Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-230019/11/Kl/Bk

Linz, 20.09.1994

VwSen-230019/11/Kl/Bk Linz, am 20. September 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des H S, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. H K, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 29.11.1991, Fp/166/1991-Sen, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der O.ö. Feuerpolizeiordnung nach öffentlicher mündlicher Verhandlung und Verkündung am 8. März 1993 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß der Spruch zu lauten hat: "... absichtlich durch Anzünden von Stroh einen Brand gelegt und daher nicht nach Möglichkeit und Zumutbarkeit alles unterlassen, was das Entstehen oder das Weitergreifen von Bränden herbeiführen kann." II. Der Berufungswerber hat als Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat einen Betrag von 600 S, ds 20 % der verhängten Strafe, binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51, 19 und 22 Abs.2 VStG.

Zu II.: § 64 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 29. November 1991, Zl. Fp/166/1991-Sen, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 3.000 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 72 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 78 Abs.2 iVm § 2 Abs.1 lit.a O.ö. Feuerpolizeiordnung verhängt, weil er am 18.8.1991 kurz vor 7.00 Uhr in der Scheune des landwirtschaftlichen Anwesens seiner Eltern in N, H, absichtlich einen Brand gelegt hat. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag von 300 S auferlegt.

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und das Straferkenntnis seinem gesamten Inhalte nach angefochten.

Zunächst wurde Mangelhaftigkeit des Verfahrens geltend gemacht, weil sich das Straferkenntnis lediglich auf ein Geständnis des Beschuldigten vor dem Gendarmerieposten Neukirchen vom 20.8.1991 stützt. Auf den Strafakt beim Kreisgericht Wels wurde hingewiesen. Auch habe der Beschuldigte Einspruch gegen die Strafverfügung erhoben und die Tat bestritten. Weiters wurde geltend gemacht, daß der Beschuldigte zum Tatzeitpunkt erheblich alkoholisiert war und daher die Zurechnungsfähigkeit in Frage gestellt werde.

Schließlich wurde Rechtswidrigkeit dahingehend geltend gemacht, daß das Tatbild des § 2 Abs.1 lit.a O.ö. Feuerpolizeiordnung dem Tatbild des § 169 StGB exakt entspreche und daher die Bestrafung wegen ein und desselben Rechtsgutes unzulässig sei. Im übrigen sei § 30 Abs.2 VStG anzuwenden und es hätte die belangte Behörde das eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren so lange aussetzen müssen, bis über die Frage der Schuld des Einschreiters vom Gericht rechtskräftig entschieden worden ist.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat in den Strafakt Einsicht genommen und Beweis erhoben durch die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 8.3.1993, zu welcher der Beschuldigtenvertreter und ein Vertreter der belangten Behörde erschienen sind.

Es wurde in der mündlichen Verhandlung festgestellt, daß der Beschuldigte mit Urteil des Kreisgerichtes Wels vom 2.10.1992, 12 Vr 804/91 und 12 Hv 9/92, für schuldig erkannt wurde, am 18.8.1991 in N an einer fremden Sache, und zwar dem Wirtschaftstrakt des elterlichen Bauernhofes, ohne die Einwilligung der Eigentümer dadurch, daß er mit einem mitgeführten Feuerzeug lose gelagertes Stroh anzündete, eine Feuersbrunst verursacht zu haben, und wegen des Verbrechens der Brandstiftung nach § 169 Abs.1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren, bedingt nachgesehen auf eine Probezeit von zwei Jahren, verurteilt wurde. Danach entzündete er am 18.8.1991 kurz vor 7.00 Uhr früh, in alkoholisiertem Zustand zum elterlichen Hof zurückgekehrt, im östlichen Teil der Tenne gleich neben dem Eingang mit einem mitgeführten Feuerzeug das dort lose eingelagerte Stroh. Der Beschuldigte war zum Tatzeitpunkt zurechnungsfähig. Dieser Sachverhalt stützte sich auf Gutachten eines psychiatrischen Sachverständigen sowie eines brandtechnischen Sachverständigen. Es gab daher keinen Zweifel an der tatsächlichen Täterschaft des Beschuldigten und er hatte das Tatbild des Verbrechens der Brandstiftung nach § 169 Abs.1 StGB sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht verwirklicht.

Anhand der Erörterung dieses Gerichtsurteiles gab der Vertreter des Beschuldigten bei der mündlichen Verhandlung weiter an, daß das Urteil rechtskräftig sei, weil keine Berufung erhoben wurde, und daher hinsichtlich der Tatsachen auf dieses Urteil verwiesen wird und keine weiteren Erhebungen mehr erforderlich sind. Es werden daher die Tatsachenfeststellungen des zitierten Gerichtsurteiles auch dieser Entscheidung als erwiesen zugrundegelegt.

Zu den persönlichen Verhältnissen gab der Beschuldigtenvertreter an: kein Vermögen, keine Sorgepflichten, Beschäftigung als Hilfsarbeiter.

5. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

5.1. Gemäß § 1 Abs.1 der O.ö. Feuerpolizeiordnung, LGBl. Nr.

8/1953 idF LGBl. Nr. 102/1991 (kurz: O.ö. FPO), besteht die Aufgabe der Feuerpolizei in der Verhütung von Bränden einschließlich der Ermittlung ihrer Ursachen und in der Bekämpfung von Bränden.

Gemäß § 2 Abs.1 O.ö. FPO ist jedermann verpflichtet, a) nach Möglichkeit und Zumutbarkeit alles zu unterlassen, was das Entstehen oder das Weitergreifen von Bränden herbeiführen oder begünstigen oder die Brandbekämpfung verhindern kann; b) Anordnungen gemäß Abs.2 lit.b zu befolgen.

Gemäß § 78 Abs.2 O.ö. FPO erhält, wer den Bestimmungen dieses Gesetzes oder der Durchführungsverordnungen hiezu oder den Bestimmungen der aufgrund der §§ 2 oder 17 ergangenen Bescheide zuwiderhandelt, von der Bezirksverwaltungsbehörde eine Geldstrafe bis zu 30.000 S oder eine Arreststrafe bis zu fünf Wochen.

Aufgrund des unter Punkt 4 zitierten rechtskräftigen Urteiles des Kreisgerichtes Wels steht fest und ist erwiesen, daß der Beschuldigte am 18.8.1991 kurz vor 7.00 Uhr in der Scheune des landwirtschaftlichen Anwesens seiner Eltern in N, H, mit einem mitgeführten Feuerzeug lose gelagertes Stroh anzündete und daher einen Brand gelegt hat und dadurch gerade nicht alles unterlassen hat, was das Entstehen oder das Weitergreifen von Bränden herbeiführen oder begünstigen kann. Es ist daher der Tatbestand des § 2 Abs.1 lit.a iVm § 78 Abs.2 O.ö. FPO objektiv erfüllt. Auch war die Tat dem Berufungswerber zurechenbar, weil - wie der Berufungswerbervertreter in der mündlichen Verhandlung bei der Urteilserörterung zugestand die Alkoholisierung die Zurechnungsfähigkeit nicht ausschloß. Auch hat der Beschuldigte das lose Stroh im Bewußtsein und mit seinem Willen in Brand gesetzt. Er hat daher auch schuldhaft, nämlich vorsätzlich, gehandelt.

Es ist daher der Tatbestand der vorgeworfenen Verwaltungsübertretung sowohl objektiv als auch subjektiv erfüllt.

Die Spruchkorrektur war zur näheren Tatkonkretisierung erforderlich, welche sich einerseits bereits aus der Strafverfügung vom 7.10.1991 (als erste Verfolgungshandlung) sowie auch aus der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses ergab, und daher noch innerhalb der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist vorgeworfen wurde.

5.2. Das Berufungsvorbringen, daß eine verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit im Grunde der gerichtlichen Aburteilung nach § 169 StGB unzulässig sei, ist unzutreffend.

Gemäß § 22 Abs.1 VStG sind die Strafen nebeneinander zu verhängen, wenn jemand durch verschiedene selbständige Taten mehrere Verwaltungsübertretungen begangen oder eine Tat unter mehrere einander nicht ausschließende Strafdrohungen fällt. Dasselbe gilt bei einem Zusammentreffen von Verwaltungsübertretungen mit anderen von einer Verwaltungsbehörde oder von einem Gericht zu ahndenden strafbaren Handlungen (§ 22 Abs.2 VStG).

Ein Ausschluß der Strafbarkeit ist in der O.ö. FPO nicht ausdrücklich vorgesehen. Es liegt daher Idealkonkurrenz, nämlich daß durch ein und dieselbe Tat mehrere verschiedene Delikte verwirklicht werden, vor und ist daher kumulativ zu bestrafen. Dies entspricht auch der Bestimmung des § 30 Abs.1 VStG, wonach, wenn einem Beschuldigten eine Verwaltungsübertretung und eine von einem Gericht zu ahndende strafbare Handlung zur Last liegen, die strafbaren Handlungen unabhängig von einander zu verfolgen sind, und zwar in der Regel auch dann, wenn die strafbaren Handlungen durch ein und dieselbe Tat begangen worden sind.

Es hat daher der Verwaltungsgerichtshof mehrmals ausgesprochen, daß im Verhältnis von Justiz- und Verwaltungsstrafrecht der Grundsatz, daß niemand wegen ein und derselben Tat zweimal bestraft werden darf, nur dann zur Anwendung kommt, wenn aus der Fassung der Verwaltungsstrafvorschrift die Ablehnung des Kumulationsgrundsatzes (§ 22 VStG) hervorgeht, wenn also das Gesetz ausdrücklich eine Einschränkung des Kumulationsprinzips vorsieht (vgl. Ringhofer, Verwaltungsverfahren, Band II, zu § 22 E. 29 und E. 30 mit Nachweisen) oder ein Fall bloß scheinbarer Konkurrenz vorläge (Ringhofer, E. 33). Dabei schließen Strafdrohungen dann einander aus, wenn nicht jedes Tatbild für sich allein und beide gleichzeitig verwirklicht werden können, also die Verwirklichung des einen Tatbestandes die Verwirklichung des anderen zwingend nach sich zieht. Eine Scheinkonkurrenz zwischen § 78 Abs.2 iVm § 2 Abs.1 lit.a O.ö. FPO und § 169 Abs.1 StGB liegt aber nicht vor, weil wesentlich für den Tatbestand des § 169 Abs.1 StGB das Verursachen einer Feuersbrunst ist, also eines ausgedehnten Schadenfeuers, das der Mensch nicht mehr ohne weiteres in seiner Gewalt hat und das mit gewöhnlichen Mitteln nicht mehr unter Kontrolle zu bringen ist, sodaß zur Bekämpfung besondere Mittel (Feuerwehr) eingesetzt werden müssen (Foregger-Serini, StGB, 4. Auflage, S.419). Auf die Herbeiführung einer Feuersbrunst muß sich auch der Vorsatz des Täters richten. Dieses Ausmaß eines Schadenfeuers ist nach § 2 Abs.1 O.ö. FPO nicht gefordert, sondern ist vielmehr nach dieser Bestimmung jedes Handeln zu unterlassen, das ein Entstehen von Bränden, also auch kleinster Art, herbeiführen kann. Es ist daher nicht nur das Legen eines (wenn auch noch so kleinen) Brandes nach letzterer Bestimmung strafbar, sondern auch jede sonstige Handlung, die, wenn auch unbewußt bzw. fahrlässig, die Entstehung eines Brandes oder auch das Weitergreifen eines Brandes herbeiführen oder begünstigen kann. Es geht daher der Tatbestand des § 2 Abs.1 lit.a O.ö. FPO weit über jenen des § 169 Abs.1 StGB hinaus. Wie aber schon ausgeführt wurde, reicht die Bestimmung der O.ö. FPO auch in subjektiver Hinsicht (Fahrlässigkeit) weit über § 169 Abs.1 StGB hinaus, der Vorsatz verlangt.

Wenn daher im gegenständlichen Fall der Beschuldigte nicht alles unterlassen hat, was das Entstehen des Brandes herbeiführen kann, also vorsätzlich durch Entzünden des Strohs den Brand gelegt hat, so ist nicht denknotwendig auch der Tatbestand des Deliktes des § 169 Abs.1 StGB (Herbeiführung einer Feuersbrunst) erfüllt, weil hiezu ein qualifiziertes Merkmal (ausgedehntes Schadenfeuer) erforderlich ist. Dies gilt auch im übrigen für die fahrlässige Tatbegehung (§ 170 Abs.1 StGB).

Schließlich war der Beurteilung auch zugrundezulegen, daß nach dem Strafgesetzbuch als geschützte Rechtsgüter in erster Linie fremdes Eigentum (Foregger-Serini, StGB, zu § 169, S. 420) sowie Gefahr für Leib und Leben eines anderen oder für das Eigentum eines Dritten in großem Ausmaß vorliegen. Im Gegensatz dazu hat die O.ö. FPO nicht nur den Schutz des Eigentums und die Gefahr für Leib und Leben eines Menschen vor Augen, sondern jedenfalls auch generell den Sachschutz bzw. die Brandverhütung als solches. Es handelt sich dabei auch um eine Ordnungsvorschrift im Dienste der öffentlichen Ordnung und Sicherheit. Es war daher vielmehr das menschliche Verhalten unter anderen Aspekten als die Gerichte in einem Strafverfahren zu beurteilen.

5.3. Aus den oben genannten Gründen war daher auch entgegen der Berufungsbehauptung von der Bestimmung des § 30 Abs.2 VStG (Verfahrensunterbrechung) nicht auszugehen, weil die Behörde das Strafverfahren nur dann auszusetzen hat, wenn die Tat nur zu ahnden ist, wenn sie nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet und zweifelhaft ist, ob diese Voraussetzung erfüllt ist (§ 30 Abs.2 VStG). Diese Bestimmung regelt aber nur das Verfahren in den Fällen der unechten Idealkonkurrenz (vgl. Ringhofer, Verwaltungsverfahren, S. 273, Anmerkung 7 und 8). Eine solche unechte Idealkonkurrenz war aber aus den oben angeführten Gründen nicht gegeben.

5.4. Die Strafbemessung der belangten Behörde wurde nicht angefochten. Die belangte Behörde hat das ihr nach § 19 VStG zukommende Ermessen in gesetzmäßiger Weise ausgeübt, sodaß die Erwägungen auch dieser Entscheidung zugrundezulegen waren. Im übrigen liegt die verhängte Geldstrafe im untersten Bereich des Strafrahmens und war daher im Hinblick auf den Unrechtsgehalt der Tat, das Verschulden sowie die persönlichen Verhältnisse des Beschuldigten als angemessen zu beurteilen. Sie ist im übrigen notwendig und reicht aus, um den Beschuldigten von einer weiteren Tatbegehung abzuhalten.

6. Die Kostenentscheidung stützt sich auf die im Spruch zitierte Gesetzesbestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K l e m p t

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