Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-221846/2/Kon/Ke

Linz, 27.02.2003

 

 

 VwSen-221846/2/Kon/Ke Linz, am 27. Februar 2003

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 
 
 
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Robert Konrath über die Berufung des Herrn T., vertreten durch Rechtsanwälte Dr. B. und Mag. B., R., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 7. Mai 2002, Zl. Ge96-48-2001, wegen Übertretung der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994) zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG eingestellt.

 

Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge (§ 66 Abs.1 VStG).
 
 
 


Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG und § 51c VStG.
 
 
 

Entscheidungsgründe:

 

 

Im angefochtenen Straferkenntnis wird der Berufungswerber T. (im Folgenden: Bw) der Verwaltungsübertretung gemäß § 366 Abs.1 Z1 i.V.m. § 94 Z13 und § 339 GewO 1994 für schuldig erkannt.

 

Dem Schuldspruch liegt nachstehender Tatvorwurf zu Grunde:

"Sie haben am 12.7.2001 um 14.20 Uhr bei Ihrem Anwesen in N., bei dem Fahrzeug Mercedes-Kombi, KZ.Nr. RI, zugelassen für G., die Windschutzscheibe gewechselt, wozu Sie zum Zeitpunkt der Kontrolle gerade den Motor des Scheibenwischers ausgebaut haben, um die neue Windschutzscheibe einsetzen zu können. Diese Tätigkeit ist dem Handwerk der KFZ-Techniker zuzuordnen.

Weiters haben Sie lt. Ihren Rechnungen vom 1.6.2001 mit den Rechnungsnummern 06/22015 - 02/22018 und 06/22020 an die dort namentlich genannten Personen KFZ-Teile verrechnet wie u.a. Bremsklötze, Bremsscheibe, Windschutzscheibe, Gebläse, Zahnriemen, Ventildeckeldichtung, Kühlergrill, Scheinwerfer, Bremsschläuche, Auspuff und Stoßdämpfer, wobei in diesen Rechnungen die Arbeitszeit mit S 400,-/Stunde/netto ausgewiesen ist. Entsprechend der tatsächlichen Arbeitszeit wurde die Arbeit verrechnet. Die Tätigkeit vom 12.7.2001 wurde deshalb mit Ertrag durchgeführt, da Sie Herr G. die von ihm geleisteten Betonierungsarbeiten nicht abgelten mussten. Die Durchführung der in Rechnung gestellten Tätigkeiten ist dem Gewerbe Kraftfahrzeugtechniker vorbehalten und kann nicht (mehr) im Rahmen des freien Gewerbes 'Servicestation' ausgeübt werden. Neben der Regelmäßigkeit und Ertragsabsicht ist weiters von Selbstständigkeit auszugehen, sodass Sie die Tätigkeiten gewerbsmäßig im Sinne der Gewerbeordnung ausgeübt haben. Eine Gewerbeanmeldung für das Kraftfahrzeugtechnikerhandwerk haben Sie bei der hiefür zuständigen Bezirkshauptmannschaft Ried jedoch nicht vorgenommen. Sie haben somit das Gewerbe Kraftfahrzeugtechniker gewerbsmäßig ausgeübt, ohne eine Gewerbeberechtigung hiefür erlangt zu haben."

 

In Entscheidung über die dagegen rechtzeitig eingebrachte Berufung hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

Gemäß § 376 Abs.1 Z1 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 3.600 Euro zu bestrafen ist (GR 1998, Euro-UmstG), wer ein Gewerbe ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben.

 

Gemäß § 1 Abs.2 leg.cit. wird eine Tätigkeit gewerbsmäßig ausgeübt, wenn sie selbständig, regelmäßig und in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, gleichgültig für welche Zwecke dieser bestimmt ist.

 

Gemäß § 31 Abs.1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs.2 und 3) vorgenommen worden ist.

 

Auf Grund der Bestimmungen des § 31 Abs.2 leg.cit. beträgt die Verfolgungsverjährungsfrist für Übertretungen nach der Gewerbeordnung 1994 sechs Monate und ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit (unbefugte Gewerbeausübung) abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat.

 

Gemäß § 42 Abs.1 Z1 leg.cit. hat die Aufforderung nach § 40 Abs.2 die deutliche Bezeichnung der dem Beschuldigten zur Last gelegten Tat sowie die in Betracht kommende Verwaltungsvorschrift zu enthalten.

 

Gemäß § 44a leg.cit. hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.

