Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-222002/14/Wim/Wü

Linz, 07.06.2005

 

 

 VwSen-222002/14/Wim/Wü Linz, am 7. Juni 2005

DVR.0690392

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leopold Wimmer über die Berufung des Herrn H K, vertreten durch RA Dr. B B, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz, vom 17.01.2005, Zl. 0006592/2004, wegen Übertretung der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994) zu Recht erkannt:

  1. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.
  2. Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 44a, 45 und 51 VStG.
zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem in der Einleitung zitierten Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe in der Höhe von 200 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 1 Tag verhängt, weil er es als gewerberechtlicher Geschäftsführer der O G-C und Betriebs-GmbH, mit Sitz in L, welche das Lokal "Vi" im Standort L, H, betreibt und somit als gemäß § 370 Abs.1 GewO gewerberechtlicher Verantwortlicher zu vertreten habe, dass im oben angeführten Lokal am 12.06.2002 von 4.30 Uhr bis 6.15 Uhr die im gewerbebehördlichen Betriebsanlagengenehmigungsbescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 28.8.1990, GZ 501/W-270/90, unter Punkt 6) angeführte Auflage, dass "ab 22.00 Uhr die Funktionsfähigkeit der Schallschleuse des Gastlokales wieder voll herzustellen ist........" nicht eingehalten wurde, da während des Kontrollzeitraumes die Lokaleingangstüre durch Verkeilen offengehalten und somit der Türschließer außer Betrieb gesetzt worden sei.

Als verletzte Verwaltungsvorschrift(en) wurden in der jeweils gültigen Fassung angeführt: § 367 Z 25 GewO in Verbindung mit dem Auflagenpunkt 6 des oben angeführten Bescheides.

 

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und das Straferkenntnis in seinem gesamten Umfang bekämpft. Darin wurden mangelnde Begründung sowie ein unzurechnendes Ermittlungsverfahren der Erstbehörde vorgebracht, insbesondere die fehlende Einvernahme des vor Ort eingeschrittenen Amtsorgans und des Berufungswerbers.

Weiters wurde angeführt, dass die Schallschleuse immer voll funktionstüchtig gewesen sei und es gar keine Keile als technische Voraussetzung für ein Verkeilen gebe. Der Beschuldigte habe seine Verpflichtungen als Geschäftsführer immer erfüllt und das gesamte Personal habe den strikten Auftrag gehabt, die gewerbebehördlichen Auflagen einzuhalten und der Beschuldigte habe die Einhaltung seiner Anweisungen immer überprüft.

 

 

3. Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme und Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 6.6.2005.

 

Im erstinstanzlichen Verfahrensakt ist in der chronologischen Abfolge die Rechtfertigung des Beschuldigten von 13.12.2002, versehen mit dem Eingangsstempel vom 23.12.2002 und als nächstes Aktenstück das nunmehr angefochtene Straferkenntnis vom 17.1.2005 enthalten. Für den mehr als zwei Jahre dazwischen liegenden Zeitraum ist keine Tätigkeit der Erstbehörde dokumentiert.

 

In der mündlichen Verhandlung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat wurden neben dem Beschuldigten auch insgesamt vier Zeugen einvernommen.

 

Bei diesen Einvernahmen konnte von den beiden Amtsorganen des Magistrates Linz, Bezirksverwaltungsamt, Erhebungsdienst (die Herren H H und E E), die die Amtshandlung an Ort und Stelle durchgeführt haben, die in der Folge für die Einleitung des Verwaltungsstrafverfahrens ausschlaggebend war, kein genauer Zeitraum mehr für ihre Wahrnehmungen angegeben werden. Die Eingrenzung erfolgte nur zwischen 4.30 Uhr und 6.15 Uhr in der Form, dass mehrmals (zwischen 3 und 5mal) Augenscheinskontrollen des Eingangsbereiches vorgenommen wurden. Über die genaue Dauer oder den Zeitpunkt des Beginns und Endes der jeweiligen Kontrollen konnten keine näheren Angaben mehr gemacht werden. Sie wurden mit "einigen Minuten" (Zeuge E) bzw. jeweils 15 bis 20 Minuten (Zeuge H) geschätzt.

