Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-230094/16/Gf/Hm

Linz, 05.10.1992

VwSen-230094/16/Gf/Hm Linz, am 5. Oktober 1992 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Alfred Grof über die Berufung des Josef L, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Ried i.I. vom 29. Juni 1992, Zl. Pol96-309-1992/Ha, nach der am 5. Oktober 1992 im Beisein der Schriftführerin Martina Horvatits durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

II. Der Berufungswerber hat gemäß § 66 Abs. 1 und 2 VStG einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde in Höhe von 150 S und zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat in Höhe von 300 S binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu leisten.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Ried i.I. vom 29. Juni 1992, Zl. Pol96-309-1992/Ha, wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von 1.500 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 3 Tage) verhängt, weil er am 19. März 1992 auf seinem Anwesen ca. 120 Rinder der Rassen Galloway und Luing auf zu engem Lebensraum gehalten habe, sodaß der Humusbereich zertreten und insbesondere beim Auslauf aus dem Stall bis zu einer Tiefe von etwa 50 cm völlig aufgeweicht gewesen sei; dadurch sei das Haarkleid der Tiere mit nassen Krusten verdreckt und seien diese sohin ständig bis zum Rücken völlig durchnäßt gewesen. Dies habe deren physiologisches Wohlbefinden schwer beeinträchtigt, weshalb der Beschwerdeführer wegen Tierquälerei gemäß § 1 Abs. 1 und Abs. 2 lit. d i.V.m. § 4 Abs. 1 des Oö Tierschutzgesetzes, LGBl.Nr. 27/1953 (im folgenden: OöTierSchG), zu bestrafen gewesen sei.

1.2. Gegen dieses dem Beschwerdeführer am 1. Juli 1992 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 13. Juli 1992 - und damit rechtzeitig - bei der belangten Behörde eingebrachte Beschwerde.

2.1. Im angefochtenen Straferkenntnis führt die belangte Behörde begründend aus, daß die Tatbestandsmäßigkeit des Verhaltens des Beschwerdeführers durch die Wahrnehmungen des Amtstierarztes der Bezirkshauptmannschaft Ried als erwiesen anzunehmen sei. Eine Einvernahme der vom Beschwerdeführer namhaft gemachten Zeugen habe deshalb unterbleiben können, weil aus den entsprechenden Beweisanträgen nicht hervorgegangen sei, daß diese auch zum Vorfallszeitpunkt eigenständige Wahrnehmungen machen konnten. Bei der Strafbemessung sei auf § 19 VStG Bedacht genommen worden, wobei die bisherige Unbescholtenheit des Beschwerdeführers als strafmildernd gewertet worden sei, während Erschwerungsgründe nicht hervorgekommen wären.

2.2. Dagegen bringt der Beschwerdeführer vor, daß die Aussage des Amtstierarztes, daß die Rinder bis zum Rücken durchnäßt gewesen seien, nicht auf einer dementsprechenden eigenständigen Feststellung, sondern auf einer bloßen Schlußfolgerung beruhe. Im übrigen werde auch in seiner gesamten Stellungnahme nicht zwischen Tatsachenbefunden und gutachtlichen Schlüssen unterschieden, sondern würden diese strikt zu trennenden Bereiche ständig vermengt. Überdies sei das Verfahren der belangten Behörde insofern mangelhaft gewesen, als diese - obwohl es nach dem Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses tatsächlich nicht bloß um den Vorfallstag, sondern um einen wesentlich längeren Zeitraum gehe - weder die beiden Tierärzte, von denen die Rinder des Beschwerdeführers ständig betreut würden, einvernommen noch einen Lokalaugenschein auf seinem Anwesen durchgeführt habe. Zudem habe die Behörde im angefochtenen Straferkenntnis auch nur ausgeführt, daß der Beschwerdeführer eine zu hohe Stückzahl von Rindern gehalten habe, ohne gleichzeitig festzulegen, wieviel er halten dürfte, ohne sich strafbar zu machen. Außerdem habe die Behörde den Umstand, daß für die Rinder jederzeit ein trockener Stall zugänglich gewesen sei, diese den Stall aber tatsächlich gar nicht aufgesucht hätten, nicht berücksichtigt. Darüber hinaus habe die belangte Behörde auch die besondere körperliche Konstitution der Galloway- und Luing-Rinderrassen, die - wie auch der Amtstierarzt zugesteht - selbst bei extrem nasser und eiskalter Witterung trotz des Angebotes eines jederzeit zugänglichen Liegestalles den Aufenthalt im Freien bevorzugen, in keiner Weise berücksichtigt. Schließlich sei eine schwere Beeinträchtigung des physiologischen Wohlbefindens auch nicht mit der Zufügung von erheblichen Schmerzen oder Leiden, die ihrerseits erst eine Tierquälerei darstellen, gleichzusetzen.

Aus allen diesen Gründen wird daher die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Strafverfahrens beantragt.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Ried zu Zl. Pol96-309-1992 sowie im Wege der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu der RA Dr. Christian H für den Rechtsvertreter des Beschwerdeführers sowie für die belangte Behörde Dr. Franz Pumberger als Parteien und die Zeugen Dipl. Tierarzt Ingrid We, Dr. Josef V und Dr. Franz F (Amtstierarzt der Bezirkshauptmannschaft Ried) erschienen sind.

