Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-230155/3/Br/La

Linz, 16.12.1992

VwSen - 230155/3/Br/La Linz, am 16.Dezember 1992 DVR.0690392 - &

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung der Frau S, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 19.10.1992, St.-6.576/92-B, wegen Übertretung des Fremdenpolizeigesetzes, zu Recht:

I. Der Berufung wird insofern Folge gegeben als die Strafe auf 700 S, im Nichteinbringungsfall 15 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe, herabgesetzt wird; demzufolge ermäßigen sich die erstinstanzlichen Verfahrenskosten auf 70 S.

II. Für das Berufungsverfahren entfallen sämtliche Kostenbeiträge.

Rechtsgrundlage: Zu I.: § 2 Abs.1 Z.1 i.V.m. § 14b Abs.1 Z.4 des Fremdenpolizeigesetzes, BGBl.Nr. 75/1954, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 406/1991 (im folgenden FrPG); § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl.Nr. 51/1991 - AVG 1991 i.V.m. § 24, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.2 VStG.

Zu II.: § 65 VStG, BGBl.Nr. 52/1991 - VStG 1991.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit Straferkenntnis vom 19.10.1992 über die Berufungswerberin wegen der ihr angelasteten Übertretung des § 2 Abs.1 Z.1 und Abs.2 Z.2 i.V.m. § 14b Abs.1 Z.4 des FrPG eine Geldstrafe von 3.000 S und für den Nichteinbringungsfall 10 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil sie sich als Fremde i.S.d. § 1 Z.1 des Fremdenpolizeigesetzes seit 5.12.1991 unrechtmäßig im Bundesgebiet Österreich aufgehalten habe, da in ihrem Reisedokument kein gültiger Sichtvermerk eingetragen gewesen sei.

1.1. Begründend führte die Erstbehörde sinngemäß aus, daß die Voraussetzungen zur Anwendbarkeit des § 21 VStG nicht vorlägen. Es liege weder ein geringfügiges Verschulden vor, noch wären die Folgen der Übertretung unbedeutend geblieben. Es sei jedem Fremden zumutbar, alles zu unternehmen, um rechtzeitig einen Sichtvermerk zu erlangen. Wenn sich die Berufungswerberin nach monatelangem Aufenthalt im Bundesgebiet noch immer nicht um einen Sichtvermerk bemüht gehabt hätte, könne von einem geringfügigen Verschulden keine Rede sein. Auch seien die Folgen der Übertretung nicht unbedeutend geblieben, zumal der Staat ein Recht auf Regelung der Einwanderung und des Aufenthaltes von Fremden im Bundesgebiet habe.

2. Dagegen wendet die Berufungswerberin in ihrer Berufungsausführung sinngemäß ein, bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätte von einer Bestrafung in Anwendung des § 21 VStG Abstand genommen werden müssen. Ihr Verschulden sei nur geringfügig gewesen. Sie sei auf Grund eines gültig erteilten Sichtvermerkes nach Österreich eingereist. Auf Grund gravierender Veränderungen in ihrer Heimat in Erzincan habe sie nicht mehr, wie beabsichtigt, in ihre Heimat zurückkehren können und habe sie sich daher entschlossen, für längere Zeit in Österreich zu bleiben um den Lebensunterhalt für ihre Familie zu verdienen. Dies habe dazu geführt, daß sie um Verlängerung des Visums in Österreich angesucht habe. Der einzige Vorwurf der sie in diesem Zusammenhang treffe, sei daß sie nicht rechtzeitig vor Ablauf des ihr erteilten Sichtvermerkes um Verlängerung des Visums angesucht habe, sondern erst einige Wochen nach Ablauf der Gültigkeit des Sichtvermerkes. Aus den genannten Gründen sei ihr nur ein geringes Verschulden anzulasten. Sie habe seit ihrer Einreise in Österreich einen ordentlichen Wohnsitz in der G. Ebenso gehe sie seit mehreren Monaten einer geregelten Arbeit auf Grund einer erteilten Arbeitsbewilligung nach. Nachteilige Folgen seien durch diese Übertretung daher nicht gegeben, weshalb jedenfalls die Voraussetzungen für ein Absehen von der Strafe i.S.d. § 21 VStG erfüllt seien. Sie beantrage daher, das eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren einzustellen, in eventu die Strafe angemessen herabzusetzen.

