Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-230159/19/Gf/La

Linz, 13.07.1993

VwSen-230159/19/Gf/La Linz, am 13. Juli 1993 DVR 0690392

E r k e n n t n i s

Der Oö. Verwaltungssenat hat durch seine Kammer unter dem Vorsitz von Dr. Ilse Klempt, den Berichter Dr. Alfred Grof und den Beisitzer Dr. Gustav Schön über die Berufung der Anita F, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Schärding vom 3. November 1992, Zl. Pol/31/1992, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung und Verkündung am 8. Juli 1993 zu Recht erkasinnt:

I. Der Berufung wird gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG insofern stattgegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 40.000 S und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 8 Tage herabgesetzt werden; im übrigen wird diese hingegen abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß in dessen Spruch an die Stelle der Wortfolge "als außenvertretungsbefugtes Organ" die Wendung "als persönlich haftende und damit zur Vertretung nach außen befugte Gesellschafterin" zu treten und die Wortfolge "und es weiters unterlassen, der Stadtgemeinde Schärding die Aufnahme der Prostitution zwei Monate vor Beginn anzuzeigen" sowie die Zitierung "und d" im Zuge der verletzten Rechtsvorschriften zu entfallen hat.

II. Die Berufungswerberin hat gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG einen Beitrag zum Strafverfahren vor der belangten Behörde in Höhe von 4.000 S binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu leisten; die Vorschreibung eines Beitrages zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat hatte hingegen gemäß § 65 VStG zu unterbleiben.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Schärding vom 3. November 1992, Zl. Pol/31/1992, wurde über die Berufungswerberin eine Geldstrafe von 50.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 10 Tage) verhängt, weil sie als außenvertretungsbefugtes Organ einer Offenen Erwerbsgesellschaft in einem Gebäude, in dem ein Gastgewerbe ausgeübt wird, Räumlichkeiten für Zwecke der Anbahnung und Ausübung der Prostitution zur Verfügung gestellt und es unterlassen habe, dies der Gemeinde Schärding anzuzeigen; dadurch habe sie die Bestimmung des § 2 Abs. 3 lit. c des Oö. Polizeistrafgesetzes, LGBl.Nr. 36/1979, zuletzt geändert durch LGBl.Nr. 94/1985 (im folgenden: OöPolStG), einerseits und jene des § 2 Abs. 3 lit. d OöPolStG andererseits übertreten, weshalb sie gemäß § 10 Abs. 1 lit. b OöPolStG zu bestrafen gewesen sei.

1.2. Gegen dieses der Berufungswerberin am 17. November 1992 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 1. Dezember 1992 - und damit rechtzeitig - zur Post gegebene Berufung.

2.1. Im angefochtenen Straferkenntnis führt die belangte Behörde begründend aus, daß die Berufungswerberin nach den Wahrnehmungen des einschreitenden Sicherheitsorganes zum Tatzeitpunkt als persönlich haftende Gesellschafterin einer Offenen Erwerbsgesellschaft in der A einen Gastgewerbebetrieb unter der Bezeichnung "Dirty Dancing" betrieben habe, in dessen Räumlichkeiten Animierdamen der Prostitution nachgegangen seien; die in diesem Betrieb gelegenen Zimmer seien den Animierdamen von der Berufungswerberin gegen eine tägliche Miete von 200 S bis 500 S zur Ausübung des Geschlechtsverkehrs mit den Gästen gegen Entgelt zur Verfügung gestellt worden; eine Anzeige der Aufnahme dieser Tätigkeit an die Gemeinde Schärding sei nachweislich nicht erfolgt. Die Tatbestandsmäßigkeit des Verhaltens der Berufungswerberin sei daher als erwiesen anzusehen. Bei der Strafbemessung sei die gravierende Beeinträchtigung öffentlicher Interessen, die vorsätzliche Tatbegehung und als erschwerend das Vorliegen einer einschlägigen Vormerkung zu berücksichtigen gewesen, während Milderungsgründe nicht hervorgekommen seien. Unter Heranziehung der von der belangten Behörde geschätzten Einkommens-, Vermögensund Familienverhältnisse sei daher spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

2.2. Dagegen bringt die Berufungswerberin vor, daß der erhebende Gendarmeriebeamte als "agent provocateur" tätig geworden sei und die so erhobenen Beweisergebnisse nicht hätten verwertet werden dürfen. Gleiches gelte für die Aussage der einvernommenen Zeugen, weil sich diese nur auf deren Tätigkeitsbereich als Prostitutierte in Puchenau, nicht aber auf das hier verfahrensgegenständliche Lokal bezogen hätten und überdies unglaubwürdig seien. Außerdem habe die Berufungswerberin mit ihren Angestellten schriftlich vereinbart, daß die Ausübung der Prostitution in ihrem Lokal verboten sei. Schließlich sei die verhängte Geldstrafe als überhöht anzusehen.