Im Zuge dieser Beweisaufnahme wurde folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt:

Der Beschwerdeführer hat am 19. März 1992 auf seinem Anwesen in Erbersau 20, Gemeinde Schildorn, in zwei Stallungen etwa 120 Rinder der Rassen Galloway und Luing gehalten. Damit diese ins Freigehege gelangen konnten, mußten die Tiere eine Engstelle passieren, deren Boden dadurch und auch in Verbindung mit den Regenfällen der vorangegangenen Tage stark aufgeweicht war. Die Tiere sanken stellenweise bis zu 50 cm tief in den Boden ein, deren Haarkleid wurde schlammverkrustet und sie waren teilweise bis zum Rücken hinauf völlig durchnäßt. In diesem Zustand waren sie den damals um den Gefrierpunkt herrschenden Temperaturen ausgesetzt.

Diese Sachverhaltsfeststellungen gründen sich auf die insoweit im wesentlichen übereinstimmenden Aussagen der einvernommenen Zeugen.

4. In der Sache selbst hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

4.1. Gemäß § 4 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 und Abs. 2 OöTierSchG begeht derjenige eine Tierquälerei und ist mit Geldstrafe bis zu 3.000 S oder mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bstrafen, der einem Tier insbesondere durch Vernachlässigung hinsichtlich Unterbringung, Fütterung, Tränkung, oder Schutz und Pflege bei der Haltung, Beförderung oder beim Viehtrieb erhebliche Schmerzen oder Leiden zufügt.

4.2. Die im vorliegenden Fall allein strittige Rechtsfrage geht dahin, ob der Beschwerdeführer seinen Rindern dadurch, daß er sie am 19. März 1992 - also im Spätwinter bei Temperaturen um den Gefrierpunkt - auf seinem Anwesen in großer Stückzahl und auf morastigem Boden bis zum Rücken durchnäßt im Freien gehalten hat, hinsichtlich ihrer Unterbringung erhebliche Schmerzen oder Leiden zugefügt hat.

Dies ist im Ergebnis zu bejahen.

Wenngleich zuzugestehen ist, daß sich - wie das Beweisverfahren ergeben hat - die vom Beschwerdeführer gehaltenen Rinderrassen grundsätzlich auch bei Regen im Freien aufhalten können, weil deren dichtes Haarkleid das Regenwasser ableitet und so nicht unmittelbar an die Haut gelangen läßt, macht es davon ausgehend auf der anderen Seite doch einen wesentlichen Unterschied, wenn das Haarkleid durch Morast bis auf die Haut durchnäßt wird und daher die Haut ihre natürliche Funktion - nämlich die Wärmeregulation des Tieres unter dem Haarkleid - nicht mehr zu erfüllen vermag. Es bedarf daher keines weiteren Nachweises, daß den Tieren unter solchen Umständen nicht bloß unerhebliche und daher im Sinne des OöTierSchG zu vernachlässigende Leiden zugefügt wurden. In diesem Zusammenhang ist auch der Aspekt, daß die Tiere dieses Leiden nicht objektiv wahrnehmbar geäußert haben, nicht geeignet, die Tatbestandsmäßigkeit des Verhaltens des Beschwerdeführers auszuschließen, weil deren vergleichsweise überdurchschnittliche Belastbarkeit schon in ihrer Rasse begründet ist, sodaß hier die Zufügung von Leiden nicht notwendig auch stets entsprechende objektiv wahrnehmbare Reaktionen der Tiere nach sich ziehen muß.

Indem es der Beschwerdeführer unterlassen hat, durch entsprechende Vorkehrungen die Durchnässung seiner Tiere hintanzuhalten, obwohl ihm bei Zugrundelegung des Sorgfaltsmaßstabes eines objektiven Durchschnittsmenschen hätte auffallen müssen, daß die von ihm praktizierte Tierhaltung keinesfalls artgerecht ist - was sich insbesondere auch daran zeigt, daß der Beschwerdeführer unmittelbar nach der behördlichen Beanstandung entsprechende Sanierungsmaßnahmen in Angriff genommen hat -, hat er jedenfalls fahrlässig und damit auch schuldhaft gehandelt.

Die belangte Behörde ist daher zu Recht von der Strafbarkeit des Beschwerdeführers ausgegangen.

4.3. Der Beschwerdeführer hat die Strafhöhe mit der vorliegenden Beschwerde weder formell bekämpft noch Argumente vorgebracht, die die Strafbemessung durch die belangte Behörde als rechtswidrig erscheinen lassen würden. Derartige Umstände sind auch im Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich nicht hervorgekommen, sodaß dieser keinen Grund findet, das angefochtene Straferkenntnis hinsichtlich der Strafhöhe zu modifizieren.

4.4. Aus allen diesen Gründen war daher die vorliegende Beschwerde gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG abzuweisen und das angefochtene Straferkenntnis zu bestätigen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Beschwerdeführer gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde in Höhe von 10% der verhängten Geldstrafe, d.s. 150 S, und ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in Höhe von 20% der verhängten Geldstrafe, d.s. 300 S, sohin insgesamt in Höhe von 450 S, vorzuschreiben.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann von den Parteien des Verfahrens (§ 51d VStG) innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Grof

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt; VwGH vom 24.4.1996, Zl.: 92/01/0959

 

 

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