Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-230207/3/Schi/La

Linz, 20.04.1993

VwSen - 230207/3/Schi/La Linz, am 20. April 1993 DVR.0690392 - &

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Christian Schieferer über die Beschwerde des K, betreffend den Schubhaftbescheid der Bundespolizeidirektion Steyr vom 22. März 1993, Zl. Fr-604/1993, zu Recht:

Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.

Rechtsgrundlagen: §§ 41, 51 und 52 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl.Nr. 838/1992; § 67c Abs.1 und 3 sowie § 67d Abs.1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Schriftsatz vom 6. April 1993 wurde Beschwerde gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Steyr, "Zl. 803/93", vom 22.3.1993 erhoben. Aus dem Inhalt der Beschwerde ergibt sich eindeutig, daß sich der Beschwerdeführer gegen die von der Bundespolizeidirektion Steyr zur Sicherung der Abschiebung in den Libanon mit Bescheid angeordnete vorläufige Verwahrung (Schubhaft) wendet. Da die Bundespolizeidirektion Steyr einen derartigen Schubhaftbescheid unter der Zl. Fr-604/93 am 22.3.1993 erlassen hat, kann es sich somit nur um diesen Bescheid handeln; es war daher die in der Beschwerde angeführte Geschäftszahl "803/93" richtigerweise als "Fr-604/93" zu lesen.

In dem angeführten Schriftsatz vom 6. April 1993 beantragt der Beschwerdeführer, seiner Beschwerde Folge zu geben und den angefochtenen Bescheid der Bundespolizeidirektion Steyr zu beheben. In der Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, er sei aus politischen Gründen nach Österreich eingereist und seit 24. März 1979 hier aufhältig. Er habe Asylanträge seinerzeit gestellt und auch entsprechende Beweismittel beigebracht; dennoch sei der Asylantrag abgewiesen worden. Es sei auch richtig, daß er mit Urteil vom 5. März 1991 vom Kreisgericht Wels wegen Verbrechens der Veruntreuung nach § 133 Abs.1 und 2, zweiter Fall, StGB, rechtskräftig verurteilt worden war. Er habe sich nach Kräften bemüht, den entstandenen Schaden wiedergutzumachen, zumal dieser Schaden offensichtlich aus einer gescheiterten Beziehung zu einer Frau entstanden ist und nicht so sehr aufgrund einer Handlung aus niedrigen Motiven heraus. Er habe an den Bundespräsidenten der Republik Österreich appelliert, im Gnadenwege die Rechtsfolgen seiner Strafverurteilung zu tilgen. Mit dem angefochtenen Bescheid habe die Bundespolizeidirektion Steyr seine vorläufige Verwahrung zum Zwecke der Abschiebung in den Libanon verfügt, obwohl er Gefahr laufe, in seiner Heimat physisch liquidiert zu werden; zum Beweise lege er entsprechende Briefe und Urkunden bei. Er lebe in geordneten Verhältnissen, habe in der Zwischenzeit in Österreich eine Familie gegründet (Heirat am 13. März 1993 in St. Ephrem), weshalb ein sofortiger Vollzug der Schubhaft weder aus general- noch spezialpräventiven Gründen erforderlich wäre und auch nicht geboten sei, weder wegen öffentlicher Interessen noch wegen staatspolizeilicher Interessen. Für die öffentliche Ordnung, Ruhe und Sicherheit gehe in keiner Weise eine Gefahr aus, wenn die Behörde vorerst von einer vorläufigen Verwahrung Abstand nehme. Er wolle sich bemühen, daß sein Aufenthalt in Österreich ehestens legalisiert werde.

2. Die Bundespolizeidirektion Steyr als belangte Behörde legte den bezughabenden Verwaltungsakt vor und teilte gleichzeitig in ihrem Schreiben vom 9. April 1993 lediglich mit, daß sich der Beschwerdeführer "derzeit nicht in Schubhaft befindet". Zufolge einer telefonischen Mitteilung der Bundespolizeidirektion Steyr befand sich der Beschwerdeführer (trotz eines im Akt befindlichen Festnahmeauftrages vom 22. März 1993) bis zur Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich nicht in Schubhaft, weil er nirgends aufgefunden werden konnte.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat in den vorgelegten Verwaltungsakt der Bundespolizeidirektion Steyr Einsicht genommen. Es wird festgestellt, daß der Sachverhalt in den wesentlichen entscheidungsrelevanten Punkten aus der Aktenlage iVm der Beschwerde geklärt erscheint. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte daher gemäß § 52 Abs.2 Z1 FrG und § 67d Abs.1 AVG unterbleiben.

4. Es ergibt sich daher im wesentlichen folgender der Entscheidung zugrundegelegter Sachverhalt:

a) Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Steyr vom 22. März 1993, Fr-604/93, wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 41 Abs.1 und 2 des Fremdengesetzes iVm § 57 Abs.1 AVG die Schubhaft angeordnet, um seine Abschiebung zu sichern, wobei ausgesprochen wurde, daß der Beschwerdeführer gemäß § 79 Abs.1 Fremdengesetz die Kosten der Schubhaft zu ersetzen hat.

In der Begründung wurde nach Zitierung der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen im wesentlichen ausgeführt, daß die Asylanträge des Beschwerdeführers jeweils abgelehnt worden waren und mit Bescheid des Bundesministeriums für Inneres vom 1. August 1985 festgestellt wurde, daß der Beschwerdeführer nicht Flüchtling im Sinne der Flüchtlingskonvention ist. Vom Kreisgericht Wels wurde der Beschwerdeführer mit Urteil vom 5. März 1991, Zl. 14 Vr 7136/90, Hv 2/1991, wegen Verbrechens der Veruntreuung nach § 133 Abs.1 und 2, zweiter Fall, StGB, rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt, davon wurden zwölf Monate auf eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat gegen den Beschwerdeführer mit Bescheid Sich07-8084 vom 7.10.1991 ein unbefristetes Aufenthaltsverbot für das Bundesgebiet der Republik Österreich erlassen. Der Bescheid ist in Rechtskraft erwachsen. Von der Bezirkshauptmannschaft Amstetten wurde der Beschwerdeführer niederschriftlich am 14.2.1992 aufgefordert, das Bundesgebiet zu verlassen. Dieser Aufforderung ist der Beschwerdeführer jedoch nicht nachgekommen. In der Folge wurde von der Bezirkshauptmannschaft Amstetten mit Bescheid vom 24.8.1992 die Schubhaft über den Beschwerdeführer verhängt. Der dagegen vorgebrachten Berufung wurde von der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich keine Folge gegeben. Die dagegen beim Verwaltungsgerichtshof eingebrachte Beschwerde wurde mit Erkenntnis vom 3. Dezember 1992, Zl. 92/18/0472, als unbegründet abgewiesen.

b) Da in dem dem unabhängigen Verwaltungssenat vorgelegten Akt kein Zustellnachweis des in Beschwerde gezogenen "Bescheides" fehlte, wurden diesbezügliche ergänzende Ermittlungen - fernmündlich - durchgeführt. Dabei stellte sich heraus, daß der bekämpfte "Bescheid" der Bundespolizeidirektion Steyr nie dem Beschwerdeführer zugestellt worden war, auch nicht dessen Rechtsanwalt. Letzterer hat lediglich telefonisch Kenntnis von dem "Schubhaftbescheid" erhalten und deshalb eine schriftliche Beschwerde dagegen eingebracht.

5. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

a) Gemäß § 51 Abs.1 FrG hat, wer gemäß § 43 festgenommen worden ist oder unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird, das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen.

Gemäß § 52 Abs.1 Fremdengesetz ist zur Entscheidung über die Beschwerde der unabhängige Verwaltungssenat zuständig, in dessen Sprengel der Beschwerdeführer festgenommen wurde.

b) Mit der gegenständlichen Beschwerde wurde letztlich beantragt, der unabhängige Verwaltungssenat wolle der Beschwerde Folge geben und den angefochtenen Bescheid der Bundespolizeidirektion Steyr beheben.

c) Wie unter Punkt 4 lit.b ausgeführt, wurde der bekämpfte "Schubhaftbescheid" bisher nicht zugestellt, da der Beschwerdeführer unbekannten Aufenthaltes ist. Zum Zustandekommen eines Bescheides ist es aber erforderlich, daß er erlassen wird. Erst mit der Erlassung erlangt ein Bescheid rechtliche Existenz (VwSlg. NF 9018A). Die Erlassung schriftlicher Bescheide hat durch Zustellung (§§ 21f AVG) bzw. Ausfolgung (§ 24 ZustellG) zu erfolgen. Erlassen ist diesfalls ein Bescheid erst ab dem Zeitpunkt, ab dem eine rechtswirksame Zustellung vorliegt (VwSlg.NF 3446A, 6033A). Da im vorliegenden Fall weder eine Zustellung noch eine Ausfolgung des "Schubhaftbescheides" erfolgte, wurde dieser nicht erlassen und konnte daher keinerlei Rechtswirkungen entfallen. Die Beschwerde gegen den rechtlich gar nicht existenten - "Schubhaftbescheid" mußte daher als unzulässig zurückgewiesen werden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilage: Akt Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Schieferer 6

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