Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-221893/18/Bm/Be

Linz, 26.08.2003

 

 

 VwSen-221893/18/Bm/Be Linz, am 26. August 2003

DVR.0690392
 

 
 
 
 
 

Erkenntnis
 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über die Berufung des Z, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. U, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr Land vom 15.7.2003, Ge96-83-2003, wegen Übertretung der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994), zu Recht erkannt:

 

  1. Der Berufung wird hinsichtlich des Schuldspruches keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass

  1. an der Stelle der Wortfolge: "Sie haben als nach außen hin

vertretungsbefugtes Organ (persönlich haftender Gesellschafter)" die

Wortfolge zu lauten hat: "Sie haben als gemäß § 370 Abs.1 verantwortlicher

gewerberechtlicher Geschäftsführer";

2. nach der Wortfolge: "... dass Sie die" einzufügen ist die Wortfolge: "... mit

Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 5.2.1966, Ge20-

4123-1995 für Verladearbeiten von 5.00 bis 20.00 Uhr genehmigten";

3. dem letzten Satz anzufügen ist: " Diese Änderung der Betriebsanlage ist

geeignet, die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung

oder in anderer Weise zu belästigen (§74 GewO 1994)";

4. die Verwaltungsstrafnorm zu lauten hat: "§ 366 Abs.1 Einleitung iVm § 370

Abs.1 GewO 1994.

 

  1. Hinsichtlich der Strafhöhe wird der Berufung insoweit Folge geben, als die verhängte Geldstrafe auf den Betrag von 1.000 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 170 Stunden herabgesetzt wird.
  2.  

  3. Der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz ermäßigt sich auf 100 Euro; zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I. und II.: § 66 Abs.4 AVG iVm. § 24, 19, 51 VStG

zu III. §§ 64 und 65 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr Land vom 15.7.2003, Ge96-83-2003, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 1.500 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 250 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 366 Abs.1 Z.3 iVm. § 81 Abs.1 GewO 1994 verhängt, weil er als nach außen hin vertretungsbefugtes Organ (persönlich haftender Gesellschafter) der Familie Z GmbH & CO KG, die genehmigungspflichtige Änderung einer gewerblichen Betriebsanlage dadurch vorgenommen hat, dass er die Betriebszeiten zu nachführend angeführten Daten nicht eingehalten und die nicht genehmigte geänderte Betriebsanlage betrieben hat, in dem auf dem Schlachthof der Familie Z GmbH & CO KG

  1. am 27.2.2003 um ca. 0.40 Uhr Schweinehälften auf ein Sattelkraftfahrzeug mit dem Kennzeichen,
  2. am 28.2.2003 um ca. 3.00 Uhr von Herrn L in seinem Auftrag Schweine auf einen Lkw der Firma zum Abtransport und
  3. am 24.3.2003 um ca. 23.50 Uhr Schweinehälften auf einen Firmen-Lkw-Anhänger verladen wurden.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber fristgerecht Berufung eingebracht und diese Berufung im Wesentlichen damit begründet, dass die vom Berufungswerber gestellten Beweisanträge vom 14.2.2003 nicht durchgeführt worden seien. Das Verfahren sei somit mangelhaft geblieben.

Nach mehrfachen Eingaben habe der Berufungswerber bereits die Abänderung der Betriebszeiten beantragt. Dieses Verfahren sei aber noch nicht zur Gänze abgeschlossen.

Eine Ruhestörung selbst habe nicht vorgelegen; die Anzeigerin N habe anlässlich ihrer Anzeige angeführt, sie sei wach geworden, erst später habe sie ein Geräusch bemerkt. Anzuführen sei, dass allfällige Geräusche, die üblichen zulässigen Lärmentwicklungen nicht erreicht hätten. Die Verladearbeiten seien aufgrund der Dringlichkeit durchgeführt worden.

Die nunmehr verhängte Geldstrafe von 1.500 Euro sei bei weitem überhöht. Für den Fall, dass der Berufung ansonst keine Folge gegeben werde, sei eine Reduktion der Geldstrafe auf alle Fälle erforderlich.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt.

Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsordnung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG).

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme und durch Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 21.8.2003, bei der der anwaltliche Vertreter des Berufungswerbers, die Zeugen L und Meldungsleger Rev.Insp. G, Rev.Insp. A und Rev.Insp. S anwesend waren.

 

Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

 

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 5.2.1996, Ge20-4123-1995, wurde die gewerbebehördliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb eines Schlachthofes auf Grundstück Nr. 267 a, KG. Adlwang, Gemeinde Adlwang, unter Festsetzung der Betriebszeiten für Verladetätigkeiten von 5.00 bis 20.00 Uhr, erteilt.

 

Zu den im Spruch des Straferkenntnisses angeführten Zeitpunkten, nämlich am 27.2.2003 um ca. 00.40 Uhr, am 28.2.2003 um ca. 03.00 Uhr und am 24.3.2003 um ca. 23.50 Uhr wurden außerhalb dieser genehmigten Betriebszeiten Verladetätigkeiten von Schweinehälften mittels Lkw durchgeführt.

 

Das obige hier entscheidungswesentliche Beweisergebnis ergibt sich aus den eindeutigen Wahrnehmungen der Meldungsleger für den jeweiligen Tatzeitpunkt und deren glaubwürdige Aussage vor dem Oö. Verwaltungssenat sowie aus den widerspruchsfreien Darstellungen des Zeugen Lamm.

Die Meldungsleger legten schlüssig dar, dass zum jeweiligen Tatzeitpunkt Verladetätigkeiten von Schweinehälften mittels Lkw durchgeführt wurden, die zum Teil mit Lärmerregung verbunden waren.

Nach der Aussage des Ml RI A ist als erwiesen anzunehmen, dass dem Berufungswerber der Inhalt des Genehmigungsbescheides mit den genehmigten Betriebszeiten für Verladetätigkeiten bekannt war.

 

 

 

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

Gemäß § 81 Abs.1 GewO 1994 bedarf auch, wenn es zur Wahrung der im § 74 Abs.2 umschriebenen Interessen erforderlich ist, die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der vorstehenden Bestimmungen.

 

Gemäß § 366 Abs.1 Z.3 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 3.600 Euro zu bestrafen ist, wer eine genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung ändert oder nach der Änderung betreibt.

 

Voraussetzung für die Erfüllung des Tatbestandes nach § 366 Abs.1 Z.3 GewO 1994 ist, dass eine rechtswirksam genehmigte Betriebsanlage vorliegt.

Dies ist vorliegend der Fall:

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 5.2.1996, Ge20-4123-1995, wurde die Errichtung und der Betrieb eines Schlachthofes auf Grst. Nr. 267 a, KG Adlwang, Gemeinde Adlwang, mit einer Betriebszeit für Verladetätigkeiten von 5.00 bis 20.00 Uhr genehmigt.

 

Ob eine "Änderung" dieser Betriebsanlage vorliegt, bemisst sich ausschließlich nach dem die Betriebsanlage genehmigenden Bescheid (VwGH 24.5.1994, 93/04/0031).

Jeder Betrieb einer Betriebsanlage, der in seiner Gestaltung von dem im Genehmigungsbescheid (Betriebsbeschreibung) umschriebenen Projekt abweicht, bedeutet eine Änderung der genehmigten Betriebsanlage und bedarf unter den Voraussetzungen des § 81 einer gewerbebehördlichen Genehmigung.

Die Genehmigungspflicht ist bereits dann gegeben, wenn die Änderung grundsätzlich geeignet ist, die in § 74 Abs.2 umschriebenen Interessen zu beeinträchtigen; um dies zu beurteilen, genügt es in der Regel auf das allgemeine menschliche Erfahrungsgut zurückzugreifen (VwGH 20.9.1994, 94/04/0068).

 

Nach der Verhandlungsschrift vom 5.12.1995 wurden im vorliegenden Fall in den dem Ansuchen um gewerbebehördliche Genehmigung für die Errichtung des gegenständlichen Schlachthofes angeschlossenen Projektsunterlagen die Betriebszeiten für Verladetätigkeiten mit 5.00 Uhr bis 20.00 Uhr angeführt.

 

Diese beantragten Betriebszeiten wurden in der Verhandlungsschrift im Befund aufgenommen und liegen dieser Verhandlungsschrift vom 5.12.1995 sowie die Projektsunterlagen dem Genehmigungsbescheid vom 5.2.1996 zu Grunde. Dadurch, dass die gewerbebehördliche Genehmigung unter Zugrundelegung der Projektsunterlagen, die die entsprechenden Betriebszeiten aufweisen, erteilt wurde, erlangte die Betriebszeitenregelung insofern normativen Charakter, als damit der Betrieb dieser Betriebsanlage nur im Rahmen der genannten Betriebszeiten genehmigt ist. Jede Verladetätigkeit beim Schlachthof außerhalb der genehmigten Betriebszeiten stellt sich als eine Änderung der genehmigten Betriebsanlage dar.

 

Das Verladen von Schweinehälften mittels Lkw in der Nachtzeit stellt zweifellos eine Maßnahme dar, welche die durch § 74 Abs.2 Z.1 bis 5 leg.cit geschützten Interessen gefährden könnten. Insbesondere ist durch so eine Tätigkeit eine Belästigung der Nachbarn durch Lärm oder Geruch nicht auszuschließen.

 

Wenn vom Berufungswerber vorgebracht wird, dass durch die zu den oben angeführten Zeitpunkten durchgeführten Verladetätigkeiten eine Ruhestörung nicht vorgelegen habe und allfällige damit verbundene Geräusche die üblichen zulässigen Lärmentwickelungen nicht erreicht hätten, ist hiezu auszuführen, dass die belangte Behörde nicht zu prüfen hat, ob tatsächliche Gefährdungen, Beeinträchtigungen, Belästigungen oder sonstige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 von der Betriebsanlage ausgehen; dies festzustellen und allenfalls durch entsprechende Auflagen zu verhindern, ist Sache des Genehmigungsverfahrens (VwGH 11.11.1998, 97/040161). Ob nun die Nachbarin durch den Betrieb der geänderten Betriebsanlage tatsächlich belästigt wurde, ist für die Erfüllung des Tatbestandes der Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs.1 Z.3 GewO 1994 nicht erheblich.

Der objektive Tatbestand der gegenständlichen Verwaltungsübertretung ist daher als gegeben zu erachten.

 

Hinsichtlich des Verschuldens ist festzuhalten, dass die dem Beschuldigten angelastete Tat ein sogenanntes Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs.1 VStG darstellt, zu dessen Strafbarkeit sofern die Verwaltungsvorschrift nicht anderes bestimmt, Fahrlässigkeit genügt. Fahrlässigkeit ist nach der zitierten Gesetzesstelle bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft machen kann, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Aufgrund der Zeugenaussage des RI Auer ist davon auszugehen, dass dem Berufungswerber die bescheidmässig festgelegten Betriebszeiten bekannt waren und er die Verwaltungsübertretung vorsätzlich begangen hat.

Es ist sohin auch die subjektive Tatseite der gegenständlichen Verwaltungsübertretung erfüllt, weshalb der Schuldspruch der belangten Behörde zu Recht ergangen ist.

 

Zur Strafhöhe ist festzustellen:

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbunden Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) über dies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die § 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Der Berufungswerber ist zunächst darauf hinzuweisen, dass jede innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens erfolgte Strafzumessung eine Ermessensentscheidung der Strafbehörde darstellt, die sie unter Bedachtnahme der Strafzumessungskriterien wie in Abs.1 (objektive) und Abs.2 (subjektive) des § 19 VStG vorzunehmen hat.

 

Wenngleich der Berufungswerber tatbestandsmäßig gehandelt hat, ist ihm jedoch als Strafmilderungsgrund zuzubilligen, dass bereits vor geraumer Zeit um gewerbebehördliche Genehmigung für die Änderung der genehmigten Betriebszeiten angesucht wurde und die Nichterteilung der Genehmigung nicht ausschließlich auf in der Person des Berufungswerbers gelegene Umstände zurückzuführen ist.

Auch ist davon auszugehen, dass zumindest zu zwei Tatzeitpunkten das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Gefährdung - wenngleich dies bei der Überprüfung des Vorliegens der Übertretung des § 366 Abs.1 Z.3 GewO 1994 nicht zu beurteilen ist - der Nachbarn, deren Schutz die Strafdrohung dient, gering ist.

 

Aus diesen Erwägungen heraus sah sich der Unabhängige Verwaltungssenat als Berufungsinstanz veranlasst, die verhängte Geldstrafe auf das im Spruch festgesetzte Ausmaß herabzusetzen, zumal auch die verminderte Strafhöhe den Zweck der Spezialprävention noch erfüllen kann.

 

Da der Berufung zumindest teilweise stattgegeben wurde, entfällt die Vorschreibung eines Betrages zu den Kosten des Berufungsverfahrens.

 

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

 

 

 

 

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

 

 

 

Mag. Bismaier

 

Für die Richtigkeit

der Ausfertigung:

 

 

 

 

 

 

 
 

 
 

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