Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-221867/2/Ga/Pe

Linz, 12.11.2002

VwSen-221867/2/Ga/Pe Linz, am 12. November 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung der Frau WG, vertreten durch Dr. LJK und Dr. JM, Rechtsanwälte, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 1. Oktober 2002, Ge96-53-2001, wegen Übertretung der Gewerbeordnung 1994 (GewO), zu Recht erkannt:

Der Berufung wird stattgegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG. § 24; § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1, § 51c, § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Mit bezeichnetem Straferkenntnis vom 1. Oktober 2002 wurde die Berufungswerberin einer Übertretung des § 368 Z14 und § 288 Abs.3 GewO für schuldig befunden. Als erwiesen wurde ihr vorgeworfen (§ 44a Z1 VStG): "Sie besitzen im Standort St. Willibald Nr. 97, die Gewerbeberechtigung für das Gewerbe 'Marktfahrer' (Gewerbeschein der Bezirkshauptmannschaft Schäding vom 15.3.1995, Ge01-39-1995) und haben es als Gewerbeinhaberin zu verantworten, dass auf einem Markt am 4.11.2001, nämlich einer Kirtagsveranstaltung am Marktplatz in 4085 Wesenufer, Gemeinde Waldkirchen am Wesen, auf einem Süßwarenverkaufsstand gegenüber dem Hause Wesenufer Nr. 15, durch den Erfüllungsgehilfen KH, Schaumrollen und Süßwaren feilgeboten worden sind, ohne dass dieser hiebei den Original-Gewerbeschein mitgeführt hat."

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über die Berufungswerberin gemäß § 368 Einleitung GewO eine Geldstrafe von 50 € kostenpflichtig verhängt und eine Ersatzfreiheitsstrafe festgesetzt.

Über die gegen dieses Straferkenntnis erhobene, Aufhebung und Einstellung begehrende Berufung hat der Unabhängige Verwaltungssenat nach Einsicht in den Strafverfahrensakt der belangten Behörde sowie ergänzenden Erhebungen erwogen:

Die Berufungswerberin stellt das Nichtmitführen des Original-Gewerbescheines unter den im Schuldspruch angeführten zeitlichen und örtlichen Tatumständen nicht in Abrede. Sie bekämpft jedoch mit näheren Ausführungen die ihr zugesonnene Verantwortlichkeit und wendet ein, es genüge, wie dies ja geschehen sei, das Vorweisen einer beglaubigten Kopie bzw. Abschrift des Original-Gewerbescheines, um der Bestimmung des § 288 Abs.3 GewO zu entsprechen. Davon abgesehen habe es sich bei der in Rede stehenden Kirtagsveranstaltung um keinen der Gewerbeordnung unterliegenden Markt gehandelt.

In rechtlicher Hinsicht setzt die dem Gewerbetreibenden auferlegte (im übrigen durch die GewO-Novelle BGBl. I Nr. 111/2002 mit Wirkung vom 1.8.2002 aufgehobene) Mitführungspflicht des Original-Gewerbescheines gemäß § 288 Abs.3 GewO - die Berufungswerberin irrt mit ihrem Einwand, es sei diese Gebotsnorm auch durch das Mitführen einer beglaubigten Kopie oder Abschrift des Original-Dokumentes erfüllt gewesen - voraus, dass ein dem Regime der GewO unterliegender Markt vorliegt.

Aus dem angefochtenen Straferkenntnis und der gesamten Aktenlage geht diesbezüglich nicht hervor, auf welche Feststellungen die belangte Behörde die Annahme des Tatbestandsmerkmales 'Markt' gestützt hat. Das angefochtene Straferkenntnis hat das Vorliegen des wesentlichen Tatbestandsmerkmals offenbar ohne weiteres angenommen.

Das III. Hauptstück der GewO kennt zwei Arten von regulären Märkten, die näheren gewerberechtlichen Vorschriften unterworfen sind. Unter der klassischen Erscheinungsform eines Marktes ist gemäß § 286 Abs.1 GewO eine Veranstaltung zu verstehen, bei der auf einem örtlich bestimmten Gebiet (Marktplatz, Markthalle), zu bestimmten Markttagen und Marktzeiten Waren feil geboten und verkauft werden. Ein solcher Markt darf nur aufgrund einer Verordnung der Gemeinde, in der der Markt abgehalten werden soll, stattfinden.

Unter einem Gelegenheitsmarkt ("Quasimarkt") ist gemäß § 286 Abs.2 GewO eine marktähnliche Verkaufsveranstaltung zu verstehen, die nur gelegentlich aus besonderen Anlässen abgehalten wird. Ein solcher Gelegenheitsmarkt darf nur aufgrund einer (Einzel-)Bewilligung der Gemeinde, in der die Veranstaltung abgehalten werden soll, stattfinden.

Ergänzende Ermittlungen (§ 66 Abs.1 AVG) des Unabhängigen Verwaltungssenates bei der Gemeinde Waldkirchen am Wesen über die faktischen Umstände der sprucherfassten Kirtagsveranstaltung am 4. November 2001 ergaben: Die Veranstaltung sei eintägig am genannten Sonntag nach Allerheiligen gewesen und habe - mit nur drei oder vier Ständen, darunter nicht ausschließbar auch Stände kirchlicher oder sonst caritativ tätiger Gruppen - bloß wenige Stunden ca. von 9.00 bis 11.00 Uhr vormittags gedauert. Auch im Juni des Jahres gebe es eine ähnliche Kirtagsveranstaltung. Eine Verordnung der Gemeinde dafür gebe es ebenso wenig wie eine Einzelbewilligung. Diese Kirtagsverantaltungen würden in der beschriebenen Weise stets ohne Bewilligungen abgehalten und würden klaglos verlaufen.

Die glaubwürdig und kompetent von einem Mitarbeiter am Gemeindeamt beschriebenen Umstände - Kleinheit der Veranstaltung, die kurze Dauer von nur etwa drei Stunden im örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit den Kirchgängen am Sonntag Vormittag - scheinen eher dafür zu sprechen, dass der in Rede stehende Kirtag in seinem Grundcharakter einer der GewO nicht unterliegenden, marktähnlichen Verkaufsveranstaltung von kurzer Dauer und in herkömmlicher Art und Weise mit Wohltätigkeitszweck entspricht, zu der sich der - Schaumrollen und Süßwaren feilbietende - Marktstand der Berufungswerberin lediglich - und nicht ausschließbar in ebenso herkömmlicher Art und Weise - hinzugesellte. Dies würde erklären, wenigstens im Zweifel, warum der Gemeinde eine Bewilligungspflicht dieser Veranstaltung gar nicht in den Sinn gekommen ist.

Ausgehend davon aber war, weil das Vorliegen des Tatbestandsmerkmales 'Markt' nicht mit Sicherheit als erfüllt hervorgekommen ist, in dubio pro reo wie im Spruch zu erkennen.

Dieses Verfahrensergebnis entlastet die Berufungswerberin auch aus ihrer Kostenpflicht.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 € zu entrichten.

Mag. Gallnbrunner

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