Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-221840/2/Le/Ni

Linz, 05.06.2002

VwSen-221840/2/Le/Ni Linz, am 5. Juni 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Berufung des K gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 22.4.2002, Zl. Ge96-87, wegen Übertretung der Gewerbeordnung 1994 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF, iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1, 51 Abs.1, 51c und 51e Abs.3 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

  1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 22.4.2002 wurde über den nunmehrigen Berufungswerber wegen Übertretung des § 366 Abs.1 Z1 iVm § 142 Abs.1 Z3 und Z4, § 1 Abs.2 bis 4 und § 339 Gewerbeordnung 1994 (im Folgenden kurz: GewO) eine Geldstrafe in Höhe von 218 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 36 Stunden) verhängt; gleichzeitig wurde er zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10 % der verhängten Strafe verpflichtet.
  2. Im Einzelnen wurde ihm vorgeworfen, er habe zumindest am 30.11.2000 auf seine Rechnung und Gefahr und in Ertragserzielungsabsicht in T im dort im Keller befindlichen Gastlokal an Gäste alkoholische und nichtalkoholische Getränke entgeltlich ausgeschenkt - gemäß § 1 Abs.2 Gewerbeordnung 1994 wird eine Tätigkeit gewerbsmäßig ausgeübt, wenn sie selbständig, regelmäßig und in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, gemäß § 1 Abs.3 GewO 1994 liegt Selbständigkeit im Sinne dieses Bundesgesetzes vor, wenn die Tätigkeit auf eigene Rechnung und Gefahr ausgeübt wird, gemäß § 1 Abs.4 GewO 1994 gilt auch eine einmalige Handlung als regelmäßige Tätigkeit, wenn nach den Umständen des Falles auf die Absicht der Wiederholung geschlossen werden kann oder wenn sie längere Zeit erfordert - und somit das Gastgewerbe in der Betriebsart "Bar" ausgeübt, ohne im Besitz der hiefür erforderlichen Gewerbeberechtigung zu sein.

    In der Begründung dazu wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Sachverhalt von Organen des Gendarmeriepostens T festgestellt und der Behörde angezeigt worden sei. Demnach hätten diese am 30.11.2000 gegen 0.25 Uhr die Klingel an der Eingangstür des Gebäudes betätigt und wäre die Türe mittels elektrischem Türöffner geöffnet worden. Die Beamten seien eingetreten und in das Vorhaus und in weiterer Folge in die im Keller gelegene Bar gelangt. Dort angekommen seien sie vom Beschuldigten befragt worden, welche Getränke sie konsumieren wollten und er hätte die Frage, wie teuer ein Cola sei, damit beantwortet, dass dieses 100 S kosten würde.

    Daraus sei ersichtlich, dass in dem als Nachtclub genehmigten Gastlokal im Keller des Hauses, welches mit der vom Beschuldigten geführten Gastgewerbebetriebsanlage im Erdgeschoss in keinem Zusammenhang stehe, das Gastgewerbe in der Betriebsart "Bar" gewerbsmäßig ausgeübt worden sei, da der Preis von 100 S für ein Cola den in Bars bzw. Nachtclubs üblicherweise für diese Getränke verlangten Entgelten entspreche.

    Die Entgeltlichkeit einer Tätigkeit indiziere den äußeren Anschein der Gewinnerzielungsabsicht, sodass es Sache des Beschuldigten gewesen wäre, im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht die mangelnde Gewinnerzielungsabsicht trotz Entgeltlichkeit darzutun. Dies habe er jedoch unterlassen.

  3. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 3.5.2002, mit der beantragt wird, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.
  4. Zur Begründung führte der Berufungswerber aus, nicht zu bestreiten, dass er den Beamten ein Cola zu verkaufen angeboten habe. Da er bereits beim Zusperren gewesen sei, wäre er von einer Flasche Cola ausgegangen (Gassenverkauf), die mit Einsatz genau 100 S koste. Er wies darauf hin, einen Gastronomiebetrieb in der Betriebsart Gasthaus zu betreiben.

    Zur Tatzeit hätte keine Reklame mehr gebrannt, es wären kein Personal und auch keine Gäste anwesend gewesen.

    Im gegenständlichen Fall wäre es zu keinem Cola-Verkauf gekommen und die Herren wären wieder gegangen.

  5. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat die Berufung und den zu Grunde liegenden Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

3.1. Da bereits aus dem vorgelegten Verwaltungsakt hervorgeht, dass das angefochtene Straferkenntnis zu beheben ist, konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

3.2. Aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ergibt sich folgender Sachverhalt:
Laut Anzeige des Gendarmeriepostens T vom 18.12.2000 wurden am 30.11.2000 in T fremdenpolizeiliche Kontrollen durchgeführt. Zwei Beamte in Zivil klingelten am neben der Seiteneingangstür (zum Abgang in die Kellerbar) angebrachten Klingeltaster. Nach kurzer Zeit wurde ihnen die Eingangstür mittels elektrischem Türöffner geöffnet. Zu dieser Zeit war die UV-Leuchtstofflampe über der Eingangstür in Betrieb.

Die Beamten traten ein und gelangten in das Vorhaus des Objektes und gingen durch dieses, ohne über den Grund ihres Erscheinens befragt zu werden, in die im Keller gelegene Bar. Dort nahmen sie an einem der Tische Platz, worauf Herr K kam und fragte, welche Getränke sie konsumieren wollten. Einer der Beamten ersuchte ihn, die Getränkekarte zu bringen, während der andere fragte, was ein Cola koste. Herr K nannte ihm daraufhin den Preis von 100 S.

Die Beamten vermerkten, dass im Lokal keine Gäste anwesend waren.

In der Anzeige ist nicht vermerkt, ob in der Folge Getränke bestellt oder gebracht oder vom nunmehrigen Berufungswerber kassiert wurden.

Aus dem Zusammenhang der Darstellung der eigentlich bezweckten Amtshandlung (fremdenpolizeiliche Kontrolle) ist vielmehr davon auszugehen, dass es nicht einmal zu einer Getränkebestellung gekommen war.

Im Zuge des erstinstanzlichen Ermittlungsverfahrens legte der Berufungswerber eine Kopie seines Gewerbescheines vor, der von der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land ausgestellt worden war für das "Gastgewerbe in der Betriebsart Gasthaus".

4. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat.

Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates.

Dieser hatte, da eine 2.000 Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG).

4.2. Nach § 366 Abs.1 GewO begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 3.600 Euro zu bestrafen ist, wer

  1. ein Gewerbe ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben; ...

Gemäß § 142 Abs.1 GewO bedarf es einer Gewerbeberechtigung für das Gastgewerbe (§ 124 Z8) für .....

3. den Ausschank von alkoholischen Getränken und den Verkauf dieser Getränke in unverschlossenen Gefäßen;

4. den Ausschank von nichtalkoholischen Getränken und den Verkauf dieser Getränke in unverschlossenen Gefäßen.

Dem Berufungswerber wurde mit dem nunmehr angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen, er habe an Gäste alkoholische und nichtalkoholische Getränke entgeltlich ausgeschenkt und somit das Gastgewerbe in der Betriebsart "Bar" ausgeübt, ohne im Besitz der hierfür erforderlichen Gewerbeberechtigung zu sein.

Dieser Tatvorwurf ist zu unbestimmt und in wesentlichen Punkten nicht bewiesen:

Das Ausschenken von alkoholischen und nichtalkoholischen Getränken ist keine spezifisch mit der Betriebsart "Bar" verbundene Tätigkeit, aus deren Ausübung allein zwingend auf die Betriebsart "Bar" geschlossen werden könnte. Die Tätigkeit des Ausschenkens von Getränken ist vielmehr ein Spezifikum des gesamten Gastgewerbes und könnte daher auch mit einer Gastgewerbeberechtigung mit der Betriebsart "Gasthaus", wofür der Berufungswerber einen Gewerbeschein besitzt, ausgeübt werden.

Spezifische Besonderheiten, wie sie üblicherweise in "Bars" zu finden sind, wurden weder im Spruch (Tatvorwurf) noch in der Begründung erwähnt. Der Hinweis, dass der Preis für ein Cola in Höhe von 100 S dem in Bars üblicherweise für diese Getränke verlangten Entgelte entspreche, ist als alleiniges Argument - und andere gibt es nicht - zu wenig ausreichend.

4.3. Der Tatbestand der angelasteten Verwaltungsübertretung ist aber auch aus einem weiteren Grunde nicht erfüllt:

Entgegen dem Tatvorwurf hat der Berufungswerber die erwähnten Getränke nicht "ausgeschenkt":

Unter Ausschank ist nach § 142 Abs.2 GewO jede Vorkehrung oder Tätigkeit zu verstehen, die darauf abgestellt ist, dass die ... Getränke an Ort und Stelle genossen werden.

Wie der Gendarmerieanzeige entnommen werden kann, wurden die Beamten zwar vom Berufungswerber gefragt, welche Getränke sie konsumieren wollten, doch kam es offensichtlich weder zu einer Bestellung noch zu einem Ausschank dieser Getränke.

Damit aber hat der Berufungswerber die ihm angelastete Tat nicht begangen. Das Anbieten von Getränken ist allenfalls als Versuch zu sehen, Getränke auszuschenken, doch ist der Versuch im Zusammenhang mit den Übertretungen nach § 366 Abs.1 Z1 GewO nicht strafbar.

Schließlich ist auch das Tatbestandselement der Entgeltlichkeit nicht erwiesen, weil nicht einmal in der Anzeige steht, dass der Berufungswerber etwas kassiert hätte.

Durch diese Ermittlungen konnte sohin die angelastete Verwaltungsübertretung nicht mit der für eine Bestrafung erforderlichen Sicherheit erwiesen werden, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

Zu II.:

Wird ein Strafverfahren eingestellt, so sind gemäß § 66 Abs.1 VStG die Kosten des Verfahrens von der Behörde zu tragen.

Damit war der Verfahrenskostenausspruch der belangten Behörde aufzuheben.

Die Kosten des Berufungsverfahrens sind gemäß § 65 VStG dem Berufungswerber nicht aufzuerlegen, weil der Berufung Folge gegeben wurde.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs-gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. L e i t g e b

Beschlagwortung: mangelhafter Tatvorwurf; Gewerblichkeit

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum