Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-230150/9/Bi/Shn

Linz, 14.05.1993

VwSen - 230150/9/Bi/Shn Linz, am 14. Mai 1993 DVR.0690392 - &

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des E, vom 27. November 1992 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 19. November 1992, Sich96/141/1992/Oe/He, zu Recht:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Verfahrenskostenbeiträge sind nicht zu entrichten.

Rechtsgrundlage: zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51, 44a Z1 und 45 Abs.1 Z3 VStG, Art.IX Abs.1 Z1 EGVG. zu II.: § 66 VStG. Entscheidungsgründe:

zu I.: 1. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat mit Straferkenntnis vom 19. November 1992, Sich96/141/1992/Oe/He, über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretung gemäß Art.IX Abs.1 Z1 EGVG eine Geldstrafe von 1.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden verhängt, weil er am 1. März 1992 um 8.15 Uhr in O, die Ordnung an einem öffentlichen Ort gestört hat und sein Verhalten objektiv geeignet war, Ärgernis zu erregen, indem er zum oben angeführten Zeitpunkt in alkoholisiertem Zustand im Pub "Baster" in Ottensheim Herrn E ein Weinglas ins Gesicht schlug und diesen dadurch verletzte und dadurch auch andere Lokalgäste belästigt wurden. Weiters wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 100 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber rechtzeitig Berufung erhoben, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Damit wurde die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates ausgelöst, der, da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte unterbleiben, weil bereits aus der Aktenlage ersichtlich war, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben war (§ 51e Abs.1 VStG).

3. Der Rechtsmittelwerber macht im wesentlichen geltend, die Erstinstanz habe deshalb unberechtigterweise festgestellt, daß er Herrn E das Glas mit voller Wucht ins Gesicht geworfen habe, weil das Strafverfahren wegen Körperverletzung noch nicht rechtskräftig erledigt sei. Für den Vorwurf gebe es keinen Zeugen, und der Zeuge W habe aufgrund seines Standortes und der dämmrigen Beleuchtung im Lokal sowie der Tatsache, daß er gerade damit beschäftigt war, eine CD zu suchen, das Geschehnis kaum verfolgen können. Überdies sei ihm zur Last gelegt worden, Herrn E verletzt zu haben, wobei sich der Spruch des Straferkenntnisses ausschließlich auf die Körperverletzung beziehe, was aber nicht dem Tatvorwurf einer Ordnungsstörung entspreche. Zur Verfolgung von Körperverletzungen seien außerdem die Gerichte berufen, sodaß die Verwaltungsbehörde unzuständig sei. Vorsichtshalber werde auch die Strafhöhe bekämpft, da er als Starkstrommonteur 15.000 S monatlich verdiene und für seine Gattin und ein Kind sorgepflichtig sei. Er beantrage daher die Anberaumung einer mündlichen Berufungsverhandlung sowie ersatzlose Behebung des Straferkenntnisses, in eventu Reduzierung der Geldstrafe.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie den Akt U 72/92 des Bezirksgerichtes Urfahr-Umgebung.

Bei Durchsicht des Verwaltungsstrafaktes fällt auf, daß dem Rechtsmittelwerber innerhalb der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist zur Last gelegt wurde, er habe zur angeführten Zeit am angeführten Ort die Ordnung an einem öffentlichen Ort gestört und sein Verhalten sei objektiv geeignet gewesen, Ärgernis zu erregen, in dem er zum angeführten Zeitpunkt in alkoholisiertem Zustand im Pub "B" in Ottensheim Herrn E ein Weinglas ins Gesicht schlug und diesen dadurch verletzte.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei einer Übertretung der Ordnungsstörung durch ein Verhalten, das Ärgernis zu erregen geeignet ist, um ein Erfolgsdelikt. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 25. November 1991, 91/10/0207, unter anderem ausgeführt, daß das Tatbestandsmerkmal der tatsächlichen Störung der öffentlichen Ordnung nur dann verwirklicht ist, wenn das Verhalten des Beschuldigten von anderen Personen als den unmittelbar betroffenen wahrgenommen werden konnte. Dieses Element der Straftat ebenso wie die Tatsache, daß diese Personen daran Ärgernis genommen haben, ist im Spruch anzuführen.

Daraus folgt aber, daß der entsprechende, ausreichend konkretisierte Tatvorwurf bereits vor Eintritt der Verfolgungsverjährung erfolgen muß. Im gegenständlichen Fall ist dieses wesentliche Tatbestandselement weder in der Strafverfügung vom 29. Juni 1992 enthalten, noch in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 27. August 1992. Weitere Verfolgungshandlungen wurden seitens der Erstinstanz nicht gesetzt, insbesondere auch keine Zeugen einvernommen, obwohl die Zeugin M am 1. März 1992 beim Gendarmerieposten Ottensheim angegeben hat, auch über sie habe sich plötzlich ein Glas Wein ergossen und sie sei außer sich gewesen, weil sie Wein in die Augen bekommen und befürchtet habe, sie würde die Kontaktlinsen verlieren. Daß nunmehr im Straferkenntnis der Schuldvorwurf darauf ausgedehnt wurde, daß durch den Vorfall auch andere Lokalgäste belästigt wurden, ist deshalb irrelevant, weil die Verfolgungsverjährungsfrist mit 1. September 1992 abgelaufen ist und das Straferkenntnis erst danach erlassen wurde.

Kein Tatbestandsmerkmal des Art.IX Abs.1 Z1 EGVG stellt hingegen der Schuldvorwurf dar, die Ordnung sei durch den Beschuldigten deshalb gestört worden, weil er in alkoholisiertem Zustand Herrn E ein Weinglas in das Gesicht schlug und "dieser dadurch verletzt wurde". Den Argumenten des Rechtsmittelwerbers ist diesbezüglich insofer zuzustimmen, als die Verletzung des Zeugen eine Folge des ärgerniserregenden Verhaltens des Rechtsmittelwerbers war. Die Schnittwunden im Gesicht des Zeugen bedingen aber nicht die letztlich vorgeworfene Ordnungsstörung, sondern sind von den Gerichten unter einem anderen Blickwinkel zu prüfen. Inwieweit von dem Vorfall nicht nur Herr E betroffen war, sondern tatsächlich die Ordnung gestört und bei anderen Personen (als Herrn E) tatsächlich Ärgernis erregt wurde, ergibt sich aus dem Spruch des Straferkenntnisses nicht, obwohl in der Begründung sehr wohl darauf bezug genommen wurde, daß zB auch Frau K als unbeteiligter Gast ein Glas Wein ins Gesicht geschüttet wurde. Die Tatumschreibung in der Begründung des Straferkenntnisses reicht im Sinne der Bestimmungen des § 44a Z1 VStG aber nicht aus.

Da dem Rechtsmittelwerber im Hinblick auf die oben angeführten Überlegungen innerhalb der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist kein ausreichender Tatvorwurf gemacht wurde, und dieser Umstand auch nicht nachholbar ist, war spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.: Der Entfall der Verfahrenskosten ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Bissenberger 6

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