Aus allen diesen Gründen wird daher die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses, in eventu die Herabsetzung der verhängten Geldstrafe beantragt.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Schärding zu Zl. Pol/31/1992 sowie im Wege der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu der als Parteien die Rechtsvertreter der Berufungswerberin und die Vertreter der belangten Behörde, Alfred Lechner und Mag. Gerhard Greiner, sowie die Zeugen BI F und B erschienen sind; die geladene Zeugin A ist unentschuldigt nicht erschienen.

Im Zuge dieser Beweisaufnahme wurde folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt als erwiesen festgestellt:

Am Samstag dem 28. März 1992 führte der Zeuge P gegen 22.00 Uhr über Auftrag der belangten Behörde eine Kontrolle des verfahrensgegenständlichen Lokales im Hinblick darauf, ob in diesem die Prostitution ausgeübt wird, durch. Das Lokal wurde an diesem Tag von der Berufungswerberin als persönlich haftende Gesellschafterin und damit als außenvertretungsbefugtes Organ der "Anita Feichtenschlager & Co OEG" geführt. Im Zuge dieser Kontrolle kam der Zeuge mit einer Dame namens "Andrea" ins Gespräch, bei der es sich um die zur öffentlichen mündlichen Verhandlung geladene, zu dieser jedoch unentschuldigt nicht erschienene Zeugin A gehandelt haben dürfte. Hiebei brachte der Zeuge in Erfahrung, daß im Lokal alkoholische Getränke gegen Entgelt ausgeschenkt werden. Die - wie seine Gesprächspartnerin - von der Berufungswerberin angestellten Animierdamen hatten einerseits die Gäste zum Konsum solcher Getränke zu bewegen und andererseits zu versuchen, mit diesen die Prostitution auszuüben. Zu diesem Zweck hatten die Animierdamen im ersten Stock des Hauses jeweils ein Zimmer gemietet, für das sie der Berufungswerberin einen Grundbetrag von 200 S als tägliche Miete zu entrichten hatten. Wurde mit einem Gast die Ausübung des Geschlechtsverkehrs vereinbart, so hatte die Animierdame der Berufungswerberin zusätzlich für eine halbe Stunde etwa 300 S und für eine ganze Stunde etwa 500 S bis 600 S Miete zu entrichten, während der Rest des vereinbarten Entgeltes ihr selbst verblieb. Diese Modalitäten wurden auch von der einvernommenen Zeugin L bestätigt. Im verfahrensgegenständlichen Haus waren außer den Animierdamen noch die Berufungswerberin und ihr Gatte sowie andere Angestellte (Tänzerinnen und Kellner) untergebracht.

Diese Sachverhaltsfeststellungen gründen sich auf die glaubwürdigen, in sich jeweils widerspruchsfreien und schlüssigen Angaben der beiden einvernommenen Zeugen. Soweit die Berufungswerberin demgegenüber vorbringt, nichts von der Ausübung der Prostitution in ihrem Haus gewußt und die Zimmer den Animierdamen nicht zu diesem Zweck zur Verfügung gestellt zu haben, erscheint diese Verantwortung als jeglicher Lebenserfahrung widersprechend und daher unglaubwürdig.

4. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß § 2 Abs. 3 lit. c iVm § 10 Abs. 1 lit. b OöPolStG begeht ua. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 200.000 S zu bestrafen, der in Gebäuden, in denen ein Gastgewerbe ausgeübt wird, Räumlichkeiten für Zwecke der Anbahnung oder Ausübung der Prostitution zur Verfügung stellt oder als Verfügungsberechtigter diese Verwendung gestattet oder duldet; eine Verwaltungsübertretung liegt jedoch nicht vor, wenn und solange die Prostitution in Gebäuden ausgeübt oder angebahnt wird, die ausschließlich von Personen bewohnt oder benützt werden, die die Prostitution ausüben.

Nach § 2 Abs. 3 lit. d iVm § 10 Abs. 1 lit. b OöPolStG begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 200.000 S zu bestrafen, der es unterläßt, der Gemeinde mindestens zwei Monate vor Aufnahme der Prostitution anzuzeigen, daß er - soweit dies nicht nach § 2 Abs. 3 lit. c OöPolStG verboten ist - beabsichtigt, ein Gebäude, eine Wohnung oder einzelne Räumlichkeiten für Zwecke der Anbahnung oder Ausübung der Prostitution zu nutzen oder zur Verfügung zu stellen.

Gesamthaft betrachtet handelt es sich somit um zwei einander jeweils ausschließende Strafdrohungen, wie schon der in § 2 Abs. 1 OöPolStG enthaltene explizite Verweis verdeutlicht. Da der Berufungswerberin nach der im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses enthaltenen Tatkonkretisierung offenkundig eine Übertretung des § 2 Abs. 3 lit. c OöPolStG zur Last gelegt wird, war der Tatvorwurf vom Oö. Verwaltungssenat im folgenden sohin ausschließlich unter diesem Aspekt zu prüfen, gleichzeitig aber auch die wegen einer Übertretung des § 2 Abs. 3 lit. d OöPolStG erfolgte Bestrafung schon aus diesem Grund aufzuheben, welcher Umstand auch bei der Strafbemessung entsprechende Berücksichtigung zu finden hatte (s.u., 4.4.).

4.2. Nach den obigen Sachverhaltsfeststellungen fungierte die Berufungswerberin zum Tatzeitpunkt als persönlich haftende Gesellschafterin einer OEG und war damit über die von dieser OEG an die Animierdamen vermieteten Räumlichkeiten verfügungsberechtigt. Indem die Berufungswerberin jene dazu anhielt, in diesen Räumlichkeiten die Prostitution auszuüben und hiefür auch ein im Vergleich zur normalen Miete höheres Entgelt einhob, hat sie die einschlägige Verwendung dieser Räumlichkeiten nicht nur gestattet oder geduldet, sondern die Zimmer auch im eigenen Interesse, nämlich um so einen größeren Gewinn zu erzielen, iSd § 2 Abs. 3 lit. c erste Alternative OöPolStG "zur Verfügung gestellt". Die Ausnahmebestimmung des § 2 Abs. 3 lit. c letzter Satz OöPolStG konnte im vorliegenden Fall deshalb nicht zum Tragen kommen, weil im verfahrensgegenständlichen Gebäude nicht nur Animierdamen, sondern auch andere Personen, nämlich die Berufungswerberin selbst und ihr Gatte sowie Kellner und Tänzerinnen, untergebracht waren.

Die Berufungswerberin hat daher tatbestandsmäßig iSd § 2 Abs. 3 lit. c iVm § 10 Abs. 1 lit. b OöPolStG gehandelt.

4.3. Indem die Berufungswerberin den Animierdamen ihre Räumlichkeiten vorsätzlich, ja sogar absichtlich zum Zweck der Ausübung der Prostitution zur Verfügung stellte, hat sie auch schuldhaft im Sinne des Tatvorwurfes gehandelt. Die Strafbarkeit der Berufungswerberin ist daher gegeben.

4.4. Im Zuge der Strafbemessung war zunächst hinsichtlich des Verschuldens der Berufungswerberin deren gesteigerter Vorsatz nämlich: Absichtlichkeit - bei der Tatbegehung zu berücksichtigen sowie in Rechnung zu stellen, daß durch die Tat jene durch die Strafdrohung geschützten öffentlichen Interessen an der Hintanhaltung der Verleitung von arglosen Besuchern einer Gaststätte zur Inanspruchnahme von Diensten von Prostituierten gravierend beeinträchtigt, ja geradezu konterkariert wurden. Mildernde Umstände sind nicht hervorgekommen. Als erschwerend waren hingegen nicht - wie die belangte Behörde angenommen hat: (bloß) eine, sondern - drei einschlägige rechtskräftige Vormerkungen zu berücksichtigen.

Obwohl der Berufungswerberin im Ergebnis nur die Begehung einer (und nicht - wie die belangte Behörde angenommen hat - zweier) Verwaltungsübertretung zur Last gelegt werden kann (s.o., 4.1.), erachtet es der Oö. Verwaltungssenat daher als nicht vertretbar, das von der Erstbehörde verhängte Strafausmaß um mehr als 10.000 S zu reduzieren.

4.5. Aus allen diesen Gründen war daher der vorliegenden Berufung gemäß § 24 VStG iVm § 66 Abs. 4 AVG insofern stattzugeben, als die verhängte Geldstrafe auf 40.000 S und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 8 Tage herabgesetzt werden; im übrigen war diese hingegen abzuweisen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe zu bestätigen, daß in dessen Spruch an die Stelle der Wortfolge "als außenvertretungsbefugtes Organ" die Wendung "als persönlich haftende und damit zur Vertretung nach außen befugte Gesellschafterin" zu treten (vgl. dazu auch die Aufforderung zur Rechtfertigung der BH Schärding vom 9. Juli 1992, Zl. Pol/31/1992) und die Wortfolge "und es weiters unterlassen, der Stadtgemeinde Schärding die Aufnahme der Prostitution zwei Monate vor Beginn anzuzeigen" sowie die Zitierung "und d" im Zuge der verletzten Rechtsvorschriften zu enfallen hat.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war der Berufungswerberin gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde in Höhe von 4.000 S vorzuschreiben; die Vorschreibung eines Beitrages zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat hatte hingegen gemäß § 65 VStG zu unterbleiben.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann von den Parteien des Verfahrens innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K l e m p t

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgewiesen;

VwGH vom 27.11.1995, Zl.: 93/10/0176

 

 

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