Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-230099/16/Gf/Hm

Linz, 23.10.1992

VwSen-230099/16/Gf/Hm Linz, am 23. Oktober 1992 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Alfred Grof über die Berufung des Josef T gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 7. Juli 1992, Zl. 101-5/1, nach der am 23. Oktober 1992 im Beisein der Schriftführerin Martina H durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

II. Der Berufungswerber hat gemäß § 66 Abs. 1 und 2 VStG einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde in Höhe von 30 S und zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in Höhe von 60 S binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu leisten.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 7. Juli 1992, Zl. 101-5/1, wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von 300 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 8 Stunden) verhängt, weil sein Hund am 22. September 1991 gegen 16.15 Uhr im Gastgarten des Volkshauses Keferfeld einen Dritten ohne dessen Schuld angegangen und gefährdet sowie durch einen Biß in den rechten Oberschenkel verletzt habe; dadurch habe er als verantwortlicher Hundehalter eine Übertretung des § 5 Abs. 1 des O.ö.Polizeistrafgesetzes, LGBl.Nr. 36/1979, zuletzt geändert durch LGBl.Nr. 94/1985 (im folgenden: OöPolStG), begangen, weshalb er gemäß § 10 Abs. 2 OöPolStG zu bestrafen gewesen sei.

1.2. Gegen dieses dem Beschwerdeführer am 23. Juli 1992 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 31. Juli 1992 - und damit rechtzeitig - beim unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich mündlich erhobene Beschwerde.

2.1. Im angefochtenen Straferkenntnis führt die belangte Behörde begründend aus, daß sich aufgrund der übereinstimmenden Aussagen der einvernommenen Zeugen zweifelsfrei ergeben habe, daß der zum Tatzeitpunkt mangelhaft beaufsichtigte, weil unter einem Tisch an einer zu langen Leine gehaltene Hund des Beschwerdeführers einen Dritten angesprungen und in den rechten Oberschenkel gebissen habe, ohne daß dieser den Hund vorsätzlich gereizt hätte. Den gegenteiligen pauschalen Aussagen des Beschwerdeführers und seiner Gattin, wonach deren Hund die Bißverletzung nicht verursacht hätte, ohne gleichzeitig darzutun, wodurch der Biß sonst herbeigeführt habe werden können, sei hingegen schon deshalb kein Glauben zu schenken gewesen, weil der einzige zum Tatzeitpunkt im Gastgarten befindliche andere Hund aufgrund seiner Altersschwäche gar nicht in der Lage gewesen wäre, einen Dritten anzuspringen, wie dies bei einem Biß in den Oberschenkel erforderlich ist.

Bei der Strafbemessung sei die bisherige Unbescholtenheit des Beschwerdeführers als strafmildernd zu werten gewesen, während Erschwerungsgründe nicht hervorgekommen seien. Mangels entsprechender Mitwirkung des Beschwerdeführers seien dessen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse zu schätzen gewesen (monatliches Nettoeinkommen: 15.000 S).

2.2. Der Beschwerdeführer hat die beim O.ö. Verwaltungssenat mündlich eingebrachte Beschwerde nicht näher begründet.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt des Magistrates der Stadt Linz zu Zl. 101-5/1 sowie im Wege der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu der die Zeugen Karin S, Margarete S und Hermine K erschienen sind. Hinsichtlich des ebenfalls als Zeugen geladenen, zum Vorfallszeitpunkt erst knapp dreieinhalb Jahre alten Opfers der Bißverletzung, Florian S, brachte dessen Mutter, die erstgenannte Zeugin, glaubhaft vor, daß dieser unter der ihm damals zugefügten Verletzung noch heute psychisch leidet und daher nicht abzuschätzen ist, wie sich eine neuerliche Konfrontation mit diesem Vorfall auf dessen Seelenleben auswirkt; unter diesen Umständen wurde daher auf seine unmittelbare Einvernahme verzichtet und stattdessen gemäß § 51g Abs. 3 Z. 1 VStG seine der Meldung der Bundespolizeidirektion Linz, Wachzimmer Bulgariplatz, vom 24. November 1991, Zl. C1, zugrundeliegende, niederschriftlich aufgenommene Aussage verlesen.

Im Zuge dieser Beweisaufnahme wurde folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt:

Der Beschwerdeführer saß am 22. September 1991, einem schönen Sonntagnachmittag im Spätsommer, gegen 16.15 Uhr mit seiner Gattin im Gastgarten des Volkshauses Keferfeld-Oed in 4020 Linz, deren Hund, ein apricotfärbiger neunjähriger Pudelrüde, befand sich etwa einen Meter hinter ihren Sesseln und war mit einer beweglichen Zugleine versehen, sodaß er etwa in einem Umkreis von zwei Metern umherlaufen konnte. In dessen unmittelbarer Nähe lag unter einem Tisch ein sechzehnjähriger weißer Spitz-Dackel-Mischling, dessen Besitzer ebenfalls im Gastgarten saßen. Im Gastgarten hielten sich zu diesem Zeitpunkt etwa vierzig bis fünfzig Personen auf. Als der dreieinhalbjährige Florian S gegen 16.15 Uhr beim Tisch des Beschwerdeführers vorbeiging, wurde er plötzlich von dessen Pudel angesprungen und gebissen, wodurch er eine ca. 5 cm lange, leichte offene Wunde an der Hinterseite seines rechten Oberschenkels erlitt.

Diese Sachverhaltsfeststellungen gründen sich auf die insofern übereinstimmenden Aussagen der einvernommenen Zeugen; soweit der Beschwerdeführer, der auf den gegenständlichen Vorfall erst im nachhinein durch das Schreien des Kindes aufmerksam wurde, diesen in seiner Rechtfertigung im Strafverfahren vor der belangten Behörde entgegenhält, daß die Bißverletzung auch von dem anderen zum Vorfallszeitpunkt im Gastgarten befindlichen Hund stammen könnte, vermochte dieser Einwand den O.ö. Verwaltungssenat zum einen deshalb nicht zu überzeugen, weil dieser anders als der Hund des Beschwerdeführers als auffälliges Unterscheidungsmerkmal nicht bloß eine helle, sondern dezidiert eine reinweiße Färbung aufwies, und zum anderen aufgrund seines Alters und Gesundheitszustandes (schweres Rheuma, Wasser in der Lunge, fehlende Vorderzähne) schon evidentermaßen gar nicht dazu in der Lage gewesen wäre, das Kind zu beißen.

4. In der Sache selbst hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

4.1. Gemäß § 5 Abs. 1 i.V.m. § 10 Abs. 2 lit. b OöPolStG begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 20.000 S zu bestrafen, der als Halter eines Tieres dieses nicht in einer Weise beaufsichtigt oder verwahrt, daß durch das Tier dritte Personen nicht gefährdet werden.

4.2. Das Beweisverfahren hat ergeben, daß der Beschwerdeführer als Halter seinen Hund im Gastgarten zwar angeleint hatte, diese Leine dem Tier jedoch einen Bewegungsspielraum ließ, der dessen Umherlaufen in einem Umkreis von zwei Metern ermöglichte. Infolgedessen konnte der Hund auch einem Dritten eine Bißverletzung zufügen.

Es ist daher offensichtlich, daß der Beschwerdeführer tatbestandsmäßig i.S.d. eben angeführten Bestimmung gehandelt hat.

4.3. Indem der Beschwerdeführer seinen Hund im Gastgarten angeleint hat, konnte er zwar grundsätzlich davon ausgehen, der ihn gesetzlich treffenden Sorgfaltspflicht entsprochen zu haben. Das Halten eines Hundes an der Leine ist jedoch nicht in jedem Fall und unter allen Umständen ein geeignetes Mittel, um vorhersehbar die Gefährdung anderer Personen durch das Tier wirksam auszuschließen. Gerade in einem Gastgarten ist, wenn sich in diesem (wie am Vorfallstag, einem schönen Sonntagnachmittag) viele Personen - darunter Kinder - und andere Hunde befinden, diesem Erfordernis wegen der infolge der allgemeinen Lautentwicklung und Hektik gesteigerten Reizschwelle auch bei Tieren objektiv nur dann entsprochen, wenn dem Hund keine über den unmittelbaren Zugriffsbereich seines Halters hinausreichender Bewegungsfreiraum gelassen wird und sich dieser darüber hinaus auch ständig im Blickfeld seines Halters befindet. Indem der Beschwerdeführer aber seinen Hund einerseits an einer zu langen Leine und anderseits hinter sich am Sessel angeleint gehalten hat, hat er dieses objektive Sorgfaltsgebot mißachtet und sohin fahrlässig und damit schuldhaft gehandelt.

Der Umstand, daß der neunjährige Hund des Beschwerdführers bislang dritte Personen tatsächlich nicht gefährdet hat, vermag den Grad der Fahrlässigkeit hingegen lediglich zu mildern, nicht jedoch gänzlich auszuschließen, weil dies ansonsten zu der unvertretbaren Konsequenz führen würde, daß ein Verschulden in der Regel stets erst dann angenommen werden könnte, wenn zuvor eine Personengefährdung bereits einmal tatsächlich realisiert worden ist.

Die belangte Behörde ist daher im Ergebnis zu Recht von der Strafbarkeit des Beschwerdeführers ausgegangen.

4.4. Da die belangte Behörde bei der Strafbemessung die Grundsätze des § 19 VStG offensichtlich beachtet hat und - wie das Beweisverfahren ergeben hat - auch von einer zutreffenden Einschätzung der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschwerdeführers ausgegangen ist, kann ihr vom unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich sohin auch nicht darin entgegengetreten werden, wenn diese die Verhängung einer ohnedies im untersten Sechzigstel des gesetzlichen Strafrahmens gelegenen Geldstrafe als in gleicher Weise tat- und schuldangemessen gefunden hat.

4.5. Aus allen diesen Gründen war daher die vorliegende Beschwerde gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG abzuweisen und das angefochtene Straferkenntnis zu bestätigen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Beschwerdeführer gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 10% der verhängten Geldstrafe, d.s. 30 S, sowie ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in Höhe von 20% der verhängten Geldstrafe, d.s. 60 S, sohin insgesamt in einer Höhe von 90 S vorzuschreiben.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann von den Parteien des Verfahrens (§ 51d VStG) innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Grof 6

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