Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-230101/11/Br/La

Linz, 11.09.1996

VwSen - 230101/11/Br/La Linz, am 11. September 1996 DVR.0690392 - &

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr.Bleier über die Berufung des Herrn G, vom 24. Juli 1992, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Baden vom 16. Juli 1992, Zl.: 3-14392 1.) wegen Übertretung des Art. IX Abs.1 Z.1 EGVG u. 2.) des Art. IX Abs.1 Z.2 EGVG verhängten Strafen, zu Recht:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird bestätigt.

II. Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten erster Instanz für das Berufungsverfahren einen Kostenbeitrag in Höhe von 800 S (20% der verhängten Geldstrafe) zu entrichten.

Rechtsgrundlage:

Zu I. Art. IX Abs.1 Z.1 u. 2 des Einführungsgesetzes zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 1991, BGBl.Nr.50 - EGVG, § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl.Nr.51/1991 - AVG i.V.m. § 19, § 24, § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr.52/1991 - VStG.

Zu II. Verfahrenskostenbeitrag § 64 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Baden hat mit Straferkenntnis vom 16.Juli 1992 über den Berufungswerber wegen der ihm angelasteten Übertretung des Art. IX Abs.1 u. 2 eine Geldstrafe von je 2.000 S und für den Nichteinbringungsfall je 72 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil er am 4.4.1992 zw. 01.00 Uhr und 01.06 Uhr in 4020 Linz, auf der Makartstraße auf dem Gehsteig vor dem Haus auf der Grünfläche und der Fahrbahn 1. durch sein Verhalten, welches geeignet gewesen ist, Ärgernis zu erregen, die Ordnung an einem öffentlichen Ort gestört habe, indem er lautstark herumgeschimpft und einen Polizeibeamten tätlich angegriffen hätte, 2. sich ungeachtet vorangegangener Abmahnung gegenüber Organen der öffentlichen Aufsicht, während diese Personen in rechtmäßiger Ausübung des Amtes sich befunden haben, ungestüm benommen, indem er die Beamten heftig weiterbeschimpft hätte, tätlich angegriffen hätte und dabei wild mit den Händen gestikuliert hätte.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber durch seinen ausgewiesenen Rechtsfreund rechtzeitig Berufung erhoben. Er führt hiezu sinngemäß aus, er bestreite die ihm zur Last gelegten Übertretungen. Zum einen sei festzuhalten, daß im angefochtenen Bescheid keine wie immer geartete Beweiswürdigung stattgefunden habe und die Erstbehörde sich in keiner Weise festgelegt habe, auf welche Feststellungen aus dem Akt ihr Schuldspruch gründete. Die Anführung "war das Verfahren ohne weitere Anhörung durchzuführen" vermöge ordnungsgemäße Feststellungen nicht zu ersetzen. Der Einschreiter beantrage aus Zweckmäßigkeitsgründen die Unterbrechung des Verfahrens gemäß § 38 AVG bis zum rechtskräftigen Abschluß des Verwaltungsstrafverfahrens (gemeint wohl Gerichtsverfahren) gegen die Beschuldigten G und M. Aufgrund der obigen Ausführungen werde primär die oben genannte Aussetzung nach § 38 AVG beantragt, in eventu wolle die Berufungsbehörde dieser Berufung Folge geben, in Anbetracht eines Bescheides aufhören (nunmehr offenkundig fehlerhafte Übertragungen) und das Verwaltungsstrafverfahren gem. § 45 AVG einstellen, in eventu das angebotenen Strafbekenntnis aufheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an die erste Instanz zurückverweisen.

3. Die Erstbehörde hat vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung nicht Gebrauch gemacht. Es ist somit die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da keine 10.000 S übersteigende Strafe verhängt worden ist, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt der Bezirkshauptmannschaft Baden, Zl.: 3-14392/1992, fernmündliche Einholung einer Auskunft hinsichtlich des Sachausganges betreffend des im gegenständlichen Zusammenhang gegen den Berufungswerber eingeleiteten strafgerichtlichen Verfahrens beim Landesgericht Linz, Zl.: 34a EHv 46/92 und der anläßlich der Durchführung der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 11.9.1992 vernommenen Zeugen, Der Berufungswerber konnte persönlich zur Sache nicht vernommen werden, da er nicht persönlich, wohl aber durch Rechtsfreund vertreten war.

