Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-221875/2/Lg/Sta

Linz, 27.01.2004

 

 

 VwSen-221875/2/Lg/Sta Linz, am 27. Jänner 2004

DVR.0690392

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder über die Berufung des Ing. W K K, vertreten durch Rechtsanwälte, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von R vom 16. Dezember 2002, Zl. Ge96-56-1-2001, wegen Übertretungen der GewO 1994, zu Recht erkannt:

 

  1. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.
  2.  

  3. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlage:

Zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 44a Z1, 45 Abs.1 Z3 VStG.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

  1. Im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses wurde dem Berufungswerber vorgeworfen:
  2. "Sie sind als gewerberechtlicher Geschäftsführer der E P Gesellschaft m.b.H. für das Gewerbe "Erzeugung von chemischen Produkten, technischen Ölen und Schmiermitteln" im Standort R, dafür verantwortlich, dass, wie zumindest am 10. Juli 2001 bei einer behördlichen Überprüfung festgestellt wurde, in der nordwestlich an der R gelegenen Lagerhalle (ehem. LKW-Garage), in der lt. Anzeige vom 8. August 2001 nur 40 t an Fertigprodukte (Fette und Öle) hätten gelagert werden dürfen, mehr als 100.000 l Scheibenreiniger gelagert wurden. Für diese Lagerung wäre eine Änderungsgenehmigung gem. § 81 GewO 1994 deshalb erforderlich gewesen, da die Änderung der Betriebsanlage durch diese Lagerung geeignet ist, im Brandfall eine Gefährdung der menschlichen Gesundheit der Nachbarn und fremden Eigentums (§ 74 Abs. 2 Z.1 GewO 1994) sowie bei Leckagen eine Gefährdung des Grundwassers (§ 74 Abs. 2 Z.5 GewO 1994) herbeizuführen. Eine Genehmigung der Anlagenänderung wurde jedoch nicht beantragt und folglich auch nicht erteilt.

    Sie haben daher eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage ohne die hiefür erforderliche Genehmigung geändert und nach der Änderung betrieben."

     

     

  3. In der Berufung wird unter anderem geltend gemacht, hinsichtlich des gegenständlichen Teils der Betriebsanlage sei zur Tatzeit nicht die E P Gesellschaft m.b.H. sondern die E M Handelsges.m.b.H. verfügungsberechtigt gewesen. Die E P Gesellschaft m.b.H. habe die in der Niederschrift vom 10.7.2001 auf Seite 2 angeführten Produktionsanlagen von der FM F Ges.m.b.H. übernommen; das gegenständliche "Lager für Fertigprodukte" sei davon nicht erfasst. Nur auf die erstgenannten Teile habe sich die Kenntnisnahme (Unterfertigung) durch den Berufungswerber (als Vertreter der Betriebsinhaberin) bezogen. Aus der bloßen "Kenntnisnahme des Verhandlungsergebnisses" könne auf keine Verantwortungsübernahme geschlossen werden. Gerade wegen des Mangels der Verfügungsberechtigung am gegenständlichen Areal sei ein Antrag der FM F Ges.m.b.H. auf Betriebsanlagenänderung 1998 mangels Antragslegitimation zurückgewiesen worden. Auch zur Tatzeit sei, wie von der Behörde anerkannt, keine Verfügungsberechtigung der E P Gesellschaft m.b.H. gegeben gewesen. Überdies seien die gegenständlichen Frostschutzmittel nicht im Eigentum der E P Gesellschaft m.b.H. gestanden (zum Beweis wird eine Inventurliste der E M Handelsges.m.b.H. vorgelegt). Die fehlende Verantwortung des Berufungswerbers sei der Behörde während des Verfahrens bekannt gegeben worden, sie habe es jedoch verabsäumt, den tatsächlichen Betreiber zu ermitteln.
  4.  

     

  5. Anlässlich der Berufungsvorlage wird seitens der Behörde argumentiert, der Berufungswerber habe während des Verfahrens "plötzlich" die Verfügungsberechtigung der E M Handelsges.m.b.H. behauptet. Daher sei die Verantwortung des Berufungswerbers unglaubwürdig.
  6.  

