Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-222031/2/Bm/Sta

Linz, 23.08.2005

 

 

 

VwSen-222031/2/Bm/Sta Linz, am 23. August 2005

DVR.0690392

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über die Berufung des Herrn H L, B, M, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 11.7.2005, Zl. Ge96-2447-2004, wegen Übertretung der GewO 1994 zu Recht erkannt:

 

  1. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.
  2. Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z3 und 51 VStG.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 11.7.2005, Ge96-2447-2004, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 500 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 120 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß
§ 7 VStG 1991 iVm § 366 Abs.1 Z1 und § 94 Z38, Z7 und Z47 GewO 1994 verhängt.

Dem Schuldspruch liegt folgender Tatvorwurf zu Grunde:

Es wird Ihnen zur Last gelegt, dass der folgende, von Ihnen am 25.3.2004 in einem Telefonat mit der Wirtschaftskammer Salzburg eingeräumte Sachverhalt verwirklicht wurde:

Die Herren P N, D N und A P haben in der Zeit von etwa 15.1.2004 - März 2004 gegen Entgelt in der Wohnung der Frau C K in S, J-R-S das Bad und WC mit Wand- und Bodenfliesen neu verfliest und verfugt, die restliche Wohnung ausgemalt und einen neuen Lamiatboden verlegt, ohne im Besitz der dafür erforderlichen Gewerbeberechtigungen für Platten- und Fliesenleger, Bodenleger sowie Maler und Anstreicher zu sein. Obwohl Sie wussten, dass diese Herren über keine Gewerbeberechtigung verfügen, haben Sie ihnen gegen eine Pauschale von 100 Euro den Firmenbus vermietet und laut Lieferscheinen vom 03., 10., und 27.02.2004 über die Großhandelsfirma Mag. H R, H, Baustoffe und Bauhilfsmaterialien verkauft.

Damit haben Sie den Herren P und D N sowie A P vorsätzlich die Begehung einer Verwaltungsübertretung erleichtert und somit Beihilfe im Sinne des § 7 VStG 1991 geleistet.

 

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber fristgerecht Berufung eingebracht und diese Berufung im Wesentlichen damit begründet, dass nicht Herrn N sondern der Frau K Material verkauft worden sei. Herr N sei gemeinsam mit Frau K beim Großhändler des Berufungswerbers gewesen und habe dann im Auftrag von Frau K Material geholt. Herr N habe dem Berufungswerber Frau K drei Monate früher als seine Bekannte vorgestellt und seien die beiden auch "per Du" gewesen. Ob hier Nachbarschaftshilfe vorgelegen sei, sei vom Berufungswerber nicht zu prüfen. Es sei auch nicht relevant, ob Herr N eine Gewerbeberechtigung habe, da es der Berufungswerber gewusst habe, dass er, für den Fall, dass es sich bei dieser Arbeit um keine Nachbarschaftshilfe handle, auch gar keine Gewerbeberechtigung braucht. Vielmehr sei hier ein mutwilliges Vorgehen der Behörde abzuleiten, was auch durch den Hinweis auf den § 1 Abs.4 Satz 1 bestätigt werde. Aus der Formulierung, "dass auch eine einmalige Handlung als regelmäßige Tätigkeit gelte, wenn nach den Umständen des Falles auf die Absicht einer Wiederholung geschlossen werden könne oder wenn es sie längere Zeit erfordere, werde nur soweit eingegangen, dass man jemanden, der solche Begründungen anführe, ohne weiteres zumindest Willkür unterstellen könne. Dass eine Wohnungsrenovierung länger dauere, würde jeder Laie wissen.

 

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme.

Da bereits aus der Aktenlage feststeht, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, entfällt eine mündliche Verhandlung (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

 

5. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

Gemäß § 366 Abs.1 Z1 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 3.600 Euro zu bestrafen ist, wer ein Gewerbe ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben.

 

Gemäß § 1 Abs.2 GewO 1994 wird eine Tätigkeit gewerbsmäßig ausgeübt, wenn sie selbstständig, regelmäßig und in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, gleichgültig für welche Zwecke dieser bestimmt ist.

 

Gemäß § 7 VStG unterliegt, wer vorsätzlich veranlasst, dass ein anderer eine Verwaltungsübertretung begeht, oder wer vorsätzlich einem anderen die Begehung einer Verwaltungsübertretung erleichtert, der auf diese Übertretung gesetzten Strafe und zwar auch dann, wenn der unmittelbare Täter nicht strafbar ist.

 

Unter Beihilfe im Sinne des § 7 VStG ist die vorsätzliche Unterstützung des tatbestandsmäßigen rechtswidrigen Verhaltens eines anderen zu verstehen, ohne dass dabei Ausführungshandlungen gesetzt werden; die Tätigkeit des Gehilfen besteht somit in einem ursächlichen Beitrag zur Ausführung einer strafbaren Handlung eines anderen, der auf jede andere Weise als durch unmittelbare Täterschaft erbracht werden kann. Danach kann aber "Beihilfe" im Sinne des Tatbestandes des § 7 VStG erst dann gegeben sein, wenn der unmittelbare Täter das Tatbild hergestellt hat, das der übertretenen Vorschrift entspricht (vgl. VwGH vom 19.6.1990, 89/04/0246).

 

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Demnach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass

  1. die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird,
  2. die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht.

Was den vorstehenden Punkt 1 anlangt, sind entsprechende, dh., in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den Punkt 2 anlangt, muss im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, dass der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und es muss ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

Ausgehend von dieser Rechtslage muss daher bei Angabe der als erwiesen angenommenen Tat in der dargestellten Weise zum Ausdruck kommen, dass derjenige, zu dessen Tat "Beihilfe" geleistet wurde, die strafbare Handlung begangen hat und weiters, dass sich die "Beihilfe" in der in § 7 VStG verlangten Schuldform des Vorsatzes auf diese strafbare Handlung bezog.

Im vorliegenden Fall lautet der in diesem Zusammenhang im Spruch des Straferkenntnisses vom 11.7.2005 gegen den Berufungswerber erhobene Tatvorwurf dahin, dass die dort genannten Personen in der Zeit von etwa 15.1.2004 bis März 2004 gegen Entgelt in der Wohnung der Frau C K in S das Bad und WC mit Wand- und Bodenfliesen neu verfliest und verfugt, die restliche Wohnung ausgemalt und einen neuen Lamiatboden verlegt haben, ohne im Besitz der dafür erforderlichen Gewerbeberechtigungen für Platten- und Fliesenleger, Bodenleger sowie Maler und Anstreicher zu sein.....

Dieser Tatvorwurf reicht aber unter Bedachtnahme auf die Tatbestandsvoraussetzungen der Gewerbsmäßigkeit einer Tätigkeit im Sinne des § 1 GewO 1994 nicht aus, um den Tatvorwurf gegen die genannten Personen im Sinne des § 366 Abs.1 Z1 GewO 1994, zu denen der Beschwerdeführer vorsätzlich im Sinne des § 7 VStG "Beihilfe" geleistet hätte, als gerechtfertigt erscheinen zu lassen.

Der Verwaltungsstraftatbestand des § 366 Abs.1 Z1 GewO 1994 enthält u.a. das Tatbestandselement, dass jemand "ein Gewerbe ausübt". Zu Verwirklichung des genannten Tatbestandes genügt es jedoch nicht, dass - aus der Sicht des Beschwerdefalles - eine Tätigkeit gegen Entgelt ausgeübt, die den Tätigkeitsbereich eines Gewerbes vorbehalten ist, sondern müssen zudem auch die weiteren Merkmale der Gewerbsmäßigkeit im Sinne des § 1 Abs.2 GewO 1994 vorliegen (vgl. VwGH 15.9.1999, 99/04/0110).

Die im Spruch des angefochtenen Bescheides enthaltene Tatumschreibung lässt keine ausreichende Bezugnahme auf alle Merkmale der Gewerbsmäßigkeit im Sinne des § 1 Abs.2 GewO 1994 entnehmen. Es fehlt ein Ansatzpunkt dafür, dass die Tätigkeit selbstständig und regelmäßig, also zumindest mit Wiederholungsabsicht durchgeführt wurde. Die Zeitangabe "15.1.2004 bis März 2004" reicht nicht hin. Ebenso reicht die Umschreibung der Tatbestandsmerkmale lediglich in der Bescheidbegründung im Bereich des Verwaltungsstrafrechtes nicht aus (vgl. Hauer-Leukauf zu § 44a Z1 VStG).

Der Tatvorwurf entspricht somit - wie oben ausgeführt - nicht dem Konkretisierungsgebot gemäß § 44a Z1 VStG. Weder in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 30.6.2004 noch im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses wurde eine ausreichende Tatumschreibung vorgenommen. Es konnte wegen bereits abgelaufener Verfolgungsverjährungsfrist eine entsprechende Ergänzung auch nicht vom Oö. Verwaltungssenat vorgenommen werden.

Es war daher das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das diesbezügliche Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Der Berufungswerber wird jedoch darauf hingewiesen, dass diese Einstellung nicht im Grunde seines Berufungsvorbringens, sondern aus formalen Gründen erfolgte.

Weil die Berufung Erfolg hatte, war ein Verfahrenskostenbeitrag nicht zu leisten (§ 66 Abs.1 VStG).

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. B i s m a i e r

 

 

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum