Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-230017/2/Gf/Kf

Linz, 28.01.1992

VwSen - 230017/2/Gf/Kf Linz, am 28. Jänner 1992 DVR.0690392 - &

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Alfred Grof über die Berufung der F, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 5. Dezember 1991, Zl. Sich96/550/1991, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird hinsichtlich des Ausmaßes der verhängten Strafe stattgegeben; im übrigen wird diese abgewiesen.

Die Berufungswerberin ist daher schuldig, vom 1. Oktober 1991 bis 11. November 1991 die Verwaltungsübertretung des § 14b Abs.1 Z.4 des Fremdenpolizeigesetzes, BGBl.Nr. 75/1954, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 406/1991, dadurch begangen zu haben, daß sie sich ohne Aufenthaltsberechtigung und ohne gültigen Sichtvermerk im Bundesgebiet aufgehalten hat, und wird hiefür mit einer Geldstrafe von 1.000 S, im Falle der Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe von 33 Stunden, belegt.

II. Die Berufungswerberin hat gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG einen Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens in Höhe von 100 S binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu leisten.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

1. Der vorliegenden Beschwerde liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

1.1. Mit Strafverfügung des Bezirkshauptmannes von Urfahr-Umgebung vom 17. Oktober 1991, Zl. Sich96/550/1991, wurde über die Beschwerdeführerin eine Geldstrafe von 3.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 72 Stunden) verhängt, weil sich diese seit dem 1. Oktober 1991 unrechtmäßig in Österreich aufgehalten hat.

1.2. Gegen diese Strafverfügung hat die Beschwerdeführerin - eine iranische Staatsbürgerin - rechtzeitig Einspruch erhoben.

1.3. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Urfahr-Umgebung vom 5. Dezember 1991, Zl. Sich96/550/1991, wurde dieser Einspruch abgewiesen und über die Beschwerdeführerin neuerlich eine Geldstrafe von 3.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 72 Stunden) verhängt, weil sich diese vom 1. Oktober 1991 bis 11. November 1991 ohne Aufenthaltsberechtigung bzw. gültigen Sichtvermerk und damit illegal in Österreich aufgehalten hat.

1.4. Gegen dieses der Beschwerdeführerin am 10. Dezember 1991 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 23. Dezember 1991 - und damit rechtzeitig - zur Post gegebene Beschwerde.

2.1. In ihrem Straferkenntnis führt die belangte Behörde begründend aus, daß die Beschwerdeführerin nach der Zurückziehung ihrer Berufung gegen den negativen Asylbescheid Österreich nicht verlassen habe und sich daher vom 1. Oktober 1991 bis 11. November 1991 - weil sie über keine Aufenthaltsberechtigung und keinen gültigen Sichtvermerk für diesen Zeitraum verfügte - nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten habe. Da sich die Beschwerdeführerin bereits seit drei Jahren in Österreich aufhalte seit dem 10. August 1990 durch einen Rechtsanwalt vertreten sei, habe ihr das Erfordernis der Sichtvermerkspflicht bekannt sein müssen. Aus diesem Grund liege ein wesentlicher Verstoß gegen die österreichische Rechtsordnung vor, weshalb ein Absehen von der Strafe gemäß § 21 VStG nicht in Betracht zu ziehen gewesen sei.

2.2. Dagegen wendet sich die Beschwerdeführerin - die die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen der ihr zur Last gelegten Verwaltungsübertretung unbestritten läßt - mit der Begründung, daß die Voraussetzungen des § 21 VStG deshalb gegeben wären, weil die Tat keine negativen Folgen nach sich gezogen habe. Unverzüglich nach der Zurückziehung des Asylantrages hätte sie einen Antrag auf Erteilung eines Sichtvermerkes gestellt und diesen in der Folge auch erhalten. Ihr Verschulden sei vornehmlich deshalb als gering zu qualifizieren, da es faktisch unmöglich sei, zugleich mit der Zurückziehung eines Asylantrages auch einen Sichtvermerk zu erhalten, weil infolge des Zeitraumes der behördlichen Bearbeitung schon von vornherein eine gewisse Zeitspanne eines illegalen Aufenthaltes unvermeidlich sei. Im übrigen sei sie bisher nicht negativ in Österreich in Erscheinung getreten. Angesichts ihrer Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse erscheine auch das Strafausmaß als zu hoch.

Aus allen diesen Gründen wird die Einstellung des Strafverfahrens bzw. die Herabsetzung des Strafausmaßes beantragt.

3.1. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und im Zuge der Aktenvorlage keine Gegenschrift erstattet.