 

Die direkt bei der Kontrolle vom Zeugen H handschriftlich gemachten Vermerke, in denen seiner Aussage nach diese genaueren Zeitangaben festgehalten wurden, sind nach seinen Angaben nicht mehr vorhanden.

 

Zur Eingangssituation (Vorhandensein, Ausgestaltung und Eigenschaften der Tür bzw. Türen) im Eingangsbereich des Gastlokales und damit zur sogen. Lärmschleuse wurden von den Zeugen und vom Beschuldigten divergierende Aussagen gemacht. Auch die beiden Amtsorgane haben zum Beispiel zur Aufgehrichtung der Eingangstür direkt ins Lokal geradezu gegenteilige Angaben (nach innen bzw. nach außen) gemacht. Weiters wurde durch den Zeugen H H auch von einem ständigen Hin- und- Hergehen der Gäste zwischen Außenbereich und Gastraum gesprochen, während der Zeuge E E davon sprach, dass sich die Gäste vorwiegend vor dem Lokal auf der H aufgehalten hätten.

 

Beide Amtsorgane gaben weiters übereinstimmend an, dass im Normalfall, sofern bei ihren Kontrollen von Gastlokalen nicht mit bloßen Hinweisen auf das Schließen der Türen das Auslangen gefunden wird, in der Regel nach derartigen Kontrollen eine Anzeige verfasst wird mit detaillierteren Angaben, insbesondere auch hinsichtlich genauer Zeitangaben der amtlichen Wahrnehmungen. Im gegenständlichen Fall wurde jedoch nur ein "Bericht" an den Amtsleiter verfasst.

 

Von den beiden als Zeugen angeführten im Lokal Beschäftigten, (Frau B H und Herr H P) konnte zum konkreten Zeitraum am Tattag aus ihrer Erinnerung keine maßgeblichen Wahrnehmungen mitgeteilt werden bzw. waren keinerlei Beanstandungen oder dergleichen für sie erinnerlich.

 

4. In der mündlichen Verhandlung wurde vom Berufungswerber noch weiters vorgebracht, dass im maßgeblichen Auflagenpunkt 6) des der Bestrafung zugrundegelegten Betriebsanlagenbescheides nur davon gesprochen werde, dass die Funktionsfähigkeit der Schallschleuse des Gastlokals ab 22.00 Uhr wieder voll herzustellen sei. Dies bedeute im Gegenzug jedoch nicht, dass damit auch die Funktion der Schallschleuse gegeben sein müsse.

Weiters wurde vorgebracht, dass der §39 Abs.1 GewO 1994 im Straferkenntnis nicht ausdrücklich genannt sei.

 

In den Schlussausführungen wurde noch vorgebracht:

"Dass der Gastbetrieb im städtischen Bereich, wenn er bis in die Morgenstunden geöffnet hat, immer Probleme mit Anrainern macht ist zugestanden. Diese Schwierigkeit kann aber nicht dazu führen, dass die Beweissituation in einem Verwaltungsstrafverfahren vernachlässigt wird. Im konkreten Straferkenntnis wird ein Zeitraum von 4.30 Uhr bis 6.15 Uhr als Tatzeit angegeben, wobei sich heute herausgestellt hat, dass das lediglich der Zeitraum ist, in dem die vom Magistrat beauftragten Beamten Kontrollen in der Altstadt und Umgebung insgesamt durchgeführt haben.

Es steht nicht fest, wann konkret eine offene Tür gesehen wurde, es steht nicht fest, wie oft in diesem Zeitraum die Türen offen waren, es steht nicht fest, wer sie geöffnet hat, es steht nicht fest, ob sie über Beanstandung geschlossen worden ist. Es steht weiters nicht fest, was eine Schallschleuse sein soll, es steht nicht fest, wie viele Türen vorhanden sind, es steht nicht fest, ob diese nach innen oder außen anschlagen.

