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des Landes Oberösterreich
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VwSen-221845/2/Kl/An

Linz, 20.01.2003

 

 

 VwSen-221845/2/Kl/An Linz, am 20.Jänner 2003

DVR.0690392
 

 

 

 

E R K E N N T N I S
 
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des Mag. S, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 23. April 2002, Ge96-42-2002, wegen Verwaltungsübertretungen nach der Gewerbeordnung 1994 zu Recht erkannt:

 

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II. Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z3 und 51 VStG.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 23. April 2002, Ge96-42-2002 wurden über den Berufungswerber Geldstrafen von je 217 Euro, Ersatzfreiheitsstrafen von je 72 Stunden, in zwei Fällen verhängt, weil er

1.) im Zeitraum 01.01.2002 28.02.2002 im Standort, das Gastgewerbe gewerbsmäßig ausgeübt hat, ohne die dafür erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben, obwohl es für

1. die Beherbergung von Gästen;

2. die Verabreichung von Speisen jeder Art und den Verkauf von warmen und angerichteten kalten Speisen;

3. den Ausschank von alkoholischen Getränken und den Verkauf dieser Getränke in unverschlossenen Gefäßen und

4. den Ausschank von nichtalkoholischen Getränken und den Verkauf dieser Getränke in unverschlossenen Gefäßen

einer Gastgewerbeberechtigung bedarf.

2) im Zeitraum von 01.01.2002 bis 28.02.2002 im, eine mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden, Ge-441/02-1991, vom 06.09.1991, genehmigte Betriebsanlage ohne die dafür erforderliche Genehmigung geändert und nach der Änderung betrieben hat, obwohl dies einer gewerbebehördlichen Genehmigung bedurft hätte.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und darin dargelegt, dass ein Ansuchen um die Genehmigung der Erweiterung des Restaurants rechtzeitig eingereicht und die mangelhafte Planung der verschiedenen Projekte durch Fachleute nachgereicht werde. Die Arbeiten sollten bis Ende Mai bzw. Anfang Juni 2002 fertig sein. Eine Rechtfertigung sei verabsäumt worden, weil der Berufungswerber der Meinung gewesen sei, mit der Einreichung eines ordentlichen Projektes dazu entbunden zu sein. Es wurde um Abstandnahme von einer Strafe angesucht.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

Weil bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist, entfällt eine öffentliche mündliche Verhandlung (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Im Akt befindet sich eine Aufforderung zur Rechtfertigung vom 5. März 2002 als erste und einzige Verfolgungshandlung. Ohne Parteienstellungnahme und weitere Ermittlungen wurde dann das angefochtene Straferkenntnis erlassen.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Zum Faktum 1:

Gemäß § 366 Abs.1 Z1 GewO1994 (in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung) begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 3.650 Euro zu bestrafen ist, wer ein Gewerbe ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben.

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass

1) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und

2) die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was den vorstehenden Punkt 1) anlangt, sind entsprechende, dh, in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den vorstehenden Punkt 2) anlangt (unverwechselbares Festhalten der Identität der Tat) muss im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, dass er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muss ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

 

Gemäß § 31 Abs.1 und 2 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von sechs Monaten von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist. Verfolgungshandlung iSd § 32 Abs.2 VStG ist jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung.

 

Es muss daher die Tat unter Anführung aller wesentlicher Tatbestandsmerkmale dem Beschuldigten innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist vorgeworfen werden. Eine Umschreibung der Tatbestandsmerkmale lediglich in der Bescheidbegründung reicht im Bereich des Verwaltungsstrafrechtes nicht aus (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, Seite 937 ff).

 

 
 

Diesen Anforderungen entspricht gegenständlicher Tatvorwurf nicht. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes indiziert der spruchgemäße Vorwurf der von der Behörde als einer Gewerbe unterliegend gewerteten Tätigkeit, ohne die für diese Wertung maßgeblichen Tatbestandsmerkmale näher zu umschreiben, noch nicht die Erfüllung der im § 1 Abs.2 angeführten Tatbestandsmerkmale einer gewerblichen Tätigkeit im Sinn des § 366 Abs.1 Z1.

Beim Tatvorwurf der unbefugten Ausübung des Gastgewerbes wird dem in § 44a Z1 VStG normierten Konkretisierungsgebot durch Anführung der Betriebsart ausreichend entsprochen. Das Gewerbe wird etwa mit den Worten, dass am bezeichneten Standort das Gastgewerbe in der Betriebsart "Buffet" ohne die erforderliche Konzession (jetzt: Gewerbeberechtigung) ausgeübt worden sei, mit den maßgeblichen Merkmalen dargestellt (vgl. Grabler-Salzlechner-Wendl, Gewerbeordnung, Kommentar, Seite 1003, RZ 2 und 4 mit Nachweisen sowie K/H, Gewerbeordnung 1994, Seite 575, Anmerkung 4 und 5 mit Nachweisen).

 

Dem gegenständlich im angefochtenen Straferkenntnis gemachten Tatvorwurf fehlt aber einerseits die Umschreibung jener Tätigkeit, die die belangte Behörde dem Gastgewerbe unterwirft sowie auch die Darstellung der jeweiligen Betriebsart.

 

Weil innerhalb der sechs monatigen Verfolgungsverjährungsfrist ein entsprechender Tatvorwurf nicht gemacht wurde, war daher wegen eingetretener Verfolgungsverjährung das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

5.2. Zum Faktum 2:

Gemäß § 366 Abs.1 Z3 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 3.650 Euro zu bestrafen ist, wer eine genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung ändert oder nach der Änderung betreibt.

 

Hinsichtlich der Spruchkonkretisierung wird auf den vorzitierten § 44a VStG hingewiesen.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes enthält § 366 Abs.1 Z3 GewO zwei alternative Straftatbestände. Dies bedeutet, dass jeder der Straftatbestände eine gesonderte Verwaltungsübertretung darstellt. Wenn hingegen die belangte Behörde im angefochtenen Straferkenntnis in einem Tatvorwurf sowohl die Änderung als auch den Betrieb nach Änderung vorwirft, so widerspricht sie mit solch einem Tatvorwurf dem Kumulationsgebot nach § 22 VStG. Es ist daher schon aus diesem Grunde der Tatvorwurf rechtswidrig.

Darüber hinaus hat der VwGH ausgesprochen, dass, wenn die Behörde im Spruch des angefochtenen Bescheides darauf abstellt, dass eine Betriebsanlage nach Änderung "betrieben wurde", es aber verabsäumt wurde, darzulegen, worin das Betreiben nach der Änderung gelegen sein sollte, so verabsäumt es die Behörde, das Tatverhalten hinlänglich im Sinn des § 44a Z1 VStG darzustellen (vgl. G- S-W, Seite 1010, RZ 36 mit Nachweisen).

Nach der weiteren Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bemisst sich, ob eine "Änderung" vorliegt, ausschließlich nach dem die Betriebsanlage genehmigenden Bescheid. Erfasst ist jede durch die erteilte Genehmigung nicht gedeckte bauliche oder sonstige die genehmigte Anlage betreffende Maßnahme des Betriebsinhabers, durch die sich in § 74 Abs.2 Z1 bis 5 bezeichnete Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder sonstige nachteilige Einwirkungen ergeben können. Durch die erwarteten Auswirkungen der Änderung der Anlage müssen sich neue oder größere Gefährdungen im Sinn des § 74 Abs.2 ergeben können. Um das Erfordernis des § 44a Z1 VStG zu erfüllen, muss ein Schuldspruch nach § 366 Abs.1 Z3 auch jene Tatumstände enthalten, die eine Beurteilung zulassen, ob die vorgenommene Änderung der Betriebsanlage die im § 74 Abs.2 genannten Interessen zu beeinträchtigen geeignet ist (G-S-, Seite 1009, RZ 29 mit Nachweisen).

Im Sinn der letztgenannten Judikatur hat es die belangte Behörde auch verabsäumt, darzulegen, welche Interessen nach § 74 Abs.2 beeinträchtigt werden können, um so eine Genehmigungspflicht für die Änderung der Betriebsanlage auszulösen.

Weder die Aufforderung zur Rechtfertigung noch der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses entspricht den Anforderung der Konkretisierung des Tatvorwurfes nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes. Wegen eingetretener Verfolgungsverjährung war daher auch dieser Teil des Straferkenntnisses aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

6. Weil die Berufung Erfolg hatte, entfallen gemäß § 66 Abs.1 VStG sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.
 
 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
 

Dr. Klempt
 
 

Beschlagwortung:

Spruchkonkretisierung, Betriebsart, beeinträchtigte Interessen

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