3.2. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der belangten Behörde zu Zl. Sich96/550/1991; da aus diesem der Sachverhalt hinreichend geklärt erschien und mit der vorliegenden Beschwerde bloß eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet, die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung aber nicht ausdrücklich verlangt wurde, konnte eine mündliche Verhandlung unterbleiben.

Im Zuge dieser Beweisaufnahme wurde der oben unter 1. dargestellte Sachverhalt als erwiesen festgestellt.

4. In der Sache selbst hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

4.1. Gemäß § 14b Abs. 1 Z. 4 des Fremdenpolizeigesetzes, BGBl.Nr. 75/1954, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 406/1991 (im folgenden: FrPG), begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 10.000 S zu bestrafen, der entgegen § 2 Abs. 1 Z. 2 FrPG weder über einen gültigen Sichtvermerk noch über eine gültige Aufenthaltsberechtigung verfügt und sich daher nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält.

Diese objektive Seite der Tat wird von der Beschwerdeführerin nicht bestritten.

4.2. Gemäß § 21 VStG hat die Behörde von der Verhängung einer Strafe abzusehen, wenn das Verschulden geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind; sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

Von einem geringfügigen Verschulden kann jedoch nicht die Rede sein, wenn die Beschwerdeführerin, deren Asylverfahren seit dem Jahr 1988 lief, nach ihrem eigenen Vorbringen den Asylantrag deshalb zurückgezogen hat, weil sich das Verfahren über mehrere Jahre hinzog und mit dessen Abschluß auch in näherer Zukunft nicht zu rechnen war. Nichts hätte die Beschwerdeführerin aber daran gehindert, noch vor der Zurückziehung ihres Asylantrages einen Antrag auf Erteilung eines Sichtvermerkes einzubringen und erst nach dessen positiver Erledigung den Asylantrag zurückzuziehen; dies umso mehr, als die Beschwerdeführerin wissen mußte - bzw. während des laufenden Asylverfahrens genügend Zeit gehabt hätte, sich dementsprechend zu informieren -, daß sie mit der Zurückziehung ihres Asylantrages ihre gemäß § 5 des Asylgesetzes, BGBl.Nr. 55/1955, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 190/1990, kraft Gesetzes bestehende vorläufige Aufenthaltsberechtigung verliert. Wie die Erstbehörde richtig erkannt hat, gehört es - insbesondere im Falle anwaltlicher Vertretung - zu den Pflichten jedes Ausländers, sich über die ihn betreffenden Rechtsvorschriften entsprechend zu informieren und sein Verhalten danach auszurichten. Davon ausgehend kommt aber auch dem Argument der Beschwerdeführerin, eine Zurückziehung des Asylantrages ohne sich daran anschließenden illegalen Aufenthalt bis zur behördlichen Erledigung ihres Sichtvermerksantrages sei faktisch unmöglich, keine Berechtigung zu. Das Nichteinholen entsprechender Informationen, deren Zugänglichkeit (zB bei der Sicherheitsbehörde) keinen besonderen Schwierigkeiten begegnet, deren Einholung die Beschwerdeführerin aber offensichtlich nicht einmal versucht hat, stellt sohin kein geringfügiges Verschulden im Sinne des § 21 VStG dar.

Aus allen diesen Gründen ist daher die Strafbarkeit der Beschwerdeführerin gegeben.

4.3. Angesichts der von der Beschwerdeführerin dargelegten und von der belangten Behörde unbestritten gebliebenen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse (Familieneinkommen 16.500 S monatlich, Sorgepflichten für zwei Kinder, monatliche Mietkosten in Höhe von 5.500 S, monatliche Kreditrückzahlungen in Höhe von 1.500 S) und des Nichtvorliegens einschlägiger Vorstrafen erscheint dem unabhängigen Verwaltungssenat jedoch eine Geldstrafe von 1.000 S als ausreichend, um die Beschwerdeführerin in Hinkunft von der Begehung gleichartiger Verwaltungsübertretungen abzuhalten. In Entsprechung dazu war auch das Ausmaß der Ersatzfreiheitsstrafe auf 33 Stunden herabzusetzen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war der Beschwerdeführerin gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in erster Instanz in Höhe von 10% der verhängten Geldstrafe, d.s. 100 S, vorzuschreiben; die Vorschreibung eines Beitrages zu den Kosten des Berufungsverfahrens hatte hingegen gemäß § 65 VStG zu unterbleiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig. H i n w e i s :

Gegen diesen Bescheid kann von den Parteien des Verfahrens (§ 51d VStG) innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Linz, am 28. Jänner 1992 Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. G r o f 6

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