4.1. Sohin ist es erwiesen, daß der Berufungswerber als Beifahrer des von M gelenkten Fahrzeuges im Verlaufe der von Organen der Polizeidirektion Linz durchgeführten Fahrzeug- u. Lenkerkontrolle sich vorerst mehrfach in die Amtshandlung durch Dazwischenreden eingemischt hatte. In weiterer Folge der Berufungswerber die amtierenden Sicherheitswachebeamten angebrüllt hatte und die bzw. einen Beamten als Trottel(n), Wichser und Arschlöcher beschimpfte. Nach erfolgter Abmahnung wurde dieses Verhalten in ausfälligster Art und Weise fortgesetzt bis schließlich die Festnahme auch wegen des Verdachtes der Begehung einer mit gerichtlicher Strafe bedrohten Handlung ausgesprochen wurde. Im strafgerichtlichen Verfahren wurde der Berufungswerber wegen des Vergehens nach § 269 StGB zu einer unbedingten achtmonatigen Freiheitsstrafe verurteilt, wobei die Strafe jedoch noch nicht rechtskräftig ist.

4.2. Diese Feststellungen gründen in den schlüssigen, den Denkgesetzen entsprechenden und sohin in jedweder Beziehung glaubwürdigen Angaben der diesbezüglich, auch im Berufungsverfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich unmittelbar zeugenschaftlich vernommenen Meldungsleger,.

Die erstgenannten Zeugen führen zur Sache inhaltlich aus, wie es bereits in der Meldung detailliert dargelegt worden ist. Sie vermochten auf die gestellten Fragen spontan zu antworten und wurde so der Eindruck vermittelt, daß ihnen der Vorfall noch lebhaft in Erinnerung ist. Aber auch die Aussage der Zeugin B läßt keinen Zweifel daran, daß es dem Berufungswerber um das "Schmähen" der Beamten gegangen ist, wobei sie mehrfach auf den Berufungswerber beruhigend und beschwichtigend einzuwirken suchte, was jedoch vergeblich war. Das die Zeugin glaubte, es seien nicht sämtliche von den einschreitenden Beamten angeführten "Verbalinjurien" gefallen, ist nicht als Widerspruch zu den Angaben der Beamten zu erachten, zumal die Zeugin letztlich ja selbst der Amtshandlung offenkundig emotionalisiert, auch als Beteiligte, beiwohnte und ihr Aufmerksamkeitshorizont daher einseitig beeinträchtigt gewesen sein mag. Für die Tatbestandsmäßigkeit der Tathandlung würde jedoch schon, entgegen der Verantwortung des Beschuldigten, alleine die aus der Aussage der Zeugin B zum Ausdruck kommende Verhaltensweise des Berufungswerbers genügen. Die Ordnungsstörung ist dadurch als erwiesen zu erachten, daß einerseits laut Angaben des Zeugen Insp. S zwei oder drei Schaulustige den Vorfall beobachtet hatten, andererseits der Vorfall sich unmittelbar im Bereich einer Wohnhausanlage abspielte.

5. Hiezu hat der unabhängige Verwaltungssenat rechtlich erwogen:

5.1. Eine Verwaltungsübertretung gemäß Art. IX Abs.1 Z.1 u. Z.2 begeht, wer 1. durch ein Verhalten das Ärgernis zu erregen geeignet ist, die Ordnung an öffentlichen Ort stört, 2. sich ungeachtet vorausgegangener Abmahung gegenüber einem Organ der öffentlichen Aufsicht oder gegenüber einer Militärwache, während sich diese Person(en) in rechtmäßiger Ausübung des Amtes oder Dienstes befinden, ungestüm benimmt! 5.1.1. Das unter Pkt. 4.1. in aller Kürze umschriebene Verhalten erfolgte an einem öffentlichen Ort und war hinsichtlich seiner Intensität so gestaltet, daß hiedurch jenes Ausmaß der tatbestandsmäßigen, negativen Auswirkung, nämlich, jener ungeschriebenen Regel die für das Verhalten des Einzelnen in der Öffentlichkeit, deren Befolgung als unentbehrliche Voraussetzung für ein gedeihliches Miteinanderleben der Menschen anzusehen ist, bei weitem überstiegen hat und hinsichtlich seiner störenden Wirkung (abstrakt beurteilt) als geradezu exzessiv zu bezeichnen ist. Hiezu ist es nicht erforderlich, daß das Verhalten zu Aufsehen, den Zusammenlauf von Menschen ua. führt. Es muß vielmehr nur unmittelbar oder mittelbar zur Folge haben, daß ein Zustand geschaffen wird, der geordneten Verhältnissen an einen öffentlichen Ort widerspricht. Das zur Last liegende Verhalten war hiezu in geradezu typischer Weise geeignet. (VwGH 25.10.1948, Slg. 543A, 9.7.1984, 84/10/0080 u. VwGH 12.12.1983, 82/10/0004 ua.).

