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des Landes Oberösterreich
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VwSen-221866/2/Li/Bek

Linz, 28.08.2003

VwSen-221866/2/Li/Bek Linz, am 28. August 2003

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Hans Linkesch über die Berufung des E.P., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 2. Oktober 2002, Ge-, wegen Übertretung der Gewerbeordnung 1994, zu Recht erkannt:

  1. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.
  2. Der Berufungswerber hat keinen Kostenbeitrag zu leisten.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs. 4 AVG i.V.m. §§ 24 , 44 a, 45 Abs. 1 Z. 3 und 51 VStG

Zu II.: § 66 VStG

Entscheidungsgründe:

zu I.:

Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) mit dem angefochtenen Straferkenntnis vom 2. Oktober 2002, Ge-, schuldig erkannt, er habe am 15.4.2002 auf der Liegenschaft R., Grundstück Parzelle, KG. und Gemeinde E., eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage ohne die dafür erforderliche Genehmigung errichtet und betrieben. Am 15.4.2002 sei im Zuge einer Kontrolle durch Organe der Gewerbebehörde der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung sowie des gewerbebehördlichen Amtssachverständigen auf der genannten Liegenschaft Folgendes festgestellt worden:

In der Garage des Gebäudes, welches sich über die gesamte Gebäudetiefe erstrecke, wären von Herrn H.F., wh. in F., offensichtlich kleinere Reparaturarbeiten an Kraftfahrzeugen durchgeführt worden, da er verschmutzte Arbeitskleidung getragen habe und auch seine Hände ölverschmiert gewesen seien. Konkret wäre bei einem Renault TDE, der links hinten beschädigt gewesen sei, eine Batterie geladen worden.

Im Bereich der Einfahrt wären 7 Reifen und verschiedene Felgen sowie 2 ausgebaute Autobatterien gelagert gewesen. Auf dem gesamten Garagenvorplatz sowie auch auf dem Garagenfußboden wären Spuren von Ölwechseltätigkeiten in Form von Ölflecken klar erkennbar gewesen.

Durch die Verwendung der vorhandenen Maschinen und Geräte (Kompressor, Schweißgerät, Batterieladegerät) bzw. wegen der gesamten Betriebsweise und Ausstattung sei die Garage des o.a. Gebäudes, die eine gewerbliche Betriebsanlage im Sinne der Gewerbeordnung 1994 darstelle, geeignet, Nachbarn durch Geruch und Lärm zu belästigen.

In der Garage wäre eine große Werkbank mit branchenüblichem Autoreparaturwerkzeug vorgefunden worden. Auch wären große Mengen Scheibenfrost und Unterbodenschutz eingelagert gewesen. Die Betriebsanlage, welche offensichtlich unter anderem zur Ausübung des Handels- und Handelsagentengewerbes (Verkauf von Autos) und zur Durchführung von kleinen Servicearbeiten und Autoaufbereitungen (Autoreinigung innen und außen) verwendet worden sei, sei ohne die erforderliche Genehmigung errichtet und betrieben worden.

Wegen dieser Verwaltungsübertretung nach § 74 Abs. 2 Z. 1 und Z. 2 GewO 1994 wurde über den Bw gemäß § 366 Abs. 1 Einleitung GewO 1994 eine Geldstrafe in Höhe von 300 Euro, eine Ersatzfreiheitsstrafe für den Fall der Uneinbringlichkeit in der Dauer von 28 Stunden und ein Verfahrenskostenbeitrag in der Höhe von 30 Euro verhängt.

Gegen dieses ihm am 7.10.2002 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 18.10.2002 - und damit rechtzeitig - zur Post gegebene Berufung.

Der Bw bringt in seiner Berufung vor, dass von Herrn F. keinerlei Arbeiten an dem abgestellten Kraftfahrzeug (Renault 19 TDE) durchgeführt worden seien. Batterieladen sei keine Servicearbeit. Die dort gelagerten Reifen seien ein Teil seiner Verkaufstätigkeit aus seinem Handelsgewerbe (Handel mit Waren aller Art). Die Vorwürfe, dass die Ausstattung der Garage für Servicearbeiten geeignet sei, weise er zurück, da sie unrichtig seien, da die dafür benötigte Montagegrube bzw. Hebebühne fehle und aus diesem Grund auch keinerlei Servicearbeiten durchgeführt werden könnten. Die beschriebenen Maschinen würden lediglich dem privaten Gebrauch dienen. Zur Ausübung des Handelsgewerbes sei keinerlei Betriebs-genehmigung erforderlich.

Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

Da im angefochtenen Bescheid eine 500 Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat, konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gemäß § 51 e Abs. 3 Z. 3 VStG abgesehen werden.

Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der Erstbehörde vorgelegten Verwaltungsakt.

Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Gemäß § 74 Abs. 2 GewO 1994 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,

  1. das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, BGBl. Nr. 450/1994, in der jeweils geltenden Fassung, unterliegenden mittätigen Familienangehörigen, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden; als dingliche Rechte im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten auch die im § 2 Abs. 1 Z 4 lit. g angeführten Nutzungsrechte, oder
  2. die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen.

Gemäß § 366 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 3.600 Euro zu bestrafen ist, wer eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage (§ 74) ohne die erforderliche Genehmigung errichtet oder betreibt.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes enthält § 366 Abs. 1 Z. 2 GewO zwei - alternative - Straftatbestände, wobei der Tatbestand des "Errichtens" einer derartigen Betriebsanlage mit der Herbeiführung eines solcherart zu qualifizierenden Sachverhaltes abgeschlossen ist (vgl. VwGH vom 4.9.2002, Zl. 2002/04/0077; 28.4.1992, Zl. 91/04/0332). Wird kein Zeitraum festgestellt, in dem die Begehung der Verwaltungsübertretung des Errichtens einer genehmigungspflichtigen Betriebsanlage (also über den Zeitpunkt, mit dem der Tatbestand des "Errichtens" abgeschlossen ist) angelastet wird, so fehlt es entgegen § 44 a Z. 1 VStG an einer Feststellung der Tatzeit im Schuldspruch des angefochtenen Straferkenntnisses. In diesem Sinne vermag die Angabe des Tages der bei der Überprüfung getroffenen Feststellung die Angabe der Tatzeit nicht zu ersetzen (vgl. VwGH vom 10.6.1992, Zl. 92/04/0062).

Bei der konsenslosen Errichtung einer genehmigungspflichtigen Betriebsanlage handelt es sich um ein Zustandsdelikt, beim Betrieb derselben ohne entsprechende Genehmigung um ein fortgesetztes Delikt. Im gegenständlichen Fall wurde dem Bw die Errichtung und der Betrieb einer genehmigungspflichtigen Betriebsanlage ohne Genehmigung vorgeworfen.

Gemäß § 44 a Z. 1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.

Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass

  1. die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehnung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und
  2. die Identität der Tat (z.B. nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht.

Um § 44 a Z. 1 VStG zu entsprechen, bedarf es grundsätzlich der Anführung des Zeitpunktes der Begehung der Tat, und, falls es sich um einen Zeitraum handelt, der Angabe des Anfanges und des Endes dieses Zeitraumes in einer kalendermäßig eindeutig umschriebenen Art im Spruch des Straferkenntnisses (VwGH vom 29.1.1991, Zl. 88/04/0218). Dies gilt insbesondere auch in Ansehnung von fortgesetzten Delikten (VwGH vom 25.6.1991, Zl. 91/04/0050) und Zustandsdelikten (VwGH vom 17.5.1990, Zl. 89/06/0138).

Diesen Anforderungen genügt der Spruch zum ersten vorgeworfenen Tatbestand der belangten Behörde nicht, da die Angabe des Kontrolltages (15. April 2002) nichts über den Zeitpunkt aussagt, mit dem der Tatbestand des "Errichtens" abgeschlossen war. Dem Spruch mangelt es demnach an einer gemäß § 44 a VStG notwendigen Feststellung der Tatzeit.

Zum Tatvorwurf des Betreibens einer genehmigungspflichtigen Betriebsanlage ist auszuführen, dass die belangte Behörde als Tatzeitpunkt ebenfalls den 15. April 2002 (Kontrolltag) annimmt. Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses ist, mangels Feststellung des Zeitraumes, in welchem die Begehung der Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 anzulasten sei, auch in diesem Punkt mangelhaft.

Ergänzend zur Begründung des spruchgemäßen Verfahrensergebnisses hält der unabhängige Verwaltungssenat noch fest, dass das gleichzeitige Erfüllen des Tatbestandes des "Errichtens" und des "Betreibens" zum vorgeworfenen Tatzeitpunkt praktisch denkunmöglich ist. Geht man davon aus, dass die gegenständliche Betriebsanlage am 15.4.2002 errichtet worden ist, so kann sie während des völlig identen Zeitraumes nicht auch schon betrieben worden sein.

In diesem Zusammenhang wird auch auf die Problematik der Verhängung einer Gesamtstrafe für zwei Verwaltungsübertretungen hingewiesen.

Aus den angeführten Gründen war daher mangels der erforderlichen Spruchkonkretisierung wegen eingetretener Verfolgungsverjährung das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

zu II.:

Weil die Berufung Erfolg hatte, entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. Linkesch

Beschlagwortung:

Tatortkonkretisierung, Gesamtstrafe

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