Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-230128/2/Gf/Hm

Linz, 07.10.1992

VwSen-230128/2/Gf/Hm Linz, am 7. Oktober 1992 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Alfred Grof über die Beschwerde des R N vertreten durch RA Dr. B, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Grieskirchen vom 3. September 1992, Zl. Pol-530/1992-Kü, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG insoweit Folge gegeben, als das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben wird.

II. Gemäß § 66 Abs. 1 VStG entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde und den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Grieskirchen vom 3. September 1992, Zl. Pol-530/1992-Kü, wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von 5.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 25 Stunden) verhängt, weil er es als Betreiber des "B im Haus V in N zugelassen habe, daß dort eine Prostituierte am 29. Februar 1992 einem Gast die Ausübung eines Geschlechtsverkehrs angeboten und somit die Prostitution angebahnt hätte, obwohl die Gemeinde N mit Verordnung vom 31. Oktober 1990 die Anbahnung und Ausübung der Prostitution in diesem Haus verboten habe; dadurch habe er einem anderen vorsätzlich die Anbahnung der Prostitution ermöglicht bzw. erleichtert, weshalb er gemäß § 7 VStG i.V.m. § 2 Abs. 3 lit. e und § 10 Abs. 1 lit. b des O.ö. Polizeistrafgesetzes, LGBl.Nr. 36/1979, zuletzt geändert durch LGBl.Nr. 94/1985 (im folgenden: OöPolStG) zu bestrafen gewesen sei.

1.2. Gegen dieses dem Beschwerdeführer am 7. September 1992 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 21. September 1992 - und damit rechtzeitig - zur Post gegebene Beschwerde.

2.1. Im angefochtenen Straferkenntnis führt die belangte Behörde begründend aus, daß der Beschwerdeführer das Haus V in der Gemeinde N mit Vertrag vom 12. Februar 1992 mit Wirkung vom 1. März 1992 gemietet und dort den sog. "B betrieben hätte. Aufgrund der Angaben des niederschriftlich einvernommenen Zeugen sei es weiter als erwiesen anzusehen, daß diesem am 29. Februar 1992 eine Prostituierte die Ausübung eines Geschlechtsverkehrs zu einem Preis von 1.000 S angeboten habe. Da der Beschwerdeführer als Betreiber des Clubs einerseits entsprechende Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt und andererseits keinerlei Vorkehrungen getroffen habe, dieses verbotswidrige Verhalten zu verhindern, sondern er sich vielmehr mit den gegebenen Umständen abgefunden und diese geduldet habe, sei ihm sohin vorsätzliches Handeln anzulasten.

Aus diesen Gründen sei er daher wegen Beihilfe zur Prostitution zu bestrafen gewesen.

Wie entsprechende Beschwerden aus der Bevölkerung gezeigt hätten, stelle die ungenehmigte Prostitution mit all ihren nachteiligen Folgen eine schwere Belastung des Zusammenlebens dar, sodaß der Unrechtsgehalt der Tat als hoch einzustufen gewesen sei. Erschwerungsgründe seien nicht hervorgekommen, während die bisherige Unbescholtenheit des Beschwerdeführers als mildernd zu werten gewesen sei. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschwerdeführers seien mangels entsprechender bzw. lediglich unglaubwürdiger Mitwrkung des Beschwerdeführers von der belangten Behörde zu schätzen gewesen (monatliches Nettoeinkommen: 30.000 S; kein Vermögen; Sorgepflicht für ein Kind).

2.2. Dagegen bringt der Beschwerdeführer vor, daß er das verfahrensgegenständliche Haus erst mit Wirkung vom 1. März 1992 gemietet und den Club auch erst mit diesem Tag zu betreiben begonnen habe, während sich der ihm zur Last gelegte Sachverhalt bereits am Vortag ereignet hätte; schon aus diesem Grunde könne er daher nicht strafrechtlich verantwortlich gemacht werden. Außerdem seien die im Club beschäftigten Animiermädchen bereits von der früheren Betreiberin jeweils ausdrücklich und schriftlich darauf hingewiesen worden, daß die Anbahnung und Ausübung der Prostitution in diesem Haus verboten sei. Zum fraglichen Zeitpunkt habe sich der Beschwerdeführer zwar in den Clubräumlichkeiten befunden, jedoch nichts von der Vereinbarung eines Geschlechtsverkehrs aufgefallen, weshalb er auch keine Vorkehrungen zu dessen Verhinderung habe treffen können. Schließlich habe er der Animierdame auch keine Räumlichkeiten zur Ausübung des Geschlechtsverkehrs zur Verfügung gestellt.

Aus allen diesen Gründen wird daher die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses bzw. die Einstellung des Strafverfahrens wegen Geringfügigkeit Strafhöhe beantragt.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen zu Zl. Pol/530/1992; da aus diesen der Sachverhalt hinreichend geklärt erschien und mit der vorliegenden Beschwerde lediglich eine unrichtige rechtliche Beurteilung durch die belangte Behörde geltendgemacht sowie ein entsprechender Antrag nicht gestellt wurde, konnte gemäß § 51e Abs. 2 VStG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

4. In der Sache selbst hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

4.1. Gemäß § 10 Abs. 1 lit. b i.V.m. § 2 Abs. 1 lit. e OöPolStG und i.V.m. § 7 VStG begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 200.000 S zu bestrafen, der es vorsätzlich einem anderen erleichtert, einer durch Verordnung der Gemeinde festgelegten Untersagung der Nutzung eines bestimmten Gebäudes zum Zweck der Anbahnung oder Ausübung der Prostitution - d.s. gemäß § 2 Abs. 1 OöPolStG Beziehungen zur sexuellen Befriedigung anderer Personen zu Erwerbszwecken - zuwiderzuhandeln.