3. Da nur eine 10.000 S nicht übersteigende Strafe verhängt wurde, hat der unabhängige Verwaltungssenat durch ein Einzelmitglied zu entscheiden, weil von der Berufungswerberin nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wird und ferner sich die Berufung nur gegen das Strafausmaß und in diesem Zusammenhang eine unrichtige rechtliche Beurteilung richtet, war die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung nicht erforderlich.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in den Berufungsakt, sowie durch Einholung der allseitigen Verhältnisse im Wege des Berufungswerbervertreters.

4.1. Von folgendem Beweisergebnis ist auszugehen:

Die Berufungswerberin hält sich seit dem angeführten Zeitpunkt ohne gültigen Sichtvermerk im Bundesgebiet auf. Dies läßt sie unbestritten. Wegen der Umstände in ihrer Heimat und der sie treffenden Sorgepflichten für ihre zwei Kinder, sie länger in Österreich zu bleiben und hat sie um Verlängerung ihres Visums angesucht. Es ist ferner glaubhaft, daß die Berufungswerberin über ein Monatseinkommen von 8.000 S verfügt.

5. Rechtlich war für den unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wie folgt zu erwägen:

5.1. Der rechtmäßige Aufenthalt eines Fremden im Bundesgebiet setzt gemäß § 5 Abs.2 FrPG die Erteilung eines Sichtvermerkes oder eine per Bescheid erteilte Aufenthaltsbewilligung voraus. Der bloße Antrag auf Ausstellung eines Sichtvermerkes vermag der gesetzlich normierten Verpflichtung nicht Genüge zu tun. Der Aufenthalt eines Fremden im Bundesgebiet ist nach Ablauf des Sichtvermerkes auch während der Dauer des Verfahrens auf Ausstellung eines neuen Sichtvermerkes, unabhängig davon, ob der Fremde vor oder nach Ablauf des Sichtvermerkes den Antrag auf Erteilung eines weiteren Sichtvermerkes gestellt hat, ein unerlaubter (VwGH 23.4.1990, Zl.90/19/0155, sowie VwGH 29.5.1985, Zl. 84/01/0381).

Bei der Beurteilung des Schuldgehaltes ist jedoch zu berücksichtigen gewesen, daß immerhin "achtenswerte Gründe" zuzuerkennen sind, welche subjektiv tatseitig sehr wohl zu berücksichtigen gewesen sind. Diese Gründe liegen in der Sorgepflicht für die Kinder der Berufungswerberin, welche in der Türkei leben. Es muß in diesem Zusammenhang eingeräumt werden, daß die Berufungswerberin vermeint, dieser Pflicht von Österreich aus besser nachkommen zu können. Dieser Rechtfertigung liegt ein von der Rechtsordnung anerkanntes, bedeutendes Rechtsgut zugrunde. Das Bemühen der Berufungswerberin, das wider sie erlassene Aufenthaltsverbot zu bekämpfen, belegt in diesem Zusammenhang ihr diesbezügliches Bestreben. Ein die Strafbarkeit ausschließender Umstand vermag darin jedoch nicht erblickt zu werden.

Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen.

Schon aus rechtlichen Gründen wie auch aus Gründen der Spezial- aber auch der Generalprävention kann von der Verhängung einer Strafe nicht abgesehen werden und kann auch nicht mit einer Ermahnung als gelindestes Mittel einer Bestrafung das Auslangen gefunden werden. Wie die Erstbehörde zutreffend ausgeführt hat, liegt in der Regelung und im Vollzug des Fremdenwesens ein bedeutendes und mitgebotener Deutlichkeit schützenswertes Recht des Staates.

Selbst bei ungünstigen Einkommensverhältnissen und der Sorgepflicht für zwei minderjährige Kinder und der Berücksichtigung der Unbescholtenheit als Milderungsgrund, war die Verhängung einer Geldstrafe erforderlich, um den Unwertgehalt der Übertretung angemessen zu ahnden. Die Ersatzfreiheitsstrafe war dem Verhältnis der Strafrahmen anzupassen.

Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. B l e i e r 6

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