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VwSen-221999/2/Kl/Pe

Linz, 07.04.2005

 

 

 VwSen-221999/2/Kl/Pe Linz, am 7. April 2005

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des Herrn G R, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. G S, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 24.11.2004, Ge96-138-2003-Ew, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der GewO 1994 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II. Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 7, 44a, 45 Abs.1 Z3 und 51 VStG.

zu II.: § 66 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 24.11.2004, Ge96-138-2003-Ew, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 300 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 36 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 7 VStG iVm §§ 368 und 113 Abs.1 und 7 GewO 1994 und § 1 Abs.2 Oö. Sperrzeiten-Verordnung verhängt, weil er dem gemäß § 370 Abs.1 GewO 1994 verantwortlichen gewerberechtlichen Geschäftsführer der O-W Gesellschaft mbH, Herrn K-H W, vorsätzlich die Begehung einer Verwaltungsübertretung erleichtert hat, indem er als verantwortlicher Geschäftsführer, wie von Organen des Gendarmeriepostens Neuhofen/Krems am 12.10.2003 um 4.50 Uhr und am 14.10.2003 um 4.40 Uhr festgestellt wurde, in, das von der o.a. Gesellschaft betriebene Gastgewerbelokal "S", für welches laut der Verordnung des Landeshauptmannes von Oö., mit der die Sperrzeiten in Gastgewerbebetrieben festgelegt werden, die Sperrstunde aufgrund der Gewerbeberechtigung für das Gastgewerbe in der Betriebsart "Tanzcafe", mit 4.00 Uhr festgelegt wurde, am 12.10.2003 nach Eintritt der Sperrstunde bis 4.50 Uhr offengehalten und 36 Gästen den Aufenthalt im Lokal gestattet und am 14.12.2003 bis 4.40 Uhr offengehalten und 65 Gästen den Aufenthalt im Lokal gestattet hat, wobei die Gäste noch Getränke konsumierten und die Musikanlage in Betrieb war, obwohl gemäß § 113 Abs.7 GewO 1994 der Gastgewerbetreibende die Betriebsräume und die allfälligen sonstigen Betriebsflächen, ausgenommen die der Beherbergung dienenden, während des Zeitraumes zwischen den nach Abs.1 festgelegten Sperr- und Aufsperrstunden geschlossen zu halten hat, und er während dieser Sperrzeit Gästen weder den Zutritt zu diesen Räumen und zu diesen Flächen noch dort ein weiteres Verweilen gestatten und die Gäste auch nicht in anderen Räumen oder auf anderen sonstigen Flächen gegen Entgelt bewirten darf.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und das Straferkenntnis in seinem gesamten Umfang bekämpft. Es wurden unrichtige Sachverhaltsfeststellungen und unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht und die Strafhöhe bekämpft. In einer weiteren Berufungsausführung wurde dargelegt, dass der Berufungswerber völlig unbescholten sei und keine mehrmaligen Anzeigen durch die Gendarmerie gegen ihn bekannt seien. Darüber hinaus hätte er in keinster Weise Herrn K-H W die Begehung der spruchgegenständlichen Verwaltungsübertretung erleichtert. Es habe die Behörde unterlassen auszuführen, weshalb gerade eine vorsätzliche Handlung des Berufungswerbers vorliege. Darüber hinaus liege auch unrichtige rechtliche Beurteilung dahingehend vor, dass der Beschuldigte nicht vorsätzlich die Begehung einer Verwaltungsübertretung erleichtert habe. Darüber hinaus genüge nicht fahrlässiges Verhalten gemäß § 5 Abs.1 VStG, weil eben in § 7 vorsätzliches Verhalten bestimmt ist. Hinsichtlich der Strafbemessung sei die verhängte Geldstrafe von 300 Euro bei weitem überhöht. Der Berufungswerber sei unbescholten und es sei das Verschulden gegebenenfalls als gering zu beurteilen. Darüber hinaus verfüge der Berufungswerber lediglich über ein monatliches Einkommen von 1.000 Euro. Es werde daher die Aufhebung des Straferkenntnisses, in eventu die Herabsetzung der Strafe beantragt.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

Weil der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, entfällt eine mündliche Verhandlung gemäß § 51e Abs.2 Z1 VStG.