Nach § 1 der Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde N vom 31. Oktober 1990 betreffend das Verbot der Anbahnung oder Ausübung der Prostitution, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel des Gemeindeamtes N vom 31. Oktober 1990 bis zum 16. November 1990, ist die Anbahnung oder Ausübung der Prostitution im Hause V verboten.

4.2. Aus dem von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt ergibt sich lediglich einerseits, daß der Beschwerdeführer bei seiner niederschriftlichen Einvernahme eingestanden hat, sich zum Vorfallszeitpunkt im Barbereich aufgehalten zu haben, und andererseits, daß der als Zeuge einvernommene Gast hinter der Bar einen blonden Mann, der schulterlanges Haar trug und bei dem es sich seiner Meinung nach um den Chef gehandelt haben dürfte, gesehen hat. Es trifft sohin zwar zu, daß der Beschwerdeführer nicht ausdrücklich bestritten hat, zum fraglichen Zeitpunkt der Betreiber des Clubs gewesen zu sein; dies allein berechtigt die belangte Behörde jedoch nicht dazu, daraus umgekehrt den Schluß eines entsprechenden Eingeständnisses zu ziehen. Vielmehr obliegt es der Behörde, anhand der vom Gesetz vorgegebenen Beweismittel den positiven Nachweis über das Zutreffen dieses Sachverhaltselementes zu führen.

Auch ansonsten deutet nichts darauf hin, daß der Beschwerdeführer bereits am Tattag tatsächlich als Betreiber des Clubs fungiert hätte. Insoweit geht nicht einmal aus der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses hervor, ob es sich beim Beschwerdeführer und dem vom einvernommenen Zeugen beschriebenen Mann um ein und dieselbe Person handelt. Lediglich in der Anzeige des Gendarmeriepostens N vom 9. März 1992, Zl. P-149/92, wird ohne nähere Begründung die Behauptung aufgestellt, daß der Beschwerdeführer "seit Ende Februar 1992" den verfahrensgegenständlichen Club betreibe. Dagegen ergeben sich aus dem Umstand, daß der vom Beschwerdeführer abgeschlossene Mietvertrag erst nach dem Vorfallstag in Wirksamkeit trat, gravierende Zweifel an der von der belangten Behörde ihrem Straferkenntnis zugrundegelegten Annahme, weil es zumindest nicht der allgemeinen Lebenserfahrung entspricht, daß jemandem schon vor dem Aufleben einer rechtlichen Befugnis eine - nur - auf diese gegründete Anordnungsbefugnis zukommt.

Nach Lage der Dinge war es sohin zum einen offensichtlich, daß der Klärung der Frage, ob er bereits zum Vorfallszeitpunkt als Betreiber des Etablissements fungierte, die tragende Bedeutung im Hinblick auf die allfällige Strafbarkeit des Beschwerdeführers zukommt; denn nur wenn der Beschwerdeführer in irgendeiner Form über die Räumlichkeiten zivilrechtlich verfügungsberechtigt und daher auch anordnungsbefugt war, konnte ihm auch in der von der belangten Behörde zum Vorwurf gemachten Form zur Last gelegt werden, einem anderen die Anbahnung der Prostitution erleichtert zu haben. Zum anderen waren auch deutlich sichtbare Zweifel am Vorliegen dieser Voraussetzung gegeben.

Wie bereits ausgeführt, hat die belangte Behörde selbst die Klärung dieser Zweifelsfrage jedoch offensichtlich nicht mit der für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit vorgenommen. Andererseits erachtet es der O.ö. Verwaltungssenat - wie er in nunmehr bereits ständiger Rechtsprechung dargetan hat (vgl. z.B. VwSen-260022 v. 6.7.1992 m.w.N.) - jedoch schon im Hinblick auf seine von Verfassungs wegen vorgegebene Funktion als eine Einrich tung der Rechtmäßigkeitskontrolle (vgl. Art. 129 B-VG) und ein Garant des fairen Verfahrens (Art. 6 Abs. 1 MRK) nicht als seine Aufgabe, offenkundige und auf den Tatsachenbereich bezügliche Unzulänglichkeiten des Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde aus eigenem heraus zu sanieren, wäre doch damit untrennbar eine Tätigkeit auch als Strafverfolgungsorgan verbunden, welche Position ihm jedoch schon allein mit Blick auf Art. 6 Abs. 1 MRK nicht zukommen kann. Zudem erschiene der Beschwerdeführer dadurch, daß ihm ansonsten faktisch die Möglichkeit genommen würde, sich auch bereits im Verfahren vor der belangten Behörde gegen den erhobenen Tatvorwurf ausreichend zu verteidigen, auch in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt.

4.3. Konnte somit im Zweifel zugunsten des Beschwerdeführers nicht davon ausgegangen werden, daß dieser am Tattag tatsächlich schon als Betreiber des verfahrensgegenständlichen Clubs fungierte, war das angefochtene Straferkenntnis gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG schon aus diesem Grund aufzuheben; ob eine weitere Verfolgung des Beschwerdeführers zulässig oder im Hinblick auf eine allenfalls bereits eingetretene Verfolgungsverjährung ausgeschlossen ist, hat die belangte Behörde hingegen aus eigenem zu beurteilen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Beschwerdeführer gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder für das Verfahren vor der belangten Behörde noch für das Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ein Kostenbeitrag vorzuschreiben.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann von den Parteien des Verfahrens (§ 51d VStG) innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden; diese muß von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat: Dr. Grof 6

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