     

  7. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

Zur Spruchfassung ist zunächst zu bemerken, dass für den Tatbestand des § 366 Abs.1 Z3 VStG das Merkmal der (rechtswirksamen - vgl. Grabler/Stolzlechner/ Wendl, Gewerbeordnung, 2. Auflage, RZ 33 zu § 366, Einleitungssatz) Genehmigung der Betriebsanlage essentiell ist. Aus dem Spruch des Straferkenntnisses muss daher zu entnehmen sein, dass es sich um die Änderung einer gewerberechtlich genehmigten Betriebsanlage handelt (UVS Niederösterreich, zitiert nach Grabler/ Stolzlechner/Wendl, ebd., RZ 37 zu § 366 GewO). Diesem Erfordernis wird nicht dadurch genüge getan, dass der Begriff Änderung uä. (in Verbindung mit einer Zitierung des § 81 GewO verwendet wird); vielmehr bedarf es des ausdrücklichen Hinweises auf die Genehmigung und darüber hinaus (vgl. etwa VwGH 28.1.1993, 91/04/0246) des Hinweises auf den konkreten Genehmigungsbescheid. Auf diesem Sprucherfordernis ist um so mehr zu insistieren, wenn, wie hier, im Spruch fälschlich und irreführend von einer "genehmigungspflichtigen" anstelle von einer "genehmigten" Betriebsanlage die Rede ist.

 

Ferner ist im Hinblick auf die Sprucherfordernisse zu bedenken, dass in § 366 Abs.1 Z3 GewO alternative Tatbestände angesprochen sind (vgl. z.B. VwGH 26.4.1994, 93/04/0243). Daraus folgt, dass der Spruch des Straferkenntnisses mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck zu bringen hat, ob die Bestrafung wegen der ersten Alternative ("ändert") oder wegen der zweiten Alternative ("nach der Änderung betreibt") oder wegen beider Alternativen (freilich bei Unzulässigkeit einer einheitlichen Strafe für beide Delikte) erfolgt. Je nach der Gestaltung des Vorwurfes wären für die jeweilige Alternative die Sprucherfordernisse (insbesondere etwa hinsichtlich der Tatzeit - vgl. sinngemäß z. B. VwGH 4.9.2002, 2002/04/0077 - und konkreter Tathandlung - vgl. statt vieler VwGH 26.4.1994, 93/04/0243) jeweils spezifisch zu präzisieren. Im vorliegenden Fall wird die erforderliche Klarheit nicht erreicht, da nach der Formulierung des Spruchs beide Alternativen (kumulativ) angesprochen werden ("geändert und nach der Änderung betrieben"), eine einheitliche Strafe verhängt wurde und auch aus dem vorstehenden Text sich keine Klärung der in Rede stehenden Frage ergibt.

 

Da die Entscheidung des Unabhängigen Verwaltungssenates zu einem Zeitpunkt nach Eintritt der Verfolgungsverjährungsfrist erfolgt und eine im Sinne der obenstehenden Ausführungen mängelfreie Verfolgungshandlung innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist aus dem Akt nicht ersichtlich ist, war spruchgemäß zu entscheiden. Hingewiesen sei auch darauf, dass gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bei der Strafsanktionsnorm der "Einleitungssatz" zu erwähnen gewesen wäre (vgl. z.B. VwGH 21.3.1995, 94/04/0233).

 

Bemerkt sei ferner, dass nach der Aktenlage die Behauptung des Berufungswerbers, faktischer Betreiber des gegenständlichen Teiles der Betriebsanlage sei nicht die im Spruch erwähnte Rechtsperson (und gewerberechtlich verantwortlich mithin der Berufungswerber) gewesen, nicht ausgeschlossen erscheint. Vor diesem Hintergrund sind die Schlussfolgerungen, die die Behörde aus der Einlassung des Berufungswerbers auf die tatsächliche Verantwortungssituation zur Tatzeit zieht, unstatthaft. Dies deshalb, da rechtlich maßgeblich nicht die Einlassung sondern der tatsächlich gegebene - und daher zu ermittelnde - Verantwortungszusammenhang ist (man beachte in diesem Zusammenhang die Entstehungsgeschichte der Regelung des § 32 Abs. 3 VStG) und überdies im vorliegenden Fall ohnehin strittig ist, in wie weit von einer konkreten Einlassung überhaupt die Rede sein kann, wobei zudem Argumente geltend gemacht wurden, die gegen die Verantwortung des Berufungswerbers sprechen. Die daher notwendigen Ermittlungen wären der Erstinstanz oblegen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr. Langeder

 

 

 

 
 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum