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des Landes Oberösterreich
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VwSen-230274/2/Wei/Bk

Linz, 06.09.1994

VwSen-230274/2/Wei/Bk Linz, am 6. September 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des A J, geb., Postbeamter, K, vertreten durch Dr. B A, Rechtsanwalt in L, M, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 26.

November 1993, Zl. Pol96/114/1993/Or/He, betreffend die Zurückweisung des Einspruches gegen die Strafverfügung vom 11. August 1993 zu Recht erkannt:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 26. November 1993 hat die belangte Behörde den Einspruch des Berufungswerbers (Bw) gegen die Strafverfügung vom 11. August 1993 gemäß § 49 Abs 1 VStG 1991 als verspätet eingebracht zurückgewiesen.

Begründend wird ausgeführt, daß die Strafverfügung am 17.

August 1993 rechtswirksam zugestellt bzw hinterlegt worden sei und der Einspruch spätestens am 1. September 1993 zur Post gegeben oder überreicht hätte werden müssen. Mangels rechtzeitiger Einbringung sei die Strafverfügung in Rechtskraft erwachsen und gemäß § 49 Abs 4 VStG 1991 zu vollstrecken.

1.2. Gegen diesen Bescheid, der dem Bw mit RSa-Brief am 7.

Dezember 1993 zugestellt worden ist, hat der Bw durch seinen Rechtsvertreter am 15. Dezember 1993 - und damit rechtzeitig - die gegenständliche Berufung vom 14. Dezember 1993 eingebracht, mit der die Aufhebung des angefochtenen Bescheides begehrt wird.

2.1. In der Berufung wird ausgeführt, daß die Strafverfügung vom 8. August 1993 dem Bw tatsächlich am 11. Oktober 1993 zugestellt worden wäre. An diesem Tag sei der Bw vom Gemeindeamt Kirchschlag schriftlich verständigt worden, daß er bei der Gemeinde vorstellig werden möge, weil bei dieser eine Anfrage der belangten Behörde vorliege, der zufolge sich der Bw beim Postamt Hellmonsödt die Strafverfügung vom 11. August 1993 beheben möge. Er sei aufgrund dieses Schreibens noch am gleichen Tag zum Postamt Hellmonsödt, wo ihm die Strafverfügung als RSb-Brief nach Legitimierung ausgefolgt worden wäre. Zwischenzeitig habe er bei der belangten Behörde erheben können, daß angeblich im August zwei Zustellversuche stattgefunden hätten. Beim zuständigen Postamt konnte der Bw erheben, daß damals eine Ferialpraktikantin mit der Zustellung betraut war, sodaß er annehme, daß diese keine Hinterlegungsanzeige zurückgelassen habe. Dies gehe schon daraus hervor, daß ihm die Strafverfügung aus der Sicht der Behörde im Oktober 1993 ein zweites Mal zugestellt wurde, was nicht erforderlich gewesen wäre, wenn die erste Zustellung ordnungsgemäß erfolgt wäre.

Die Erstbehörde hätte daher feststellen müssen, daß im August 1993 keine rechtswirksame Zustellung erfolgte, weiters daß ihm am 11. Oktober 1993 die Strafverfügung vom 8. August 1993 rechtswirksam zugestellt worden wäre, weshalb der am 14. Oktober 1993 zur Post gegebene Einspruch rechtzeitig wäre.

2.2. Die belangte Behörde hat die Berufung und ihren Verwaltungsakt zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Eine Gegenschrift wurde nicht erstattet.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat nach Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der belangten Behörde festgestellt, daß der entscheidungswesentliche Sachverhalt aufgrund der Aktenlage hinlänglich geklärt erscheint. Danach ergibt sich folgender Sachverhalt:

3.1. Mit Strafverfügung vom 11. August 1993 hat die belangte Behörde wegen zweier Verwaltungsübertretungen nach § 1 Abs 1 (Anstandsverletzung) iVm § 10 Abs 1 lit a) O.ö.

Polizeistrafgesetz - O.ö. PolStG je eine Geldstrafe in Höhe von S 1.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafen je 24 Stunden) gegen den Berufungswerber (Bw) verhängt. Die Zustellung der Strafverfügung mit RSa-Brief ist laut Formular 3 zu § 22 des Zustellgesetzes durch Hinterlegung am 17. August 1993 beim Zustellpostamt 4202 Hellmonsödt ausgewiesen.

Der hinterlegte RSa-Brief wurde vom Zustellpostamt nach Ablauf der Abholungsfrist an die belangte Behörde mit der Mitteilung retourniert, daß die Sendung nicht behoben wurde.

Daraufhin richtete die belangte Behörde an das Gemeindeamt Kirchschlag bei Linz mit Schreiben vom 24. September 1993 das Ersuchen um Erhebung, ob sich der Bw im Zeitraum der Hinterlegung vom 17. August 1993 bis 7. September 1993 an seinem Wohnort aufgehalten hat bzw wann er zurückgekehrt ist. Dabei wurde darauf hingewiesen, daß die Abwesenheit während der Abholfrist entsprechend nachzuweisen bzw.

glaubhaft zu machen ist. Die Ausfertigung der Strafverfügung wurde mit Rückschein an das Gemeindeamt Kirchschlag übermittelt.

Mit Schreiben vom 12. Oktober 1993 teilte der Bürgermeister von Kirchschlag bei Linz mit, daß der Bw den Rückscheinbrief am gleichen Tag behoben hat und als Begründung für seine Abwesenheit im Zeitraum der Hinterlegung angab, daß er beruflich verhindert gewesen wäre. Der Zustellschein mit der eigenhändig unterfertigten Übernahmebestätigung des Bw wurde beigelegt. Mit dem am 14. Oktober 1993 bei der belangten Behörde eingelangten Schreiben vom 12. Oktober 1993 erhob der Bw gegen die Strafverfügung Einspruch, den er näher begründete.

3.2. Die belangte Behörde hat die Ferialbriefträgerin U P, geb., Schülerin der HBLA-Auhof, K, am 25. November 1993 als Zeugin zum Zustellvorgang niederschriftlich einvernommen. Diese erklärte, daß sie im August beim Postamt Hellmonsödt als Briefträgerin tätig und ihr der Rayon Kirchschlag Ort zugeteilt war. Sie habe bei der Zustellung von Rückscheinbriefen stets besondere Sorgfalt aufgewendet und sich genau an die Anweisungen gehalten. Beim Haus K seien versperrbare Postkästen im Gang des Erdgeschoßes angebracht. Sie erinnerte sich, daß sie sowohl die Mitteilung über den zweiten Zustellversuch als auch die Mitteilung über die Hinterlegung ordnungsgemäß in den Postkasten des Bw gegeben hatte.

Dem Bw wurde am 25. November 1993 unter Vorhalt dieser Zeugenaussage niederschriftlich die Gelegenheit eingeräumt, zur Frage der Verfristung des Einspruches Stellung zu nehmen. Er erklärte dazu nur, daß er den RSa-Brief erst am 12. Oktober 1993 übernommen hat und daß er gegen den Zurückweisungsbescheid sicher Berufung einbringen werde.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 21 Abs 2 Zustellgesetz (BGBl Nr. 200/1982 idF BGBl Nr. 357/1991) ist der Empfänger bei der Zustellung zu eigenen Handen schriftlich unter Hinweis auf die sonstige Hinterlegung nach dem ersten Zustellversuch zu ersuchen, zu einer gleichzeitig zu bestimmenden Zeit an der Abgabestelle zur Annahme des Schriftstückes anwesend zu sein. Dieses Ersuchen ist in den für die Abgabestelle bestimmten Briefkasten (Briefeinwurf, Hausbrieffach) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Zur angegebenen Zeit ist ein zweiter Zustellversuch durchzuführen. Ist auch dieser erfolglos, ist nach § 17 Zustellgesetz zu hinterlegen.

Nach § 17 Abs 1 Zustellgesetz ist das Schriftstück im Falle der Zustellung durch die Post beim zuständigen Postamt zu hinterlegen, wenn die Sendung an der Abgabestelle nicht zugestellt werden kann und der Zusteller Grund zur Annahme hat, daß sich der Empfänger regelmäßig an der Abgabestelle aufhält. Der § 17 Abs 2 Zustellgesetz regelt, daß die schriftliche Verständigung des Empfängers von der Hinterlegung in den für die Abgabestelle bestimmten Briefkasten (Briefeinwurf, Hausbrieffach) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen ist. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen.

Gemäß § 17 Abs 3 Zustellgesetz ist die hinterlegte Sendung mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem die Sendung erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Sendungen gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, daß der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem die hinterlegte Sendung behoben werden könnte.

Nach § 17 Abs 4 Zustellgesetz ist die im Wege der Hinterlegung vorgenommene Zustellung auch dann gültig, wenn die im Absatz 2 oder die im § 21 Abs 2 leg.cit. genannte Verständigung beschädigt oder entfernt wurde.

4.2. Im gegenständlichen Fall ist aufgrund des aktenkundigen Rückscheines und der unbedenklichen Zeugenaussage der Ferialbriefträgerin davon auszugehen, daß dem Bw die Strafverfügung vom 11. August 1993 durch Hinterlegung am 17.

August 1993 rechtswirksam im Sinne der Vorschrift des § 17 Abs 3 Zustellgesetz zugestellt worden ist. Die Berufung hat nichts vorgebracht, was daran zweifeln ließe. Die Annahme des Bw, daß keine Hinterlegungsanzeige zurückgelassen wurde, weil es sich um eine Ferialpraktikantin handelte, ist in dieser Pauschalität unhaltbar. In dieser Allgemeinheit ließe sich auch das Gegenteil behaupten, wonach Ferialbriefträger die Vorschriften genauer beachten als routinierte Berufsbriefträger.

Mit dem Hinweis auf die zweite Zustellung der Strafverfügung über das Gemeindeamt Kirchschlag bei Linz ist für den Bw nichts gewonnen. Da der RSa-Brief nach Ablauf der Hinterlegungsfrist vom Zustellpostamt an die belangte Behörde zurückgesendet wurde, war es naheliegend und folgerichtig, wenn die belangte Behörde im Wege der Wohnortgemeinde Kirchschlag bei Linz den Zustellvorgang überprüfen und die Frage der Ortsabwesenheit des Bw während der Hinterlegungsfrist klären wollte. Daß ihm vom Gemeindeamt die Strafverfügung übergeben wurde, ändert nichts an der Rechtswirksamkeit der Hinterlegung am 17.

August 1993.

4.3. Gegen die Rechtswirksamkeit der Hinterlegung hätte eine Ortsabwesenheit des Bw sprechen können, durch die er nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte.

Eine Abwesenheit von der Abgabestelle, die entsprechend zu bescheinigen gewesen wäre, hat der Bw nicht einmal behauptet. Sein ohnehin nur gegenüber der Gemeinde geäußerter Hinweis, daß er während der Hinterlegung beruflich verhindert war, ist unzureichend. Damit hat er nicht einmal eine relevante Abwesenheit von der Abgabestelle, die ihn gehindert hätte, Zustellvorgänge wahrzunehmen, behauptet. Außerdem genügt auch die bloße Behauptung der Ortsabwesenheit ohne nähere Angaben und Anbot von Bescheinigungsmitteln nicht, um die Rechtswirksamkeit der Zustellung in Zweifel zu ziehen (vgl die Nachw aus der Judikatur bei Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. A [1990], 1222 f E 17, 20 ff).

Auch die bloße Behauptung, keine Hinterlegungsanzeige vorgefunden zu haben, genügt nicht, um den aktenkundigen Rückschein, dessen Richtigkeit durch die zeugenschaftliche Einvernahme der Postzustellerin bestätigt worden ist, zu entkräften (vgl Hauer/Leukauf, Handbuch, 4.A, 1221 E 12).

Für die Rechtswirksamkeit der Zustellung kommt es auf die tatsächliche Kenntnisnahme der Sendung nicht an. Die Rechtswirksamkeit wird nicht davon abhängig gemacht, ob und wann eine gemäß dem § 17 Abs 3 Zustellgesetz rechtswirksam hinterlegte Sendung vom Empfänger behoben wird und ob hiebei Hindernisse auftreten. Vielmehr können derartige Umstände allenfalls einen Wiedereinsetzungsgrund gemäß § 71 Abs 1 Z 1 AVG bilden (vgl VwGH 28.5.1993, 92/17/0239; VwGH 26.2.1992, 91/01/0193).

4.4. Gemäß § 49 Abs 1 VStG war gegen die Strafverfügung der belangten Behörde der binnen zwei Wochen nach Zustellung einzubringende Einspruch zulässig. Nach § 49 Abs 2 VStG hat die Strafbehörde im Falle eines rechtzeitigen und unbeschränkten Einspruches das ordentliche Verfahren einzuleiten und die gesamte Strafverfügung tritt außer Kraft.

Wird der Einspruch nicht rechtzeitig erhoben, ist die Strafverfügung gemäß § 49 Abs 3 VStG zu vollstrecken.

Gegenständlich begann die Frist von zwei Wochen gemäß § 17 Abs 3 Zustellgesetz mit dem ersten Tag der Abholfrist. Das war laut Rückschein Dienstag, der 17. August 1993. Die Frist von zwei Wochen endete demnach am Dienstag, dem 31. August 1993, weil gemäß § 32 Abs 2 AVG (iVm § 24 VStG) nach Wochen bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche enden, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat.

Der erst am 14. Oktober 1993 bei der belangten Behörde eingelangte Einspruch des Bw gegen die Strafverfügung vom 11. August 1993 war längst verfristet, weshalb ihn die Strafbehörde im angefochtenen Bescheid zu Recht als verspätet zurückgewiesen hat.

5. Eine Kostenentscheidung im Grunde des § 64 Abs 1 VStG war nicht zu treffen, weil mit der gegenständlichen Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates kein Straferkenntnis der belangten Behörde bestätigt worden ist.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. W e i ß

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