Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-230153/3/Br/La

Linz, 21.12.1992

VwSen - 230153/3/Br/La Linz, am 21. Dezember 1992 DVR.0690392 - &

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung von M, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 19.10.1992, Zl. St.-5.914/92-B, wegen Übertretung des Fremdenpolizeigesetzes, zu Recht:

I. Der gegen das Strafausmaß gerichteten Berufung wird Folge gegeben und die Strafe auf 800 S, im Nichteinbringungsfall 20 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe, herabgesetzt; demzufolge ermäßigen sich die erstinstanzlichen Verfahrenskosten auf 80 S.

II. Für das Berufungsverfahren entfallen sämtliche Kostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 2 Abs.1 Z.1 und Abs.2 Z.2 des Fremdenpolizeigesetzes, BGBl.Nr. 75/1954, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 406/1991 (im folgenden FrPG) i.V.m. § 14b Abs.1 Z.4 FrPG; § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl.Nr. 51/1991 - AVG 1991 i.V.m. § 24, § 51 Abs.1, § 51e Abs.2 und § 64 Abs.1 und 2 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52.

Zu II.: § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit Straferkenntnis vom 19.10.1992 über den Berufungswerber wegen der ihm angelasteten Übertretung des § 2 FrPG i.V.m. § 14b Abs.1 Z.4 FrPG eine Geldstrafe von 3.000 S und für den Nichteinbringungsfall 10 Tage Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil er als Fremder i.S.d. § 1 Z.1 des FrPG sich seit 31.7.1991 unrechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten habe, da in seinem Reisedokument kein gültiger Sichtvermerk eingetragen gewesen sei.

1.1. Begründend führte die Erstbehörde sinngemäß aus:

Das Begehren in der Stellungnahme um Einstellung des Verfahrens in Anwendung des § 21 VStG sei rechtlich unklar und widersprüchlich. Die Voraussetzungen für die Anwendung des § 21 lägen nicht vor. Es läge weder ein geringfügiges Verschulden vor, noch wären die Folgen der Übertretung unbedeutend. Es wäre jedem Fremden zumutbar, alles zu unternehmen um rechtzeitig einen Sichtvermerk zu erlangen. Wenn der Berufungswerber nach einem mehr als einjährigen Aufenthalt im Bundesgebiet hiefür immer noch nicht gesorgt habe, so könne von einem geringfügigen Verschulden keine Rede sein, da der Staat ein Recht auf Regelung der Einwanderung und des Aufenthaltes von Fremden im Bundesgebiet habe, seien auch die Folgen nicht unbedeutend.

2. Dagegen wendet der Berufungswerber in seiner Berufungsausführung sinngemäß ein, daß die Voraussetzungen des § 21 VStG für ein Absehen einer Bestrafung gegeben seien. Sein Verschulden an der ihm zur Last liegenden Übertretung sei geringfügig. Auch habe die Tat keinerlei nachteilige Folgen nach sich gezogen. Er sei als politischer Flüchtling nach Österreich gekommen. Sein Asylantrag sei abgelehnt worden. Dies ändere doch nichts daran, daß er keine Möglichkeit habe, mit seiner Familie nach Rumänien zurückzukehren. Er sei bemüht gewesen, seinen Aufenthalt auf eine legale Basis zu stellen. Es könne daher jedenfalls von einem geringfügigen Verschulden gesprochen werden. Die Tat habe tatsächlich keine nachteiligen Folgen nach sich gezogen. Dies könne wohl nicht ernsthaft behauptet werden. Er sei in keiner Weise in Österreich negativ in Erscheinung getreten und habe für eine Ordnung seiner Lebensverhältnisse gesorgt, sodaß die Tat tatsächlich keine negativen Folgen gehabt habe. Er beantrage daher die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens bzw. die Anwendung des § 21 VStG. Hilfsweise wende er sich gegen die Strafhöhe.

3. Die Berufung ist rechtzeitig eingebracht worden. Die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich zur Sachentscheidung ist gegeben. Da eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde, hat der Verwaltungssenat durch ein Einzelmitglied zu erkennen. Weil in der Berufung lediglich eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wird und in diesem Zusammenhang nur die verhängte Strafe in Beschwer gezogen wird, war eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht anzuberaumen (§ 51e Abs.2 VStG). Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde in der Berufung nicht ausdrücklich verlangt.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in den Akt der Erstbehörde. Ferner wurden im Wege des Rechtsvertreters des Berufungswerbers ergänzende Mitteilungen zu den allseitigen Verhältnissen des Berufungswerbers eingeholt. Erhoben wurden auch die Meldedaten im Wege der Bundespolizeidirektion Linz.

4.1. Folgendes Beweisergebnis liegt vor:

Der Berufungswerber ist seit 31.7.1991 ohne Aufenthaltsberechtigung bzw. Sichtvermerk im Bundesgebiet aufhältig. Die Erteilung des Sichtvermerkes unterblieb, weil der Berufungswerber es unterlassen hatte, die erforderlichen Unterlagen der Behörde vorzulegen. Der Berufungswerber hat glaubhaft gemacht, daß seine Ehefrau einer Beschäftigung nachgeht und monatlich 8.000 S verdient, sodaß hiedurch der Lebensunterhalt gewährleistet ist. Er ist p.A. L aufrecht gemeldet.

5. Rechtlich war daher für den unabhängigen Verwaltungssenat wie folgt zu erwägen:

Zum rechtmäßigen Aufenthalt eines Fremden im Bundesgebiet bedarf es der Erteilung eines Sichtvermerkes oder einer per Bescheid erteilten Aufenthaltsbewilligung. Der Berufungswerber hätte vor Ablauf des seinerzeit erteilten und bis 30.7.1991 gültigen Sichtvermerkes einen neuerlichen Sichtvermerk zu erwirken gehabt. Der Aufenthalt eines Fremden im Bundesgebiet ist nach Ablauf des Sichtvermerkes während der Dauer des Verfahrens auf Ausstellung eines neuen Sichtvermerkes, unabhängig davon, ob der Fremde vor oder nach Ablauf des Sichtvermerkes den Antrag auf Erteilung eines weiteren Sichtvermerkes gestellt hat, ein unerlaubter (VwGH 23.4.1990, 90/19/0155, VwGH 29.5.1985, 84/01/0381).

5.1. Zur Strafzumessung ist auszuführen, daß Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen ist, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat (§ 19 Abs.1 VStG). Im ordentlichen Verfahren sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist insbesonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 - 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Zum Verschulden ist auszuführen, daß der Aufenthalt im Bundesgebiet aufrechterhalten wurde, obwohl dem Berufungswerber bewußt war, daß der Sichtvermerk abgelaufen war. Die in der Person des Berufungswerbers gelegenen Umstände, nämlich die erklärte Absicht um Asyl anzusuchen und den Aufenthalt auf eine legale Basis zu stellen, waren bei der Beurteilung des Verschuldens zu berücksichtigen und es sind darin "achtenswerte Gründe" zu erblicken, welche es dem Berufungswerber aus der Sicht der Praxis schwer ermöglicht hatten, die gegenständliche Übertretung nicht zu begehen. Selbst wenn aus dieser Sicht das Verschulden als geringfügig angesehen werden kann, können nicht die Folgen der Übertretung als geringfügig erachtet werden. In der Befolgung der fremdenpolizeilichen Bestimmungen liegt ein nicht unbedeutendes staatliches Interesse, sodaß eine diesbezügliche Übertretung hinsichtlich ihres objektiven Unrechtsgehaltes als nicht unbedeutend erachtet werden kann. Schon von Gesetzes wegen kann daher von der Verhängung einer Strafe nicht abgesehen werden. Auch eine Ermahnung kommt sohin nicht in Betracht (so auch im letztzitierten Erkenntnis des VwGH vom 29.5.1985, sowie VwGH 16.3.1987, 87/10/0024).

Die nunmehr verhängte Strafe erscheint schuldangemessen, wobei insbesonders die verhängte Ersatzfreiheitsstrafe entsprechend dem Verhältnis zur verhängten Geldstrafe anzupassen gewesen ist.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. B l e i e r 6

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