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des Landes Oberösterreich
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VwSen-230096/2/Br/La

Linz, 30.07.1992

VwSen - 230096/2/Br/La Linz, am 30. Juli 1992 DVR.0690392 - &

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr.Bleier über die Berufung der Frau H vom 2. Juli 1992 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 2.Juli 1992, Sich-96/562/1991/Fu, wegen Übertretung des Fremdenpolizeigesetzes i.d.g.F. zu Recht:

I. Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

II. Zusätzlich zu den Verfahrenskosten erster Instanz hat der Berufungswerber als Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren 120 S (20% der verhängten Geldstrafe) binnen 14 Tagen bei sonstiger Zwangsvollstreckung zu entrichten.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl.Nr. 51/1991 i.V.m. § 24, § 51 Abs.1 und § 51 e Abs.2 § 64 und § 65 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991.

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit Straferkenntnis vom 2.7.1992 über den Berufungswerber wegen der ihm angelasteten Übertretung des § 2 Abs.1 Z.1 u. Abs.2 Z.2 i.V.m § 14b Abs.1 Z.4 des Fremdenpolizeigesetzes i.d.g.F. eine Geldstrafe von 600 S und für den Nichteinbringungsfall 24 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil sie sich als deutsche Staatsbürgerin in der Zeit zwischen 24.4.1991 bis mindestens 29.6.1991 nicht rechtmäßig im österreichischen Bundesgebiet aufgehalten habe, da der von der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land am 20.7.1990 erteilte Sichtvermerk am 24.4.1991 abgelaufen gewesen sei. Außerdem wurde ein Kostenbeitrag in Höhe von 60 S (10% des Strafbetrages) verhängt.

I.2. Dagegen wendet die Berufungswerberin in ihrer Berufungsausführung sinngemäß ein, "die wider sie verhängte Strafe sei rechtswidrig. Sie lebe jahrelang in Österreich mit ihrem Gatten, wählte ursprünglich ihren Wohnsitz in Linz und habe nach den gesetzlichen Bestimmungen jeweils um die Verlängerung des Sichtvermerkes angesucht. Im Sinne der bürgernahen Verwaltung sei ihr jahrelang immer einige Wochen vor Ablauf des Sichtvermerkes ein Schreiben von der Behörde übermittelt worden, in welchem sie auf den zu verlängernden Sichtvermerk aufmerksam gemacht worden sei. Da sie nicht annehmen habe können, daß die Behörde ohne Vorankündigung diese Gepflogenheit einstelle, sei sie berechtigter Weise der Ansicht gewesen, daß ein Sichtvermerk nicht mehr erforderlich sei. Es treffe sie sohin an dieser Unterlassung kein Verschulden. Die objektive Zuwiderhandlung gegen diese gesetzliche Bestimmung könne ihr im Sinne des § 5 Abs.2 VStG nicht als Verschulden angelastet werden. Sie stelle sohin den Antrag auf Eistellung des Verwaltungsstrafverfahrens." I.3. Die Berufung ist rechtzeitig eingebracht worden. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht, sodaß die Zuständigkeit des unabhänigen Verwaltungssenates zur Sachentscheidung gegeben ist. Zumal eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde, ist durch ein Einzelmitglied zu erkennen. Da in der Berufung lediglich eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wird, war eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht anzuberaumen, zumal eine solche in der Berufung auch nicht ausdrücklich verlangt wurde.

I.4. Aus der Aktenlage ergibt sich nachfolgender, entscheidungsrelevanter Sachverhalt:

I.5. Die Berufungswerberin war unbestrittenerweise während des angeführten Zeitraumes nicht im Besitz des erforderlichen Sichtvermerkes.

I.6. Der rechtmäßige Aufenthalt eines Fremden im Bundesgebiet setzt gemäß den dzt. geltenden Bestimmungen die Erteilung eines Sichtvermerkes oder eine per Bescheid erteilte Aufenthaltsbewilligung voraus. Für die Schuldhaftigkeit der Übertretung einer Verwaltungsvorschrift genügt, wenn nicht ausdrücklich eine andere Verschuldensform normiert ist, bloße Fahrlässigkeit (§ 5 Abs.1 VStG). Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift entschuldigt nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und die Person welcher die Übertretung zuzurechnen ist, das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte (§ 5 Abs.2 VStG). Gegenständlich muß zweifelsfrei davon ausgegangen werden, daß der Rechtsmittelwerberin die Verwaltungsvorschrift, nämlich die Verpflichtung den Sichtvermerk alljährlich verlängern lassen zu müssen, bekannt war. Gegenstand der Prüfung im Sinne der Verantwortung kann daher nur sein, ob die Rechtsmittelwerberin zu Recht von der irrigen Annahme ausgehen durfte, daß die ihr bekannte gesetzliche Bestimmung zwischenzeitig obsolet geworden sein könnte.

Hiezu bedarf es der Erörterung des Begriffes "Fahrlässigkeit!" Fahrlässig handelt jemand, welcher jene Sorgfalt in seinem Handeln vermissen läßt, die in der jeweiligen Situation, ein rechtstreuer, gewissenhafter und besonnener Mensch obwalten lassen würde. Die einschlägige Literatur stellt auf die "objektivierte Maßfigur" ab (Das Fahrlässigkeitsdelikt im Strafrecht, Manfred Burgstaller Ausgabe Manz 1974, Seite 54 ff). Wie würde sich eine derart typisierte Person in konkreto verhalten haben? Wäre von einer dermassen typisierten "Maßfigur" ein anderes Verhalten zu erwarten? Dies ist sehr wohl zu bejahen. Immerhin hätte es für die Rechtsmittelwerberin zur Klärung "ihrer Annahme" lediglich der fernmündlichen Rückfrage bei der ihr bekannten, zuständigen Behörde bedurft. Dieses Maß an Sorgfaltsübung in eigener Sache muß wohl von jedermann erwartet werden können (siehe auch VwGH 12.6.1989, 88/10/0169). Die Voraussetzungen im Sinne des § 5 Abs. 2 VStG vermögen in der vorliegenden Rechtfertigung nicht erblickt zu werden. Die Ausführungen der Erstbehörde sind diesbezüglich vollinhaltlich zutreffend.

Bei einem bis zu 10.000 S oder zwei Wochen Arrest reichenden Strafrahmen ist die verhängte Strafe sohin durchaus als schuldangemessen zu erachten. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwiegen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden. Ausgehend von einem monatlichen Taschengeld von 4.500 S und den erstinstanzlich angenommenen allseitigen Verhältnissen, erschien beim Vorliegen des Milderungsgrundesder Unbescholtenheit und keinen erschwerenden Umständen, die von der Erstbehörde verhängte Strafe keinesfalls überhöht.

II.1. Die Vorschreibung der Kosten des Berufungsverfahrens gründen in den zit. Gesetzesbestimmungen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.Ö.Verwaltungssenat:

Dr. B l e i e r 6

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