Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-221906/8/Bm/Sta

Linz, 24.03.2004

 

 

 VwSen-221906/8/Bm/Sta Linz, am 24. März 2004

DVR.0690392
 

 

E R K E N N T N I S
 
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über die Berufung des Herrn P M, I, P, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 16.9.2003, Ge96-29-2003, wegen Zurückweisung des Einspruches gegen die Strafverfügung vom 5.5.2003, wegen Verspätung zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid behoben.

 
 
Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG iVm § 66 Abs.4 AVG; § 17 Zustellgesetz.
 
 

Entscheidungsgründe:

 

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 16.9.2003, Ge96-29-2003, wurde der Einspruch des Berufungswerbers gegen die Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 5.5.2003, Ge96-29-2003, als verspätet zurückgewiesen.

 

In der Begründung dieses Bescheides führte die Behörde I. Instanz im Wesentlichen aus, dass die gegenständliche Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Freistadt am 14. Mai 2003 beim Postamt W zur Abholung hinterlegt worden sei, nachdem zwei Zustellversuche am 13. und 14. Mai 2003 beim Gewerbebetrieb des Beschuldigten in W, H, erfolglos durchgeführt worden seien.

Der Beschuldigte hätte somit - um die Strafverfügung außer Kraft setzen zu können - binnen zwei Wochen nach der Hinterlegung, also bis längstens 28.5.2003 Einspruch erheben müssen. Die beim Postamt hinterlegte Strafverfügung sei vom Beschuldigten nicht behoben worden.

Laut Postaufgabestempel des Postamtes P sei das Einspruchsschreiben am 12.9.2003 und somit verspätet zur Post gegeben worden.

 

Dagegen hat der Berufungswerber fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde.

 

Der Berufungswerber bringt im Wesentlichen in der Berufungsschrift vor, er habe seinen Hauptwohnsitz seit 1980 in P, I. In W, H, habe er nur einen Zweitwohnsitz. Da seit April 2003 der Betrieb nur mehr sporadisch geführt werde und der Heurigenbetrieb zur Gänze eingestellt worden sei, könne nicht erwartet werden, dass der Zweitwohnsitz regelmäßig besucht werde.

 

Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung ergänzender Ermittlungen durch die Marktgemeinde W und der Bezirkshauptmannschaft Freistadt. Da sich die Berufung lediglich gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid richtet und keine Partei die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat, konnte im gegenständlichen Fall gemäß § 51e Abs.3 Z4 VStG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

Gemäß § 49 Abs.1 VStG kann der Beschuldigte gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben und dabei die seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel vorbringen. Der Einspruch kann auch mündlich erhoben werden. Er ist bei der Behörde einzubringen, die die Strafverfügung erlassen hat. Gemäß Abs.2 leg.cit. ist das ordentliche Verfahren einzuleiten, wenn der Einspruch rechtzeitig eingebracht wird.

 

Gemäß § 49 Abs.3 leg.cit. ist die Strafverfügung zu vollstrecken, wenn ein Einspruch nicht oder nicht rechtzeitig erhoben wird.

 

Gemäß § 4 Zustellgesetz ist Abgabestelle im Sinne dieses Bundesgesetzes der Ort, an dem die Sendung dem Empfänger zugestellt werden darf; das ist die Wohnung oder sonstige Unterkunft, die Betriebsstätte, der Sitz, der Geschäftsraum, die Kanzlei oder der Arbeitsplatz des Empfängers, im Falle einer Zustellung anlässlich einer Amtshandlung auch deren Ort.

 

Gemäß § 17 Abs.1 Zustellgesetz ist das Schriftstück, wenn die Sendung an der Abgabestelle nicht zugestellt werden kann und der Zusteller Grund zur Annahme hat, dass sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs.3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, im Falle der Zustellung durch die Post beim zuständigen Postamt, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in der selben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.

 

Gemäß Abs.3 dieser Bestimmung gelten hinterlegte Sendungen mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs.3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem die hinterlegte Sendung behoben werden könnte. Im gegenständlichen Fall wurde die Strafverfügung vom 5.5.2003 nach erfolglosen Zustellversuchen beim Postamt mit Beginn der Abholfrist am 14.5.2003 hinterlegt. Am 11.6.2003 wurde die Sendung vom Postamt als nicht behoben an die belangte Behörde zurückgesandt.

 

Mit Schreiben vom 1.9.2003 wurde der Berufungswerber von der Behörde I. Instanz an die Überweisung der noch offenen Strafbeträge hinsichtlich der Übertretung der Gewerbeordnung erinnert. Auf Grund dieses Schreibens wurde vom Berufungswerber mitgeteilt, dass dieses Schreiben keine Erinnerung sei, sondern eine Ersatzzustellung darstelle und er somit von seinem Einspruchsrecht Gebrauch mache.

 

Im Zuge der im anhängigen Berufungsverfahren durchgeführten Ermittlungen wurde vom Gendarmerieposten P mitgeteilt, dass Herr P M seinen Hauptwohnsitz in P, I, hat und an der Anschrift in W, H, mit Nebenwohnsitz gemeldet ist. Es ist bekannt, dass P M tatsächlich nicht ständig in seinem Betrieb in W aufhältig gewesen ist. Er konnte dort lediglich sporadisch angetroffen werden.

 

Damit steht fest, dass sich der Berufungswerber zum Zeitpunkt der Zustellung nicht regelmäßig an der Abgabestelle aufgehalten hat und somit keine rechtswirksame Zustellung der Strafverfügung vorgenommen wurde, sodass die Hinterlegung keine Wirkung zeitigen konnte.

Da auch eine Heilung dieses Zustellmangels gemäß § 7 Zustellgesetz nicht eingetreten ist - die für den Berufungswerber bestimmte Ausfertigung befindet sich nach wie vor im Verfahrensakt - ist eine wirksame Zustellung der Strafverfügung nicht erfolgt, weshalb der dagegen eingebrachte Einspruch, der über das Erinnerungsschreiben vom 1.9.2003 erhoben wurde, diese nicht zulässig bekämpfen kann.

 

Der vorliegenden Berufung war daher stattzugeben und der angefochtene Bescheid aufzuheben.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
 
 

Mag. B i s m a i e r
 

Beschlagwortung:

Verspätung - Zustellmangel

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