Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-230058/5/Gf/Hm

Linz, 04.08.1992

VwSen-230058/5/Gf/Hm Linz, am 4. August 1992

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Alfred Grof über die Berufung der Christa G, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Kirchdorf an der Krems vom 31. März 1992, Zl. Sich-IA/44/1992, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG insoweit stattgegeben, als das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben wird; der Antrag auf Einstellung des Strafverfahrens wird hingegen als unzulässig zurückgewiesen.

II. Gemäß § 66 Abs. 1 VStG entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde sowie zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

1. Der vorliegenden Beschwerde liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Kirchdorf an der Krems vom 31. März 1992, Zl. Sich-IA/44/1992, wurde über die Beschwerdeführerin eine Geldstrafe von 8.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 8 Tage) verhängt, weil sie als Inhaberin eines Beherbergungsbetriebes in der Zeit vom 4. Jänner 1992 bis zum 12. Jänner 1992 eine einundzwanzigköpfige Reisegruppe untergebracht und dabei sechs Personen erst am 20. Jänner oder später in die Gäste- blätter eingetragen und daher die Gästeblätter unvollständig aus- gefüllt habe; dadurch habe sie eine Übertretung des § 22 Abs. 1 Z. 5 i.V.m. § 5 Abs. 1 und § 7 Abs. 5 des Meldegesetzes, BGBl.Nr. 9/1992 (im folgenden: MeldeG) begangen, weshalb die Beschwerdeführerin zu bestrafen gewesen sei.

1.2. Gegen dieses der Beschwerdeführerin am 14. April zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 23. April 1992 - und damit rechtzeitig - zur Post gegebene Beschwerde.

2.1. Im angefochtenen Straferkenntnis führt die belangte Behörde begründend aus, daß es aufgrund einer Anzeige des Gemeindeamtes Edlbach als erwiesen anzusehen sei, daß mit dem Ankunftsdatum 4. Jänner 1992 vorerst elf Gäste der einundzwanzigköpfigen Reisegruppe mit dem Meldeblatt Nr. 04469 und vier weitere Gäste mit dem Meldeblatt Nr. 04468 gemeldet wurden. Fünf weitere Personen seien sodann mit dem Meldeblatt Nr. 04476 gemeldet worden und für die verbleibende restliche Person liege überhaupt keine Anmeldung vor. Eine Einsichtnahme in die Meldeblätter Nr. 04470 bis Nr. 04475 habe schließlich ergeben, daß diese Ankunftsdaten zwischen dem 6. und dem 20. Jänner 1992 aufweisen, sodaß die Ein- tragung der Reisegruppe einerseits nicht chronologisch und die Eintragung im Meldeblatt Nr. 04476 nicht innerhalb von 24 Stun- den nach der Ankunft erfolgt sei.

Der Beschwerdeführerin sei vorsätzliches Handeln zur Last zu legen gewesen, weil eine geschlossene Reisegruppe ohne weiteres mit einem einzigen Gästebuchblatt hätte angemeldet werden kön- nen. Bei der Strafbemessung sei die bisherige Unbescholtenheit der Beschwerdeführerin als strafmildernd, der Umstand, daß in insgesamt sechs Fällen keine ordnungsgemäße Anmeldung erfolgte, hingegen als straferschwerend zu werten gewesen.

2.2. Dagegen bringt die Beschwerdeführerin vor, daß das Meldegesetz erst am 1. März 1992 - also nach der Tatbegehung - in Kraft getreten sei; ihr sei aber im Ladungsbescheid zur Last gelegt worden, eine Verwaltungsübertretung nach dem früher gel tenden Meldegesetz 1972 begangen zu haben. Da das frühere Meldegesetz für die Beschwerdeführerin das günstigere Recht darstelle, habe die belangte Behörde ihrer Entscheidung somit die falsche Rechtslage zugrundegelegt. Außerdem habe die Reisegruppe nicht aus 21, sondern lediglich aus 20 Personen bestanden. Schließlich verwende die Beschwerdeführerin in ihrem Betrieb stets drei Gästebücher, um bei einem gleichzeitigen Eintreffen von mehreren Gästen deren Anmeldung rascher abwickeln zu können. Außerdem sei die Eintragung einer Reisegruppe auf einem einzel- nen Gästebuchblatt schon deshalb nicht von Vorteil, weil dann die mit dem vierten Blatt des Meldebogens (sog. "Gästekarte") verbundenen Ermäßigungen nur von der gesamten Reisegruppe gemein- sam in Anspruch genommen werden könnten; aus diesem Grunde habe sich in der Praxis der Brauch herausgebildet, jene Mitglieder mit gemeinsamen Interessen - die sich erst nach einigen Tagen herausstellen gemeinsam einzutragen oder überhaupt mehrere Gästebuchblätter auszufüllen. Deshalb sei im vorliegenden Fall die Anmeldung nicht auf einem, sondern auf mehreren Gästebuch- blättern vorgenommen worden, wobei einige Seiten freigelassen worden seien, um weiteren Gruppen eine Gruppeneintragung zu ermöglichen. Auf den dazwischenliegenden Leerseiten seien dann eben zeitlich verschoben andere Personen eingetragen worden. Da das Meldegesetz keine Verpflichtung enthalte, daß die Eintragung der Gäste fortlaufend zu erfolgen habe, und nicht erwiesen sei, daß die Eintragung tatsächlich erst später erfolgt sei, liege somit kein strafbares Verhalten vor.

Aus allen diesen Gründen wird daher die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Strafverfah- rens beantragt.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf zu Zl. Sich-IA/44/1992; da aus diesem der Sachverhalt hinreichend geklärt erschien und mit der vorliegenden Beschwerde lediglich eine unrichtige rechtliche Beurteilung durch die belangte Behörde geltendgemacht wird, konnte gemäß § 51e Abs. 2 VStG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

4. In der Sache selbst hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

4.1. Gemäß § 22 Abs. 1 Z. 5 i.V.m. § 7 Abs. 5 MeldeG begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 10.000 S, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe bis zu 30.000 S zu bestrafen, der als Inhaber eines Beherbergungsbetriebes die Gästeblätter unvollständig ausfüllt.

Nach § 22 Abs. 1 Z. 1 i.V.m. § 5 Abs. 1 und § 7 Abs. 1 MeldeG begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 10.000 S, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe bis zu 30.000 S zu bestrafen, der als Unterkunftgeber einen Gast nicht innerhalb von 24 Stunden durch Eintragung im Gästeblatt anmeldet.

Gemäß § 1 Abs. 1 VStG kann eine Tat nur dann als Verwaltungsübertretung bestraft werden, wenn sie vor ihrer Begehung mit Strafe bedroht war. Die (zu verhängende) Strafe richtet sich gemäß § 1 Abs. 2 VStG grundsätzlich nach dem zur Zeit der Tat geltenden Recht, es sei denn, daß das zur Zeit der Fällung des Straferkenntnisses in erster Instanz geltende Recht für den Täter günstiger wäre.

4.2. Nach dem Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses ist der Tatvorwurf lediglich dahingehend konkretisiert, daß Gäste nicht innerhalb der gesetzlichen 24-Stunden-Frist in die Gäste- blätter eingetragen wurden; inwiefern die Beschwerdeführerin auch eine Übertretung des MeldeG dadurch begangen haben soll, daß sie die Gästeblätter unvollständig ausgefüllt hat, wird im Spruch nicht näher präzisiert. Da der Spruch somit insoweit nicht den Anforderungen des § 44a Z. 1 VStG entspricht, war das angefochtene Straferkenntnis nach der mittlerweile ständigen Rechtsprechung des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich (vgl. zuletzt etwa VwSen-200034 vom 29.7.1992) in diesem Umfang aufzuheben; ob das Strafverfahren insoweit fortzu- führen oder im Hinblick auf eine allenfalls eingetretene Verfol- gungsverjährung einzustellen ist, hat die belangte Behörde hinge- gen aus eigenem zu beurteilen.

4.3. Das Meldegesetz 1972, BGBl.Nr. 30/1973, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 427/1975 (im folgenden: MeldeG 1972), enthielt in § 16 Z. 1 i.V.m. § 6 Abs. 1 und § 4 Abs. 1 eine Strafbestimmung dergestalt, daß derjenige eine Verwaltungsübertretung beging und mit Geldstrafe bis zu 3.000 S zu bestrafen war, der als Unterkunftgeber einen Gast nicht innerhalb von 24 Stunden durch Eintragung im Gästebuch anmeldete.

Die Gebotsnormen des § 5 Abs. 1 MeldeG und des § 4 Abs. 1 MeldeG 1972 unterscheiden sich sonach offensichtlich schon darin, daß im ersteren Fall die Anmeldung durch Eintragung in ein Gäste- blatt vorzunehmen ist, im anderen Fall hingegen durch Eintragung in ein Gästebuch vorzunehmen war. Wenn die belangte Behörde der Beschwerdeführerin im angefochtenen Straferkenntnis nun aber dezidiert vorwirft, eine Verwaltungsübertretung durch Nichteintragung in die "Gästeblätter" begangen zu haben, so wurde die Beschwerdeführerin damit tatsächlich wegen einer Verwaltungsübertretung bestraft, die im Zeitpunkt ihrer Begehung - d.i. vom 4. bis zum 12. Jänner 1992 - noch nicht (da das MeldeG gemäß seinem § 23 Abs. 2 erst am 1. März 1992 in Kraft getreten ist) mit Strafe bedroht war. Das angefochtene Straferkenntnis war daher auch insoweit im Hinblick auf Art. 7 Abs. 1 MRK i.V.m. § 1 Abs. 1 VStG und i.V.m. der obzitierten ständigen Rechtsprechung des O.ö. Verwaltungssenates aufzuheben; ob das Strafverfahren unter Zugrundelegung der im Tatzeitpunkt geltenden früheren Rechtslage (und damit auch des zufolge § 1 Abs. 2 VStG niedrigeren Strafrah- mens !) fortzuführen oder im Hinblick auf eine allenfalls einge- tretene Verfolgungsverjährung einzustellen ist, hat die belangte Behörde hingegen aus eigenem zu beurteilen.

4.4. Aus allen diesen Gründen war daher der vorliegenden Berufung gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG insoweit stattzugeben, als das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben wird; der Antrag auf Einstellung des Strafverfahrens war hingegen aus den oben unter 4.2. und 4.3. angeführten Gründen als unzulässig zurückzuweisen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war der Beschwerdeführerin gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorzuschreiben.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann von den Parteien des Verfahrens (§ 51d VStG) innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Grof 6

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum