Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-230305/7/Kei/Shn

Linz, 22.02.1995

VwSen-230305/7/Kei/Shn Linz, am 22. Februar 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Michael Keinberger über die Berufung des I X, vertreten durch den Rechtsanwalt Dr. S E, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 9. Mai 1994, Zl.St.-1.566/94.-B, wegen einer Übertretung des Fremdengesetzes (FrG), zu Recht:

I: Der Berufung mit der Maßgabe, daß der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses berichtigt wird und nachstehend zu lauten hat, insofern Folge gegeben, als von der Verhängung einer Strafe abgesehen wird.

"Sie sind Fremder im Sinne des § 1 Abs.1 des Fremdengesetzes und halten sich seit 18. Oktober 1993 nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf, da ihnen weder eine Bewilligung gemäß § 1 des Aufenthaltsgesetzes noch von einer Sicherheitsbehörde ein Sichtvermerk erteilt wurde noch eine Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz zukommt." Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (AVG) iVm § 24 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG), § 21 und § 51 Abs.1 VStG.

II: Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

§ 65 und § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 1.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 48 Stunden) verhängt, weil er "Fremder im Sinne des § 1 Ziffer 1 des Fremdengesetzes" sei und "sich seit 18.10.1993 unrechtmäßig im Bundesgebiet Österreich" aufgehalten habe, da in seinem Reisedokument kein Sichtvermerk eingetragen gewesen sei. Dadurch habe er eine Übertretung des § 82 Abs.1 Z4 iVm § 15 Abs.1 Z2 FrG begangen, weshalb er gemäß § 82 Abs.1 FrG zu bestrafen gewesen sei.

2. Gegen dieses dem Berufungswerber am 11. Mai 1994 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die am 25. Mai 1994 der Post zur Beförderung übergebene und fristgerecht erhobene Berufung.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat in den Verwaltungsakt der Bundespolizeidirektion Linz vom 9. Juni 1994, Zl.III-St.-1.566/94-B, Einsicht genommen.

Folgender Sachverhalt wurde als erwiesen angenommen und der Entscheidung zugrunde gelegt:

Der Berufungswerber ist am 18. Dezember 1991 in das österreichische Bundesgebiet eingereist und hat am 23. Dezember 1991 einen Asylantrag gestellt. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 21.

September 1993, Zl.4.334.522/1-III/13/92, dem Berufungswerber zugestellt am 18. Oktober 1993, abgewiesen.

Innerhalb offener Frist hat der Berufungswerber - nach Bewilligung der Verfahrenshilfe für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof - eine mit 8. März 1993 datierte Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben und einen Antrag auf aufschiebende Wirkung gestellt. Die aufschiebende Wirkung wurde mit Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. April 1994, Zl.AW 94/01/0143, Ordnungsnummer 3, durch den Verwaltungsgerichtshof abgefertigt am 22. Juni 1994, zuerkannt.

Der Berufungswerber war Fremder iSd § 1 Abs.1 FrG (Albaner aus Kosovo, Staatsangehöriger der ehemaligen Sozialistischen Föderation Republik Jugoslawien). Ihm wurde nicht vor einer Sicherheitsbehörde ein Sichtvermerk oder eine Bewilligung nach § 1 des Aufenthaltsgesetzes erteilt.

4. In der Sache selbst hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

4.1. Gemäß § 15 Abs.1 FrG halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf, wenn (Z2) ihnen eine Bewilligung gemäß § 1 des Aufenthaltsgesetzes oder von einer Sicherheitsbehörde ein Sichtvermerk erteilt wurde.

Gemäß § 82 Abs.1 Z4 FrG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 10.000 S zu bestrafen, wer sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält (§ 15). Als Tatort gilt der Ort der Betretung oder des letzten bekannten Aufenthaltes.

Steiner führt in "Österreichisches Asylrecht" (Wien 1990, S 16) aus:

"Besonders wichtig ist es, zu beachten, daß die vorläufige Aufenthaltsberechtigung nur bis zum rechtskräftigen Abschluß des Feststellungsverfahrens besteht (§ 5 Abs.1 AsylG), also bis zur Zustellung des Berufungsbescheides an den Asylwerber. Mit der Erlassung eines (abweislichen) Berufungsbescheides, der einer Anfechtung durch ein ordentliches Rechtsmittel nicht weiter zugänglich ist, verliert somit der Asylwerber seine vorläufige Aufenthaltsberechtigung, und zwar ungeachtet einer gegen den Berufungsbescheid in der Folge allenfalls erhobenen Verwaltungsgerichtshofbeschwerde." 4.2. Der Aufenthalt des Berufungswerbers ist seit der Zustellung des o.a. Bescheides des Bundesministers für Inneres am 18. Oktober 1993 rechtswidrig gewesen.

Bei lebensnaher und sinnrichtiger Gesetzesanwendung wäre ein rechtmäßiges Verhalten, das wohl nur in einer Ausreise gelegen wäre, in der Situation des Berufungswerbers nur schwer zuzumuten gewesen. Der Berufungswerber hat gegen den ablehnenden Bescheid des Bundesministers für Inneres - nach bewilligter Verfahrenshilfe für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof - unverzüglich eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof gerichtet und einen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gestellt. Dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wurde auch stattgegeben. Aufgrund der geringen Zeitdauer des Wegfallens der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung waren mit dieser Verwaltungsübertretung keine nachteiligen Folgen verbunden, weshalb die Bestimmung des § 21 VStG anzuwenden und von der Verhängung einer Strafe abzusehen war. Was die Beurteilung dieser Rechtsfrage betrifft, so wird auch auf die Erkenntnisse des O.ö. Verwaltungssenates, Zl.230301/2/Br vom 31. Mai 1994 und Zl.230293/6/Br vom 26. Mai 1994 hingewiesen.

5. Der Ausspruch über den Entfall der Beiträge zu den Verfahrenskosten hat seine Grundlage in den angeführten Gesetzesbestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Keinberger

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