Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-222006/2/Bm/Sta

Linz, 22.04.2005

 

 

 VwSen-222006/2/Bm/Sta Linz, am 22. April 2005

DVR.0690392
 

 
 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über die Berufung der Frau U K, B, L, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. E H, Dr. K H, Mag. M W, H, L, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 10.3.2005, GZ. 0009166/2004, wegen Übertretung der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994) zu Recht erkannt:

 

  1. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.
  2. Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z3 und 51 VStG.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 10.3.2005, GZ. 0009166/2004, wurde über die Berufungswerberin eine Geldstrafe von 800 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 75 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß
§ 366 Abs.1 Z3 iVm §§ 81 und 74 Abs.2 Z2 GewO 1994 verhängt, weil sie es als gewerberechtliche Geschäftsführerin des Gewerbeinhabers W K, welcher das Lokal "G B" im Standort L, B, betreibt und somit als gemäß § 370 GewO gewerberechtliche Verantwortliche zu vertreten hat, dass das oben angeführte Lokal nach Durchführung einer gemäß § 81 iVm § 74 Abs.2 Z2 GewO genehmigungspflichtigen Änderung, nämlich der Verlängerung der genehmigten Betriebszeit (Montag bis Samstag von 10.00 Uhr bis 22.00 Uhr) in der Zeit von 19.12.2003 bis 28.1.2004 betrieben wurde, ohne dass die hiefür erforderliche Betriebsanlagenänderungsgenehmigung vorgelegen wäre, obwohl diese Änderung der Betriebsanlage geeignet ist, Nachbarn durch Lärm (zusätzlich) zu belästigen. Die Betriebsanlage wurde an folgenden Tagen über die genehmigte Betriebszeit hinaus betrieben:

 

  1. Am 19.12.2003 wurde das Lokal um 02.20 Uhr noch betrieben, indem sich
    7 Gäste im Lokal befanden, welche Getränke konsumierten.
  2. Am 21.12.2003 wurde das Lokal noch um 00.30 Uhr betrieben, indem sich ca.
    15 Gäste im Lokal befanden, welche Getränke konsumierten und teilweise tanzten.
  3. Am 22.12.2003 wurde das Lokal um 23.30 Uhr noch betrieben, indem sich noch 12 Gäste im Lokal befanden, welche Getränke konsumierten.
  4. Am 23.12.2003 wurde das Lokal um 23.00 Uhr noch betrieben, indem sich noch
    6 Gäste im Lokal befanden, welche Getränke konsumierten.
  5. Am 24.12.2003 wurde das Lokal um 23.23 Uhr noch betrieben, indem sich noch 15 Gäste im Lokal befanden, welche Getränke konsumierten.
  6. Am 29.12.2003 wurde das Lokal um 23.58 Uhr noch betrieben, indem sich
    10 Gäste im Lokal befanden. Es wurden Getränke konsumiert und ausgeschenkt.
  7. Am 30.12.2003 wurde das Lokal noch um 23.15 Uhr betrieben, indem sich noch
    2 Gäste im Lokal befanden, welche Getränke konsumierten.
  8. Am 02.01.2004 wurde das Lokal um 23.10 Uhr noch betrieben, indem sich
    4 Gäste im Lokal befanden, welche Getränke konsumierten.
  9. Am 06.01.2004 wurde das Lokal um 01.00 Uhr noch betrieben, indem sich noch
    8 Gäste im Lokal befanden.
  10. Am 21.01.2004 wurde das Lokal noch um 23.50 Uhr betrieben, indem sich noch 10 Gäste im Lokal befanden, welche zum Teil noch volle Getränkegläser vor sich hatten und von Herrn K hinter der Bar bedient wurden.
  11. Am 22.01.2004 wurde das Lokal noch um 23.30 Uhr betrieben, indem sich noch 10 Gäste im Lokal befanden, welche Getränke konsumierten.
  12. Am 28.01.2004 wurde das Lokal um 23.40 Uhr noch betrieben, indem sich
    8 Gäste im Lokal befanden, welche Getränke konsumierten.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat die Berufungswerberin fristgerecht Berufung eingebracht und diese Berufung im Wesentlichen damit begründet, dass mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 15.11.2001, GZ. 501/0011027E, die Verlängerung der Betriebszeit von Montag bis Sonntag von 22.00 Uhr bis 24.00 Uhr während des Schanigartenbetriebes gewährt worden sei. Es liege daher für jene Zeit, in welcher mit erhöhter Lärmbelästigung bedingt durch einen Schanigartenbetrieb zu rechnen sei, eine Betriebsanlagengenehmigung für die Dauer bis 24.00 Uhr vor. In Wahrheit sei davon auszugehen, dass mit oben zitiertem Bescheid die Betriebsanlagengenehmigung generell für die Dauer bis 24.00 Uhr erweitert worden sei. Es sei davon auszugehen, dass in der Winterzeit weniger Lärmbelästigung vorliege. In diesem Zusammenhang sei auch darauf zu verweisen, dass in der Umgebung des Betriebes der Berufungswerberin eine Vielzahl von Betrieben bestehe, welche längere Öffnungszeiten haben. Gerade die von der Behörde herangezogene Begründung, Nachbarn durch Lärm zusätzlich zu belästigen, liege in den Wintermonaten nicht vor. Aus diesem Grund seien Interessen im Sinne des § 74 Abs.2 Z2 GewO nicht verletzt. Es wurde die Einstellung des Straferkenntnisses beantragt.