 

Nach den zuletzt zitierten Gesetzesbestimmungen (§§ 42 Abs.1 Z1 und 44a Z1 VStG) ist es demnach geboten, dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorzuwerfen, dass er im Verwaltungsstrafverfahren in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu wiederlegen und weiters ihn rechtlich davor zu schützen, wegen des selben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

Neben der Anführung aller wesentlichen Tatbestandsmerkmale im Tatvorwurf erfordert dies weiters, die Tat entsprechend den Gegebenheiten des jeweiligen Falls zu individualisieren. Aus dem umschriebenen Tatverhalten muss jedenfalls hervorgehen, wodurch (durch welches Verhalten) die relevanten Tatbestandsmerkmale der angelasteten Verwaltungsübertretung verwirklicht wurden.

 

Dem Erfordernis ausreichender Tatkonkretisierung- und individualisierung entsprechen weder die Tatvorwürfe in den rechtzeitigen Verfolgungshandlungen (Aufforderungen zur Rechtfertigung vom 20.7.2001 bzw. vom 9.10.2001) noch der des nach Ablauf der Verfolgungsverjährungsfrist ergangenen Straferkenntnisses. So ist aus dem Tatvorwurf laut Aufforderung zur Rechtfertigung nicht erkennbar, wodurch, was den Deliktszeitpunkt 12.7.2001 betrifft, das Tatbestandsmerkmal der Ertragsabsicht verwirklicht worden sein soll. Dies wäre nur dann der Fall, wenn im Tatvorwurf angeführt worden wäre, zu welchem Entgelt der Bw die Windschutzscheibe des auf G. zugelassenen Mercedes-Kombi ausgewechselt hätte. Aus dem Tatvorwurf betreffend 12.7.01 geht überhaupt nicht hervor, ob der Bw überhaupt seine Tätigkeit gegen Entgelt verrichtet hat. Der Beschuldigte ist dadurch, was die Rechtsschutzüberlegung der unbeeinträchtigten Verteidigung betrifft, insofern beeinträchtigt, als es ihm nicht möglich ist, anhand dieses Tatvorwurfes Beweise dafür anzubieten, dass er für seine Tätigkeit eben kein Entgelt verlangt und sohin nicht in Ertragsabsicht gehandelt hat. Im Tatvorwurf laut Schuldspruch des Straferkenntnisses ist zwar eine Entgeltleistung dergestalt angeführt, dass der Bw mit seiner Tätigkeit Betonierungsarbeiten nicht mehr hätte abgelten müssen. Hiezu ist jedoch aufzuzeigen, dass zum einen diese Form der Entgeltlichkeit dem Bw erst nach Ablauf der Verfolgungsverjährungsfrist nämlich mit Zustellung des Straferkenntnisses am 10.5.2002 vorgeworfen wurde, zum anderen daraus nicht hervorgeht, welchen Wert diese Betonierungsarbeiten für den Bw hatten, um daraus einen für ihn erwachsenen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil ableiten zu können.

 

Hinsichtlich des Deliktszeitpunktes 12.7.2001 ist daher mangels ausreichender Tatindividualisierung keine taugliche Verfolgungshandlung gesetzt worden.

 

Dem weiters unter Bezugnahme auf am 1.6.2001 ausgestellten Rechnungen erhobenen Tatvorwurf ermangelt es wiederum an einer konkretisierten Tatzeitangabe. So geht aus diesem Tatvorwurf nicht hervor, wann die Arbeiten betreffend den Einbau von Bremsklötzen, Bremsscheiben, Windschutzscheiben, Gebläse etc. erfolgt sind. Das Ausstellungsdatum der erwähnten Rechnungen vermag diesbezüglich nichts auszusagen und kann daher nicht zur Angabe des Tatzeitpunktes herangezogen werden. Dies alleine schon deshalb, weil die Durchführung der angeführten Reparaturarbeiten nicht mit dem Zeitpunkt der Rechnungsausstellung zusammenfallen muss. Die bloße Wahrscheinlichkeit, dass die erwähnten Rechnungen unmittelbar oder zumindest kurzzeitig nach den vom Bw erbrachten Werkleistungen ausgestellt wurden, vermag den Mangel der Tatzeitangabe nicht zu ersetzen und wird der Bw durch die so unterbliebene Tatzeitangebe in seinem Recht auf Schutz vor Doppelbestrafung verletzt.

Seitens des unabhängigen Verwaltungssenates wird im Übrigen, was die erwähnten Rechnungen betrifft, bemerkt, dass diese mangels Unterfertigung durch den Aussteller (Bw) keine Beweiswirkung zu entfachen vermöge.

 

Die aufgezeigten Spruchmängel waren - wie sich aus der Aktenlage ergibt - auch keiner Sanierung zugänglich.

 

Aus den dargelegten Gründen war wie im Spruch zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 
 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
 

Dr. Konrath

 
 

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