde förmlich bekannt gegebenen (Schriftsatz vom 3.1.2001; Oz 4) - Vollmachtsverhältnisses zu seinen ehemaligen Rechtsvertretern zu prüfen war.

Danach hatte die belangte Behörde - unstrittig - vom aufrechten Bestand jenes Vollmachtsverhältnisses auszugehen, weil ihr dessen Kündigung (mit eingeschlossen die Kündigung der Zustellvollmacht) vor der Erlassung des Straferkenntnisses nicht mitgeteilt worden war. In dieser Nichtmitteilung sah die belangte Behörde zu Recht kein die Wiedereinsetzung rechtfertigendes Ereignis. Die frühere Rechtsvertretung des Berufungswerbers hätte nur den erfolgten Widerruf sogleich - und nicht erst dann, als ihr (achteinhalb Monate später) das Straferkenntnis schließlich zugestellt worden war - der belangten Behörde mitteilen müssen. Dass sie dies unterlassen hatte, war - als hier maßgebliches "Ereignis" iS des § 71 Abs.1 Z1 AVG - weder unvorhergesehen noch unabwendbar (iS der zu diesen Begriffen ständigen Judikatur).

Der Oö. Verwaltungssenat vermag in der Unterlassung der Mitteilung keinen nur minderen Grad des Versehens des (früheren) Rechtsvertreters zu erkennen, gehört doch die ungesäumte Mitteilung einer Vollmachtsaufkündigung an die Behörde in einem laufenden Verfahren zur Routine im Geschäftsalltag einer berufsmäßigen Parteienvertretung; dass diese Mitteilung nur auf Grund besonderer Umstände, die beachtlich gewesen wären, unterblieben ist, wurde nicht behauptet und ist auch sonst nicht hervorgekommen.

Davon abgesehen aber hätte es die frühere Rechtsvertretung des Berufungswerbers - in Anbetracht der an sie am 28. September 2001 erfolgten Zustellung des Straferkenntnisses und der dann sogleich schlagend gewordenen Einsicht, dass sie es bis dahin versäumt hatte, die Auflösung des Vollmachtsverhältnisses der belangten Behörde mitzuteilen - in der Hand gehabt, vorsichtshalber zur Abwendung eines Schadens für ihren (ehemaligen) Mandanten, der jedoch für die belangte Behörde noch immer als Vertretener zu gelten hatte, im Rahmen der Fortsetzungspflicht bei aufgekündigter Vollmacht iS des § 1025 ABGB noch selbst die Berufung einzubringen (arg: "... so müssen doch die Geschäfte, die keinen Aufschub leiden, so lange fortgesetzt werden, bis ..."; vgl. auch die bei Hauer/Leukauf, Handbuch 5. Auflage, Linde Verlag Wien, auf Seite 156 unter E71 zit. Judikatur zu § 10 AVG).

Und schließlich war, entgegen der Ansicht des Berufungswerbers, auch im vorliegenden Fall beachtlich, dass nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes in Wiedereinsetzungssachen das Verschulden des Parteienvertreters (hier: des ehemaligen) die Partei trifft, eben weil, wie vorliegend erwiesen, das Vollmachtsverhältnis gegenüber der belangten Behörde als noch aufrecht zu gelten hatte.

Aus allen diesen Gründen war wie im Spruch zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180,00 € (entspricht  2.476,85 öS) zu entrichten.

Mag. Gallnbrunner

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