Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-230160/10/Gf/Hm

Linz, 15.03.1993

VwSen-230160/10/Gf/Hm Linz, am 15. März 1993

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Berufung der S K gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wels vom 25. November 1992, Zl. IIISt-1337/92/SM, nach der am 3. März 1993 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird gemäß § 24 VStG iVm § 66 Abs. 4 AVG stattgegeben und das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben; das Strafverfahren wird gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG eingestellt.

II. Gemäß § 66 Abs. 1 VStG entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde sowie zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

1.1. Mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wels vom 25. November 1992, Zl. III-St-1337/92/SM, wurde über die Berufungswerberin eine Geldstrafe von 3.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 72 Stunden) verhängt, weil sie am 15. Jänner 1992 in erwerbsmäßige Tanzdarbietungen veranstaltet habe, ohne im Besitz einer entsprechenden behördlichen Bewilligung zu sein; dadurch habe sie eine Übertretung des § 2 Abs. 1 iVm § 11 Abs. 1 lit. d des Oö. Veranstaltungsgesetzes, LGBl.Nr. 7/1955, zuletzt geändert durch LGBl.Nr. 5/1990 (im folgenden: OöVeranstG) begangen, weshalb sie gemäß § 12 Abs. 1 lit. a iVm § 12 Abs. 2 OöVeranstG zu bestrafen gewesen sei.

1.2. Gegen dieses der Berufungswerberin am 2. Dezember 1992 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 16. Dezember 1992 - und damit rechtzeitig - zur Post gegebene Berufung.

2.1. Im angefochtenen Straferkenntnis führt die belangte Behörde begründend aus, daß der Tatbestand jener der Berufungswerberin zur Last gelegten Verwaltungsübertretung aufgrund eigener dienstlicher Wahrnehmung von Beamten des Arbeitsinspektorates für den 19. Aufsichtsbezirk in Wels als erwiesen anzusehen sei, sodaß demnach feststehe, daß die Berufungswerberin in ihrem Lokal erwerbsmäßige Tanzdarbietungen veranstaltet habe, ohne über eine entsprechende behördliche Bewilligung hiefür zu verfügen.

Bei der Strafbemessung seien - da eine Stellungnahme der Berufungswerberin im ordentlichen Ermittlungsverfahren unterblieben sei - deren Einkommensverhältnisse zu schätzen (monatliches Nettoeinkommen: 30.000 S) und die bisherige Unbescholtenheit der Berufungswerberin als strafmildernd zu werten gewesen.

2.2. Dagegen bringt die Berufungswerberin vor, daß der Umstand der Erwerbsmäßigkeit von der belangten Behörde überhaupt nicht erhoben worden sei. Außerdem widerspreche sich die Behörde selbst, wenn sie im angefochtenen Straferkenntnis einerseits ausführe, daß die Durchführung erwerbsmäßiger Tanzdarbietungen durch die Anzeige des Arbeitsinspektorates als erwiesen anzusehen sei, andererseits aber feststelle, daß zum Zeitpunkt der Kontrolle gar keine Tanzdarbietungen stattgefunden hätten, sondern dieser Tatbestand nur daraus geschlossen haben werde können, daß die Berufungswerberin angegeben hätte, daß einige ihrer Arbeitnehmerinnen Tänzerinnen seien. Schließlich habe die belangte Behörde auch nicht dargetan, weshalb die angeblichen Tanzdarbietungen rechtlich der Berufungswerberin zuzurechnen wären.

Aus allen diesen Gründen wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Strafverfahrens beantragt.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bundespolizeidirektion Wels zu Zl. III-St-1337/92 sowie im Wege der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu der als Partei die Vertreterin der belangten Behörde, Dr. E erschienen ist; die Berufungswerberin sowie die Zeugen W und B (Arbeitsinspektorat für den 19. Aufsichtsbezirk) sind trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erschienen. Deren Anzeige bzw. niederschriftliche Einvernahme im Strafverfahren vor der belangten Behörde war daher gemäß § 51g Abs. 3 Z. 4 VStG zu verlesen.

Im Zuge dieser Beweisaufnahme wurde folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt:

Die Berufungswerberin betreibt als handelsrechtliche Geschäftsführerin einer GmbH ein Geschäftslokal in. Am 15. Jänner 1992 führten die Zeugen in diesem Lokal eine Revision durch, in deren Zuge sie feststellten, daß sich darin im Erdgeschoß eine Bar, Sitzgelegenheiten und eine vom übrigen Teil dieses Raumes durch eine bis zur Decke reichende Glaswand abgegrenzte Tanzfläche, ein Büro und die WC-Anlage sowie im Obergeschoß sieben Massageräume befinden. Weiters hielten sich ein Kellner und acht Tänzerinnen bzw. Masseusen im Bereich der Theke auf. Eine tänzerische Darbietung wurde im Zeitpunkt der Kontrolle nicht durchgeführt. Über eine behördliche Bewilligung zur Durchführung von Tanzdarbietungen verfügt die GmbH der Beschwerdeführerin nicht. Vom Gendarmerieposten wurden auch die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse der Berufungswerberin erhoben, wonach diese Hälfteeigentümerin des verfahrensgegenständlichen Lokales sowie Eigentümerin zweier weiterer Häuser in Stadl-Paura und Lambach ist, ein monatliches Nettoeinkommen von 18.000 S bezieht und keine Sorgepflichten hat.

4. In der Sache selbst hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

4.1. Gemäß § 12 Abs. 1 lit. a iVm § 12 Abs. 2 OöVeranstG begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 100.000 S oder mit Freiheitsstrafe bis zu vier Wochen zu bestrafen, der eine verbotene Veranstaltung durchführt. Nach § 11 Abs. 1 lit. d iVm § 2 Abs. 1 OöVeranstG ist es verboten, eine erwerbsmäßige und daher bewilligungspflichtige Veranstaltung ohne behördliche Bewilligung durchzuführen.

4.2. Die Berufungswerberin ist mit ihrem dahingehenden Vorbringen, daß die belangte Behörde jegliche Ermittlungen darüber, inwiefern es sich im vorliegenden Fall - wenn man das Durchführen von Tanzveranstaltungen als gegeben annimmt - um eine erwerbsmäßige Veranstaltung gehandelt hat (nur solche unterliegen nach den oben unter 4.1. dargestellten Rechtsvorschriften der behördlichen Bewilligungspflicht und begründen im Falle ihrer Durchführung ohne Bewilligung eine entsprechende Strafbarkeit), unterließ. Weder aus der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses noch aus dem von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt geht hervor, ob bzw. daß zum Zeitpunkt der Revision Besucher anwesend gewesen wären und diese allgemein bzw. im konkreten Fall ein Entgelt für die Tanzdarbietungen zu entrichten gehabt hätten.

Gemäß § 44a Z 1 bis 3 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses u.a. die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Nach der hiezu ergangenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes darf sich die Behörde bei der Konkretisierung des Tatvorwurfes nicht darauf beschränken, bloß den Wortlaut der angewendeten Gesetzesbestimmungen widerzugeben; vielmehr sind insoweit hinsichtlich sämtlicher Tatbestandsmerkmale entsprechende wörtliche Umschreibungen erforderlich (vgl. z.B. VwGH v. 10. Juni 1992, Zl. 92/04/0055). Das angefochtene Straferkenntnis entspricht diesbezüglich also nicht den Anforderungen des § 44a Z. 1 VStG, weil in dessen Spruch das die Voraussetzung der Strafbarkeit bildende Tatbestandsmerkmal (anderes würde hingegen bezüglich der im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses gleichfalls fehlenden Geschäftsführereigenschaft der Berufungswerberin gelten: Insoweit handelt es sich nämlich nicht um ein Tatbestandsmerkmal, sondern um eine Frage der rechtlichen Qualifikation, hinsichtlich der keine Verjährung eintreten kann, sodaß eine entsprechende Spruchkorrektur durch die Berufungsinstanz auch noch nach Ablauf der Verjährungsfrist zulässig ist; vgl. z.B. VwGH v. 13. August 1989, Zl. 89/09/0011) der Erwerbsmäßigkeit nicht entsprechend konkretisiert ist.

Zwar könnte die Berufungsbehörde gemäß § 24 VStG iVm § 66 Abs. 4 AVG an sich den Spruch des erstbehördlichen Straferkenntnisses den Anforderungen des § 44a Z. 1 VStG entsprechend korrigieren (vgl. die nach h. Auffassung unzutreffende Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes, zuletzt z.B. VwGH v. 14. Jänner 1993, Zl. 92/09/0294). Dies widerspräche jedoch zum einen - wie der Oö. Verwaltungssenat in zahlreichen Entscheidungen bereits zum Ausdruck gebracht hat (vgl. z.B. VwSen-260022 v. 6. Juli 1992) schon allgemein dem aus Art. 6 Abs. 1 MRK abzuleitenden Prinzip des "fairen Verfahrens", mit dem eine Doppelfunktion des unabhängigen Verwaltungssenates als Anklage- und rechtsfindende Institution unvereinbar ist; zum anderen ist eine derartige Spruchkorrektur aber selbst nach der zuvor dargestellten Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes nur innerhalb der Frist zur Verfolgungsverjährung zulässig. Mangels einer spezialgesetzlichen Regelung im OÖVeranstG beträgt diese im gegenständlichen Fall gemäß § 31 Abs. 2 VStG sechs Monate. Da innerhalb dieser Frist seitens der belangten Behörde aber keine dem Anspruch des § 44a Z. 1 VStG genügende Verfolgungshandlung gesetzt wurde, konnte somit auch schon aus diesem Grunde keine Modifikation des Spruches des angefochtenen Straferkenntnisses durch den Oö. Verwaltungssenat erfolgen.

4.3. In der von der belangten Behörde in ihrem Straferkenntnis konkret zum Ausdruck gebrachten Form bildet die der Berufungswerberin zur Last gelegte Tat sohin keine Verwaltungsübertretung. Aus diesem Grund war der vorliegenden Berufung daher gemäß § 24 VStG iVm § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war der Berufungswerberin gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann von den Parteien des Verfahrens innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. G r o f

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