Das ist in einem Verwaltungsstrafverfahren nicht ausreichend, um irgendeinen Schuldspruch zu fällen. Dazu ist zu bemängeln, dass in einem zweijährigen Verwaltungsstrafverfahren erster Instanz die Strafbehörde überhaupt keine Beweise erhoben hat, die über schriftliche Unterlagen hinausgehen. Insbesondere den Beschuldigten nie einvernommen hat und ihm damit auch nicht die Möglichkeit gegeben hat, erstinstanzlich sein Freisein vom Verschulden entsprechend zu belegen.

Jedenfalls ist der Beschuldigte ohne Verschulden, weil er den Betrieb ordentlich geführt, ordentlich beaufsichtigt, das Personal instruiert und auch jede mögliche und ihm zumutbare Überwachungsmaßnahme selbst oder durch beauftragtes Personal vorgenommen hat. Ich glaube daher, dass für eine Bestrafung keine Grundlage besteht, abgesehen davon, dass das Straferkenntnis die eigentliche Verantwortlichkeit des § 39 Abs.1 GewO gar nicht nennt."

 

Darüber hinaus wurde noch die Durchführung eines Lokalaugenscheins und die Einvernahme von zwei weiteren Zeugen beantragt.

 

5. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

Gemäß § 44a Z. 1 und 2 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat und die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, zu enthalten.

 

Dies bedeutet, dass der den Deliktstatbestand erfüllende Sachverhalt mit allen rechtserheblichen Merkmalen nach Ort und Zeit konkretisiert umschrieben werden muss.

Im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu beschreiben, dass zum Einen die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und zum Anderen die Identität der Tat (zum Beispiel nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht.

 

Gemäß § 45 Abs.1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn

  1. die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet;
  2. der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen;
  3. Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen.

 

Aufgrund des vom Unabhängigen Verwaltungssenat (erstmalig in dieser Tiefe) durchgeführten Beweisverfahrens und der daraus hervorgekommenen Widersprüchlichkeiten und vor allem auch der mangelnden Angaben zum Zeitpunkt und Zeitraum der vorgeworfenen Übertretung, kann nicht mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren notwendigen Konkretisierung ein entsprechend den Vorgaben von Gesetz und Judikatur detaillierter Tatvorwurf angenommen werden, der für eine Bestrafung ausreichen würde.

 

Angesichts des nunmehr verstrichenen Zeitraumes von fast drei Jahren nach der vorgeworfenen Tatbegehung kann auch nicht mehr erwartet werden, dass nach der Erinnerung der Einvernommenen hier noch weitere Konkretisierungen möglich wären, die allenfalls zu einer zulässigen Einschränkung und erforderlichen Konkretisierung des Tatzeitraumes führen würden, zumal ja auch die handschriftlichen Vermerke, die als Beleg für den genauen Tatzeitraum dienen könnten, nicht mehr existieren.

 

Damit waren auch die weiteren Beweisanträge für die Entscheidungsfindung nicht mehr zielführend.

 

Bereits auf Grund dieser Gegebenheiten konnte daher vom Oö. Verwaltungssenat nur mehr spruchgemäß im Sinne des Beschuldigten entschieden werden.

 

Angesichts der oben angeführten Umstände erübrigt sich ein Eingehen auf das übrige Vorbringen des Berufungswerbers.

 

Anzumerken sei jedoch, dass eine Zitierung des § 39 Abs. 1 GewO 1994 im Spruch nicht erforderlich ist, da der § 370 Abs. 2 auf jeden Fall ausreicht, bzw. überhaupt nur die Bezeichnung der Eigenschaft des gewerberechtlichen Geschäftsführers in der den Beschuldigten die strafrechtliche Verantwortung trifft, maßgeblich ist.

 

6. Weil die Berufung Erfolg hatte, entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge gemäß § 66 Abs. 1 VStG.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Wimmer

 

 
 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum