Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-230208/2/Br/La

Linz, 20.04.1993

VwSen - 230208/2/Br/La Linz, am 20. April 1993 DVR. 0690392

Bescheid

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr.Bleier über die Berufung des Thomas H gegen ein Straferkenntnis mit der AZ.: Sich-96/1147/1991 Fu zu Recht erkannt:

Die Berufung wird als unzulässig z u r ü c k g e w i e s e n.

Rechtsgrundlage:

§ 63 Abs. 3 und § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 866/1992 iVm § 24, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 867/1992.

Entscheidungsgründe:

1. Der Berufungswerber (in weiterer Folge kurz genannt: Bw) richtet mit einem mit 13.4.1993 datierten Schreiben inhaltlich nachfolgende "Berufung" an den unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich: "Betrifft: Berufung gegen die Straferkenntnis im Verwaltungsstrafverfahren SICH-96/1147/1991-Fu gegen Thomas H wegen Art. IX Abs.1 Z 1 EGVG, BGBl.Nr. 50/1991Begründung. In der Straferkenntnis zur obigen Angelegenheit sind beide mir zur Last gelegten Tatbestandsmerkmale der Ordnungsstörung erfühlt worden, weswegen ich zu einer Geldstrafe von 500,- ÖS zuzüglich 50,- ÖS als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens bzw. 24 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verurteilt wurde. Dazu möchte ich folgendes feststellen: Meiner Ansicht nach ist es im heutigen Rechtsstaat nicht die Aufgabe der Justiz, Tatbestandsmerkmale zu erfühlen (gemeint wohl erfüllen), sondern die Erfüllung der Tatbestandsmerkmale nachzuweisen. Trotz intensivster Nachforschungen ist es mir leider Gottes nicht gelungen, das Datum jenes Strafvollzugs zu eruieren, in dem in Österreich zum letzten Mal ein Strafverdächtigter verurteilt wurde, weil er eines erfühlten Tatbestandsmerkmales für schuldig befunden wurde. Laut Auskunft eines befreundeten Juristen dürfte es jedoch in der Geschichte der Rechtsprechung der zweiten Republik keine derartige Verurteilung gegeben haben. Auch in der ersten Republik ist seines Wissens kein diesbezüglicher Fall bekannt. Er meinte, daß das Erfühlen von Tatbestandsmerkmalen wahrscheinlich in den letzten Hexen- bzw. Teufelsaustreibungsprozessen des späten Mittelalters zu einer Verurteilung führte. Meines bescheidenen Wissens bezüglich der Geschichte der Juristerei darf man jedoch jene Zeit der Naziherrschaft nicht außer acht lassen, in der das Erfühlen einer etwas zu langen bzw. zu krummen Nase oder einer etwas zu dunklen Hautfarbe bereits zum Tode führen konnte. Der befreundete Jurist gab jedoch zu bedenken, daß jene Zeit nicht der österreichischen Rechtsprechung zugeordnet werden kann, da in dieser Zeit nach der Okkupation deutsches Recht galt und außerdem das Zutodekommen aufgrund einer etwas zu langen bzw. zu krummen Nase oder einer etwas zu dunklen Hautfarbe nichts mit der Juristerei zu tun hat, da das ganze ohne ordentliches Gerichtsverfahren vonstatten gegangen ist. Ich möchte mich jedoch aus dieser juristischen Fachdiskussion heraushalten und ausdrücklich darauf hinweisen, daß dieser geschichtliche Teil der Berufung nicht auf gesicherten Tatsachen beruht und daher nicht den Tatbestand der Objektivität erfüllt, sondern nur als subjektives, laienhaftes Erfühlen von geschichtlichen Zusammenhängen in der Jurisprudenz angesehen werden kann. Da wir uns in der Rechtsprechung der zweiten Republik befinden, kann ich nur hoffen, daß die mir zugestellte Straferkenntnis auf einen Irrtum beruht und dieser Irrtum ehestmöglich durch die Einstellung dieses Verfahrens behoben wird. Ich möchte Sie bitten, mir dies so bald als möglich mitzuteilen, da ansonsten mein Vertrauen in den österreichischen Rechtsstaat völlig erschüttert wäre. Hochachtungsvoll (Thomas H e.h.)" 1.1. Dieses Schreiben, welches inhaltlich hier nicht näher zu erötern ist, läßt nicht erkennen, von welcher Behörde die angefochtene Entscheidung gefällt wurde. Dem Inhalt des Schreibens kann nur entnommen werden, daß der bescheiderlassenden Behörde ein Schreibfehler unterlaufen sein dürfte und einen Tatbestand anstatt erfüllt, irrtümlich "erfühlt" bezeichnet haben dürfte. Da der Berufungswerber offenbar nur auf das Wort "erfühlt" seine Ausführungen abzustellen scheint, obwohl bei objektiver Beurteilung der Wortwahl im Kontext unschwer erkennbar sein müßte, daß ein Tatbestand "erfüllt" erachtet wird, würden die Ausführungen auch nicht erkennen lassen, wodurch sich der Berufungswerber beschwert erachtet.

2. Da eine 10.000 S übersteigende Strafe nicht verhängt worden ist, hat der unabhängige Verwaltungssenat durch eines seiner Mitglieder zu entscheiden. Da sich im Sinne des § 51e Abs.1 VStG bereits aus der Eingabe ergibt, daß diese wegen eines nicht behebbaren Formmangels zurückzuweisen ist, war eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht anzuberaumen gewesen.

2.1. Gemäß § 63 Abs.3 AVG, der im Verwaltungs- strafverfahren in Verbindung mit § 24 VStG anzuwenden ist, hat eine Berufung den Bescheid (Straferkenntnis) zu bezeichnen, gegen den (das) sie sich richtet und einen begründeten Berufungsantrag zu enthalten. Fehlt die bescheiderlassende Behörde im Bescheid (Straferkenntnis) und ist dem Adressanten nicht erkennbar, so liegt ein Bescheid nicht vor ( § 18 Abs.4 AVG, vgl. hiezu das bezugnehmende Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24.

April 1986, 86/17/0072). Dies ist ein Teil des Bescheides (auch VwGH 21.12.1992, 92/03/0237 u. 0245). Eine Berufung hat demnach auch die Behörde, das Datum und die Zahl des Bescheides zu enthalten, damit eindeutig feststeht, wogegen (gegen welche Entscheidung, welcher Behörde) sie sich richtet. Die ledigliche Anführung der Geschäftszahl vermag dem Erfordernis nach § 63 Abs. 3 AVG nicht genüge zu tun (vgl. auch VwGH Erk. vom 11. April 1991, Zl. 90/06/0223). Ohne damit einen übertriebenen Formalismus zu verlangen, setzt damit der Gesetzgeber als Selbstverständlichkeit voraus, daß, falls ein Eingehen in eine Sache möglich sein soll, anzugeben ist und festzustehen hat, um welchen Gegenstand es sich tatsächlich handelt. Diese Feststellung ist jedoch nur möglich, wenn auch die Behörde genannt ist, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat.

2.2. Der eingangs bezeichnete Schriftsatz ist im Sinne des § 63 Abs.3 AVG derart mangelhaft, daß ein Eingehen in die Sache nicht möglich ist. Es kann nicht Aufgabe des Verwaltungssenates sein, etwa umfangreiche Erhebungen zu führen um feststellen zu können, welche Bezirksverwal- tungsbehörde das angefochtene Straferkenntnis erlassen hat, damit dann der Verfahrensakt von dieser Behörde angefordert werden kann. Die gegenständliche Berufung leidet sohin an einem auch nicht im Sinne § 13 Abs. 3 AVG behebbaren Mangel.

Es gehört daher die Nennung der bescheiderlassenden Behörde, gegen deren Entscheidung sich die Berufung richtet, als Teil der Berufungserklärung zum wesentlichen Inhalt der Berufung (vgl. Walter-Mayr Grundriß, 5. Auflage, Rz 520, mit weiteren Literaturhinweisen).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof oder beim Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.Ö. Verwaltungssenat:

Dr. B l e i e r 6

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