 

3. Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt. Weil bereits aus der Aktenlage feststeht, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, entfällt eine mündliche Verhandlung (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

Gemäß § 366 Abs.1 Z3 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 3.600 Euro zu bestrafen ist, wer eine genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung ändert oder nach der Änderung betreibt.

 

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Demnach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass

  1. die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird,
  2. die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht.

 

Was den vorstehenden Punkt 1) anlangt, sind entsprechende, dh, in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was das zweite Erfordernis anlangt, nämlich das unverwechselbare Feststehen der Identität der Tat, muss erstens im Spruch des Straferkenntnisses der Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierender Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, dass sie in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, oder eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muss ferner der Spruch geeignet sein, die Beschuldigte rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (VwGH vom 13.6.1984, Slg. Nr. 11.466/a).

 

Eine Änderung liegt in jedem Abweichen von jener Erscheinungsform der Betriebsanlage vor, wie sie nach dem Inhalt des Genehmigungsbescheides genehmigt wurde. Ob eine "Änderung" vorliegt, bemisst sich ausschließlich nach dem die Betriebsanlage genehmigenden Bescheid (VwGH 24.5.1994, 93/04/0031). Die Erfüllung des Straftatbestandes des § 366 Abs.1 Z3 GewO 1994 setzt damit eine (von der genehmigungspflichtigen Änderung betroffene) genehmigte Betriebsanlage voraus. Aus dem Spruch des Straferkenntnisses muss daher zu entnehmen sein, dass es sich bei der Änderung um die einer gewerberechtlich genehmigten Betriebsanlage handelt. Nach der Judikatur ist der Umstand, dass es sich um eine Änderung von einer gewerbebehördlich genehmigten Anlage bzw. um den Betrieb nach einer genehmigungspflichtigen Änderung handelt, erforderlich, dass der gewerberechtliche Genehmigungsbescheid im Spruch des Straferkenntnisses genannt wird (VwGH 28.1.1993, 91/04/0246). Dies insbesondere auch deshalb, um im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die Erscheinungsform der Betriebsanlage, wie sie nach dem Inhalt des Genehmigungsbescheides genehmigt wurde, festzulegen und daher klar im Spruch zum Ausdruck zu bringen, dass der Betrieb nach 22.00 Uhr eine Abänderung darstellt. Mangels der Benennung eines erteilten gewerbebehördlichen Genehmigungsbescheides im Spruch des Straferkenntnisses und in der ersten Verfolgungshandlung ist dem Konkretisierungsgebot gemäß § 44a Z1 VStG nicht entsprochen und war daher wegen eingetretener Verfolgungsverjährung das Straferkenntnis gemäß § 45 Abs.1 Z3 aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

5. Auf Grund dieses Verfahrensergebnisses entfällt für die Berufungswerberin die Verpflichtung zur Entrichtung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge (§ 66 Abs.1 VStG).

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. B i s m a i e r

 

 
 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum