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des Landes Oberösterreich
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VwSen-221949/2/Kl/Pe

Linz, 22.06.2004

 

 

 VwSen-221949/2/Kl/Pe Linz, am 22. Juni 2004

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung der H S, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. H V und Dr. G G, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems vom 8.3.2004, Ge96-45-2003, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der GewO 1994 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II. Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z3 und 51 VStG.

zu II.: § 66 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems vom 8.3.2004, Ge96-45-2003, wurde über die Berufungswerberin eine Geldstrafe von 100 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 5 Abs.1, 339 Abs.1, 94 Z26, 111 und 366 Abs.1 Z1 GewO 1994 verhängt, weil sie am 16.11.2003 um ca. 01.50 Uhr in I im (C K) an den dort anwesenden Gast F B entgeltlich um 8 oder 10 Euro einen Weißwein gespritzt verabreicht hat, ohne im Besitze der dazu erforderlichen Gewerbeberechtigung für das Gastbewerbe zu sein.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und in dieser das Straferkenntnis seinem gesamten Inhalt nach angefochten. Begründend wurde ausgeführt, dass ein Antrag auf Bestellung einer neuen Geschäftsführerin abgegeben wurde und wurde eine Kopie vorgelegt. Im Fall eines Geschäftsführerwechsels sei eine vorläufige Zulassung bis zur Bestellung des neuen Geschäftsführers möglich. Auch sei hinsichtlich der Untersagung der Gewerbeausübung bislang keine rechtskräftige Entscheidung vorgelegen. Eine Gewerbeausübung sei weiters tatsächlich nicht erfolgt, zumal die Vermutung eines einmaligen Ausschankes jedenfalls noch nicht einen Verstoß iSd GewO darstellt. Für die gewerbliche Tätigkeit setzt dies jedenfalls mehr als einen Getränkeausschank voraus. Weiters liegt ein schuldhafter Tatvorwurf nicht vor. Es wurde daher die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Verfahrens beantragt.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Weil bereits aus der Aktenlage feststeht, dass das mit Berufung angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist und weiters eine 500 Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, entfällt eine öffentliche mündliche Verhandlung gemäß § 51 e Abs.2 Z1 und Abs.3 Z3 VStG.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 366 Abs.1 Z1 GewO 1994 idF BGBl. I. Nr. 111/2002, begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 3.600 Euro zu bestrafen ist, wer ein Gewerbe ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben.

 

Gemäß § 1 Abs.2 GewO 1994 wird eine Tätigkeit gewerbsmäßig ausgeübt, wenn sie selbständig, regelmäßig und in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, gleichgültig für welche Zwecke dieser bestimmt ist.

 

Gemäß § 1 Abs.4 leg.cit. gilt auch eine einmalige Handlung als regelmäßige Tätigkeit, wenn nach den Umständen des Falles auf die Absicht der Wiederholung geschlossen werden kann oder wenn sie längere Zeit erfordert.

 

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass

1) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und

2) die Identität der Tat (z.B. nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was den vorstehenden Punkt 1) anlangt, sind entsprechende, d.h., in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den vorstehenden Punkt 2) anlangt (unverwechselbares Festhalten der Identität der Tat) muss im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, dass er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muss ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

 

5.2. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist iSd sich aus § 44a Z1 VStG ergebenden Konkretisierungsgebots im Spruch des Straferkenntnisses jenes Gewerbe, dessen Ausübung angelastet wird, durch wörtliche Anführung zu bezeichnen (VwGH 29.1.1991, 90/04/0176). Der Umschreibung der als erwiesen angenommenen Tat nach § 366 Abs.1 Z1 muss sich eine ausreichende Bezugnahme auf die Merkmale der Gewerbsmäßigkeit iSd § 1 Abs.2 entnehmen lassen. § 366 Abs.1 Z1 enthält u.a. das Tatbestandselement, dass jemand ein "Gewerbe ausübt". Zur Verwirklichung dieses Tatbestandes genügt es nicht, dass eine Tätigkeit ausgeübt wird, die dem Tätigkeitsbereich eines Gewerbes vorbehalten ist, sondern es müssen zudem auch die Merkmale der Gewerbsmäßigkeit iSd § 1 Abs.2 vorliegen (VwGH 15.9.1999, 99/04/110). Die Umschreibung der als erwiesen angenommenen Tat geht dahin, dass der Obmann des Vereins es zu verantworten habe, dass durch den Verein bestimmte Getränke zu bestimmten Preisen ausgeschenkt wurden. Dieser Tatumschreibung lässt sich keine ausreichende Bezugnahme auf die Merkmale der Gewerbsmäßigkeit iSd § 1 Abs.2 entnehmen (VwGH 8.10.1996, 96/04/0081).

 

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat bei der Tatanlastung betreffend die unbefugte Ausübung des Gastgewerbes der Spruch zumindest einen Hinweis auf die Betriebsart zu enthalten (VwGH 20.10.1992, 92/04/0136 u.v.a.). Mit den Worten, dass am bezeichneten Standort das Gastgewerbe in der Betriebsart "Buffet" ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung ausgeübt worden sei, wurde das Gewerbe, dessen unbefugte Ausübung zur Last gelegt wurde, im Bescheidspruch mit den maßgebenden Merkmalen dargestellt (VwGH 30.10.1990, 90/04/0037).

 

Im Grunde dieser zahlreichen Judikatur entspricht der gegenständliche Tatvorwurf dem Konkretisierungsgebot iSd § 44a Z1 VStG nicht. Es wird nämlich im konkreten Tatvorwurf angelastet, entgeltlich einen Weißwein gespritzt "verabreicht" zu haben, die "Ausübung des Gastgewerbes" als inkriminierte Tätigkeit (arg. "wer ein Gewerbe ausübt") wird nicht vorgeworfen. Darüber hinaus fehlen neben der Entgeltlichkeit sämtliche weitere Merkmale der Gewerbsmäßigkeit iSd § 1 Abs.2 GewO. Insbesondere kann - wie die Berufungswerberin selbst ausführt - aus einer einmaligen Handlung (Tatvorwurf: 16.11.2003, 01.50 Uhr) zu einem bestimmten Zeitpunkt noch nicht auf die Regelmäßigkeit geschlossen werden. Auch wurden von der Behörde weder im Spruch noch in der Begründung des Straferkenntnisses Umstände dargelegt, die auf eine Wiederholungsabsicht schließen lassen.

Darüber hinaus fehlt die Angabe der Betriebsart, in der das Gastgewerbe ausgeübt wird.

 

Da eine entsprechend konkretisierte Tat innerhalb des sechsmonatigen Zeitraumes der Verfolgungsverjährung nicht erfolgt ist, ist wegen Verfolgungsverjährung das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen. Auf die übrigen Berufungsausführungen war daher nicht mehr weiter einzugehen.

 

6. Weil die Berufung Erfolg hatte, entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge (§ 66 Abs.1 VStG).

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs-gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 
 

Dr. Klempt
 
Beschlagwortung:
Gewerbsmäßigkeit, Betriebsart, Tatkonkretisierung

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