5.2. Hinsichtlich der Z. 2. leg.cit. hat,"ein sowohl in der Sprache als auch in der Bewegung der gebotenen Ruhe entbehrendes, mit ungewöhnlicher Heftigkeit verbundenes Verhalten" vorgelegen und ist dieses ohne jeglichen Zweifel dem Tatbestand subsumierbar (VwGH 1.3.1979, 873/78 uva.). Trotz mehrfach erfolgter Abmahnung wurde in diesem gesetzwidrigen Verhalten verharrt. Die rechtspolitische Zielsetzung dieser Norm ist es, einen speziellen Schutz jenen Organen der öffentlichen Aufsicht zu gewähren, welche in ihrer überwachenden und beaufsichtigenden Funktion mit der Bevölkerung in einen unmittelbaren Kontakt kommen (siehe Hauer-Leukauf, Handbuch des österr. Verwaltungsrechtes; 4. Auflage, Prugg Verlag Eisenstadt, Seite 46).

5.3. Im Sinne des § 22 Abs.2 VStG ist das Kummulationsprinzip auch bei Zusammentreffen von einer Verwaltungsübertretung (hier Art.IX EGVG) und einer vom Gericht zu ahndenden strafbaren Handlung (hier § 269 StGB) anzuwenden (z.B. VwGH 25.5.1966 Slg. 6932 A).

6. Zur Strafzumessung ist anzumerken, daß die von der Erstbehörde verhängte Strafe keinesfalls zu hoch bemessen wurde. Mangels vorliegender Angaben wurde von einem mindestens durchschnittlichen Einkommen ausgegangen. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 - 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

Selbst wenn der Milderungsgrund der Unbescholtenheit vorliegt, so wird dieser doch durch die mit besonderer Intensität und Aggressivität getätigte Übertretungshandlung überwogen. Das Verhalten des Berufungswerbers hatte schließlich zum Inhalt, daß eine rechtmäßige Amtshandlung wesentlich erschwert, ja sogar vereitelt werden sollte. Sohin sind die das zur Last liegende Verhalten tragenden Beweggründe als verwerflich zu erachten und ist dies im Sinne des § 33 Zi.5 StGB als straferschwerend zu erachten. Ebenfalls erschwerend ist der Umstand, daß durch das Verhalten des Berufungswerbers letztlich auch die Fahrzeuglenkerin zu einer auf gleicher schädlicher Neigung beruhenden Verhaltensweise tätig wurde (§ 33 Zi.3 StGB). Die erschwerenden Umstände überwiegen sohin den wohl vorliegenden Milderungsgrund bei weitem, sodaß die Ausschöpfung des gesetzlichen Strafrahmens im Ausmaß von 2/3 jedenfalls berechtigt gewesen ist. Hinsichtlich des Verschuldens ist noch zu bemerken, daß der Berufungswerber ganz bewußt die Störung der Amtshandlung zum Ziel seines Verhaltens auserkoren hatte. Es liegt daher subjektiv tatseitig ein qualifiziertes, schuldhaftes Verhalten vor, welches eben die Zuwiderhandlung gegen rechtlich geschützte Werte sowie Rechte und Pflichten, die von der Rechtsordnung anerkannt sind, zum Inhalt gehabt hatte. Diese Strafe scheint nicht zuletzt auch aus Gründen der Spezialprävention erforderlich zu sein und möge sie als solche den Berufungswerber von weiteren derartigen Übertretungen abhalten und die Einsicht zu einer höheren Werthaltung gegenüber den Organen der öffentlichen Aufsicht und dem gesetzlich geschützten Wert der öffentlichen Ordnung fördern.

Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

7. Der Anspruch auf den Verfahrenkostenbeitrag gründet in der bezogenen Gesetzesstelle.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.Ö. Verwaltungssenat:

Dr. B l e i e r 6

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