 

4. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 113 Abs.1 GewO 1994 hat der Landeshauptmann den Zeitpunkt, zu dem gastgewerbliche Betriebe geschlossen werden müssen (Sperrstunde), und den Zeitpunkt zu dem sie geöffnet werden dürfen (Aufsperrstunde), für die einzelnen Betriebsarten der Gastgewerbe durch Verordnung festzulegen.

 

Gemäß § 113 Abs.7 GewO 1994 haben die Gastgewerbetreibenden die Betriebsräume und die allfälligen sonstigen Betriebsflächen, ausgenommen die der Beherbergung dienenden, während der festgelegten Sperrzeiten geschlossen zu halten. Während dieser Sperrzeit dürfen sie Gästen weder den Zutritt zu diesen Räumen und zu diesen Flächen noch dort weiteres Verweilen gestatten und die Gäste auch nicht in anderen Räumen oder auf anderen sonstigen Flächen gegen Entgelt bewirten.

 

Gemäß § 368 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 1.090 Euro zu bestrafen ist, wer andere als in den §§ 366 und 367 GewO 1994 genannte Gebote oder Verbote dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen nicht einhält.

 

Dem Berufungswerber wird die Übertretung nach § 368 und § 113 Abs.1 und 7 GewO 1994 in Verbindung mit der Sperrzeiten-Verordnung nicht als unmittelbarer Täter vorgeworfen, sondern als Beihelfer.

 

Gemäß § 7 VStG unterliegt, wer vorsätzlich veranlasst, dass ein anderer eine Verwaltungsübertretung begeht oder wer vorsätzlich einem anderen die Begehung der Verwaltungsübertretung erleichtert, der auf diese Übertretung gesetzten Strafe, und zwar auch dann, wenn der unmittelbare Täter selbst nicht strafbar ist.

 

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 7 VStG ist es aber erforderlich, dass sowohl die Beihilfehandlung nach Tatort, Tatzeit und Tathandlung konkretisiert wird und sodann weiters auch die unmittelbare Tat (Verwaltungsübertretung nach der GewO) ebenfalls nach Tatort, Tatzeit und Tathandlung konkretisiert wird (vgl. Hauer/Leukauf, Handbuch des österr. Verwaltungsverfahrens, 6. Auflage, Anm. 6 zu § 7 VStG). Sowohl die Aufforderung zur Rechtfertigung vom 28.1.2004 als erste und einzige Verfolgungshandlung innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist als auch der Tatvorwurf im angefochtenen Straferkenntnis enthalten als Umschreibung der Tathandlung sowie auch als Tatzeitpunkte, lediglich eine Umschreibung der Verwaltungsübertretung gemäß § 368 iVm § 113 Abs.1 und 7 GewO 1994, nämlich das Offenhalten und Gestatten des Aufenthaltes für Gäste hinsichtlich eines bestimmten Lokales zu bestimmten angeführten Zeitpunkten. Dies stellt aber die unmittelbare Tat dar, welche nach der Einleitung des Tatvorwurfes der gewerberechtliche Geschäftsführer K-H W als unmittelbarer Täter begangen haben soll. Die Beihilfehandlung hingegen, nämlich das vorsätzliche Erleichtern, wird weder durch einen Tatort noch durch eine Tatzeit noch durch ein konkretisiertes Tatverhalten im Hinblick auf die Beihilfe umschrieben. Die näher umschriebene konkretisierte unmittelbare Tat der Nichteinhaltung der Sperrstunde kann aber nicht als Tatumschreibung der Beihilfehandlung dienen. Gemessen an der konkretisierten Tatumschreibung der Nichteinhaltung der Sperrstunde (nach Tatort, Tatzeit und Tathandlung) wird dem Berufungswerber indirekt vielmehr die unmittelbare Täterschaft vorgeworfen. Eine Umschreibung der Beihilfehandlung nach Tatort, Tatzeit und Tathandlung hingegen fehlt dem gegenständlichen Tatvorwurf. Im Hinblick auf die von der Behörde beabsichtigte Verfolgung des Beschuldigten wegen Beihilfe ist daher mangels einer geeigneten Verfolgungshandlung binnen der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist Verfolgungsverjährung eingetreten. Es war daher das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG einzustellen.

 

4.2. Im Übrigen ist der Berufungswerber mit seinen Berufungsausführungen hinsichtlich des Verschuldens im Recht. Gemäß § 7 VStG ist für die Beihilfehandlung Vorsatz erforderlich und ist dieser Vorsatz Tatbestandsmerkmal. Eine fahrlässige Beihilfe ist daher schon gesetzlich ausgeschlossen. Wenn daher die Verwaltungsbehörde in der Begründung des Straferkenntnisses mit § 5 Abs.1 VStG und einem mangelnden Entlastungsnachweis des Berufungswerbers argumentiert, so ist diese Begründung verfehlt. Vielmehr verwechselt sie damit das Schulderfordernis der Haupttat, also der unmittelbaren Tat nach § 368 GewO, welche auch fahrlässig begangen werden kann. Allerdings wird die Tat nach § 368 GewO nach der Intension der belangten Behörde nicht vom Berufungswerber, sondern vom gewerberechtlichen Geschäftsführer K-H W begangen. Hinsichtlich dieser Tatbegehung genügt Fahrlässigkeit.

 

4.3. Darüber hinaus verkennt die belangte Behörde die Rechtsfolgen der Bestellung eines gewerberechtlichen Geschäftsführers.

 

Gemäß § 39 Abs.1 GewO ist der gewerberechtliche Geschäftsführer dem Gewerbeinhaber gegenüber für die fachlich einwandfreie Ausübung des Gewerbes und der Behörde gegenüber für die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften verantwortlich.

 

Es sind daher gemäß § 370 GewO Geldstrafen gegen den Geschäftsführer zu verhängen. Dies bedeutet, dass für den Fall der Bestellung eines gewerberechtlichen Geschäftsführers dieser für die Einhaltung der Sperrstunde verantwortlich ist, gleichgültig ob sich dieser im Lokal aufhält oder nicht. Mit der Bestellung eines gewerberechtlichen Geschäftsführers wird aber auch die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit an den gewerberechtlichen Geschäftsführer delegiert, dh, dass im Regelfall der Gewerbeinhaber seine verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung verliert. Lediglich für den Fall, dass der Gewerbeinhaber wissentlich eine Verwaltungsübertretung duldet oder wenn er bei der Auswahl des Geschäftsführers es an der erforderlichen Sorgfalt hat fehlen lassen, bleibt der Gewerbetreibende neben dem Geschäftsführer strafbar (§ 370 Abs.3 GewO). Auf diese Strafbestimmung wird besonders hingewiesen, weil gerade im konkreten Fall zwar grundsätzlich der gewerberechtliche Geschäftsführer gemäß § 370 Abs.1 GewO verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich ist, der Gewerbeinhaber (der Berufungswerber) aber tatsächlich im Betrieb anwesend war und die Verwaltungsübertretung gesehen und geduldet hat. Ein entsprechender Tatvorwurf allerdings wurde innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist dem Berufungswerber nicht gemacht, sodass eine entsprechende Korrektur durch den Oö. Verwaltungssenat nicht mehr möglich war.

 

5. Weil die Berufung Erfolg hatte, entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge gemäß § 66 VStG.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs-gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 
 

Dr. Klempt
 
Beschlagwortung:
Beihilfe, Tatkonkretisierung, Tatzeit, Tathandlung

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