Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-230076/2/Gf/Hm

Linz, 05.08.1992

VwSen-230076/2/Gf/Hm Linz, am 5. August 1992

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Alfred Grof über die Beschwerde des H, gegen das Strafer- kenntnis des Bezirkshauptmannes von Ried i.I. vom 9. Mai 1992, Zl. Sich-07-6190-1992/Stö, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG insoweit stattgegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 2000 S und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 67 Stunden herabgesetzt wird; im übrigen wird diese hingegen abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß es in dessen Spruch anstelle von "§ 2 iVm § 14b Abs. 1 Ziffer 4 Fremdenpolizeigesetz 1954, idgF" nunmehr "§ 2 Abs. 2 Z. 1 i.V.m. § 14b Abs. 1 Z. 4 des Fremdenpolizeigesetzes, BGBl.Nr. 75/1954, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 406/1991 und i.V.m. den Kundmachungen des Bundeskanzlers BGBl.Nr. 66/1990 und BGBl.Nr. 222/1990" zu lauten hat.

II. Gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG hat der Beschwerdeführer einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde in Höhe von 200 S binnen 14 Tagen bei sonstiger Exeku- tion zu leisten.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

1. Der vorliegenden Beschwerde liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Ried i.I. vom 9. Mai 1992, Zl. Sich-07-1992/Stö, wurde über den Beschwerde- führer eine Geldstrafe von 5.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 5 Tage) verhängt, weil er sich vom 3. November 1990 bis zum 13. April 1992 ohne gültigen österreichischen Wiedereinreisesichtver- merk im Bundesgebiet aufhalte; dadurch habe er eine Übertretung des § 2 des Fremdenpolizeigesetzes, BGBl.Nr. 75/1954, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 406/1991 (im folgenden: FrPG) begangen, weshalb der Beschwerdeführer gemäß § 14b Abs. 1 Z. 4 FrPG zu bestrafen gewesen sei.

1.2. Gegen dieses dem Beschwerdeführer am 15. Mai 1992 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 27. Mai 1992 - und damit rechtzeitig - zur Post gegebene Beschwerde.

2.1. Im angefochtenen Bescheid führt die belangte Behörde begründend aus, daß die Tatbestandsmäßigkeit des Verhaltens des Beschwerdeführers dadurch erwiesen sei, daß dieser am 3. Novem- ber 1990 ohne Sichtvermerk in das Bundesgebiet eingereist sei, sich seither an verschiedenen Orten in diesem aufgehalten und erst am 13. April 1992 bei der belangten Behörde die Erteilung eines Sichtvermerkes beantragt habe. Da die vom Beschwerdeführer eingewendete Unkenntnis der diesbezüglichen österreichischen Rechtsvorschriften die begangene Verwaltungsübertretung nicht entschuldigen könne, sei unter Berücksichtigung der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

2.2. Dagegen bringt der Beschwerdeführer vor, daß er sich bei Verwandten und Bekannten über die paßrechtlichen Vorschriften in Österreich informiert, diese ihm jedoch deshalb die falsche Auskunft erteilt hätten, daß hiezu lediglich ein gültiger Reisepaß erforderlich sei, weil die Aussetzung der Aufhebung des Sichtvermerkzwanges erst im Jahr der Einreise des Beschwerdeführers kundgemacht worden sei. Da der Reisepaß bei der Einreise nicht kon trolliert worden sei, habe er sohin auf die Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes vertrauen dürfen. Eine bewußte Umgehung der fremdenpolizeilichen Vorschriften könne ihm jedoch schon deshalb nicht zur Last gelegt werden, weil er in sämtlichen anderen Angelegen- heiten (polizeiliche Meldung, Arbeitsbewilligung) den Kontakt mit der Behörde durchaus nicht gescheut habe. Was die Strafbemes- sung anbelangt, treffe es auch nicht zu, daß sich der Beschwerde- führer seit dem 3. November 1990 durchgehend in Österreich aufge- halten habe. Jedenfalls sei ein Teil der ihm zur Last gelegten Übertretung als verjährt anzusehen. Außerdem sei die Bezirks- hauptmannschaft Ried deshalb nicht zur Strafverfolgung zustän- dig, weil er am Grenzübergang Spielfeld ohne gültigen Sichtver- merk nach Österreich eingereist sei. Schließlich sei die Höhe der verhängten Geldstrafe nicht angemessen.

Aus allen diesen Gründen wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Strafverfahrens beantragt.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Ried i.I. zu Zl. Sich07-6190-1992; da aus diesem der Sachverhalt hinreichend geklärt erschien und mit der vorliegenden Beschwerde überdies lediglich eine unrichtige rechtliche Beurteilung durch die belangte Behörde geltendgemacht wird, konnte gemäß § 51e Abs. 2 VStG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

4. In der Sache selbst hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

4.1. Gemäß § 14b Abs. 1 Z. 4 i.V.m. § 2 Abs. 2 Z. 1 FrPG und den Kundmachungen des Bundeskanzlers BGBl.Nr. 66/1990 und BGBl.Nr.

222/1990 begeht derjenige türkische Staatsangehörige, der sich ohne gültigen österreichischen Sichtvermerk im Bundesgebiet auf- hält, eine Verwaltungsübertretung und ist hiefür mit Geldstrafe bis zu 10.000 S zu bestrafen.

4.2. Der Beschwerdeführer ist türkischer Staatsangehöriger. Die Tatbestandsmäßigkeit seines Verhaltens im Sinne der vorangeführ- ten Normen ist dadurch, daß er am 3. November 1990 ohne gültigen Sichtvermerk in das Bundesgebiet eingereist ist und sich in die- sem bis zum 13. April 1992 ohne einen solchen aufgehalten hat, offensichtlich und wird vom Beschwerdeführer auch nicht bestrit- ten.

4.3. Der Beschwerdeführer vermeint jedoch, daß die Tat im gegenständlichen Fall entschuldigt sei. Dieser Auffassung kann jedoch aus folgenden Gründen nicht beigepflichtet werden:

Gemäß § 5 Abs. 2 VStG entschuldigt die Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift den Täter nämlich nur dann, wenn diese erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einse- hen konnte; beide Voraussetzungen müssen kumulativ gegeben sein. Davon, daß die Unkenntnis der fremdenpolizei- und paßgesetzli- chen Vorschriften über die Sichtvermerkspflicht türkischer Staatsbürger aus der Sicht des Beschwerdeführers erwiesenermaßen unverschuldet ist, kann im vorliegenden Fall keine Rede sein: Denn es gehört zu den selbstverständlichen Obliegenheiten, sich im Falle der Reise in ein fremdes Land mit den dortigen Ein- reiseund Aufenthaltsvorschriften vertraut zu machen. Daß eine diesbezüglich zuverlässige Auskunft letztlich nur von den hiefür zuständigen Behörden zu erhalten ist, bedarf auch keiner weiteren Begründung. Wenn sich der Beschwerdeführer damit begnügte, sich lediglich bei Verwandten und Bekannten darüber zu erkundi- gen, so trägt er damit aber auch das Risiko für eine entsprech- ende Fehlinformation.

Die Strafbarkeit seines Verhaltens wird dadurch somit nicht entschuldigt. Indem er es unterließ, sich bei der zuständigen Behörde über das Bestehen einer Sichtvermerkspflicht zu informie- ren, hat er jedenfalls fahrlässig gehandelt.

4.4. Auch der Einwand des Beschwerdeführers, daß das angefochtene Straferkenntnis von der unzuständigen Behörde erlassen wurde, vermag dessen Strafbarkeit nicht auszuschließen. Die belangte Behörde wirft dem Beschwerdeführer mit dem angefochte- nen Straferkenntnis nämlich nicht vor, widerrechtlich in Öster- reich eingereist zu sein, sondern lediglich, sich illegal im Bun- desgebiet aufzuhalten. Dieser Tatbestand wurde aber erst anläß- lich einer niederschriftlichen Einvernahme des Beschwerdeführers am 13. April 1992 am Sitz der belangten Behörde festgestellt. Damit wurde die Übertretung aber auch im Sprengel der belangten Behörde begangen, sodaß diese auch gemäß § 27 Abs. 1 VStG zur Erlassung des angefochtenen Straferkenntnisses zuständig war.

4.5. Schließlich trifft es auch nicht zu, daß die dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Tathandlung zum Teil als verjährt anzusehen ist, weil es sich hiebei um ein Dauerdelikt han- delt (dies konnte insbesondere deshalb angenommen werden, weil für die in der vorliegenden Beschwerde erhobene Behauptung, der Beschwerdeführer habe Österreich zwischenzeitlich verlassen, keinerlei Beweise vorgebracht wurden) und die Verjährungsfrist erst mit dessen Beendigung zu laufen beginnt.

4.6. Hinsichtlich der Strafbemessung ist dem Beschwerdeführer jedoch zuzugestehen, daß die belangte Behörde die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschwerdeführers im Verhältnis zum Unrechtsgehalt der Tat nicht adäquat abgewogen hat:

Berücksichtigt man, daß der Beschwerdeführer lediglich ein Einkommen von einem Bruttostundenlohn von 80 S bezieht, kein Vermö- gen besitzt und er für fünf minderjährige Kinder sorgepflichtig sowie seine Gattin arbeitslos ist, so erscheint die Verhängung einer Geldstrafe von 2.000 S in gleicher Weise als tat- und schuldangemessen sowie als geeignet, den Beschwerdeführer von künftigen Übertretungen gleicher Art. abzuhalten.

4.7. Aus allen diesen Gründen war daher der vorliegenden Beschwerde gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG insofern stattzugeben, als die verhängte Geldstrafe auf 2.000 S und die Ersatzfreiheitsstrafe gemäß der durch § 14b Abs. 1 FrPG i.V.m. § 16 Abs. 2 VStG vorgegebenen Relation auf 67 Stunden herabzusetzen war; im übrigen war die Beschwerde hingegen abzuweisen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe zu bestätigen, daß es in dessen Spruch anstelle "§ 2 iVm. § 14b Abs. 1 Ziffer 4 Fremdenpolizeigesetz 1954, idgF" nunmehr "§ 2 Abs. 2 Z. 1 i.V.m. § 14b Abs. 1 Z. 4 des Fremdenpolizeigesetzes, BGBl.Nr. 75/1954, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 406/1991, und i.V.m. den Kundma- chungen des Bundeskanzlers BGBl.Nr. 66/1990 und BGBl.Nr. 222/1990" zu heißen hat.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Beschwerdeführer gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfah- rens vor der belangten Behörde in Höhe von 10% der verhängten Strafe, d.s. 200 S, vorzuschreiben; die Vorschreibung eines Bei- trages zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwal- tungssenat des Landes Oberösterreich hatte hingegen zu entfallen.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann von den Parteien des Verfahrens (§ 51d VStG) innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnah- men abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Grof 6

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